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MISS. Mittwoch, den 18. Juli, abends. 1888. I» ^»»» ^»llrUol« ....»« I ^MdrUok. « »l»r» »0 kL l Kllivmvrv: ISkLl L>—i»»ld ä« ä-vkioi»«» L«v^« tritt?o«t- «»N 81«iLp«l»u»vUI»^ di»«. L»»n»nl»»»n»r»dinr«», NNr ä«o tt»iuo «iv«r 2«1» 111«»» «v ?k. v»t«r „Killk>,«»ot1t" äi« LrU« KV tt. v« 1'»K«U«» 226 Äksr-L»»t» «>t»pr ^attoUiG. Kr»oN«t»«i aüt Xo«ll»tull« ä« ko»» iillä kaiorM« »bllllä». kor»»pr»vU-F»»vUu»»: Ur. 18VL. DreMerZMNMl. Für die Gesamtlettung vercmtworllich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. F> Lr»meie«tt»r,, Oomin1i««n>Lr 4« vr«ckll«r ^oiulllll», N»»d«iA->»rU» Vt»» r^tp»lU I»„l ». H.: Laa»«it«»n <t ^0A<«r, I«rU» Vt»» -U»mdv^ rr»E -r«tp»ti ». L-4 Lta»x, k»rt» >«ti» »»»KIllrr ». » It»ttU»rt: /Imid« 4 Oo, IsrU»: lEU»U«n4<>nL, SkrUU,! 8 NtM«r> 0 Lek»t»kr, N»U» ». ».i F. Loret » So. N»r»ll«ss»d»r» Nülli^l. Lrpsäitioi» ä«> Orvsäoor ^oniiull». vro.lt sv, Lvillsorstr»«« »0. ?srii-prvod : Ur. 1LVÜ. Nichtamtlicher Leit. KetegvapHifche WachrichLen. Dagerort (Lsthland), 18. Juli. (Tel.d.DreSdn. Journ.) Die Laiserjacht „Hohenzollern" passierte, vom Geschwader begleitet, beute früh k? Uhr Dagerort. In Kronstadt ist heute die Jacht „Slawjanka" behufs Einlotsnua de- deatschen Geschwaders in See gegangen. Die „Slawjanka" erwartet daS deutsche Geschwader bei Hochland. Chicago, 18. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Bei einer gestern vorgenommenen Haussuchung wurden 12 Dynamitbomben, 1 Revolver und 1 Dolch aufgefunden; 3 Personen wurden verhaftet. Der Polizeikommissar Ronfield giebt an, daß seit längerer Zeit eine Verschwörung bestanden bade, die gestern zum Ausbruch kommen sollte. 20 Teilnehmer derselben Hütten gestern beabsichtigt, die Wohnhäuser der Richter Gary, Grinnel und anderer an dem jüngsten Anarchistenprozeffe be teiligten Personen zu zerstören. Nach anderwei tigen Mitteilungen sei die Zerstörung deS Ge- richtSsaaleS und anderer öffentlicher Gebäude und Redaktion-lokale beabsichtigt gewesen. Dre-den, 18. Juli. Amerikanische Finanzzustände. Bei der bevorstehenden Präsidenschastswahl in den Vereinigten Staaten von Nordamerika wird der Kampf zwischen den beiden großen politischen Parteien, den Demokraten uud den Republikanern, voraussicht lich ein sehr heftiger werden. Es geht die- sowohl aus dem Eifer hervor, mit dem die Vorbereitungen zur Wahl betrieben werden, wie auch aus den vor kurzem erschienenen beiderseitigen Parteiprogrammen, die sich namentlich bei einer der wichtigsten Streit fragen, der Finanzfrage, durch die Entschiedenheit oder eigentlich richtiger die Heftigkeit der Sprache hervor» thun. Während die Demokraten Sparsamkeit in den Regierungsausaaben und eine Herabsetzung der hohen Schutzzölle anstreben, um den Überschuß der Ein nahmen über die Ausgaben zu beseitigen, verlaugen die Republikaner die stritte AufrechterhaltungdeS bis herigen Schutzzollsystems und fordern zur Verminde rung der Staatseinnahmen nur die Aufhebung der inländischen Verbrauchsabgaben auf Tabak, Spiri tuosen rc. Die große transatlantische Republik befindet sich nämlich bekanntermaßen in der Lage, über einen sich alljährlich steigernden Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben zu verfügen, der sich in dem am 30. Juni 1888 beendeten Rechnungsjahre auf rund 110 Mill. Doll, bezifferte. Diese so günstige Finanzlage ist indessen keineswegs so beneidenswert, wie man in Europa vielleicht zu glauben geneigt ist, denn die geeignete Verwendung dieser großen Geldmassen verursacht den amerikanischen Staatsmännern nicht geringe Kopf schmerzen. Schon allein die Unterbringung der sich im Laufe der Jahre mehr und mehr vergrößernden Barvorräte deS Schatzamts, die am 1. Januar 1887 bereits die Höhe von 527 Mill. Doll, in Münzen und Barren erreichten, stößt auf Schwierigkeiten, um wie viel mehr muß dies also mit der Verwendung selbst der Fall sein. Der scheinbar am nächsten liegende Ausweg, diese Überschüsse zur Tilgung der Staatsschuld zu verwenden, erscheint auS dem Grunde nicht angängig, weil alle kündbaren Schulden bereits getilgt sind und eine Verminderung der noch auS» Feuilleton. Geheilter Wahn. Lrzühlung von K v. Kapss-Essenther. (Fortsetzung.) Und er brachte den Damen alle möglichen Zeitungs notizen, welche sich auf die Versammlung bezogen. Julie und ihre Mutter waren für die Dauer derselben in ihre Stadtwohnung zurückgekehrt. Julie schloß sich aus Schücheruheit von dem BegrüßungSabend auS und sah Dr. Krone- erst am Tage der Versammlung wieder. Er hatte ihr indes einige flüchtig hingekritzelte Zeilen geschrieben, in welchen er ihr lein Bedauern auSdrückte, ihr wegen Zeitmangels keinen Besuch machen zu können. Er war zu einem Besuch nicht im mindesten verpflichtet, und Mama hatte nicht Unrecht: das war nun wieder sehr nett von ihm. Er empfing Julie und ihre Mutter in dem Ver sammlungslokal mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit. Julie wollte er persönlich in den Saal führen; die Mama dirigierte er nach der Galerie. Mama war darüber ein wenig erschrocken. Julie sollte sich also ohne „garäo-äam«" am Arm des Doktors in den Sitzungssaal begeben? Seren Sie ohne Sorge, gnädige Frau, lächelte KroneS, dem Fräulein geschieht gar nichts. Sie wird sich nur ein wenig langweilen. Wa» wir verhandeln, sind trockene Geschäfts» und Berufsangelegenheiten. Vie Damen hgltrv nur pro tonn» mlt. Beim Bankett und beim Ausflug nachher ist es etwa- ganz audereS. stehenden Obligationen sich zunächst nur dadurch er- möglichen ließe, daß sie an der Börse mit einem er heblichem Aufgeld« über pari angekauft würden. Die mit solchem Erfolge durchgeführte Verminde rung der Staatsschuld ist jedenfalls eine Leistung der amerikanischen Finanzmänner, welcher man die An erkennung nicht verfügen kann. Daß im übrigen aber, wie schon angedeutet worden, die Finanzwirtschaft in den Vereinigten Staaten auch ihre Schattenfeiten hat, wird in einem vor kurzem in der „Schlesischen Zei tung" erschienenen Aussatze ausführlich dargelegt, wel chem wir das Nachstehende entnehmen: „Beim AuSgange des Bürgerkrieges fanden sich die Bereinigten Staaten unter dem Drucke einer Schuld von 2383 Mill. Doll., deren Berzinfung jähr lich 151 Mill. Doll, erforderte. Dazu kam noch eine unverzinsliche (Papiergeld-) Schuld von 462 Mill. Doll. Man hatte nur die Wahl zwischen rascherer Steuererleichterung und stärkerer Tilgung und ent schied sich mit Recht für die letztere, indem man von den während des Krieges eingesührten inneren Bun- deSsteuern nur einige der drückendsten und mißliebig sten aufhob und somit Mittel übrig behielt, um jähr lich 40—50 Mill. Doll. Schulden zu amortisieren. Dadurch aber wurde das Steigen des Kurses der Buudesobligationen wesentlich begünstigt, und man konnte daher auch bald an Konversionen denken, um die Zinsenlast zu erleichtern. Schon im Jahre 1877 begann man die 6prozentigen Schuldverschreibungen nach und nach durch 4kprozentige zu ersetzen, und im salbenden Jahre wurde auch ein 4prozentiges Pa pier emgeführt, das schon 1879 zur ersten Stelle unter den Bundesobligationen emporrückte und die selbe auch jetzt noch behauptet. Im Jahre 1881 wurde eS bereits möglich, die Verzinsung des Restes der 6- und 5prozentigen Bonds auf 3k Proz. herab zusetzen, und 1882 erfvlg'e fchon die Umwandlung der selben in ein 3prozentigeS Papier. Letzteres war nun aber am 1. Oktober 1887 bereits vollständig zurückgezogen; die verzinsliche Schuld der Vereinigten Stwten be trug daher an diesem Tage nur noch 1027 600 000 Doll., und das jährliche ZinSerforderniS war auf 43 Mill Doll. — bedeutend weniger al» ein Drittel des Anfangsbetrages — herabgebracht. Jetzt aber mußte notgedrungen ein Stillstand in der Tilgung eintreten, denn die 4prozentigen Bond», die noch eine Summe von 732 Mill. Doll darstellen, können ver tragsmäßig erst im Jahre 1907 zum Pariwerte ein gezogen werden, an der Börse aber stehen sie jetzt auf 128, und daher ist ein freihändiger Rückkauf derselben seitens der Bundesregierung nicht wohl möglich. Erst im Jahre 1891 kann die Tilgung wieder in normalen Gang kommen, da alsdann die 4kprozentigen Bonds einlöslich werden, die noch mit einem Betrage von 230 Mill. Doll. auLstehen und gegenwärtig den Kurs von 109—110 behaupten. Mit dem Jahre 1895 be ginnt dann auch die Fälligkeit der 6 prozentlgen Pacific- bondS, die nicht ganz 65 Mill. Doll, ausmachen. Der außerordentlich große Barvorrat des Schatz amtes hat übrigens nicht die schädliche Wirkung aus den Geldumlauf, der ihm von vielen zugefchrleben wird. Denn von den 527 Mill. Doll., die er am 1. Juli 1887 umfaßte, dienten 91 Mill, in Gold und 142 Mill, in Silber als Deckung für umlaufende Gold- und Silbercertifikate, und die übrigen 285 Mill, können al» Einlösungsfonds für das noch im Betrage von 347 Mill, umlaufende Papiergeld und für die von den sogenannten Nationalbanken ausgegebenen Bank noten im Betrage von 103 Mill, betrachtet werden. Einer gesunden Wirtschaftspolitik würde eS allerdings entsprechen, daß daS Bundespapiergeld nach und nach vollständig eiugezvgen würde, womit dann auch die einfachste Verwendung der Überschüsse gegeben wäre. Aber die Vorurteile dagegen sind so groß, daß an die Julie könnte eigentlich auch auf der Galerie sitzen, da sie nicht mitzusprechen hat, bemerkte die Mutter. DaS gebe ich auf keinen Fall zu! rief KroneS in übermütigem Tone; daS Fräulein wird Heuer die Jüngste und Schönste in der Versammlung sein. Es macht mich stolz, sie für un- gewonnen zu haben, und ich verzichte auf keinen Fall darauf, sie persönlich ein zuführen. Ünd triumphierend, in feinem schwarzen Frack bei nahe wie ein Bräutigam anzusehen, geleitete er Julie in den Saal. Er führte sie auf einen Platz, von dem aus sie die ganze Versammlung Überblicken konute, nannte ihr die hier vertretenen illustrer, Namen und stellte ihr in aller Elle noch einige Kollegen vor, ihren eige nen Namen stet- mit dem Zusatz nennend: „ein junges, ein aufstrebendes, ein vielversprechendes Talent' rc. Dann begab er sich, mit einem warmen, fast zärt lichen Blick von ihr Abschied nehmend, auf seinen Platz als Schriftführer. Julie hörte in der That kaum auf die beginnende Verhandlung. Sie war ganz verblüfft, ganz gefangen durch die Liebenswürdigkeit ihres Kollegen. Warum gab er sich fo viel Mühe mit rhr, die doch nichts war und nicht« galt in dieser Versammlung? Warum rühmte er ihr Talent, da er doch für ihr Buch kaum ein Wort rückhaltlosen Lobes gehabt hatte. Was hielt er in Wahrheit, wa» wollte er wirklich von ihr? Und sie kam wieder zu dem vernichtenden Schlüsse: Er hat Mitleid mit Dir, Du bist nicht», hast weder Talent, noch Aussichten. Und da er Dich unabsicht- lich verdunkelt und geschädigt hat, so bietet er Dir jetzt ein Almosen. Und eine Flut von schmerzlicher Bitterkeit ergoß sich über ihr Herz. Wa» jetzt Ausführung dieser naturgemäßen Maßregel nicht zu denken ist. Also wohin mit den überschüssigen Einnahmen von 110 Mill. Doll.? Gewiß läge e» am nächsten, eine Herabsetzung der Zölle vorzunehmen, zumal die Union aus dieser Quelle die ungeheuere Summe von 193 Mill. Doll, bezieht, doppelt so viel, al» sogar die Zolleinnahmen^ England» betragen. Aber alle Zölle, auch die auf Rohstoffe und Genußmittel, haben in Amerika den Charakter von Schutzzöllen gewonnen, und zwischen allen schutzzöllnerischen Interessen besteht eine enge Gemeinschaft, die mächtig genug ist, um auch der demokratischen Partei, wenn sie wieder siegen sollte, eine eingreifende Zollreform fast unmöglich zu machen. Was die inneren Steuern betrifft, fo be stehen dieselben im wesentlichen nur ncch au» der Tabak-, der Branntwein- und der Getränkesteuer. Die Demo kraten wollen sich zu einer Ermäßigung dieser Steuern, die zusammen 117 Mill. Doll, einbringen, schon deswegen nicht verstehen, weck dann die Aussichten auf eine Herab setzung der Zölle um so weiter in die Ferne rücken würden Einer Verminderung der Branntweinsteuer, die allein 77 Millionen Doll, abwirst, stehen auch all gemeine volkswirtschaftliche Gründe entgegen, und ähn liche Gründe werden von den zahlreichen Anhängern des strengen Mäßigkeitssystems auch gegen die Ent lastung der gegohreuen Getränke vorgebracht. Auch die Tabaksteuer wollen viele nicht ausgeben, und merk würdigerweise gehören zu diesen auch die Tabakfabri kanten. Unter dem Einflüsse dieser einseitigen und mäch tigen Interessen ist der amerikanischen Bundesregie rung eine weil größere Einnahme Vorbehalten worden, als dem Umfange und der Bedeutung ihrer staatlichen Aufgaben gemäß ist, und unter solchen Umständen ist es selbstverständlich, wenn sie Überschüsse behält. Wenu da» Deutsche Reich seine HeereSausgaben auf den Be trag der amerikanischen, 135 Millionen M., herabfetzte und feine Einnahmen unverändert beibehielte, so hätte eS alsbald einen Überschuß von 265 Millionen M., und wenn es überdies seine Branntweinsteuer, wie Amerika, auf 300 Millionen M. brächte, so schwämme eS noch mehr im Überfluß als die Union. Das Reich würde freilich keinen Augenblick in Verlegen heit darüber sein, wie es diesen Überschuß nützlich verwenden könnte: e» würde ihn, wenn eS keine Schulden mehr zu tilgen hätte, den Einzelstaaten überweisen, die ihrerseits wieder, wenn ihnen andere Gelegenheiten zur Verwendung dieser Mittel fehlten, die Gemeinden entlasten könnten. An diese Methode scheint man in Amerika nie gedacht zu haben, obwohl dort die Finanzlage vieler Einzelstaaten keineswegs glänzend ist und die Gemeinden, namentlich die großen Städte, insolge der bekannten verschwenderischen Wirt» schäft im ganzen weit mehr belastet sind, als in Europa. Es mag sein, daß die amerikanischen An schauungen über das Verhältnis von Bund und Emzcl- staaten jenes Verfahren nicht zulasfen, wie aber die Sachlage sich bisher gestaltet hat, kann sie nur die Verschleuderung und Vergeudung der öffentlichen Mittel begünstigen. Es tritt dies z. B. in der Ausbildung, die das PensionSwesen in den letzten Jahren erhalten hat, ganz unverkennbar hervor. Daß die Invaliden der Bürgerkriege und deren Hinterbliebene reichlich versorgt wurden, war gewiß in der Ordnung, und ebenso war nichts dagegen einzuwenden, daß in den Jahren 1872 und 1873 nachträglich der Invaliden des Krieges mit England von 1812 gedacht wurde, von denen damals über 20000 nebst 5400 Witwen Pensionen erhielten In den folgenden Jahren mehrte sich die Zahl dieser letzteren Klaffe von Pensionen nur wenig, aber von 1879 bis 1881 tauchten 3000 neue Invaliden und 24 700 Witwen von 1812 auf, und im Jahre 1886 waren im ganzen noch 1539 Kämpfer in ihr aufstieg, war eine Regung von Haß gegen diesen Mann, der sie so tief demütigte, der hier mü derselben Liebenswürdigkeit gegen alle Welt die Hon neurs machte, für Großes und Kleine- dieselben welt männischen Scherzworte besaß und von der Höhe seiner bevorzugten Stellung herab die Gnade hatte, sie zu protegieren. Und dieser Weltmann ohne Seele hatte sie besiegt und überwunden, sie, welche die unentweihten Ideale ihrer jungfräulichen Seele der Welt preiSge- geben hatte! Sie bemerkte kaum, daß ihr Thränen in die Augen schossen. Ach, wäre sie doch gar nicht hierher ge» kommen l Die Versammlung währte ungefähr drei Stunden. Julie nahm nicht den mindesten Anteil daran. Was kümmerten sie die StandeSinteressen der Schriftsteller? Sie hatte in ihrer jetzigen Stimmung dem Bankett zu entgehen gewünscht, aber vr. KroneS stellte ihr gleich nach Schluß der Versammlung einen einheimischen Kollegen vor, welcher sie zu Tische führen wollte. Und Julien fehlte die nötige gesellschaftliche Gewandtheit, um sich jetzt noch zurückzuziehen, ohne jemanden zu verletzen. Da» Bankett, an welchem auch Mama tril- nahm, fand in dem anstoßenden Restaurationssaale statt. Juliens Tischnachbar war ein Neiner hübscher, sehr junger Journalist, der ihr tapfer den Hof machte. Gewiß hatte ihn vr. KroneS in seinem eiilj^Iichcn Wohlwollen besonder- für sie ausgesucht, um ihr ein Vergnügen zu bereiten. Er meinte, derlei sei gerade gut für sie. Krones selbst, der d.e ältliche, häßliche und unbedeutende Gemahlin eine- sehr berühmten Kollegen zu Tische geführt hatte, nahm einen der Ehrenplätze ein und strahlte uach allen Seiten sei« von 1812 und 13397 Witwen von solchen im Genüsse von Pensionen. Wa- die Invaliden des Bürgerkrieges betrifft, so betrug die Zahl der Pensionäre 1870, 5 Jahre nach dem Ende de» Kriege», 87521, uud die der Witwen und sonstigen Hinterbliebenen 111165. Die ersteren vermehrten sich in der nächsten Zeit ährlich um 6000 bi» 7000, die letzteren um 3000 >is 4000, bi» mit dem Jahre 1880 ein neuer Aus- chwung in das Jnvalidenwesen kam. E» meldeten ich allein in diesem Jahre 110673 pension-lustige Streiter von 1861 bi» 1865 und 25602 Witwen von solchen. Allerdings wurde kaum ein Drittel dieser Gesuche berücksichtigt, immerhin aber wurden von 1880 bis 1886 noch 182000 Invaliden und 40 000 Witwen in die Liste der Pensionsberechtigten neu ausgenommen. So umfaßte diefe im Jahre 1886 im ganzen 270 346 Invaliden uud 95437 Witwen, die nicht weniger als 64 600000 Doll., d. h. 271 Mill. M. an Pensionen bezogen. Diese Summe ist gerade das Zehnfache der jenigen, die jetzt in Deutschland aus dem ReichS- tnvalidenfonds bezahlt wird. Wenn alles mit richt^en Dingen zugegangen ist, so liegt ja hier eine rühmliche Leistung vor. Aber man kann sich des Gedankens nicht erwehren, daß diese Verteilung von Pensionen nicht sowohl durch menschenfreundliche, als durch Privatinterefsen geleitet worden und nur al- maßlose Verschwendung zu bettachten sei." Tagesgeschichtr. * Dre-den, 18. Juli. AuS Tullgarn wird uns unterm 16. Juli berichtet: Ihre Königl. Majestäten sind gestern abend wohlbehalten in Tullgarn ringe- troffen. Die Abfahrt von Stockholm erfolgte 3 Ühr nachmittags vom Landungsplätze am Mälarsee, woselbst sich zur Verabschiedung von Ihren Majestäten Se. Majestät der König von Schweden, Ihre Königl.Hoheiten die Prinzen Karl uud Eugen, die Frau Herzogin v. Dalecarlieu, der Statthalter und die sämtlichen Hoswürdenträger elngesunden hatten. Nach herzlicher Verabschiedung von den allerhöchsten Herrschaften setzte sich daS zur Verfügung der Majestäten gestellte Dampf schiff „Walküre" in Bewegung und begann die See fahrt entlang des Mälarsees, von dessen Ufern aus die lebhaftesten Abfchiedsrufe der zahlreich versammel ten Bevölkerung erfolgten. Die Majestäten waren von Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinzen von Schweden begleitet, wahrend Ihre Königl. Hoheit die Frau Kronprinzessin bereit» am Tage zuvor sich nach Tullgarn begeben hatte und beim Anlauden die Majestäten in Tullgarn begrüßte. Dre Fahrt hierher war vom herrlichsten Wetter begünstigt. Der Aufenthalt in Tullgarn ist bis zum 26. d. M. geplant; dann erfolgt die Abreise von hier direkt bis Drontheim. Von dort aus ist eine Seereise von etwa 8 Tagen durch die Fjorden und zwar bis Tromse in Aussicht genommen. Für diesen Teil der Reise ist Sr. Majestät der Oberstlieutenant Stillesen im nor wegischen Generalstabe zugeteilt. Von Tromse wird wieder nach Drontheim zurück gegangen werden und von da zum nochmaligen Besuch Sr. Majestät des Königs von Schweden nach Christianis. Weitere» über die von dort aus anzutreteude Rück reise steht noch nicht fest. * Berlin, 17. Juli. Nach den telegraphischen Berichten über den Fortgang der Reise Sr. Majestät des Kaisers hat der Monarch und das ihn beglei tende Geschwader die Höhe von Memel passiert und nimmt nunmehr den Kurs direkt auf St. Petersburg. Die letzte Kommunikation mit deutfchem Boden ver mittelte der Aviso „Blitzt welcher iu Memel die Postsachen in Empfang nahm und nach einstündigem Liebenswürdigkeit, seine Scherze aus. Julie mußte zugeben, daß diese Liebenswürdigkeit nichts Conventio- nelle» hatte, eS war die gutmütige, lebensfrohe Heiter keit des Süddeutschen, gepaart mit jener GeifteSsrei- heit, welche aus einem berechtigten Selbstbewußtseiu entspringt. Und dennoch fühlte sich Julie von dem Wesen de» Mannes peinlich berührt. Sie hätte nicht sagen kön nen, warum. Was ging der Mann sie an? Und dennoch wieder lauschte sie mit nervöser Gereiztheit in den Trubel der schwätzenden, lachenden Gesellschaft hinein, um den Klang seiner Stimme zu vernehmen. Alle schienen sich zu amüsieren, nur sie nicht. Da war eine Dame von Hünengestalt mit einem Zwicker auf der Nase, welche hochmütig auf alle ohne Unterschied herabblickte; dort eine andere, ei« Elfen- gestalt mit kindlicher Stimme und süßem Wesen, welche, da-Köpfchen von kleinen Locken umgeben, von weitem wie eia Backfisch au-sah, bis man erst in der Nähe die Fältchen um ihre Augen bemerkte; dann ein Herr mit einem regelmäßigen Gesicht, das in Fett zu ver schwimmen schien, der mit patriarchalischer Selbst gefälligkeit sprach, und ein junger blonder Mann mit goldener Brille, welcher unaufhörlich fchrie: „Ent schuldigen Sie, ich bin anderer Meinung!" Julie hatte sich Dichter so ganz ander- vor» gestellt. Ihr Nachbar nannte ihr einzelne Namen: DaS ist der L, da» ist der U, aber sie kannte die Namen nicht, denen er einen Zusatz beizufügen nicht für nötig hielt. vr. Krone- erhob sich jetzt, stellte nicht ohne Mühe die Ruhe her uud brachte in wohlgesetzter Rede eia«