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Dresdner Journal : 08.03.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188903089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890308
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-03
- Tag 1889-03-08
-
Monat
1889-03
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 08.03.1889
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1889. Freitag, den'8. März, abends. ^57 t'ür vroiäa» visrSohjStu-llot» S H. SO ?t., d« äva L«ü»«rl. dsutZelle» vi«rt«I- jLkrUvk S H; »u»«rl»»Id de» d«ut«vlrvi» Leiob«, tritt ko-t^ und 8t«wp«tru»ctd»8 lumu. Fuküudtxuan^edtlkrev r tür dsu L»uiu «issr ^««pLltvvkr Lolls ^l«lo«r 8ctuitt HO ?k. Outor „ku»^v,»«dt" di« Loll« LV ?k. voi pobollou- uod 2iNsriu>Lt- «ut»p> Fu5»ob1»n LiAckotuoi» r H^llob wit Fa,i»otuL« der 8oiu»- uod l>'ei»rt»^« »dood,. kornsprool» Ai»»ol»1ii»»: Ur. I28L. Dres-nerÄNUMl. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. rvn »«»»Lrto» F> Lra»U»tett«r, 6oaui»l»»iooNr cis» ltrvoüovr doarr>»t»; L»mdilr^ - N»riu> - Vi«o - - L»»,t Sr„i»»-Nr»o^1»rr ». U.: L ^»Aier, N«riü» Vi»o Ln>dllr^ ?r»^ I<«ip»»8' ^r^okturt ». N. HÜLediQ: F/»««, ?»rti I-ovckoL-L«rllL-rr»L>lturt ». U: ^>««»i,» L (7o., N-rU». /nvut»ct«,da,U, SörM»: LtUtiere /Vac^/otAer,' S«u>o-«rr 0'. ü'c^>a»«<er, L»ii» ». > : Larct L Oo. U«r»ui,»vd»r: Lüvl^l Kipsdittoo äs« Orssdosr doirriull». vr««d«L, Lvm^srstr»,»« SV. korLsprsotl^L-ooill»,. Ur. 1LVL. Amtlicher Teil. Dretdev, 8. März. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Hauptmann im Ge- neralstabr Freiherr von Friesen-Miltitz die Er- laubniß zur Anlegung der demselben mit der Er nennung zum Ehrenritter de» Johanniter - Ordens verliehenen Abzeichen zu ertheilen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge' nehmigen geruht, daß der Rittergutsbesitzer von Schön derg-Purschenstein die ihm von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Abzeichen eine» Ehrenritters des Johanniterorden» annehme und trage. Nichtamtlicher Teil. Ketegvaphische WcrchricHten. Paris, 8. März. (Tel. d. DreSdn.Journ.) DaS hiesige „Börsenblatt" erklärt, dank den getrof fenen Maßnahmen sei keinerlei Katastrophe im Comptoir d'eScompte zu befürchten; alle an da» Institut herantreteudeu Forderungen würden be friedigt werde». Rom, 7. März. (W. T. B.) Der deutsche Gesandte, v. Schlözer, begab sich heute mit den übrigen diplomatischen Vertretern zum Papste und brachte demselben zum Jahrestage seiner Krönung seine Glückwünsche dar. London, 7. März. (W.T.B) Der Premier minister, Lord Salisbury, erklärte <m Oberhaus in Beantwortung einer Anfrage, soweit die ihm bekannte» Thatsachen rin Urteil »»ließen, schieurn die Vorgänge in Serbien mehr eine» persönlichen Charakter atS denjeaigev einer politische» ver- Laderuvg z» habe«. Im U»te^a»sr erklärte der Kanzler der Schatz kammer, Gasche», »ege» der für de» »au »euer Kriegsschiffe erforderliche« Gelder sei keine Ln leihe beabsichtigt, »irlmehr sollte» diese Gelder auS den Steuer» beschafft, die ga»zr Summe soll auf 7 Jahre »erteilt »erde». Nach einer Meldung bet „Reuterschen Bureau" auS Malta von heute, ist da» englische Panzer- schiff „Sultan" bei der Insel Comino, unweit Molta, gestrandet. Das englische Kriegsschiff „Alexandra" mit dem Herzog v. Edinburgh an Bord und einige andere Kriegsschiffe eilten dem „Sultan" zu Hilfe, gleichwohl mußte das Schiff von der Mannschaft verlassen werden, die Mann- schäft wurde gerettet. London, 8. März. (Tel. d. Dr«>Sdn. Journ) Einer Meldung deS „Standard" auS Shanghai zufolge hätten sich bei der Thronbesteigung des jungen Kaisers m ganz China Anzeichen größerer Aeinoseligkeit gegen die Ausländer bemerkbar ge macht. Die chinesische Garnison in Chefoo be- fürchtete sogar »inen Angriff auf die dortige Fremdenkolonie; die britische Corvette „Mutine" wurde infolge dessen zum Schutze der Europäer dorthin entsandt. St. Petersburg, 8. März (Tel. d. Dresdu- J^> n) Der UkaS, welcher den Kinanzminister zur Ausgabe einer ausschließlich zu KonvertirrungS- zwecken bestimmten 4proz. konsolidierten Eisen- bahnanleihe im Nominalwert von 700 Millionen FrcS. ermächtigt, soll heute publiziert werde». Feuilleton. LianenS Roman. Erzählung von Tl. Hasselbach. (Fortsetzung.) „Richt einmal ein Postskriptum! Sie ist reizend", murmelte Hartmann vor sich hin und steckte den Brief in die Brusttasche des schwarzen Rockes. „Freilich — hm — nicht ein einzig bedeutsames Wort in dem Bries. Ein Weib, dessen ganze» Leben die Liebe ist. Und doch, wie rührend ist sie in ihrem Liebesleben l Manchmal glaube ich, ich verdiene sie gar nicht. Und daß sie das Bildnis der fremden schönen Frau al» Erinnerung an meine Künstlerlaufbahn in ihr Heilig, tum ausuimmt, kann ich auch nicht erwarten — ver zichten wir also auf diese» hübsche Sreigni», da» der Zusall uns an den Weg gelegt." Er streifte die Handschuhe von den Händen und öffnete dann die Fenster, um hinauSzustarren in die weite sommerliche Ländlichkeit, die zur Mittagsstunde bevölkert wurde von den vom Spaziergange heimkehren- den oder zum Mittagsmahl eilenden Gästen de» See bades. Aber indem er hinausschaute, sah er Frau v. Schönemann, die im Geleit von zwei Herren, welche eifrig zu ihr sprachen, vorübrrging. Sie trug wieder schwarz, über dem rauschenden Seidenrock da» durch sichtige Spitzeugewand Statt de» Sonnenschirm» trug sie einen großen schwarzen Fächer, der, geöffnet, eine Hieroglyphe zeigte, schwer zu enträtseln, wie da» Dresden, 8. März. Die Botschaft Harrisons. Eine amerikanische Piasikentenbotschast wnd seltrn neue Momente in der Erörterung und Auftastung der politischen Lage oder unerwart-te Gesichtspunkte in dem Glaubensbekenntnis ihres Verfasser» der Öffent lichkeit daibieten; vielmehr erscheint ein solches Schrift» stück m den meisten Fällen als eine bloße Umschrei» bung des längst bekannten WahlprograwmS der Partei, aus welcher das Oberhaupt der Republik hervor» gegangen ist. Zwar weiß die Geschichte der Union aus manchen Blättern von Reibungen und Zerwürf» nisten zu berichten, welche zwischen dem Präsidenten und feiner Anhä"gerfchar eintraten, insonderheit wenn der erstere im Weißen Hause zu Washington sich nach Bequemlichkeit eingerichtet hatte, aber beim Amts antritt herrschte noch immer vollkommener Einverständ» nis zwischen der Majorität und ihrem Erkorenen hin sichtlich de» politischen Programms. Bon dieser Harmonie legt auch Harrisons Bot schaft ein giltiges Zeugnis ab, denn ihr wesentlicher Inhalt ist nichts anderes als eine Zusammenfassung der Schlagworte, mit welchen die republikanische Par tei während des WahlseldzugeS ihre Gegnerin, die demokratische Partei Clevelands, zu bekämpfen suchte. Eine angemessene Skizzierung ihrer Tendenz findet sich im „Hamb. Corr.", und belonderS zutreffend dünken un» folgende Bemerkungen über des neuen Präsidenten ivnerpolitische Grundsätze: „Die Botschaft Harrisons ist, wie gewöhnlich, sehr weitichweifig und trägt nicht minder der beliebten amerikanischen Selbstbespiegelung reiche Rechnung. Allerdings räumt der General ein, daß man noch nicht ideale Zustände erreicht habe, aber im ganzen genommen lebe man bei weitem besser als vor einem Jahrhundert. Dagegen wird niemand e>waS ein wenden. Wenn er aber noch hinzufügte, daß in Amerika bessere Gelegenheit geboten sei, sich die Be haglichkeit de» Leben» zu sichern, als ander»wo, so ist da» durchaus Geschmackssache. Ist es übrigens so schön in Amerika, so erscheint es um so bedauerlicher, daß der neue Präsident aus dem Wege der Erschwer- ung oder, wie er euphemistisch sagt, der Ergänzung der NaturallsationSgesitze noch weit r vorfchreiten zu wollen erklärt Daß eine solche Tendenz weder den Raumverhältmssen, über welche die Union gebietet, noch dem Geiste entspricht, in dem sie emporgekomm.n ist, wird sich freilich ichwer in Abrede stellen lassen. Denselben Geist der Ausschließlichkeit atmet die vom Präsidenten kundgegebene Bestätigung der Aufrecht erhaltung der Schutzzollpolitik, die bekanntlich einen der Hauptpunkte seines Wahlprogiawms bildete. Be merkenswert aber ist die politische Begründung dieses Entschlusses. Es scheint, als wenn man noch immer die Wiedeikehr einer Sezession der Sudstaalen surch- tet. Man giebt sich wenigstens den Anschein, als glaube man un die Möglichkeit, daß sich auch in den jenigen Staaten, welche bisher so gut wie allein den landwirtsLastlichen Betrieb kann en, mit Hilfe des Schutzzolles Jndustne und Bergbau entwickeln würden, was zu einer vollkommenen Vere nigung der G lamt- naston führen müsse. Das ist indessen nur ein sehr billiger und sehr durchsichtiger Trost für die landwirtschaft lichen Distrikte, welche durch die hohen Schutzzölle und die mit ihnen verbundenen Mihb auchc des Trustes u. s. w. schwer benachteiligt sind. A>s ob sich In dustrie und Bergman in Gegenden schaffen ließen, wo keine Mineralien und namenilich auch ke ne Kohlln zu finden sind! Es genügt indessen den amenkansschen Industriellen die Ausbeutung der landwirtschaftlichen D'stnkte der Union nicht einmal. Das Repräsentanten haus ist einem Beschlusse seine» Ausschusses für auL- wä tige Angelegenheiten beigetreten, welcher die An blosse Antlitz der Besitzerin, die lachend und plaudernd zwischen ihren Begleitern dahinschrltt oder vielmehr schwebte, wie der Maler memte. Merkwürdig, wie hübsch das Weib geht, dachte er. Mit unmutiger Empfindung zog er sich zmück War der eigentüm liche Reiz dieser Frau nicht auch ein Teil jener schönen Gotteswelt, d'e dem Künstlerauge, dem Künstler- Verlangen gehört. Durste er sich doch ungehindert am Wellenschlag de» Mee» es erfreuen, warum nicht an solchem Meisterwerk der bildenden Natur! So senkte sein Auge sich doch noch einmal nach unten und da stand sie gerade, das Antlitz rückwärt» gewankt und trotz des anscheinend eifrigen Geplauders mit forschendem Blick sein Fenster streifend. Er vei- neigte sich, worauf eine sä nelle Röte, fein und zart, ihr Angesicht färbte, doch konnte er sich nicht sagen, ob es Verwirrung sei, da er zugleich etwas wie Spo.t um ihr-^ Mundwinkel zucken zu sehen glaubte. Daun wandte sie sich und schritt mit ihren beiden Begleitern ihrer Wohnung zu. Sie macht sich lustig darüber, daß ich nicht zur Eour bei ihr erschienen bin, dachte Hartmann gereizt. Ich habe deutlich in ihrem Auge gelesen: Eitler, thö- richter Mann, ich bin doch wahrhaftig nicht die Frau, Dich sofort mit Eigentumsrecht zu belegen, wenn Du Dich näherst. — Ich aber brn e» nicht gewohnt, von Frauen verlrcht zu werden. Rasch griff er zu Handschuhen und Cylinder und eilte auf einem Umwege, um die Gesellschaft nicht zu treffen, zum Quartirr der beiden Damen. Al» er eine halbe Stunde später sich der Baronin Harder und der Frau v. Schünemann melden ließ^ erscholl ihm au» dem improvisierten Salon laute» bahnung eines Zollvereins mit Canada empfiehlt. Es ist dies nicht bloß in Anbetracht seiner wirtichastlichen, sondern auch seiner politischen Bedeutung ein außer ordentlich naiver Beschluß, der zunächst hauptsächlich nur deshalb von Jntnesse ist, weil er beweist, was man dem heutigen England all'S zu bieten wagt. Sehr naiv ist firner die Auslassung des Präsidenten über die schwierige Frage der Beseitigung der Über schüsse im Staatsschätze, welcher bekanntlich auf Grund der hohen Zölle bei nur äußerst geringen Ausgaben für Heer und Flotte an einer unverhältnismäßigen Fülle leid t. Cr verlangt, daß die Steuergesetze so geregelt werden, daß kein beträchtlicher Überschuß v.rbleibt. Cs sei das ein besseres Verfahren, al» die Einkünfte fo herabzumindern, daß Fehl beträge erwachsen und sich die Staatsschuld wieder vergrößern müßte. Wie er dies Ziel aber erreichen will, ohne das einfachste und zunächst liegende Mittel einer Revision der Zollgesetzgebung anzuwendeu, davon weiß er nicht das Geringste zu vermelden, sodaß man sich des Verdachtes kaum erwehren kann, als habe man eS nur mit leeren Redensarten zu thun. Elwa» ausrichtiger, ja vielleicht die einzige in keiner Weise onzutastende Äußerung der Botschaft ist das Ge ständnis, daß, wenn auch kaS Zivildienstgesetz ohre Ausflucht in Kraft gesetzt werden solle, das Ideal nicht zu erreichen sem werde, ja, sein eigenes Ideal werde er wahrscheinlich nicht erreichen. Ebenso steht es mit der Reform der Wahlgesetze und eS heißt durchaus den falschen Weg einjchlagen, wenn General Harrison den Kong-eß ausfordert, von seiner ver fassungsmäßigen Gewalt Gebrauch zu machen und die Wahlen zu kontrollieren, wo die Staatsgesetze nicht auereichten, um den Parteigeist in Zaum zu halten. Weiß doch jedermann, wte noch die letzte Präsidenten wahl zu stände gekommen ist, und wenn auch Hr. Wanamastr nur Generalprstmesster im neuen Kabinett geworden ist, so wirft doch schon allein diese That- so.che ein Helles Licht auf d«n Geist, der kas Kabinett beherrscht. Denn dieser reiche Klnderhändler aus Philadelphia hat »ine halbe Million Dollars für die Wahlagitation zu Gunsten Harrisons hergegeben Sehr patriotisch, aber leider nicht ganz frei von Chauvinismus sind jene Stellen der Präsidentenbot schaf», welche sich auf die auswärtige Politik beziehen, und u> unzweideutig scharfer Art spricht sich der Autor sonderlich über die etwaige Absicht Frankreichs aus, den Bau des Panamakauals zu einem staatlichen Un ternehmen zu machen: die Beherrschung jener Wasser straße seitens irgend einer europäischen Macht sei un vereinbar mit der Sicherheit Amerikas und insolge- dessen dürfe nicht erwart« t werden, daß die Union die Entstehung eines Werkes m>t Wohlwollen betrachte, dessen Vollendung eine stete feindliche Überwachung und Umgehung bedeuten würde. Harnsscn benutzt die Erörterung diese» Themas, um der Monroe-Doktrin eine weitere Anwendung zu geben, und einer Forder ung derselben neue Beachtung zu verschaffen, daß nämlich keine europäische Regelung den Veisuch kolonialer Niederlassung in unabhängigen amerikanischen Staaten machen solle. Bisher kehrte sich öiese Lehre gegen fremde Eingriffe ui Amer.la, schnitt aber auch zugleich die eigenen Eingriffe rin Auslände ab; nach der neuen Fassung sind jedoch die Interessen der Ver einigten Slawen nicht mehr so ausschließlich ameri kanisch, daß man eine völlige Gleichgiliigleit „gegen irgendwelche Interessen irgendwo" als selbstverständ lich anzunehmen berechtigt sei. Gemäß solcher Er weiterung der Theorie spricht die Botschaft von der Notwendigkeit passender Kohlenstationen und Häsen, sowie von der Absicht, derartige Vorrechte nur durch freuudichajiliche Bestr«buogen zu erreichen und fügt sehr absichtsvoll hinzu, baß, sobald Amerika dieselben auf die angegebene Weise und zu Zwecken, die mit Stimmengewn r entgegen und, ins Zimmer tretend, sah er die beiden Herren, die er zuvor im Geleit der jungen Frau bemerkt hatte, eifrig debattierend und, wie es den Anjche.u hatte, den Damen Vorschläge machend. „Ah, Herr Hartmann — seien Sie willkommen und schützen Sie mich heute, wie Sie es gestern thaten", lief Liane ihm vom Fenster, wo sie in einem großen Schaukelstuhl ruhte, fröhlich entgegen. „Ich reise doch, wie die Fürsten, incognito, und schon hat man mich aufgefunden und will meinen Frieden stören. Darf ich die Herren bekannt machen, Gras Salm, Assessor l)r. Lriech, Herr Hartmann." „Ah, gnädige Frau, Sie sind unverantwortlich grausam, oder Sie müffln bedenken, daß wir unsere Bitte nur im Interesse der hohen Herrschaften wagen", schnarite der Assessor, ein noch junger Mann von hoher Gestalt, aber steiser Haltung, mit rötlichem, in der Mitte des Haupte» überaus glatt gescheiteltem Hoar. Do» bartlose, nur durch einige Schmisse ge zierte Antlitz zeigte ein merkwürdiges Gemisch von Hochmut und Unterwürfigkeit. Auf der Weste bau melte ein Monocle, welches hübschen Stubenmädchen und rotwangigen Laudschöneu gegenüber unaufhörlich Dienst hatte, in diesem Augenblick aber zur Unthätig- keit verdammt war. Gras Salm, ein blonder, kleiner, dicker Herr mit gleichgiltigem GesichtSauSdruck und guten Manieren, lehnte am Fenster, überließ dem Assessor drn Kamps für seine Angelegenheit allein und amüsierte sich über dessen gezierte Art. Er selbst batte gar keine Präteu- sioneu, sondern war — freilich nicht aus Bescheiden heit, sondern nur im Bewußtsein, daß chm und ferner dem freundschaftlichen Verhalten zu m deren Mächten vereinbar sind, erlangt Hot, seine Zustimmung zu irgend einer Änderung oder Beeinträchtigung diese» Zugeständ nisse» notwendig werde. Diese nicht ganz leicht ver ständlichen Bemerkungen sollen sich, wie man vermutet, sowohl aus Samoa und Canada beziehen, obgleich beide nur im allgemeinen unter den „Ländern und Inseln", wo amerikanische Bürger sich niederlass n, zu suchen sind. Wenn also der amerrkanische Handel fortfährt, sich auSzud hnen, wird es bald überall an Inseln wie Samoa nicht fehlen, wo amerikanische Bürger zu schützen und Häsen und Kohlenstationen für dre wachsende amerikanische Marine nötig sein werden Die Welt wild dann, wie die „Köln. Zig." mit angememesfener Ironie sagt, einer neuen Groß macht gegenüber stehen, die allen, welche sich ihr nahen, mit der Monroe-Lehre aus die Finger klopft, während sie selbst mit ihrem unabweisbaren Bedürf nis nach Häfen und Kohlenstationen die nicht ameri kanische Welt plagt und zum eigenen F ommen ein eigenes Völkerrecht schafft. Es geschah wahrscheinlich, um die Schärfe der Folgerungen aus dem betieffrnden Satze zu vermindern, daß die Botschaft sich folgenden versöhnlichen Zusatz gestattete: „Wir werden nicht er mangeln, die Flagge befreundeter Nationen und die Rechte ihrer Bürger zu achten und gleiche Behand lung für uns zu verlangen. Ruhe, Gerechtigkeit und Rücksicht sollten unsere Diplomatie auSzeichnen. Die Bemühungen einsichtsvoller Diplomatie oder freund lichen SchiedSamteS sollten zur friedlichen Ausgleich ung aller internationalen Schwierigkeiten auSreichen." Lagesgeschichte. * Berlin, 7. März. Se. Majestät der Kaiser hat Se. Königl. Hoheit den Prinzen Friedrich Leopold mit Allerhöchstfetner Stellvertretung bei den JubiläumS- flierlichkeiten des Grenadurregiments König Friedrich I. m Danzig beauftragt. — Am 8. Marz vollenden sich 70 Jahre, seit der Generalseldmarfchall Graf v. Moltke als Lieute nant im königlich dänischen Infanterieregiment Olden burg seine militärische Laufbahn begann. Die ge samte deutsche Nation nimmt innigsten Anteil an dem hohen Feste, das ein gütige» Geschick dem ruhmreichsten Feldherrn unserer Zelt defcheerte, und aus der Seele aller Patrioten sind die warmen Worte geschöpft, welche die „Nordd Allg Ztg.' zum siebzigjährigen Jubiläum des Feldmarfchalls niedergeschrieben hat und die also lauten: Mit warmem Empfinden und in herzlicher Teil nahme blickt die ge>amte deutsche Nation heute auf den Tag, an welchem Generalfeldmarjchall Graf v. Moltke fett 70 Jahren der Armee angehört. Seit dem Tode Kaiser Wihelm» l. der älteste Soldat des deutschen H«ereS, steht der Gefeierte heute in voller Frische und Rüstigkeit des Geistes und des Körper- unter den Zeitgenossen, welche in ihm den ruhmgekrönten Feldherrn, den begeisterten Patrioten, den mit allen Tugenden edelsten Menschen tums geschmückten Mann bewundern! Unwillkürlich wendet sich der Blick an der Grenze foichen Abschnitts zurück aus da» reich bewegte, dem Dienste für das Vaterland gewidmete Leben, in welchem der gefeierte Jubilar drei Königen und drei Kaisern ein treu bewährter Diener war, der mit der Schärfe und Klarheit seines Geiste», mit dem reichen Wissen, das er erworben, mit der unerschütterlichen Thatkrast, die ihm eigen, dazu bei- getragen, den Denkmälern, welche einen der bedeu tendsten Abschnitte unserer nationalen Geschichte im Andenken der Lebenden sesthalten sollen, den Schmuck des SitgeSlorbeers zu leihen! Würde gegenüber doch niemand auskommen konnte — gegen den Schreiber so höflich wie gegen den Minister. So erwiderte er auch die Verbeugung Hartmanns weit verbindlicher, als der Assessor. „Aber Liane, ich bitte Dich, so singe doch", sagte die Voronin. ,Hils dem Assessor aus der Verzweiflung. Ihre Hoheit war ja so freundlich, ihre Freude über da» Konzert auszusprechen*. „Und gerade dies Lied entzückt die Prinzessin", sagte der Assessor wichtig, fein Monocle mit kühnem Schwünge vor da» rechte Auge wersend. „Wenn ich eine Stimme au» der Erde graben könnte, ich thäte eS". „Glauben Sie nicht, daß eine Prinzessin genug Musik hört, um mit Vergnügen auf eine der ihr zu gedachten Perlen zu verzichten?" fügte Liane spöttisch. „Gnädige Frau, diese» Lied ist für unseren Assessor ein Schritt zum Minister", warf der Graf ein. „Nun meinetwegen, wenn ich einen berühmten Mann machen kann, so singe ich", rief Liane. „Also, da- Meer erglänzte weit hinaus". „Dasselbe, gnädige grau, von Heinrich Heine. Ich lege meinen tiefgefühltesten Dank zu Ihren Füßen nieder. Wa-n darf ich Ihnen den Musiker zum Einstudieren schicken? Morgen ist da» Konzert. Übermorgen ressen die hohen Herrschaften weiter." „Dann müssen wir heute einstudieren", sagte Liane. „Wenn Sie gestatten, gnädige Frau, so begleite ich das Lied", sagte Hartmann, der sich bi» jetzt schwei gend verhalten hatte. .Jedensall» werden Sie eine kleine Borprobe wünschen. Bestimmen Sie nur die Stund«, wann ich Sie zu« Pavillon geleiten darf."
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