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Dresdner Journal : 03.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188809032
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18880903
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18880903
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-09
- Tag 1888-09-03
-
Monat
1888-09
-
Jahr
1888
- Titel
- Dresdner Journal : 03.09.1888
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117N Souper vereint. Demnächst begleitete der Kaiser gegen ^12 Uhr abend» Se. Majestät den König von Schweden nach dem Stettiner Bahnhöfe, von wo aus Allerhöchstderselbe mit seinen militärischen Begleitern und dem Gefolge um ^12 Uhr von hier nach Warne münde abreiste, woselbst die königliche Dampfjacht bereit lag, um Se. Majestät den König von Schweden nach Stockholm zu überführen. Mit demselben Zuge um 1412 Uhr, mit welchem Se. Majestät der König von Schweden Berlin verließ, reiste auch Se. Königl Hoheit der Prinz Heinrich von hier wieder ab, um direkt zu feiner erlauchten Gemahlin nach Kiel zurück zukehren Stach erfolgter Abreise Sr. Majestät de» Königs von Schweden und Sr. Königl. Hoheit de» Prinzen Heinrich von Preußen kehrte Se. Majestät ins hiesige königliche Schloß zurück, um dort die Nacht über zu verbleiben. — Im Laufe des heutigen Vormittages erledigte Se. Majestät im hiesigen könig lichen Schlosse die laufenden Regierungsangelegenheiten und nahm die regelmäßigen Vorträge entgegen. Gegen Hl1 Uhr stattete Allerhöchstderselbe Sr. Majestät dem König von Sachsen m dessen Gemächern einen kurzen Besuch ab und begleitete Allerhöchstdenselben zum anhaltischen Bahnhofe, von wo aus Se. Majestät der König von Sachsen mit seiner Begleitung und seinem Gefolge um 10 Uhr 35 Minuten nach Dresden zurückkehrte. Bei der Abreise waren auch der Königl. sächsische Gesandte und dessen Attaches, der Gouver neur, Kommandant und Polizeipräsident und die zum Ehrendienst kommandiert gewesenen Offiziere zur Ver abschiedung auf dem Bahnhofe zugegen. Nachdem Se. Majestät der König von Sachsen mit seiner Be gleitung von Berlin abgerelst war, begab sich Se. Majestät der Kaiser vom anhaltischen nach dem Pots damer Bahnhofe und kehrte von dort aus mit dem Zuge um II Uhr nach dem Marmorpalais zurück. Die Ankunft Sr. Majestät deS Kaisers in Schloß Friedrichshafen zum Besuch des württembergischen Königspaares ist nach der „Köln. Ztg." für die letzten Tage des September, voraussichtlich für den 29. in Aussicht genommen. Nach mehrtägigem Aufent halt erfolgt sodann die Weiterreise nach München, Wien und Rom. Das Königspaar wird erst am 6. Oktober nach Stuttgart zurückkehren; am 20. Ok tober wird König Karl sich zum Winteraufenthalt nach Nizza begeben, wohin Königin Olga nach Neu jahr nachfolgen wird. Der Berner „Bund", der, wie bekannt, mit den maßgebenden Kreisen der eidgenössischen Politik enge Fühlung unterhält, widmet der für 1889 in Berlin projektierten deutschen allgemeinen Ausstellung sür Unsatlverhütung die wärmsten Sympathien. In einer Besprechung dieses Unternehmens betont das schweizerische Blatt, daß die höchsten Behörden, zahl reiche Unfallberufsgenossenschasten, die großen Staats betriebe und die hervorragendsten industriellen Firmen Deutschlands zusammenwirken, um einen edlen Huma nitären Gedanken zu verwirklichen. „Was wir aber an diesem Unternehmen besonders warm begrüßen", heißt es weiter, „ist, daß zu dieser Ausstellung auch ausländische, auf Unfallverhütung und Arbeiterschutz überhaupt bezügliche Erfindungen, Apparate, Vorrich tungen, Modelle, Pläne, Zeichnungen rc. bereitwilligst zugelassen werden, wie denn auch Ansprachen, Haupt- und Spezialprogramme rc. in französischer und eng lischer Sprache von Berlin aus zahlreich versandt worden sind. Zollfreiheit, Frachtfreiheit für den Rück transport unverkaufter Ausstellungsgegenstände und anderer Erleichterungen sind bereits bewilligt, Dampf, Wasser und Gas unb die von der allgemeinen Trans mission herzuleitende Betriedskraft werden den Aus stellern unentgeltlich geliefert DaS schweize rische Industrie- und Landwirtschaftsdepartement hat durch wiederholte Bekanntmachungen auf das Unter nehmen aufmerksam gemacht, dessen Wahlspruch lautet: „Nichts ist gering, was Menschenleben zu schützen und zu erhalten vermag." Hoffen wir, daß auch unsere schweizerische Industrie bei diesem schönen Friedens werke in würdiger Weise vertreten sein wird!" Vor zwei Zähren erging seitens des Staatssekretärs deS ReichS-JustizamtS an sämtliche Regierungen der Einzelstaaten eine Auslegung des 8 1 des Patent gesetzes, nach welchem Erfindungen von Stoffen, welche auf chemischem Wege hergestellt werden, von der Patentierung ausgenommen sind, soweit die Er findungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur Her stellung der Gegenstände betreffen. Es war nämlich bis dahin die Ansicht verbreitet, daß auf Grund dieser Bestimmung bei Chemikalien Gegenstand oer durch Patent geschützten Erfindung nur das Verfahren als stalt und preßte seine Lippen auf die bleiche Stirn der zitternden Jungfrau. „Meine süße Anna", flüsterte er. Einen Augenblick ruhte ihr Haupt auf seiner Schulter. Mit Blitzesschnelle zog das Bild ihrer ersten Liebe an ihrer Seele vorüber, doch dann, sich emporraffend, sprach sie mit fester Stimme: „Laßt uns gehen. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Es gilt unsern Vater aus schmachvoller Gefangenschaft zu be freien." „Ihr habt Recht, teure Anna," erwiderte der Ritter. „Und Ihr sollt sehen, in kaum einer Stunde ist Euer edler Vater frei. Mein Wort zum Pfände! Kommt, noch ist der König für jedermann zu sprechen!" Schon nach kurzer Zeit stand Anna vor Heinrich von Frankreich, welcher erstaunt auf das stolze, schöne Mädchen blickte. Ruhig und kalt stand Anna der glänzenden Umgebung des Königs gegenüber. Nur die feine Blässe ihrer Wangen, das Zucken der vollen Lippen verriet ihre innere Erregung. Aufmerksam hörte der König ihrer Klage zu; dann sprach er, sich zum Eonnetable wendend: „Das habt Ihr nicht recht gemacht lieber Vetter. Nicht al» Er oberer sind wir hierher gekommen, sondern als Be schützer aller Rechte und Freiheiten der Stadt. Euch aber, schöne Dame, soll Gerechtigkeit werden, die Ihr von uns verlangt. Ich freue mich, daß Ihr Euch entschlossen habt, Eure schöne Hand einem braven Ritter meine- Heeres zu reichen. Möchten noch viele meiner Edelleute solche Eroberungen in der guten Stadt Metz machen! Euer Bruder ist mir schon vorgestellt; mein Maröchal de Vieilleville hat iHv empfohlen. Ein tapferer, kluger Jüngling, der avr solche», nicht aber der hergestellte Stoff sei. Dieser Auffassuna wurde in der Auslegung des Staatssekre tär» de» Reichs-Justizamt» entg-geugetrelen, und nun mehr hat sich auch das Reichsgericht dahin entschieden, daß bei der Besonderheit oe» Verfahrens zur Her stellung von Stoffen aus chemischem Wege Herstellungs verfahren und Herstellungsergebni» untrennbar zusam- mengehören, und daß daher den patentrechtlich ge schützten Gegenstand der Erfindung nicht das bloße Verfahren als solches, die Methode der Herstellung, sondern zugleich das auf diesem Wege hergestellte Er zeugnis bilde. Damit ist endgiltig den Bestrebungen ausländischer Fabrikanten, chemische Erzeugnisse, welche unter Nachahmung eines im deutschen Reiche paten tierten Verfahren» im Auslande hergestellt waren, ohne Genehmigung des Patentinhabers in Deutschland zu vertreiben, entgegengetreten. Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben: Wie e» um die Wahrnehmung der reellen Arbeiter' interessen durch die sozialrevolutionären Hetzer in Wirklich keit steht, zeigt recht deutlich der Verlauf, den die Reife einer Abordnung Pariser Arbeiter auf städtische Unkosten nach Kopen hagen zum Studium der dortigen Ausstellung behufs fachlicher Information genommen hat. Bevor der Ausbruch von Paris erfolgte, hatte die Abordnung sich an den dänischen Konsul da selbst gewendet und ihm ihre Sorge vorgetragen, wegen völliger Unbekanntschast mit der Landessprache dort vielleicht aus Schwie rigkeiten zu stoßen. Der Konsul hatte den Arbeitern aus da- Zuvorkommendste erwidert: Die dänische Gastlichkeit werde sich ihnen gegenüber von der besten Seite zeigen, worauf die Ar beiter sich mit der telegraphischen Bitte an daS Kopenhagener AuSstellungSkomUee wandten, sür Empsang und Unterbringung, sowie Führung der Ankömmlinge Vorsorge treffen zu wollen. Umgehend traf die Antwort ein, welche den Franzosen einen „enthusiastischen Empsaug" verhieß, mit dem Hinzusügen, daß sie sich als Gäste der Großindustriellen betrachten dürsten, welche das Ausstellungsunternehmen ins Leben gerusen hätten. Die Pariser Arbeiter reisten also ab. In Korsör wurden sie schon von Vertretern des AuSstellungskomiteeS begrüßt, e- wurde in Kopenhagen telegraphisch ein osfizieller Empfang angeordnet. Da stellte sich den Parisern der Redakteur eines Kopenhagener Eozialistenblattes vor, erklärte ihnen rund heraus, sie schuldeten sich der Partei der internationalen Sozialrevolution und es sei ihre Pflicht, die Bourgeoisie mit ihrem Entgegenkommen einfach links liegen zu lasten. Das Wort.Sozialrcvolutton' brachte eine magifche Wirkung hervor. Die Pariser Arbeiter warfen kurzer Hand alle Rücksichten der einfachsten Höflichkeit bei Seite und sich in Kopenhagen den dänischen.Genosten' in die Arme, zogen mit denselben von dannen, ohne sich im mindesten um die ihrer harrenden Abgeordneten de« Ausstellungskomitees und alle von denselben getroffenen Vorkehrungen zu kümmern. Den Willkommensruf der Genossen: ,Es lebe Frankreich und die soziale Revolution", erwiderten sie mit einem Hoch aus die Kommune — damit war ihre Stellung genommen. Das treiben sie nun schon seit ihrer Ankunst in Kopenhagen so, berichten in tadelndem Tone Pariser Blätter von erzradikaler, wenn auch nicht anarchistischer Tendenz; sie schienen nur in Erfüllung einer sozialrevolutionär-propagandistischen Sendung nach Kopenhagen gekommen. Mit der Ausstellung würden sie sich vielleicht später besoffen u. f. w. Wo bleibt da, dars mau wohl sragcn, die sachliche Jnsor- mation, wo der Ernst der Pflicht? Die Antwort der Pariser — und aller anderen sozialrevolutionär gesonnenen Arbeiter — dürfte einfach lauten: Wozu sollen wir uns erst noch lange sachlich über Fragen informieren, die aus einer wirtschaftlichen Gesamtordnung entspringen, welche durch und durch verrottet ist und je eher desto besser über den Hausen gestürzt werden muß! Von solchem Standpunkte verlohnt es sich freilich nicht, mit Ernst und Pflichtgefühl an irgend welche soziale Reformen heranzutreten Je mehr die Interessen der Arbeiter im Argen liegen, desto üppiger blüht der Weizen der internationalen Um- sturzverfchwörung. Wien, 2. September. Se. Majestät der Kaiser hat sich gestern morgen, nachdem er tags vor her au» Bayern hierher zurückgekehrt war, zum Be suche der Zarewna nach Gmunden begeben. Man hatte allgemein erwartet, daß der Kaiser auf der Rück reise au» Bayern diesen Besuch abstatten werde. Daß dem nicht so geschah und daß er dennoch von der Reichshauptstadt aus den Besuch machte, bedeutet eine besondere Rücksichtnahme sür den hohen Gast, und obwohl dieser Besuch selbstverständlich jeden politischen Hintergrundes entbehrt, gewinnt er doch durch diese Nedenumstände an Bedeutung Man wird jedenfalls Veranlassung nehmen, aus denselben aus gebesserte Beziehungen zwifchen Österreich und Rußland zu schließen. Der Kaiser verweilte etwas mehr als zwei Stunden in Gmunden und reiße sodann über Ischl zu den Manövern in Böhmen. Das Haupt quartier derselben befindet sich in Pijek. Leiter der Übungen ist Coi pskommandant Feldzeugmeister Baron Philippovlch; an den Manövern nehmen 28 Lmien- und 8 Landwehrbatalllone nebst den entsprechenden Kavallerie- und Artillerieabteilungen teil. Außer meh reren Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses werden die hier akkreditierten Militärattaches den Manövern bei wohnen. Stach diesen finden sodann in Bellovar (Kroatien) weitere große Manöver unter den Augen des Monarchen statt — Erzherzog Karl Ludwig und Gemahlin sind gestern nachmittag aus Berlin hierher -urückgekehrt. Da» hohe Paar beabsichtigte, am Abend nach Prerau zu reisen, um auf dem dortigen Bahnhose Ihre Majestät die Kaiserin von Rußland, welche g-stern Abend Gmunden verlassen hat, auf der Durchreise zu begrüßen. — Heute beginnt da» Kaiserjubiläum-schießen, welches zugleich daS 5. niederösterreichische Lande»- schießen ist. Dir Beteiligung ist eine sehr zahlreiche. Eben marschiert der Zug vom Rathause durch die kaiserliche Burg nach dem Schießplätze. Alle Straßen, welche der Zug passieren soll, sind reich geschmückt.— Gestern starb m der Umgebung Wien» der ehemalige ReichSralsabgeorduete und erste Redakteur der „Deut schen Zeitung", Heinrich Reschauer, eia wegen seiner Charaktereigenschaften allgemein geachteter Poli tiker. — Das Rrichskrlegsministerium hat eine verschärfte Prüfungsverordnung für Reserveoffiziere erlassen, durch welche hinreichende Kenntnis der deut schen Sprache zur Hauptbedingung der Ernennung gemacht wird. Solche Aspiranten, welche selbst der vorzüglicher wissenschaftlicher und praktifcher Erprobung nicht genügend deutsch kennen, sind von der Erlangung der Offizierscharge ausgeschlossen. Es bleibt abzu- warten, wie unferc Nationalen, und namentlich die Ungarn, diese Verordnung aufnehmen weiden. — Mit dem gestrigen Tage ist das neue Spiritussteuer- gesetz in Kraft getreten. x-, Paris, 1. September. Der Premierminister Floquet und der Marineminister Krantz wurden gestern in Hyvres mit einem „Punsch" bewirtet und an worteten auf die an sie gerichteten Begrüßungs ansprachen. Admiral Krantz erklärte, die stattgehabten Übungen hätten keinen kriegerischen Charakter, fondern sollten nur zeigen, ob Frankreich in einem gegebenen Augenblick schlagfertig fein könne. Die Probe fei vollkommen gelungen. Frankreich wolle keinen Krieg, wenn man ihm aber denjelben erkläre, fo werde eS keine Erniedrigung zu erleiden haben und nicht zurückweichen; jeder werde dann feine Schuldigkeit thun. (Ruse: „Vivs tu trancwl Viv« I» ökuiiue! ) Daraus hielt Hr. Floquet folgende Ansprache: „Ich bin mit einer durchaus friedlichen Absicht hierher gekommen, um den Übungen unserer Flotte beizuwohnen und den Matrosen den Dank der Regierung der sranzösischen Republik auszu sprechen. Eine Macht, die weiß, daß sie aus aller Achtung ein Recht Hal, weil sie die nötige Stärke besitzt, sich dieselbe zu er zwingen, ist ihrer Natur nach sriedliebend. Unser Land ist es außerdem noch, well es eine Republik ist und weil die wahren Republikaner vor allem wollen, daß sich Eintracht, Brüderlich keit, Arbeit und Handel in der ganzen Welt auSbreiten. Ebensowenig als die sranzösische Republik die auswär tigen Feinde sürchlele, wenn sie deren hätp, fürchtet sie die inneren, weder offene Reaktion noch Versuche einer Ge- waltherrschast. Sie Hal weder Ausnahmemaßregeln noch Rückschritte nötig. Sie wird aus ihrer Bahn stetig voranschreiten und diejenigen rechts und links liegen lassen, welche sie zu einer Wiederherstellung der Monarchie oder zu einer Gassendiktatur führen möchten. Die Regierung, welche ich zu vertreten die Ehre habe, wird ihrer Vergangenheit und ihren Versprechungen treu bieiben Sie ist der Ansicht und spricht cs offen aus, daß nur solche Regierungen ernsthast zu nehmen sind, die ihre Grund sätze anwenden, und um ihre Kraft fühlen zu lassen, ist e« nicht nötig, sie durch Ausnahmemaßregeln tundzugeben. Es genügt ihr, das republikanische Gesetz zu handhaben, um die großen Grundsätze ver französischen Revolution ausrecht zu halten und mehr und mehr auszubreiten." (Beijall; Rufe: „Es lebe die Republik I Es lebe Floquet l") Man erblickt in dieser kurzen Rede eine Antwort auf die neulich von I. Ferry zu Gerardmer gehaltene, in welcher Ausnahmemaßregeln gegen Boulanger, den die Regierung „ihre Kraft fühlen lassen müsse", ver langt waren. — Des Abends nach Toulon zurück gekehrt, wurde der Premier auch hier mit einem „Punsch" bewirtet, an welchem 500 Personen teil- nahwen, und beantwortete tue Begrüßung des Bürger meisters von Toulon ebenfalls mit einer Rede. Er erklärte, der ihm vom Marineminisler Krantz zugegaugene Beucht über die Hingebung und den guten Erfolg, mit welchem die Rüstungsprobe vorgenommen worden sei, hätte ihn so bewegt, daß er den Präsidenten der Republik und die Minister um die Gunst gebeten habe, persönlich den Seeleuten, die so diszipliniert und wirkungsvoll unter der klugen Liitung de- Admirals Amet an der Wiederausrichtung eines so wichtigen Teils der nationalen Macht arbeiteten, den ihnen gebührenden Dank abzustatten. Boll Be wunderung habe er in diesen zwei Tagen dem Werke, daS sich vor ihm vollzogen, beigewohnt, stolz sür sein Land nicht bloß aus diese Entsaltung materieller Kraft, die Frankreich die Acht ung des Auslandes sichere und ihm Selbstbefriedigung gewähre, sondern auch stolz sür die ganze Menschheit, sür die Wissen schaft, da er gesehen, wie der menschlijche Verstand e« dahin gebracht habe, anscheinend ohne Anstrengung nicht bloß das treulose Meer zu beherrschen, sondern auch diese ungeheueren Fahrzeuge, diese furchtbaren Maschinen zu handhaben, welche überall hin die Verheerung tragen würden, wenn die Achtung des menschlichen Ledens und die Ruhe der Nationen nicht den Frieden und die Brüderlichkeit selbst den unbeugsamsten An sprüchen auszwängen. (Beifall.) Dieser Gedauke erfülle ihn nach diesem mühevollen Tage; er empfinde die höchste Genug- thung, die ein Vaterlandsfreund empfinden könne. Da» Herz voll Vertrauen und die Seele ausgeheitert, erscheine er hier, darum möge man ihm erlauben, nicht über Politik zu sprechen, übertroffen wird von feiner schönen, hochherzigen Schwester. — Man führe den Seigneur de Gournay hierher!" — Bald stand Jacques de Gournay vor dem Könige. Sein Auge blickte finster, seine Stirn war in düstere Falten gezogen und auf seinen Wangen lagerte fahle Bläffe. Erstaunt, doch schweigend sah er aus seine Tochter, die an der Seite des Herrn de Tinteullle in unmittelbarer Umgebung des Königs stand, neben ihr der Kardinal de Lenoncourt mit lächelndem Antlitz. „Tretet näher, Seigneur de Gournay", sprach Hein rich von Frankreich. „Der Connetable wollte Euch des Verrats gegen unsere Krone anklagen, doch die Vertheidigung Eurer schönen Tochter und die Bereit willigkeit Eures SoyneS, in unsere Dienste zu treten, haben Eure Unschuld klar dargelegt. Ihr seid frei und könnt flohen Mutes die Verlobung Eurer Tochter mit Herrn de Tinte uille feiern." überrascht schaute Jacques de Gournay auf feine errötende Tochter. Der König lächelte und fuhr fort: „Sohn und Tochter haben sich un» ergeben; sollte eS uns nicht auch gelingen, das Herz des Vaters zu bewegen i" Stolz richtete sich Herr de Gournay auf und ant wortete: „Niemals werde ich meinem kaiserlichen Herrn die Treue brechen. Ich erkenne die Abmachungen der protestantischen Fürsten des deutschen Reich» nicht an. Ich glaubte nicht, daß König Heinrich von Frankreich sich mit Ketzern verbünden würde." (Kortf. solai.) Refidenztheater. Sonnabend, den 1. September, wurde im Ensemble-Gastspiel unter Leitung de» Direktor» Kurz zum ersten Male das Schauspiel „Georgette" von V. Sardou (übersetzt von Herm, v. Löhner) unter Mitwirkung der Frau Rosa Hilde brandt und de» Fräulein Thea Wolf vom Residenz theater in Berlin als Gäste, gegeben. Der Haupt inhalt de» Stoffs dieses Schauspiel» wird in diesem selbst in die Frage zujammengefaßt: Kann ein ehren werter Mann die tugendhafte Tochter einer Mutter heiraten, welche letztere, obwohl zur Zeit tadellos in ihrem Wandel, doch eine sittlich verwerfliche Vergan genheit hinter sich hat, die in höheren Kreisen der Gesellschaft um so unverzeihlicher erscheint, da Georgette au» niederer Herkunft zu glänzender Lebensstellung gelangte. Die Frage ist fast ausschließlich der Pariser Gesellschaft zugehörig, und dies giebt auch den Vor zügen und Schwächen des Stücks eine spezifisch flan- zösijche Physiognomie. In dem Konflikte, aus dem die schwersten Gemütserschütterungen und Seelenlämpse für Mutter und Tochter infolge jener Frage hervor gehen, steht die Stimme des Herzens und wahrer Humanität den Forderungen hartherzigen Tugendhoch- mutS und unduldsamer Vorurteile der sogenannten höheren Gesellschaft schroff gegenüber. Sardou ver meidet eine gewaltsame wie eine unbefriedigend ver mittelnde Entscheidung in diesem Kampfe und läßt dafür die opferwillige Pflichterfüllung der hochherzigen Paula aus dankbarer Liebe für ihre Mutter eintreten. Und auch die Tragik dieses Schluffes bleibt vermieden, denn da» Liebesverhältnis Paulas und Gontran» ist vorsichtigerweise derartig geschildert, daß eine baldige Heilung ihrer Herzenswunden gewiß erscheint und em Eriatz für den Verlust beider ist mit bestimmter Aus sicht vorgesehen. Dies Schauspiel zeigt von neuem iu seinem sce- de»n diesc trMMr beste« Herze», sonder» »irr über Gesinnung«», die alle ParteMfür daSVaterland »ad dirRepubli!einiaeaköa»tea. „Sie Haden di» gesetzlich«, friedlich« Repablu: lasse» Sir dirsrlbr von aiemandrm maunen, wrder durch di« offrn eiagrsta»drntn An sprüche der Wlcdclherftellung der Monarchie, noch durch die wiat«l- zü iige» Abenteuer der Diktatur Sie sind stark; seren Sie ar- recht uad geduldig; feien Sie brüderlich und versöhnlich, um dir Rrpublik zu verlccdlgra. Haben Eie Vertrauen, daß dir Re gierung dieselbe ehrlich und fortschreitend mache» wird Dena ich, der jene g-oßrn Zusammenbrüche der Vergangenheit, die Kämpfe gegen de» Despotismus gesehen, der ich meine Jugend »ater der kaiserlichen Tortur gekrümmt zugebracht habe, der ich vor meinem Land« grschwore» habe, daran zu arbeiten, ihm re publikanische Gesetzt zu geben, — ich würde meinen Namen sür gebrandmarkt hatten, wen» ich mein Wort brächeI" (Anhaltender Beifall.) Welche Regierung wäre sicher, keine Kehler zu be gehen, welche könnte immer thun, wa» sie selbst und wa» ihre Freunde möchten? Seien Sie nachsichtig gegen ua«, deun ich schwöre c» Ihnen, wir sind durchaus ausrichtig, und wir wollen eine freie und fortschreitende Repuplik, die gesellschaftliche Ge- rechtigkeit in der Wett und die Grüße de» Vaterlandes." (Großer Beifall.) Im Saale und auf der Straße ließ man die Flotte, die Armee, die Republik und Hrn. Floquet hochleben; auch bu» Boulanger!" wurde gerufen. — Der Premier wird morgen früh wieder in Paris sein. Der „TempS" tadelt, daß Floquet auf sein Re visionsversprechen angejpielt habe, das er doch nicht halten könne. — Bou langer hat vor seiner Abreise ein sehr freundschaftliche- Schreiben an den dona- partislischen Abgeordneten der Orne, Hru. Dugus de la Fauconnerie gerichtet, in welchem er billigt, daß dieser ihn nicht nach seinem Wahlkreise, zu den Rennen von Mortagne, eingelaben habe, denn „für den Augenblick sei es besfir, nicht die öffentliche Kundgebung von Gesinnungen hervorzurufen, welche zu kennen ihm fchon genüge. Übrigens werde Hr. Dugue de la Fauconnerie, der sich so entschlossen von der Parteidisclplln freigemacht habe, den dortigen Wählern schon mitteilen, was er über seine, Boulangers, Ziele und Bestrebungen wisse. Freilich beständen zwischen ihnen und ihm politische Meinungsverschieden heiten und habe insbesondere die Erfahrung der letz ten Jahre ihnen keine lebhafte Zuneigung zur republi kanischen Staatssorm eingeflößt. Allein sie seien ver ständige und praktische Leute und ihre jetzige Vorein genommenheit würde schnell verschwinden, wenn erst die Republik ihnen nicht mehr als em Regime des Geschwätzes und der Jntrigue erscheinen, sondern den Schutz ihrer Interessen und die Achtung ihrer Rechte sichern würde." „Übrigens, mein lieber Freund", schließt caS Schreiben, „steht die Frage heute nicht mehr zwischen Republikanern und Monarchisten, son dern zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, und Sie wissen, aus welcher Seite ich in diesem großen Kampfe stehe. Ich will, daß man dem Volke daS Wort gebe, daß das Land von der Tyrannei von Politikern befreit werde, die es schon allzu lange unterdrücken, in Mißkredit bringen und verfaulen Das ist mein Pro gramm und mein Ziel, und ich rechne darauf, daß alle braven Leute es Mir erreichen helfen, wie sie darauf rechnen können, daß ich sie demselben zusühren werde." Der Nizzaer „Spion" wird immer harmloser: jetzt ist eS keine Patrone mehr, sondern bloß noch die Hülse einer solchen, und nicht vom neuen Lebel-, sondern vom alten Grasgewehre, die Hr. Fritz Kilian von Hohenburg fortgeschlckt hat. Aber der Verhaftete wohnte italienischen und französischen Truppenübungen als Zuschauer bei und schrieb wöchentlich mehrmals nach Berlin; folglich ist und bleibt er für die meisten eiu Kundschafter! Brüssel, 31.August. Die sozialdemokratischen kooperativen Genossenschaften in Belgien mehren sich, wie ein Berichterstatter dem „Hamb. Korresp." aus Brüssel meldet, in überraschender Weise. „Aller Orten errichtet man kooperative Bäckereien, Schläch tereien und Apotheken, um den Arbeitern, welche die Mitglieder dieser Genossenschaft bilden, billiges Brot, Fleisch und Medikamente zu verschaffen; in den großen Zentren befassen sich diese Genossenschaften auch mit dem Verkaufe von Kolonialwaren, Kleidungsstücken, Kohlen und anderen Lebensbedürfnissen. In allen Gebäuden dieser Genossenschaften, von deren Dächern herab rothe Fahnen wehen, finden die Arbeiter ihren Sammelpunkt, Säle zu Erfrischungen und zu Versamm lungen. Die sozialistischen Arbeiterführer wollen diefe Genossenschaften als das Hauptmittel zur Organisation der Arbeiterpartei ausnutzen; sie werden daher in allen Arbeiterbezirken ins Leben gerufen, und alle Ge nossenschaften bilden einen Verband, dessen Sitz Gent ist. Der beträchtliche Gewinn dieser Gesellschaften fließt teils den Mitgliedern mittelst Waren zu, teils m die „Widerstandkasse", die Arbeitseinstellungen organisiert und unterhält. Da die belgischen Arbeiter nischen Aufbau der Komposition von der Exposition an und in jeder Folge der spannenden Entwickelung, Steigerung und wirkungsvollen Durchführung das außerordentliche dramatische und technisch meisterhaft durchgebildete Talent Sardous, verbunden mit be stimmter Charakterzeichnung und einem geistreichen Dialog ohne überflüssige Phrase, voll feiner scharfer Dialektih treffend geißelnder Äußerungen über Blößen der Gesellschaft, voll erfindungsreicher, überraschender, für den Verlauf der Handlung eingreifender und doch ganz natürlich erscheinender Züge und Wendungen. Sardous Werk, wenn auch iu den Voraussetzungen des Sujets weniger sympathisch, wird jedermann interessieren, in seiner Durchführung und seinem ver söhnendem Abschluß unwillkürlich fesseln und dies um fo mehr, da die Darstellung desselben eine sehr lobens werte , fleißig einstudierte und in den drei Haupt partien vorzügliche ist. Frau R. Hildebrandt spielt die von der mög lichen und schließlich geschehenen Enthüllung ihrer Vergangenheit beängstete, peinvoll gequälte und leiden schaftlich erregte Lady Larliugton mit überzeugender Wahrheit, ohne die lebensvolle realistische Wirkung durch theatralische Färbung abzuschwächeu. Ein kaum minder erfassendes Bild giebt, namentlich in den bei den letzten Akten, Frl. Thea Wolf von deren Tochter Paula. Doch steht ihr in der ruhigeren Rede noch viel mehr der geschulte Routineausdruck warmer Empfindung al» innerste Wahrheit des Gefühlsau»« druck» zu Gebote. Mit einer ausgezeichneten Beherrschung und seiner Nuancierung der Rede, mit geistig domi nierender ruhiger Überlegenheit, wie mit Wärme de» Vortrag», zudem vornehm und taktvoll in seinem Wesen
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