Suche löschen...
Dresdner Journal : 01.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188802018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18880201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18880201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-01
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Dresdner Journal : 01.02.1888
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Thätiqkeit im Jahre 1887 erstattet. Demselben ist folgende« zu entnehmen: „Im Jahre t»87 find «7 Rittergüter und 1« selbständige Bauernwirtschaften angekaust worden. DaS größtenteils im Rcgieru»g«brzirk Uromberg gelegene Areal betrug in-gefamt: Gut-areal >4 887 da mit einem Kaufpreise von 8 7l9 2b» M., bäuerliches Areal Ü7b d» zu 8ds o«n M. Unter Hinzurech nung der Erwerbungen aus l88« befanden sich Ende 1887 in fiskalischem Besitz 27 260 da mit einem Kaufpreise von ik838b76M.. davon war GutSareal 26 474 da. Noch im Jahre >886 war für zwei Güter der AnsiedelungSplan ausge stellt und genehmigt worden Hierzu sind >8-7 noch 27 bisher gr> ßwirischastlich betriebene Güter getreten, bei denen die Be siedelung teils durchgesührt, teil» begonnen, teil» nur die plan- mäßige Bearbeitung vorbareitet ist. Über da« eigentliche An- siedelungSgejchäft erfahren wir, daß die Kommission keinerlei Schritte gethan hat, um Bewerber heranzuziehen. ES war schon schwierig für sie, die au- eigener Initiative an sie heran tretenden Wünsche zu befriedigen In vielen Hunderten von Fällen wurden die au« fast allen Gegenden Deutschlands zuge- relsten Bewerber in persönlichem Verkehre unterrichtet „Es ist erstaunlich", heißt e« in dem Bericht, „welch' hohes Maß von gesundem Üneil und klarem Blick oft bei diesen Unterredungen von Männern bekundet wurde, die der Klasse der einfachen ländlichen Bevölkerung angchörten und die kaum je über die Flur des Heima>Sdorses hinausgekommen, zum ersten Male sich die hie sigen Verhälinlfse auf dem Lande angesehen hatten/ Unter den Bewerbern des schristlichen Verkehrs waren nach den von ihnen au-gesüllten Fragebogen 2182 Evangelische mtt einem durch- schnlttlichen Vermögen von 3S84 M, 83 t Katholiken mit 2888 M., 9 Mcnoniten mit 10 944 M., 3 Juden mit 1 l 667 M. Durchschnittsvermögcn Als Anwärter haben sich für Restgüter 122, für kleinbäuerlichen Betrieb 2262, für Handwerkersiellen mit Landwirtschaft 4S3 gemeldet. Aus dem Berichtsjahre sind 142 bindende Punkialionen mit Ansiedlern verblieben, aus Grund deren von dem Präsidenten demnächst der Zuschlag erteilt wurde. Bon besonders großem Interesse wird die Feststellung dcS finan ziellen Resultats jein, welches bezüglich der Schadloshaltung des Staates bei den Ansiedelungen erreicht wird. Eine solche Be rechnung läßt sich in jedem Falle machen, wenn die Vergebung des Gutes in vollem Umfange erfolgt, dre Beträge für Bauten u f. w, z. B Schulen, belegt sind u. s. w. Letzteres ist noch in keinem Falle völlig geschehen. Von den 1« im Berichtsjahre zur Besiedelung ausgelegtcn Gütern sind bei 4 neben vollständig abgeschlossener Besiedelung die Baukosten aufs sorgfältigste ver anschlagt und die Bauten zum Teil schon unter den Anschlags- Preisen vergeben. Tie hiernach ausgestellten Rechnungsabschlüsse ergeben das überrascherde, jedoch erfreuliche Fazit, daß die Ko lonisation ohne erhebliche Opfer an Kapital durchsührbar ist. Selbst bei einer recht auskömmlichen Dotierung der neuen Ge meinden mit Schul- und Wohlsahrtseinrichlungen aus Kosten des Staates haben letztere nur zwischen 4,» Proz. und 7,i-Proz. neichwankt, und nicht unerhebliche Beträgen sind zur Weiter verwendung in die durch das Gesetz ausgewiesenen Fonds zurück geflossen." Seitens des Fürstlich reuß-plauenschen Ministeriums ist beim Reichskanzler der Antrag gestellt, daß sür das Fürstentum Reuß j. L. wie für die benachbarten in ähnlichtn Verhältnissen befindlichen Bundesstaaten eine das Gebiet des Fürstentums umfassende Berufs - genosfenfchast für die in land- und forstwirt schaftlichen Betrieben beschäftigten Personen gebildet werde. Was die Lebensfähigkeit einer solchen Berufsgenofienschaft betrifft, so ergab die Berufs zählung vom 5. Juni 1882, daß im gedachten Fürsten tum 18934 Personen in land- und forstwirtschaftlichen Beirieden beschäftigt waren Das Reichsversicherungs amt hat diesen Antrag befürwortet, über welchen nun mehr der Bundesrat Beschluß zu fassen haben wird. Straßburg i. E., 31. Januar. Bei der ersten Lesung des Etats im Landesausschusie legte beute Unterstaalssekretär Schraut die. günstige Finanzlage dar, welche Dank der organischen Verbindung der Finanzen des Reiches und derjenigen des Landes er laube, fakultative Ausgaben m machen und einen Schuldentilgungssonds anzulegen Für die Ankunft stellte der Unterstaatssekretär die Aufhebung der un teren Klassen der Grundsteuer und der Patentsteuer, sowie die Übernahme der Lasten für die Volksschulen in Aussicht. Zorn v Bulach (Sohn) verlangte die Aushebung der Bezirkspräsidien. Grad und Wiutcrer tadelten die von der Verwaltung ergriffenen po litischen Maßregeln Unterstaatssekretär Studt er klärte das von Grad und Wiuterer entworfene Bild sür einseitig und ihre Darstellung als eine durchaus unberechtigte. Die Maßregeln seien provoziert durch die Vorgänge des letzten Jahres, durch eine deutschfeind liche Maulwurfsarbeit, die sich unter anscheinend ruhiger Decke vollziehe, sowie durch eme gewisse litte- rarifche Thätigkeil. Die Maßregeln gingen nicht über das Maß des Notwendigen hinaus: eme energische Beseitigung der Übelstände diene dem Interesse des Reiches, deS Landes und der Bevölkerung. Die Pa rallele mit den baltischen Provinzen sei in keiner Weise zutreffend. In der Frage der französischen Aufschrif ten werde nur nachgeholt, was früher versäumt wurde Jeder Schritt sei mit deutscher Gründlichkeit und Ge wissenhaftigkeit in Bezug auf Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit geprüft. Die Regierung weide unbe irrt alle Maßregeln ergreifen, die im Interesse des .Konzert. Dienstag, den 31. Januar, fand im Gewerbehausfaale das vom Pianisten Hrn. E. Kronke veranstaltete Konzert mit Orchester statt, welchem der Konzertgibrr in bescheidener Weise die eigentliche An ziehungskraft für das musikalische Publikum durch das Engagement der Frau Pauline Lucca und des Frl. Arm a Sen kräh gegeben hatte Frau Pauline Lucca, die wir allerdings lieber auf der Bühne, ihrem heimischen Terrain, als im Konzertfaale sehen möchten, hat in den letzten Jahren nur wenig Einbuße an ihren Stimmmitteln erlitten und nicht die geringste an ihrer genialen Begabung, jeden Ton mit innerster, unwiderstehlich erfassender Beseelung zu erfüllen und die wechselvollstkn Accente der Stimmung, des Ge fühls, der Leidenschaft wahr, stark und natürlich mit begeistigtem Ausdruck, zum Herzen sprechend und mit charakteristisch gefärbtem Kolorit wiederzugeben. Sie begann mit dem Vortrage zweier Lieder von L. Hart mann (die Abendglocken) und von v. Riedel: „Nun zieht er hinaus", und sang dann in gesteigerter Voll endung voll ergreifendem Ausbruch charakteristisch in bewegter Gestaltung Schuberts „Erlkönig" und mit großem dramatischen edlen Stil der Behandlung und intensiver Macht und Tiefe des Gefühls eine Arie der Limene aus Massenets Oper „Der Cid". Diesen beiden schönsten Leistungen der Künstlerin schloß sich unter ihren auf stürmisches Verlangen ge währten Zugaben noch besonders die reizvolle, in nationaler Färbung gehaltene Ausführung eines Bolero von „Delibes" an — Frl. A Sen kräh, die uns wiederholt als talentvolle Violinspielerin bekannt geworden, ist in Durchbildung der Technik des Ton- und des Vortrags, welcher Temperamcnt mit wcib- LandeS, namentlich aber zur Wahrnehmung der höheren Interessen des Reiches notwendig seien Die Regie- rung werde eine Aufhebung der Bezirkspräsidien nicht zulassen. — Heute abend fand bei dem Statthalter Fürsten Hohenlohe zu Ehren der Mitglieder des Landesausschusses ein großes Diner statt, bei welchem der Statthalter den Toast aus Se. Majestät den Kaffer ausbrachte, dessen väterliches Herz von der Krankheit Sr. Kaiserl. und Königl. Hoheit des Kronprinzen so schmerz lich bewegt sei. Später trank der Statthalter auf das Wohl des Landesausschusses und den gedeihlichen Fort gang seiner heute begonnenen Verhandlungen. Der Präsident des Landesaueschusses, Schlumberger, ant wortete mit einem Toast auf den Statthalter. Wien, 3l. Januar. Der Kaiser erteilte heute dem Geh Kommerzienrat Krupp aus Essen eine Audienz; derselbe wurde auch von dem Erzherzog Wilhelm empfangen. — Immer mächtiger äußert sich die gegen den klerikalen Schulreformantrag zu Tage tretende Bewegung. Außer in der Reichshaupt stadt Wien haben schon zahlreiche Gemeindenrtretungen in entschiedenster Weise gegen den Antrag Stellung genommen. Über dir Haltung der Regierung ist nichts sicheres vorauszusagen. Die Kler kalen sind übrigens trotz allem guten Mutes. In der letzten Sitzung des Exekutivkomitees der Rechten forderte Prinz Liechten stein energisch, daß sein Antrag in allernächster Zeit auf die Tagesordnung gesetzt werde. Es darf auch angenommen werden, daß die erste Verhandlung da rüber noch vor Ostern stattfinden wird. — Das Ab geordnetenhaus genehmigte das Gesetz, betreffend die Einberufung der Reservisten zu einer außerge wöhnlichen siebentägigen Waffenübung und verhandelte wener über die Zuckersteuervorlage. Die Beratung über diese, deren Annahme unter den Parteien der Mehrheit phon im vorhinein vereinbart war, bot keine nennenswerten Momente. Der Fim nzminffter bezeichnete den Standpunkt Österlich Ungarns in der Zuckersteuerfrage — wie er auch auf der Londoner Zuckerkonferenz eingenommen wurde — dahingehend, daß Österreich-Ungarn bereit sei, die Aussuhlvergütung ab;uschaffen, wenn alle anderen Staaten jede, sei es offene oder heimliche Prämie beseitigen wollen. — Die Spaltung zwischen Jung- und Alttschechen er scheint nunmehr auch äußerlich besiegelt. Die sieben jungtschechischen Reichsratsabgeordneten unter der Füh rung Gregr s haben einen selbständigen Jungtschechen- klub gegründet — In der gestrigen Sitzung des Bud- gelausschusses teilte der Haridelsminfftcr mit, daß noch in diesem Jahre mit der Schweiz und Türkei eventuell auch mit Deutschland, Unterhandlungen wegen Ab schluß eines Handelsvertrages stattfiuden werden. r*r Paris, 30. Januar. Die vorgestern über den Zwischenfall von Damaskus zwischen Hrn. de Montebello und dem türkischen Minister des Aus wärtigen geführte Unterredung berechtigt zu der Hoff nung, daß der Zwischenfall rasch erledigt sein wird. Ter Minister versprach dem Botschafter, sofort den Vorgang genau untersuchen zu lassen. Ein erster Bericht des Walis von Damaskus bestritt, daß daS französische Konsulat verletzt worden sei, und behaup tete, die Zapties seien nur in die Nebengebäude des Konsulats eingedrungen. Nach der französischen Dar stellung ist dies jedoch unmöglich, denn der Weg zu, dem Gelaß, in welchem sich der geflüchtete Araber befand, führte notwendig durch das Thor des Kon sulats, über welchen, das Wappenschild der franzö- siichen Republik hängt. — Jedenfalls herrscht aber unter den Christen und sonstigen Schutzbefohlenen Frank reichs in Damaskus große Aufregung, desgleichen unter den Türken. Mehrere Algerier, die sich dort nicht sicher fühlen, haben sich nach Beirut geflüchtet, darunter der Emir El-Hecheim, ein Sohn Abdel- Kaders, der von Beirut aus eine Depesche an den Präsidenten der Republ k gerichtet hat, ui welcher er über das Vorqefallene berichtet und um Anweisung der Stadt, in der er nunmehr mit seiner Familie und seinen Dienern wohnen solle, bittet. Infolge der in Syrien herrschenden Gährung hat das Panzerschiff „Vauban", das die Flagge des Kontreadmirals Olry trägt, Befehl erhalten, im Hasen von Smyrna geheizt zu bleiben, um auf Weisung sofort nach Rhodes und von da auf weitern Befehl nach B'irut zu fahren. Zwei Avisos sind ebenfalls dorthin beordert. — Der türkische Minister des Auswärtigen hat die strenge Bestrafung des Polizeioffiziers sür den Fall zugesagt, daß er wirklich eine Verletzung des französi-chen Kon sulats begangen oder gestattet haben sollte. — Zum Verständnis des Zwischenfalls dienen folgende Thatsachen: Infolge der Eroberung Algerien» feiten« Frankreich« über wies dirjPsorte vor 46 Jahren den Algeriern, die sich der fran zösischen Herrfchast nicht unterwerfen wollten, au-gedehnle Län dereien in Syrien und gewährte ihnen sonstige Vorteile in der Hoffnung, sich dadurch eine» eifrigen Anhan., zu verfchaffen. Allein der französische Einfluß erwies sich aus die ivuvo Al gerier, welche da« türkische Anerlnettn angenommen hatten, auch dort stärker, al« der türkische: Sie blieben unter französischem Schutze und eintge von innen ließen sich sogar zu französischen Bürgern machen Natürlich »st die Pforte diesen undankbaren Flüchtlingen nicht hold, umsoweniger, al» nach ihrer Auflassung jeder Bmnner de« J-lam«,. der muhamedanische» Gebiet be wohnt, nur der muhamedanijchen Regierung unterworfen ist, also keiner fremden Nation angehören kann Ter obenerwähnte Scheit Hachem, ältester Sohn Abd-el-Kaders. hatte im vorigen Jahre bei seinem Hiersein den Minister de« Auswärtigen auf diese mißliche Lage der französischen Schutzbefohlenen aufmerk sam gemacht; Hr Flouren« versprach ihm, wie der „Temps" berichtet, die Unterstützung Frankreich», empfahl ihm aber gleich zeitig d»e größte Vorsicht. — Der oberste Gerichtshof verhandelte heute unter dem Ausschluß der Öffentlichkeit als Dienst- rügegericht gegen den seines Amtes enthobenen Untersuchungsrichter Vigneau wegen de- von ihm in der Untersuchung gegen den Abg. Wilion zur Er mittelung der Schuld desselben für zweckmäßig be fundenen Vorgehens: Des Fernsprechens mit Legrand als angeblicher Wilson, des Speisens mit dem Mit angeschuldigten Ribaudeau Der Oberstaatsanwalt Ronjat beantragte eine schwere Dienststrafe Der Ge richtshof vertagte den Urteilsspruch auf morgen. — Die 1O000 Arbeiter des Berg- und Hüttengewerks BessegeS-Terrenoire haben heute vom Verwalter der Gantmasse ihren Lohnrückstand vom November, 600000 Fr cs, ausgezahlt erhalten. — Der Speicher hüter Lucas, weicher vor 8 Tagen in Havre auf Luise Michel schoß, hat an dieselbe ein Schreiben ge richtet, in welchem er sie um ihre Verzechun > „für seine ohne Überlegung, in einem Augenblicke des Wahn sinns begangene That" und um ihre Verwendung bei seimn Richtern bittet. Seit seiner Verhaftung denke er an das Übel, w.lches er ihr zugesügt; sie möge sich daher für ihn, feine Frau und sein Kind mi d zeigen. Schließlich wünscht ihr der reumütige Verbrecher eine ra'che Genesung. — Die Entscheidung des obersten Gerichtshofes bezüglich der bürgerlichen Rechligi!t:q- keit der von Geistlichen eingegangenen Ehen wird in der Presse verschiedenartig beurteilt. Der „Moniteur Univerfel" erinnert daran, daß seiner Zeit die Ehe de« aus dem Kloster geflüchteten Münchs Vignon von demselben Gericht sür ungiltig erklält wurde Jener Fall ist dadurch von besonderer Bedeutung, daß die damalige Frau Bignon, gleich hervorragend als Künstlerin und als Schrift stellerin, heute die Gatlin deS Abgeordneten und vorigen Pre mierministers Rouvier ist. Der „Malin" Hal den ehemaligen l' Hyacinthe, jetziges Oberhaupt der „gallikanijchen" Sekte, den Bürger Loyson in Neuilly, um seine Ansicht über die -Ver heiratung der Geistlichen gesragt; natürlich war die Antwort unbedingt zustimmend, da Hr. Loyson selbst verheiratet ist und außerdem seine Frau in der Nähe war. * Pari-, 30. Januar. Die „Köln Ztg." knüpft an den gegenwärtigen Stand der Handelsvertrags- Verhandlungen zwischen Italien und Frankreich fol gende Bemerkungen: Die Handlungen des Hrn. Flourens, des französischen Mi nisters der auswärligen Angelegenheiten, lasse» neuerdings aus eine nervöse Überreiztheit ihres Urhebers schließen, oder tollten den sonst so nüchtern Diplomaten die „Erfolge", welche seine Politik dank der Nachgiebigkeit der Friedcusmächte verzeichnen za können glaubt, berauscht haben ? In dem Zwischcnsalle von Florenz stetste er sich aus Äußerlichkeiten, und als der fran zösischen Diplomatie nicht sofort ihr Wille wurde, sandte man der Flotte versiegelte Segelordre; bei den Verhandlungen über den Handelsvertrag nun seuerte Flourens einen ähnlichen Schreckschuß ab. Laut dem „Matin" ließ er nämlich den französischen Unterhändlern folgende Weisung zugehen: „Wenn Sie leinen ernsthaften Vorschlägen begegnen und leine solche er hoffen, so Haven Sie von jetzt ab die Ermächtigung, nach F»ank- reich zurückzukehren " Während aber diese in der Sache nichts sagende Note mit ihrer mißtrauenden Verdächtigung der italie nischen Regierung nach Rom abging, brachte der offiziöse „Temps" i» einer Form, die keinen Zweijel zuließ, die Mel dung, die französischen Bevollmächtigten ,eicn bereits abberusen. Thatjächlich aber weilen die Herren Teisserenc de Bort und Marie noch heute in Rom und scheinen keineswegs an dem guten Verlauf der Verhandlungen zu verzweifeln. Lieser neue Schreckschuß der französischen Diplomatie hat inzwischen weniger in Italien als im eigenen Lande gewirkt; die französischen Jntercsjenkreise, voran die Lyoner Handelskammer, sind aus ihrer zuwartenden Haltung herausgetreien und haben erklärt, daß ein Zollkrieg oder die Anwendung des Generaltarifs ihrem gewerblichen Lasern die Axt an tue Wurzel legen würde — Die „Risorma" bespricht die Äußerung der Handelskammer von Lyon in einem nach Form und Inhalt durchaus maßvollen Ar tikel unter der Überschrift „Die Stimme des Friedens", der folgendermaßen schließt „Die Kundgebung der Lyoner Handels kammer zeigt, daß die Regierung, wenn sie will, mächtige Stützen finden kann. Hoffen wir, baß unsere Wünsche für den Frieden in Erfüllung gehen. Italien wird nichts unterlassen, um, soweit e- ihm möglich, an einer Verständigung mitzuarbeiten, die alsdann die Morgenröte besserer Beziehungen zwischen beiden Ländern sein möge." kicher Anmut und sein empfundenen Tonfchattierungen verbindet, immer vorgeschritten Dies e. wiesen auch ihre diesmaligen Ausführungen des Adagio und Canzonetta aus einem Konzert von B. Godard, einer Serenade von Tschaikowski und namentlich — hin sichtlich virtuoser Techn k — der Zigeunerweisen von Sarasate. Hr. E. Kronke spielte das Klavierkonzert ^-molt von Grieg, Schumanns I?i8-eiur Romanze, die große Polonaise von Chopin und Liszts L»-üur-Konzert und enwickelte dabei eine recht anerkennenswerte Fertig keit und musikalische gewandte Behandlung; aber seiner Technik fehlt noch Korrektheit und feinere Durchbildung, auch des Tones, und seinem Vortrage ras Vermögen, die warme Teilnahme zu erringen und srstzuhalten. Dir Gewerbehauskapclle unter Direktion Hrn. E. Stahls führte die Orchesterpartien der Konzertstücke recht löblich aus. Hr. Prof. E. Krantz hatte die Klavierbegleitungen übernommen. C. B. Elektrotechnik. Der Elektrotechnische Verein in Berlin hielt am 24. Januar feine Jahresversamm lung ab. In dieser Sitzung ergriff der Vorsitzende des vom Vereine ins Leben gerufenen Unterausschusses für Untersuchungen über die Blitzgefahr, Professor Ur. v. Bezold, das Wort, um im Hinblick darauf, daß letzthin in einer Sitzung der Abgeordnetenversammlung des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieur- vereine die Frage des Anschlusses der Blitzableiter an Rohrleitungen Gegenstand von Erörterungen gewesen ist, den seitens des Vereins m der Angelegenheit von jeher eingenommenen und in der von ihm heraus gegebenen Druck christ , Die Blitzgefahr * uiedergelegten Standpunkt nochmals zu erörtern. Herr v Bezold hob hervor, wie der Unterausschuß noch nochmaliger eingehender Erwägung der Angelegenheit sein Gut achten aufrecht erhalten müsse, daß der Anschluß der Blitzableiter an die Gas- und Wasserleitungen für letztere nicht nur keine Gefahr bringe, daß vielmehr im Falle der Unterlassung eines solchen Anschlusses eben jene Leitungen gerade so wie bei Abwesenheit eines Blitzableiters Unmittelbar gefährdet feien Dem nach bleibe unbedingt zu fordern, daß Blitzableiter mit den in demselben Hause vorhandenen Gas- und Wasserleitungen metallisch verbunden werden. Dieser Anschluß erfolge zweckmäßig an einer zugänglichen Sülle vor dem Eintritt der Gas- und Wasserröhreu in die Hauptmesser; bei hochgehenden Gas und Wasser leitungen empfehle eS sich, den Anschluß an den Blitz ableiter in jedem Geschoß zu bewerkstelligen. Altertumskunde. Die „Berliner Philol. Wochen schrift" teilt mit: Auf dem Grundstücke der Seiden fabrik zu Athen wurden bei den Grabungen zum Zwecke der Legung von Gasröhren fünf Gräber aus römischer Zeit gesunken und in ihnen als Beigabe verschiedene kleine Gegenstände von Gold, sowie acht gläserne Gefäße. Als man bis zu einer Tiefe von 3 in und mehr grub, stieß man auf ein älteres Grab, in welchem, auf einem Dreifuß befestigt, ein kleines, dreiseitiges Behältnis gefunden wurde. Die drei Seiten zeigen bildliche Darstellungen: einen Frauen kopf auf einem Tierkörper (also wohl eine Sphinx), einen Hahn und ein Pferd. In demselben Grabe wurde die Terracottafigur einer Frauengestalt gefun den, welche mit der einen Hand einen Spiegel sich vorhält. Bei der Fortsetzung der Ausgrabung wurden JuleS Ferry hielt auf dem Ballett der -k»»o ^iution v.^ienuv cke ?arw eiye Ansprache, tu der er sich über daS Attentat ÄubertinS folgendermaßen äußerte: „De* Mörder zielte auf »nein Herz und ebenfalls -egen mein H^rz, gegen meine Pairiotenehre ist eine gehässige Polemik gerichtet Leider ist diese Thatsache nicht neu in unserer G«. schichte Welche« war die Verleumdung, die man in deu revolu tionären Zeittn auSnutztc, um die Besten unter den Republi kanern, die beharrlichsten Patrioten in die Enge zu treiben, und welcher abwechselnd Girondin« und Moulagnaids erlagen? Die gröbste unter allen Verleumdungen, die albernste und di« ung hemrUchste: man zieh sie de«Einvernehmen« mit dem Au«, lande Zum Glück, meine Herren, haben dir Zeiten sich etwa« geändert, und diesmal hat sich da« öffentliche Rechtegefühl gegen solche revolutionäre Parodien aufgelrhnt. Und ich hab« — ich sage es mit Stolz - ganz Elsaß diesseits und jenjeit« de« Ge- birges, Elsaß, au dem ich mit allen Fibern meine« Herzen- hänge, Elsaß, das leidet, wie Elsaß, da« hofft, sich erheben, zu mir herankommen und mir die Hand entgeg. »strecken sehen mit den Worten: „Wir protestieren, Sie sind einer der UnsrigenI" Meine Herren! Der wahre Palriotismu« erheischt Einigkeit und Geduld. Der wahre Patriotismus ergeht sich nicht in geräuschvollen Kundgebungen,er schreit nicht: erhandelt, er rüstet sich, er weiß zu warien. Ich trinke aus diesen Patriotismus, welcher der Ihrige ist, ich trinke aus da« Wohl des VogesenlandeS, welches als Hüter de« vorgeschobenen Post, ns das Land der großen Pflichten und um dessentwillen auch da- Laud der langen Geduld und der unverwüstlichen Hoffnung ist." Bern, 31. Januar. Gelegentlich der mehrfachen Berührung der schweizer Berhält'nisse in der Sozialfftendebatte des Reichstages schreibt die,Mln. Ztg.": Die scharfe Rüge, welche der Minister v. Puttkamer in seiner Antwort auf die Rede des Abg. Singer über da« Ver- halten des schweizerische» Untersuchungsrichter« in Zürich au«, sprach, der, entgegen allem Herkommen, unbefugten Privat personen amtliche Auskunft über dlf Einzelheiten eine« an hängigen Strafverfahren« erteilt hat, ist nicht nur vollkommen am Platze gewesen, sondern hat auch ihre Wirkung offenbar nicht veriehli. Schon heute erhalten wir au« Bein die Nach richt, daß der Bundesrat gegen den Polijethauptmann Fischer wegen der Mitteilungen, die er den Herren Bebel und Singer gemacht, eine Untersuchung angeordnet hat. Die Kürze der Zwischenzeit legt die Vermutung nahe, daß der Bundesrat diese Maßregel -rgrifien habe, noch ehe der Reichskanzler, dessen Ver Mittelung Hr v Puttkamer anrufen zu wolle» erklärte, der schweizerischen Regierung einen dahin gehenden Wunsch auS- gedrückt In der Schweiz hat sich der gute und sür eine un- parteiische Rechtsprechung unerläßliche Brauch, daß ein Vor- unterjuchungSversahre» dem Einfluß und Eingriff von Privat- Personen verschlossen bleibt, nicht in dem Maße eingebürgert wie in Deutschland; die Zustände gleichen in dieser Beziehung viel mehr den sranzöfijchen als den deutschen, sogar in denjenigen Kantonen, deren Strafverfahren nicht mehr mit einem Fuße noch im Mittelalter steht. Allein man sollte doch von einem Beamten, der den Strömungen und Bewegungen unserer Zeit nicht gänzlich unwissend gcgrnübersteht, erwarten dürsen, daß er in einem Falle, m welchem die von ihm begehrte Auskunft dazu benutzt werden soll, um die Regierung eine« befreundeten Nach barstaates in schwerster Weise anzugreisen, sich der gebotenen Vorsicht und Zurückhaltung befleißigte. Das Verfahren, welches Hr. Fischer besvlgt hat, ist geradezu unverantwortlich; eS ent behrt auch der geringsten Rücksicht aus die völkerrechtlichen Be ziehungen zwischen dem Deuischen Reicht und der Schweiz. Schon des Beispiel- halber ist eine ernstliche Zurechtweisung des Hrn Fischer, der allerdings zu seinem Beruse möglichst w »ig Geschick zu haben scheint, notwenbig. Wohin sollte eS führen, wenn bei irgend einer in der Schwerz gegen Anarchisten oder Sozialisten anhängigen Untersuchung deutsche Sozialdemo kraten sich von den Schweizer Behörden Bestätigungen ihrer aus privatem W>ge erhaltenen Mitteilungen geben lassen könnten, um dieselben dann, durch da- Ansehen der auswärtigen Be hörden unterstützt, gegen die deutschen Regierungen verwerten zu können ? Ein solcher Zustand würde allem internationalen Her kommen und Gebrauche so sehr zuwiderlausen, daß keine Regie rung daran denken wird, ihn gegenüber einem Staate, der mit ihr m guten Beziehungen steht, auftechterhalten zu wollen. Die so rasch beschlossene Maßregel ist daher ein neuer Beweis der politischen Einsicht und des sreundnachbarlichen Verhalten«, wo von der Bundesrat so vielfach Zeugnis abgelegt hat. St. Petersburg, 31. Januar. Die „Nowoje Wrrmja" bemerkt in ihrer gestrigen Nummer bei einer Besprechung der deutschen Wehrvorlage, daß Deutschland bemüht sei, eine Militärmacht zu schaffen, kraft bereit erdrückenden Übergewichtes es allen anderen Stuaten befehlen könne. Unter solchen Umständen müßten die anderen Staaten sich erst recht die vollste Freiheit ibrer Handlungen bewahren. — Heute über schüttet das Blatt plötzlich den Fürsten Bismarck und seine Politik mit Lob und erklärt: Wenn auch für den deutschen Kanzler die Jntrigue mit zur Re gn rungskunst gehöre, so beruhe doch seine Stärke keineswegs aus kleinlicher Jntrigu., sondern allein in seinem Patriotismus und seiner unbedmglen Ergeben heit für Deutschland. In ihm stecke sowohl ein Stück vom Mephisto als auch ein Stück vom Faust Der ganze Artikel kommt endlich zu der entschleden fried lichen Schlußfolgerung: „Bulgariens wegen sollten sich wahrlich ine Volker nicht die Hälse brechen" — Zu gleich führt eine Pariser Zuschrift des russischen Jour nals aus, eine russische Offensive werde nölig werden, wenn Österreich bas Schwarze Meer politisch 10 Lekythen, ein Spiegel und Bruchstücke bemalter Basen gefunden. — Auf der AkropoltS werden Pla- mrungsarbeiten ausaeführt, auch wurde bereits mildem Bau eines zweiten AkropoliS-MuseumS begonnen, um die Alterthümer geringer Bedeutung darin aufzube wahren. Der Kammer liegt daS Project vor, hinter dem Centralmuseum ein Gebäude für eine Sammlung von Gipsabgüssen nach den Plänen Ziller'S zu er richten. Tamil wäre dem Studium der alten Kunst ein ungeheurer Dienst gethan; denn bisher fehlte eS in Mhen an jedem VergletchungSmäterial. — Vor Kurzem haben in EpidauruS unter Leitung von Kab- badias die Ausgrabungen der griechischen Archäo- logiscben Gesellschaft wieder begonnen, um nunmehr das gesammte Gebiet des Asklepios-Heiligtum- zu reinigen. In Sikyon haben die Amerikaner wieder zu graben begonnen und zunächst iu der Orchestra des Theaters einen lebensgroßen Frauenkopf gefunden. * Obgleich ein Mitglied des Kongresse- der nord- amerikanischen Freistaaten jüngst den Antrag gestellt hat, den Zoll für fremde, d. h. nichtameritanische Kunstwerke von 30 Proz. wieder auf 10 Proz. herabzusetzen, so ist doch zu diesem rückschreitenden Fortschiitt wenig Aussicht vorhanden. Die argen tinische Republik ist jedoch jetzt mit gutem Bei spiel vorangegangen. Der vorjährige Anttag, ^vom l. Januar 1888 ab ist die Einfuhr von Kunstwerken aller Art vollständig zollfrei", hat Gesetzeskraft er reicht. Dieser Beschluß ist für die argentinische Re publik wie für die europäischen Kunststaaten um so wichtiger, als Bueno- Aire- sich in dem letzten Jahr- zehnt zu bedeutendem Reichtum« aufgeschwungen hat,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)