Suche löschen...
Dresdner Journal : 10.07.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188907107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890710
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890710
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-07
- Tag 1889-07-10
-
Monat
1889-07
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 10.07.1889
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AF1S8 Mittwoch, de« 10. Juli, abends. 1889. Nk vr»,ä.» , N. X> tt.. k«t äs» L»i«rt. ko»t»»t»lt»> iKKrliol» » H.; >m»»»rK»1d «tv» <t«ut»vl»«» Lsioboi tritt ko«^ ULä 8tamp«t»li»cül»^ türun». T»K«»4l»«»»»a»dtUuG» > sür cts» lUuuo «cvsr «^»p»1toi»«o 2«LIs Kt«u»«r 8otu»tb SV ?k. v»t»r äi» 2«11» LV kl. Ü«i 1»t>«U«L- LL«t 2>L«r»»»di «ot«pr AalioKI^. DttMerAmnml. Lr»«tl»t»«», UtaUoK »ut AoisiUua« ä«r So»»- o»ä kotortoK« »doocti k'vrLiprvvK-ALxrlüiu»« Ur. Liw«. Für die GesmnUeitang verantwortlich r Hofrai Dtto Banck, Professor der titteratur« und Kunstgeschichte. r« ÄM«N»ai^»^» »»»Mitrt«, LoouruiiooLr äv« vroiäsor ^oar»»l», N»»d«i, - I»rU» -Vt«o - LolxitU -»»»«! >r«»I»» kr»»U»rl ». L ^o-t«r, »srU» Vt«» Lusdarss ?r»^ l^tpUls-rnulkkart ». N.-AÜLod»»: Luci. L/o«« , k»rt» -Lo»Lo»-L«rUi»-rr»LLt»r1 ». L 0o.,- SorU»: /»vcU«lt«nctan^, SSrUt»: S. ^»c/i/o^ar,' S«ulor«r, 0. üc/nE^sr,' N»Ii« ». » , F Loret K vo. U»r»»»,«I»»r: tidni^l. Lxpoäitio» 6s, I)r««l»»r ^onnuit». I>v«a«L, 2Mt»xvr,tr»,^ >0. k'srLiprvoK-AIUvKI»,,: ttr. 12St. IS Amtlicher Teil. Dretdev, 10. Juli. Se. Majestät der König, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, und die Prinzessin Mathilde haben Sich heute Vormittag nach FranzeuSdad begeben. Dresden, 4. Juli. Se. Majestät der König haben Allrrgnädigst zu genehmigen geruht, daß der Professor Dr pb. Georg Eber» in Leipzig da» ihm von Sr. Majestät dem Könige von Württemberg verliehene Lomthurkreuz ll. Klasse des FriedrichS-OrdenS au- nehme und anlege. Se. Majestät der König haben Allrrgnädigst zu genehmigen geruht, daß der Dr. Han» Meyer in Leipzig du» ihm von Sr. Königlichen Hoheit dem Großhcrzoge von Baden verliehene Ritterkreuz 1. Classe mit Eichenlaub de» Orden» vom Zäh ringer Löwen annehme und trage. Dresden, l. Juli. S«. Majestät der Köu'g haben den Bezirkssteuerinspektoren 0r. Karl Paul Martin Werner in Glauchau und l)r. Friedrich Theodor Hoffmann in Pirna den Rang als Finanzassesfo>ev Allergnädigst beizulezen geruht. Dresden, 4. Juli. Se. Majestät der König haben dem Baccalaureu» und Büraerschullehrer Frie- drich Wilhelm Fickert in OelSmtz r V. da» Albrecht»- kreuz Aüergnädigst zu verleihen geruht. Bekanntmachung. Die nächste Aufnahme von Zöglingen in die König liche Unteroffizier-Schule zu Marienberg fall am 1. Oktober d». I». stattfinden. Die Anmeldungen hierzu haben im Laufe de» Monats Juli durch persönliche Vorstellung de» As piranten bei dem Bezirks-Kommando feines Aufent haltsort» oder bei dem Kommando der Unteroffizier- Schule zu erfolgen, bei welchen Behörden auch das Nähere bezügl. der Aufnahme-Bedingungen rc. zu er fahren ist. Bemerkt wird noch, daß die betreffenden Aspiran ten mindestens 14 Jahr alt und confirmirt sein müssen, bezw. das 18. Lebensjahr noch nicht voll endet hoben dürfen und daß die gesammte Erziehung der Zöglinge in der Unteroffizier-Schule unentgeltlich geschieht. Alle Amtsblätter find um Abdruck dieser Bekannt machung ersucht. Dresden, den 22. Juni 1889. Kriegs-Mini st erium. v Fabrice. Nichtamtlicher Teil. HeLegrcrphisHe WachricHten. Berlin, 10. Juli. Nach einer Meldung deS „Rruterschen BureauS" au» Sansibar vom 9. Juli griff Hauptmann Wißmann Pangani an und besetzte dasselbe, nachdem der Angriff durch Geschütze vorbereitet war, ohne Verluste. Die Eingeborenen haben sich zurückgezogen. Berlin, 10. Juli, nachm. (Tel. d. Tresen. Jour».) Eine direkte Meldung auS Sansibar be- stätigt dir Meldung deS Neuterschev BureauS über die Einnahme Panganis. Prag, 9. Juli. (W. T. B.) Bei den Wahlen zum böhmischen Landtage in der Gruppe der Handelskammern find 8 Alttschechen und 7 Deutsche gewählt worden. London, 9. Juli. (W. T. B.) Da» Unterhaus beschloß dem Anträge der Negierung gemäß, die Beratung über die Apanagen der Mitglieder der königlichen Familie einem Sonderausschuß zu über- Feuilleton. Verschlossenes Herz. Novelle von Adolf Ster». (Fortsetzung.) Hermine hatte inzwischen von der raucherden Platte, welche die Kellnerin auf den Tisch gesetzt, die Teller gefüllt und die Gesellschafterin ihrer Tante, welche erst etwa» fragend und furchtsam nach ihrer Herrin sah, durch einen munteren Blick zum Zugreifen er mutigt. Dann begann sie selbst eifrig zu essen und da Tante Clotilde und die als Frau Pastorin ange sprochene Gesellschafterin ihrem Beispiel folgten, fo trat ewige Minuten Stillschweigen ein. Doch wäh rend diese» Stillschweigen» huschte wieder einmal da» übermütige lustige Lächeln über Herminen» jugend liche» Gesicht und plötzlich sagte sie: »Sie haßen e» in der Küche zu gut mit uns gemeint, wir können nicht die HMsie von allem essen. Ich werde den Rainer hereiurufen lassen, er mag den Pfannkuchen mit uns verzehren " Tante ülotilde» schwere stählerne Gabel, die ohne hin ungeschickt gehandhabt ward, fiel ichars aus den Steingutteller und schlug ein Stück de» Rande» ab. Ein wehklagender Au»ruf „Hcrmiuel" und ein aber- maliger schmerzlicher Blick der Tante nach der Gesell schafterin hin, belehrte die junge Dame, daß sie wiederum Anstoß gegeben habe. Eie erriet sofort, wa» gemeint sei und fuhr ganz ruht- fort: weisen. Alle von den radikalen Deputierten ge stellten Anträge wurden mit großer Majorität ab- gelehnt. Belgrad, 9. Juli. (W. T. B.) Der König ist heute abend ^6 Uhr hier wieder eingetroffev. Kairo, 9. Juli. (W.T. B) 600 Mann eng lische Infanterie und eine Eskadron Husaren haben Befehl erhalten, gegen da» Ende der Woche nach Affouan abzugehrn. Dresden, 10. Juli. In Frankreich. -i- Es ist an der Zeit, daß die französische Kammer der Nachfolgerin den Weg freigiebt, da sie nicht ein mal den geringen Anforderungen mehr zu entsprechen vermag, w.lche das Ansehen des Instituts an die parlamentarisch würdige und gesellschaftlich wohlanstän dige Haltung ihrer Mitglieder stellen muß. Oder kann man eine Volksvertretung noch als vornehme Stütze des Gemeinwesens ansehen, in deren Mitte der Hader der Parteien solche Orgien feiern darf, wie sie mit all ihrem Lärm und Schmutz in diesen Tagen die öffentliche Meinung erregt und empört haben? Seit Wochen haben die Deputierten auf sich und ihre Stellung wie auf die Nation felbst, al» deren in telligenter und lebenSgereister Ausschuß sie doch gelten sollen, Schmach über Schmach gehäuft und in wider lichen Scenen nicht nur ihre notwendige Thätigkeit verzettelt, sondern auch den Gegnern der Republik eine neue geschärfte Waffe überlegungSlo» in die Hand gegeben. Ja al» wollte die Kammer in ihrem geschlossenen Kreise und mit möglichster geschichtlicher Pietät eine eigere Gedenkfeier an die große Revolution begehen, so erinnerten ihre letzten Sitzungen weit mehr an die wüsten Hergänge und Redekämpfe des Konvent», al» an die in streng geordneter Form sich haltenden Be ratungen eines Parlaments der Gegenwart. Und doch liegt die Zeit nicht soweit in der Erinnerung zurück, da in dem Palais Bourbon die feine Tonart welt männisch gebildeter Leute heim'sch war, da selbst die verbitterte Opposition ihre Angriffe mit dem ehrlich geführten Degen, nicht mit dem schmutzigen Dresch flegel unternahm, da man einander bekämpfte mit Ernst, Geist und Witz, nicht mit brutalem Hohn, Verleumd ung und Redewendungen, wie sie in anarchistischen Klubs gebräuchlich sind, kurzum, da man auch den schroffsten Gegner mit Achtung und Wohle» zogenheit behandelte. Heute aber begegnet ma > sich in der Sprache der Marktweiber und Sieger ist, wer am schnellste» die gröbste Insulte fand und die schwerste Beschuldigung erhob. Während sich auf dem Marsfelde dem Besucher der reiche Glanz einer Ausstellung zeigt, die von dem regsamen und erfinderischen Geiste der Franzosen, von der hochentwickelten Kultur ihres Landes unbestrittenes Zeugnis ablegt, während hier das wirtschaftliche Leben der Nation überall seine wachsende Kraft bekundet, begegnen dem Beobachter in dem Mittelpunkte des politischen Lebens der Republik, vor allem in der Kammer, auf Schritt und Tritt die Merkmale eines raschen Verfalls, der sich in einer gewaltigen Verrohung der Sitten mit schärfster Deutlichkeit äußert. Nun klagt man die Boulangisten der Haupt schuld an, und nicht ohne einiges Recht. Denn in Wirklichkeit sind es meist die Parteigänger Boulangers, die durch Anklagen und Interpellationen den öffent lichen Skandal in die Kammer tragen, um in dem ausyewirbelten Staub das Bild ihres Führer» er scheinen zu lassen und durch gemeine Verleumdungen unbescholtener Männer, durch immer neu erfundene Verdächtigungen der Regierung die allgemeine Auf merksamkeit auf den Helden in London zu richten, „Schade um den Teller. Also schickt cS sich wie der nicht, daß hier im WirtShau» der vortreffliche Führer mit uns am gleichen Tische ißt? Wir müssen einige tausend Fuß höher steigen, wo wir dann froh sind, wenn ein paar Männer seines Schlages unser Frühstück teilen. Ich werde ihn bitten e» sich nach uns hier gefallen zu lassen, freilich weiß ich nicht, ob er eS thut, Rainer Tiefenbruniier ist ein stolzer Herr I Jedenfalls hätte er sich hier oben an der leeren Tisch feite ganz stattlich ausgenommenI" „Laß ihn, wo er hmgehört, Hermine! Ich finde Eure wilden Gletscherwanderungen und Bergklettereien schon deshalb wirderwärtlg, weil diese Vertraulichkeit mit Fübrern und Bauern unschicklich ist. Du soll test weder sagen noch sehen, daß der Tiroler da draußen ein stattlicher Mann rst. Wie würde e» Herbert be rühren, wenn er das gehört hätte?" Fräulein Clotilde hatte das alles in dem gräm lichen, halb klagenden Tone gesagt, in welchem sie schon vorhin zu ihrer Nichte gesprochen; Hermine war an diesen Ton fo gewöhnt, daß sie nicht sonderlich darauf achtete. Die letzten Worte der Tante schienen sie jedoch tiefer zu berühren, st warf stolz anmutig den mit braunen Löckchen umrahmte» Kops zurück und sah auS den Hellen braunen Augen da« alte Fräulein fest au. Zuerst preßte sie die fnfchen Lippen sestan- «inander, um sich an einer unbedachten Antwort zu hindern, dann entgegnete sie kühl: „Ich wüßte nicht, daß ich Vetter Herbert ein Recht aegeben hätte, mich am Sehen zu hindern! Nie mand soll wir die Augen verbinden und die schöne stattlich« Erscheinung Rainers erfreut mich, wie die Berge, die Gletscher und die Luft hier, Taute Clo- dessen reines Kiudergemüt und unantastbarer Patrio tismus ihn weit emporheben über die moralisch an- gefressenen Republikaner und die landesverräterischen Mitglieder de» bestehenden Kabinetts. Die einzige vater ländische Partei wird ja in »h er heilsamen Wirksam keit durch die gegenwärtigen Machthaber unter ruch loser Vergewaltigung gehemmt und darum greift sie zu dem Hilfsmittel der parlamentarischen Immunität, unter deren Schutz sie ihren Zielen ungestörter nach gehen kann. Und sie kennt den Weg dahin, sie kennt insonderheit den weisen Spruch „ulicjuiä sswpsr dusret«, der den waghalsigsten Anklagen, den plump erdichteten Lügen zur Hilfe kommt und gerade ihnen gute Dienste leistet, weil es in Frankreich gar fo viel Unzufriedene giebt, die ihren Groll ob de» herrschen den Systems sehr schnell auf die Vertreter des letzteren übertragen und alles ungeprüft willkommen heißen, wa» ihrer Stimmung neuen Nährstoff zusührt. Ab»r nicht den Boulangisten allein gehört die Ver antwortung für das geschändete Ansehen und die Miß brauchte Stellung der Kammer. Stimmten nicht auch radikale wie gemäßigte Republikaner in den einmal angeschlagenen Markchallenton mit ein, ja haben tue Mitglieder der Regierung sich immer ganz fern von brutaler Kawpfart gehalten? Tie Antwort weiß jeder politische Leser. Wie lange hat der unter Stillschwei gen zwilchen den Parteien abgeschlossene Waffenstill stand gewährt, abgeschlossen, damit er den friedlichen Einbli ck der Ausstellung nicht trübe? Nur so lange als die Kammer sich in den Ferien befand. Seit ihre Beratungen wieder begannen, hat sich der alte Streit lebhafter denn vordem entzündet, um in den letzten Wochen zu einem Handgemenge auszuarten, in dem alle guten Eigenschaften der Parlamentarier lehr bald den ungestümsten Leidenschaften weichen mußten, und bei dem die lebhafteste Zustimmung fand, wer mit größter Verve den Gegner für einen Gauner erklärte. In dieses anstands- und gewissenlose Treiben hätte das einige Zusammengehen der Republikaner hemmend und strafend einareifen können, aber auch hier zeigte sich die Opserwilligkeit für die staatlichen Interessen des Vaterlandes dem engen Fraktwnsglauben unter legen, und gerade dieser nicht zum ersten Male offen barte Mangel an hellsichtigem Patriotismus begün stigte unfreiwillig die richtig berechnete Taktik der bou- langistischen Partei, der es ganz nach Wunsch gelungen ist, die Arbeiten der Kammer so zu verzögern, daß erst vor kurzem das Budget erledigt werden konnte und daß es zur Zeit noch fraglich erscheint, ob die Volks vertretung ihr Arbeltspen,um völlig bewältigen wird. Geschieht dies nicht, so darf Boulanger mit erneuter Berechtigung auf die Unfähigkeit und Ohnmacht der Kammer hinweifen. Die Partie der Boulangisten steht keineswegs schlecht, ob auch der Antrag Hanoteux Gesetz und durch dasselbe die Vielkandidatur verboten werden mag. Sie baden die Reputation der Kammer ver nichtet, die Regierung m vieler Leute Augen mit be gründeter Heftigkeit angegriffen, beide Heldenthaten pflastern ihnen den Weg zur Wahlurne mit Anhängern und leicht kann sich die Schicksalsfrage zu ihren Gunsten entscheiden, vor welche die kommenden Wahlen die herrschende Partei in Frankreich, ja Frankreich selbst stellen. Mit jedem Sonnenausgang nähert sich der folgenschwer Tag; möge er die Republikaner weitab von alter Reaktionsengherzigkeit, in voller K, oft gerüstet finden, vor dem beutelüsternen Gegner des Heimatlandes Geschick für immer zu be wahren. Lages geschuhte. "Dresden, 10. Juli. Bezüglich des neuen Maje stätswappens ist vielfach die Annahme verbreitet, tilde! Außerdem ist er ein kluger, ein braver, ja ein vorzüglicher Mensch — was man feilen beisammen findet!" „Du zeigst ihm wohl zu sehr, daß er hoch in Deiner Gunst steht und das dürstest Du nicht," sagte das alte Fräulein. „Ich kann Dir sreilich nicht ver bieten, den ungeschlachten Bauerlümmel schön oder gar edel zu finden! Zu meiner Zeit hätte auch rin Aufenthalt wie der hier oben für eine Qual und Last gegolten und jetzt sind nur seit drei Wochen zum Ver gnügen hier." „Und weshalb sollte ich unserm guten sorgsamen Führer nicht zeigen, daß ich ihn hochschätze?" fragte Hermine, aus deren Gesicht schon seit der Nennung des Namen« Herbert alle Heiterkeit verschwunden war „Vielleicht um des armen Mannes willen, Her mine!" rief die Tante, welche jetzt in Hellem Ärger über den Trotz des jungen Mädchens alle ängstliche Rücksichtnahme aus die Gegenwart ihrer alten Hau»- genossin vergoß. „Ich glaube schon, daß Dir Dein Spiel keine Gesahr bringt. Bei der Art, wie Du eben wieder von Herbert sprachst, muß man zweifeln, ob Du überhaupt ein Herz hast." Hermine erhob sich nach diesem Wort r- > m Tische und wandte sich mit einer sprechenden Kop>- bewegung zur Gesellschafterin ihrer Tante: „Entschul digen Sie, Frau Pastorin — Tante Clotilde vergißt, daß sie nicht mit mir oder mit Ihnen allein ist." Im Vorübergehen warf sie einen Blick durchs Fenster und überzeugte sich, daß Rainer Tiefenbrunner der Führer noch auf der Brücke stehe — dann eilte sie der Thüre zu and trat alsbald vor daS Thor des Gasthauses, auf den jetzt völlig leeren Platz. als werde eine Ersetzung der bisherigen das Königl. Wappen zeigenden Stempt» und Siegelmarken der Behörden, sowie Schilder durch neue mit dem eingang- erwähnten Wappen zu erfolgen haben. Wir sind in der Lage, erklären zu können, daß dies nicht die Ab sicht ist. Das große Königl. Siegel, welcher wichtigen Staatsurkunden beigedruckt wird, wird künftig das neue Majestätswappen tragen. Dagegen sind die bis herigen behördlichen Siegel, Siegelmarken und Stempel beizubehalten und auch bei Nachanschaffungen in der bisherigen Gestalt wieder herzustellen. * Berlin, 9. Jult. Se. Majestät der Kaiser hat heute morgen 9 Uhr Bergen verlassen. — Zur Reise Sr. Majestät de» Kaisers liegen folgende Nachrichten vor: Tagesbericht vom 3. Juli 188V. Nach einer gut ver brachten Nacht erfchien Se. Majestät morgens gegen '/,8 Uhr aus Deck Da» Welter war anhaltend schön und still geblieben. An Stelle der SW.-Dünung machte sich indes eine solche au» Norden, dem vorherrschenden Winde an der norwegisch«» Küste, bemerkbar, welche leichte Schisssschwankungen zur Folge hatte. Bald indessen wurde Schutz hinter den an der Küste zahlreich zerstreuten Scheeren gesunden, so daß von lO Uhr ab dre Jacht so ruhig dahinglitt, als ob sie sich im Kieler Hasen bewegte. Um A l2 Uhr nachmittags ankerte die Jacht und der Aviso „Greiff' vor Sta vanger. Se. Majestät empfing in der schwedischen AdmiraiS- unisorm den deutschen Konsul Falk, nahm die Meldung ce< Feldjägerlieutenonts v Basscwitz entgegen, welcher Brtesjchaften und Depeschen in Empfang nahm und befahl die Fortsetzung der Fahrt nach eingenommenem Lunch um ^3 Uhr. Aus der Welterfahrt wurde alsbald der Karmsund erreicht, von dem aus demnächst in den Hardanaersjorb eingebogen wurde. Diese Fahrt nahm das Interesse Er. Majestät in besonders hohem Grade in Anspruch, vorwiegend mit Rücksicht auf die EiS- und Schncemassen deS Folgesond, welche überall herernblicken Erft um All Uhr ankerte die Jacht bei Sandven in Noreimsnnd. Tagesbericht vom 4. Juli l88v. Se. Majestät der Kaiser begab Sich im Jagdanzuge um Uhr morgens an Land, ging mit Begleiiung nach dem Stunde entseruten Wasserfall im SteinSdal, welcher etwa 30 m hoch über eine Felswand hinabsällt und kehrte gegen 1l Uhr mittelst Karriol nach der Landungsstelle zurück. Demnächst angelte der Monarch vom Boot aus bis gegen ^1 Uhr und befahl alSdano die Weitcrfahrt nach Odde im Sörfjord. Auf dem Wege dahin wurde „Greif" beordert, bei der Lelegraphenstation von Utne, kurz vor dem Eingänge in den Sörfjord, zurückzubleiben, um die bis zum Abend einkommendeu Depeschen der Jacht nachzu bringen Nachdem die Jacht vor Odde im Sörfjord gegen 4 Uhr geankert hatte, begab sich Se Majestät an» Land, unter nahm eine etwa Inständige Spazierfahrt im Karriol, welches von Sandven auf der Jacht mitgeführt war, bis an den See Sandven, und lehne zur Lasel um 6 Uhr sehr befriedigt an Bord zurück Währen» der Abendstunden ließ der Kaiser die elektrischen Scheinwerfer der Jacht in Thätigkeit setzen, welche eine Lichtstärke von je 4üvov Kerzen repräsentieren, und be obachtete die Wiikung derselben, indem Se Majestät selbst die Direktion des einen Apparats leitete. „Greiff'-war mittlerweile nach Odde nachgekommen und überbrachte einige Depeschen. Tagesbericht vom c>. Juli 1889. Der Kaiser begab sich ^8 Uhr morgen- ans Land, bestieg daselbst mit dem Dr. Güßseld und dem General Grafen Waldersee je ein Karriol und begab sich wieder nach dem Sandvensee, woselbst das Gcsolge bereits zu Fuß angrlangt war. Nachdem bereilgestellte nordische Jollen Se. Majestät mit Gefolge über den See gesetzt hatten, wurde von Jordal aus gegen Uhr morgens der Marsch nach dem Buar Brä angelreten Ler Weg führte über Slein- gcröll und aus leidlichem Fußpfade durch ein aus allen Seiten von hohen Felswänden eingeschlojjenes Thal ohne nennenswerte Steigung Birken und Ulmen gaben einige» Schutz gegen die heiße Soiine Gegen >«ll Uhr wurde der Fuß des Gletscher» erreicht, in Nähe desselben das bereit gestellte Frühstück ein genommen und dann noch längere Zeit an dem Gletscher ver weilt Während der Anwesenheit lösten sich Teile der EiS- massen und fielen mit großem Getöse in den reißenden Fluß. Gegen 1 Uhr iral Se. Majestät von dem Ausflüge den Rück weg an und langte gegen 3 Uhr an Bord zurück. Nach dem um k Uhr eingenommenen Mahle schoß der Kaiser einige Zeit nach der Scheibe mii der Büchse und mit der Pistole. .Greis" war auf allerhöchsten Befehl heute morgen nach Stavanger ab- gegangen, um die Post von dort abzuholen und sie morgen nach Odde zu bringen. — Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt: Die Antworten des Schweizer Bunoesrats auf die im „Reichranzelger" veröffentlichten deutschen Erlasfe sind zwar noch nicht erschienen, doch soll der Bundesrat, nach Schweizer journalistischen Mitteilungen, die auch in die hiesige Presse übergegangen sind, beschlossen Tiesatmend bot daS Mädchen das erglühte Ge sicht der erfrischenden Luft des Septembeinachmittags, während Rainer, der sie schon im Thorbogen de» Hauses wahrgenommen hatte, gespannt eines Winke» von ihr oder ihre» Näherkommens wartete. Doch, obschon sie das Gastzimmer mit dem Vorsatz verlassen hatte, die freie Lust und em neckendes Gespräch mit dem Führer zugleich zu juchen, zögerte sie jetzt die wenigen Schritte zu thun. Und trotz des Unmuts über Tante Clotildes Schelten klang ein Wort der Grämlichen in ihr nach und sie w'ederholte eS in Ge danken, während ihre Blicke wie prüfend zu der Ge stalt auf der Brücke hinüberglitten. „Vielleicht um de» armen Mannes willen?" Wie kam die Ängstliche, Nüchterne auf einen fo trocken, phan tastischen Einfall? Wie sollte Rainer Tiefen brunner, der Führer aus Dors Stils», in ihr etwa» anderes sehen als Hermine Krüssow, die Tochter de» großen EisenwelkSbesitzers, die eifrige Bergsteigerin, welche seit drei Jahren in jedem Hochsommer zur Franzen-Höhe wiedergrkehrt war und Rainer allen übrigen Führern vorgezogen hatte? Mit hastiger Er innerung durchlief sie jetzt alle Tage des vorjährigen, des vorangegangenen, wie dieses Sommers und er blickte hundert Bergwege, aus denen der stattliche junge Mana dort drüben an ihrer Seite gewesen war. Im Zurücksinnen fühlte sie plötzlich ein große» dunkles Augenpaar sehnsüchtig fiagend aus sich ruhen — der würzig kräftige Duft frisch gemähter Alpenwiesen um- hauckte sie, weckie vergessene Bilder und zwischendrein überkam sie eine bange Empfindung, al» sei noch et wa» in der Welt, dessen sie sich nicht erinnern könne. Mit einem Mal aber wachte Hermine Krüssow au»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite