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Dresdner Journal : 08.12.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188712087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871208
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-12
- Tag 1887-12-08
-
Monat
1887-12
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 08.12.1887
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U 281. vsiN^vpr»!»« l» A»»«» L«i«k«: /UlrUob, .... IG >1i»rtc. ^jSbrliok: 4 KO kk. LtQisIo« ^uuullsrv: 10 kk. La»»»rd»1dck«» civotiobo» Leicb«, tritt?o«t- avä 8t«wp«I»ll»vtl1»^ lÜLIU. ^»^a»üIiriu»4«Gvdvdr«ii: kür ci«Q kLuw eiovr 2«il2 tleivsr 8obrik 20?5. votsr „Ll0ss»«»»ät" äi« 2sll» 60 kk. ö«i D»b«U»o- aoä 2iüsra»»t« sotipr. ^oksobl«^. LiAekslu«»« Dk-llob mit 4a«Lt^uus äsr 8o»o- mut kvisrt»^« kvrL»prvvd-^L»oitIu»i: lir. 12VS. Donnerstag, den 8. Dezember, abends. VrtsdimAmmml. ^ür die Gesamtleitung verantwortlich: Vtto Banck, Professor der Litteratur» und Kunstgeschichte. 1887. L»»ü»» v» »»HrLrt», r^txil»: F> Lra^<t«t«ttor, Oouum»i«»Lr üa, Ors«tll«r ^ommU«; SKwdmA - >«rU» Vt«» >—I- >r—I»« kr»»tct«re «. ».! //aa««n«t«»n L ko-kr, >«rU» Vt«» -A«»dmA- kr»U.L«tp,tU krmiK^rt ». «. Lltck Fk«««,- k«rt» L«rU» krKRktmr ». ». >t»UE»r»: Da»d« F OoL«rU»: , SSrUt«: t/. »tM«,, U»»L,ri: 0. Sc^a«tar, N»U« ». S.i /. L«r«t «S Oo. Her»Q»,»der« Lvmzt. k!»p«tjtiov äs« Drssäoar äoanuU», Vrvsäsu, ILviL^sritr»«»« 90. konwprvvb-^LSvlüi»», Kr. I2VL. Ankündigungen für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Aourna^ die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- und Gewerb- treibende» bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Vergünstigungen gewährt werden. Nichtamtlicher Leit. Telegraphische Wach richten. Buda-Pest, 8. Dezember. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Pester Lloyd" sagt in einer Er örterung der russischen Politik Folgende-: Seit dem Besuche de- Kaiser- Alexander in Berlin sei keinerlei Wandlung in der nachgerade unhaltbar gewordenen Situation eingetreten, hierin liege die Gefahr. Nach dem Scdritte BiSmarcks könne man nicht mehr an den besser unterrichteten Czaren appeliren. ES dränge sich die Frage auf, ob die ver bündeten Mächte sich resignirt darein ergeben sollten, daß Nußland zwecks einer Aggression sich die möglichsten politischen und militärischen Garantien schaffe, oder ob es nicht geboten sei, die Dinge zur Entscheidung zu bringen und Rußland zur Zurücknahme der unzweifelhaft kriegerischen Maß nahmen zu bewegen. Dies sei die augenblickliche Sachlage, welche ernst genug zur Lösung dränge. Darauf müsse jedoch nicht notbwendig ein Krieg folgen; Osterreich-Ungarn werde seine Schritte gewiß nicht unter der Voraussetzung eines kriege- rischen Zusammenstoßes einrichten. ES wäre aber thöricht, wolle die Monarchie den mächtigen Nach- barn, dessen Gesinnungen mindestens, zweifelhaft seien, rin erdrückendes militärisches Üebergewicht an der Grenze einräumen. Die am meisten erpo- nirte LandeSgrenze Österreich-Ungarn- sei nahezu schutzlos und für den Angriff sehr verlockend. ES sei daher vielleicht eine Thal des Friedens, wenn Österreich-Ungarn für eine Erhöhung der Mittel zur Abwehr sorge. Dies sei nicht der Krieg, dies bedinge auch nicht den Krieg. Pari-, 7. Dezember. lW. T. B.) Fallidre- hat die Bildung eine- KabinetS endgiltig abge lehnt, infolge dessen ließ der Präsident Sadi Carnot Goblet zu sich entbieten. Goblet hat den Auftrag zur Bildung eine- Kabinetts angenommen. Wie verlautet, hat D^rouldde sein Amt alS Ehrenpräsident der Patriotenliga definitiv nieder- gelegt. Rom, 7. Dezember. (W. T B ) ES bestätigt sich, daß der Handelsvertrag mit Oesterreich- Ungarn heute Abend unterzeichnet wird. Derselbe soll morgen der Deputirtenkammer unterbreitet und seine Berathung für dringlich erklärt werden. Der Vertrag umfaßt in 30 Artikeln einen Tarif X., durch welchen beim Eintritt in Italien 49 Kategorial von Waaren zu Gunsten Österreichs — und einen Tarif v., durch welchen beim Ein tritt in Österreich 74 Kategorien von Laaren zu Gunsten Italiens behandelt werden, ferner ein Zolltarif, ein Schlufiprotokoll und endlich eine Konvention wegen L ekämpfung von Viehseuchen. Heute Abend fand bei d-m deutschen Botschafter Grafen SolmS offizieller Empfang statt, welchem Feuilleton. Konzert. Am 7. Dezember fand das zweite Philharmonische Konzert unter Leitung des Hrn. I. Loui» Nicode im Saale des „Gewerbehauses" statt und begann mit einer symphonischen Dichtung von Fr. Liszt „6« qu'on enteuä «ur la moutn^uv" nach Victor Hugo. Sie ist eine Zusammenstellung kurzer Thonphrasen ohne inneren Zusammenhang und weitere Entwickelung, die ihre Leerheit durch prätensiöse Einkleidung zu verdecken suchen, und von orchestralen äußeren Klangeffekten, in welchen lärmende Prahlerei mit geistreichen Tonkombinatiouen wechselt. Tam Tam spcelt dabei eine tragische Rolle, und Verlegenheit«- pausen suchen die Spannung für den nächsten Phrasen ansatz zu steigern. Zu den Höhen der Musik gelangen mir nicht, sondern verbleiben vielmehr in musikalischen Abgründen. Es macht einen fast wehmütigen Eindruck zu sehen, wie ein genialer Geist sich mit Selbsttäusch ung abgemüht, Ideen, welche ihm vorschweben, in Ton bildern zum Ausdruck zu bringen, wozu ihm die schöpferische Befähigung völlig abging. Sehr interessant war die Vorführung zweier „Me lodien" für Streichorchester von F. Grieg. Die Eigen tümlichkeit der Erfindung ist mit hohem Wohlklang de» Satze» verbunden, besonder» poetisch empfunden und die Hörer in gleicher Stimmung fesselnd, ist der »weite dieser lyrischen Sätze; er war überhaupt der schönste Orchestersatz des Programms. Fr. Schubert» zwischen beiden Sätzen eingefchobenes reizendes „Hirtenspiel" au» „Rosamunde" ist leider zu kurz, um die Ministrr, die Mitglieder deS diplomatischen Korps, sowie viele andere hervorragende Persön lichkeiten beiwohnten. Washington, 8. Dezember. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Jahresbericht deS SchatzsekretärS Fairchild erklärt sich gegen die Abschaffung de» Tilgungsfonds und in Übereinstimmung mit Cleve- land für den Ankauf der Obligationen und Besei tigung deS Überschußfonds. Die Einfuhrzölle solltcn möglichst reduziert und der Sachlage ent- sprechend reguliert werden. Der Bericht spricht sich gegen die Weiterprägung der SilberdollarS auS und beantragt, den Schatzsekrrtär zu ermächtigen, Silbercertifikate in der Höhe de- Münzwerte« der gekauften Barren au-zugeben und nur so viel Dollar» prägen zu lassen, wie für die Verwendung der Certifikate al- Umlauf-mittel erforderlich seien. Dresden, 8. Dezember. Der Niedergang des Sozialismus in Amerika. Am 8. November haben in den Vereinigten Staaten die Ergänzungswahlen zum Hause der Abgeordneten stattgefunden und zugleich auch traten die Bürger des Staates New Jork an die Wahlurne, um sich einen neuen Präsidenten, bez. Gouverneur zu geben. Ter Ausfall dieser Wahlen ist in mehr als einer Bezieh ung bemerkenswert und hat in Amerika große Über raschung hervorgerufen. In einem früheren Aufiatze haben wir an dieser Stelle dargelegt, wie sich Mr. Cleveland durch eine Reihe von Mißgriffen die Sym pathien deS amerikanischen Volke- zum Teil verscherzt habe. Hauptsächlich um seine etwas verblichene Po pularität wieder aufzufrischen, unternahm der Präsident im Oktober dieses Jahres jene Rundreise durch die Union, welche mit ihrem rrktamehaflen Aufputz viel leicht der Würde eine- Staatsoberhauptes nicht ganz angemessen war, wenigstens nach europäischen Begriffen nicht. Nach dem Ausfall der Abgeordnetenwahlen zu schließen, hat überdies die Reise ihren Zweck verfehlt, denn die Demokraten haben am 8. November 12 Sitze verloren und ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus, welche bisher 39 Stimmen betrug, ist mithin auf 15 zusammengeschrumpft. Lin Glück für Mr. Cleveland, daß die Republikaner verblendet genug gewesen sind, auf ihrer am 28. Oktober in Chicago stattgefundenen Delegiertenversammlung auf» neue Mr. Blaine zu ihrem Präsidentschaft»kandidaten zu erwählenI Hätten sie sich entschließen können, Hrn. Cleveland eine minder anrüchige Persönlichkeit gegenüber zu stellen, wer weiß, ob ihnen der März des nächsten Jahres nicht einen Sieg gebracht hätte. Fast noch höheres Interesse al» die Repräsentanten wahlen erregte gerade diesmal der Kamps um den Gouverneursposten des StaateS New-Aork. Es standen sich hier zum ersten Male drei Bewerber gegenüber, deren Anhängerzahl, wie man meinte, sich so ziemlich die Wage halte: ein demokratischer Kandidat, ein repu blikanischer und außerdem noch Hr. Henry George, der berühmte Verstaatlicher des Grundbesitzes. Der Wahckampf war denn auch ein so heftiger, wie man ihn selbst in Amerika nicht gewohut ist, besonders die Sozialisten setzten alle Kraft daran, um ihrem Aus erkorenen den Sieg zu sichern. Mr. Mac-Glynn, der exkommunizierte katholische Priester, das alt-r ego Henry Georges, unternahm einen wahren Redefeldzug durch den ganzen Staat und verfchonte keinen nur Halbwegs bedeutenden Ort mit der Anpreisung seiner utopistifchen Heilmittel gegen die Armut. Ja, um die katholischen Arbeiter, welche fürchteten, mit der Kirche in Konflikt zu geraten, wenn sie eine von derselben verworsene Sache unterstützten, dennoch für sich, bez. »u selbständiger Wirkung zu gelangen. DaS Orchester- schlußstück war eine „Karnevalsscene" von A. Bäd. Es ist ein musikalischer Scherz, ein Karnevalsbild etwas gröblicher und materieller Art, in dem das Originelle ins Bizarre, das Pikante ins Geschmacklose übergeht und der Humor clownartig wird; eine künstle rische Physiognomie, die man gern näher kennen ler nen möchte, schaut nicht heraus Sämtliche Orchester werke waren vom Dirigenten mit ungemeiner Sorg falt einstudiert und die Ausführungen de» Orchesters waren vortrefflich, sdurchau» lobenswert auch in betreff der Solostellen für verschiedene Instrumente. Die Solistin der Abends war die Pianistin Frl. Clotilde Kleeberg aut Pari», eine ausgezeichnete Spielerin von künstlerischer Durchbildung, virtuoser, wohlbeherrschter Technik und eine» musikalisch empfun denen, spirituellen und geschmackvoll ausgearbeiteten Vortrags. Ihr Spiel ist außerordentlich sauber, ele gant und klar, frei von Manieriertheit, affektierter Empfindelei und gesuchten Effekten, und besonders auS- gebildet in zartesten Tonnüancen. In ihrer, diesen Eigenschaften entsprechenden Weise spielte Frl. Klee berg Beethovens L» 6ur Konzert ganz vorzüglich, aber allerdings mußte man dabei auf eine groß, poetisch und vornehmen Geistes gestaltende Auffassung, unter stützt von intensiver Kraft, wie von Wärme und Be handlung de- Ton- — auch im Piano — verzichten. Die Spielerin überhäufte ihren Vortrag — nament lich für den Mittelsatz des ersten Teils — mit fein ausgeführter Pianissimobehandlung, die dem Charakter des Beethovenschen Konzerte» nicht entspricht, weil sie in ihrer Tonzartheit au»druck»lo» wird. Außer ordentlich klar und mit anziehendem Vorträge für Mr. George zu gewinnen, scheute sich Mac-Glynn nicht, allen Ernstes -zu versichern, der Papst und die kirchlichen Würdenträger seien „zur Erkenntnis ge kommen", binnen kurzem werde man ihn vom Banne befreien und in sein Amt wieder einsetzen. Es half nichts, daß der Erzbischof von New-Aork, Mr. Corrigan, alle Behauptungen Mac-Glynns für unbegründet, für ein Märchen erklärte, daß er auseinandersetzte, von einer Aussöhnung Mac GlynnS mit der Kirche könne nur die Rede sein, wenn jener der Aufforderung des Papstes Folge leiste und sich nach Rom begebe — der ehemalige Priester ließ sich alles das nicht im Geringsten anfechten und gab auch weiter- hin sein Märchen sür vollgiltige Wahrheit aus. Seine Verdrehungen haben ihm nichts genützt, die Demokraten sind in der Wahlschlacht Sieger geblieben, ihr Kandidat wurde mit der ungewöhnlich starken Ma jorität von 10 OVO Stimmen gewählt. Noch mehr, der 8. November hat von einer vollständigen Zer schmetterung der Sozialdemokratie in dem tonangeben den Staate New-Aork Zeugnis abgelegt. Gelegentlich der New Aorker Bürgermeisterwahl im Frühling d. I. hatte Mr. George 68000 Stimmen auf sich vereinigt, wenig fehlte und er hätte gesiegt; am 8. November dagegen sind in der Stadt New Jork nur 37 000 Stimmzettel für ihn abgegeben worden. Dicfen er staunlichen Niedergang des Sozialismus schreiben die amerikanischen Blätter zum Teil dem Chicagoer Anarchistenprozesse zu, zum Teil auch dem wahrhaft hirnverbrannten Treiben der Most und Konsorten in New-Aork selbst. Die Niederlage vom 8. November, die Hinrichtung der Anarchisten in Chicago, welche wenige Tage später erfolgte, obgleich die Sozialisten alle- Erdenkliche versucht hatten, um sie zu hindern, müssen, den Zeitungen nach zu schließen, der ganzen sogenannten Arbeiterpartei fast den Rest gegeben haben. Wahrend ihre Glieder vor wenig Wochen noch in der Hoffnung schwelgten, daß im März des nächsten Jahres Henry George das weiße Haus zu Washington beziehen und von dort aus mit der Verwirklichung seines Evangelium» die Welt beglücken würde, während dieser eigentümliche Schwärmgeist selbst in einer seiner Wahlreden unlängst verkündete, daß binnen 30 Jahren der sozialistische Staat in Amerika eine Thatsache sein werde und daß dann auch für die alte Welt die Stunde der Erlösung schlüge, sehen sich die Herren »tzt von ihren eigenen Anhängern verlassen und da mit ihre Erlösermiision noch ein wenig in die Ferne gerückt. DaS Durcheinander und die Verwirrung, welche augenblicklich in dem Lager der amerikanischen Sozia listen herrschen, schildert der „New-Uork-Hrrald" vom 17. Nov. beißend genug wie folgt: „Der „Leader", da» täglich erscheinende Blatt der Arbeiterpartei, ist mit der vorigen Freitagnummer eingegangen, also unmittelbar nach der Hinrichtung der Anarchisten, über deren Schickjal es feine letzten Seufzer ausgestoßen hat. Binnen kurzem wird der „Etendard", das Wochenblatt des Mr George, dem selben Schicksal verfallen. Die Vorfälle der letzten Wochen haben ihre entmutigende Wirkung auch auf dieses Unternehmen geltend gemacht, und Mr George ist ein zu guter Geschäftsmann, als daß er seine Er sparnisse durch das Blatt in Gefahr brächte. In der That, das hieße ja der Armut, welche er so hart- näckig und sür seine Person so glücklich bekämpft hat, ein neues Opfer überliefern. Auch der mit so großem Gepränge in- Leben gerufene „Verein g egtii die Armut" wird seine Rolle bald ausgespielt haben. Die Mehrzahl seiner Mitglieder ist es satt, ihre Armut durch die ewigen ordentlichen und außerordent lichen Beiträge noch zu vermehren. Was aber soll aus dem ehrwürdigen Vater Mac Glynn werden? Seine Erfahrungen hinsichtlich der menschlichen Dumm spielte Frl. Kleeberg noch eine Gigue von Händel, ein sehr einfache» Nokturno von I. Field und als Zugabe ein „Lied ohne Worte" von Mendelssohn. Weniger gelungen — besonders in der Rhythmik — war ihre Wiedergabe deS ^»-äur-Walzers von Chopin. All gemeiner und wärmster Beifall wurde der talentvollen Virtuosin zu Teil. Es wird anständig sein wenn die Vermieter des Saales dafür sorgen möchten, daß derselbe so lange vollständig erleuchtet bleibt, bi» da» Publikum sich entfernt hat. C. B. Frieda. Grzthliuig von v. Mrre»«»». (Fortsetzung.) Walter hatte so seine eigenen Gedanken über diesen Mangel an Zutrauen. ,Lch wäre auch ohnedies bald heimgekommen, Mutter!" flüsterte er, über die Schwester hinweg ins Leere schauend. „Nanu! Von Eurem Fortgehen ist noch keine Rede! Für» erste haben wir Dich jetzt endlich ein mal hier, Mariannchen," schmunzelte Karl, sich ver gnügt die Hände reibend. „Ich glaube aber, wir müssen schleunigst ins Hau», Dich ftiert ja!" fuhr er erschrocken fort, als Marianne leicht zusammen- schauerte. ,Lch alter Esel habe Dir auch das Tuch noch gar nicht umgethan, da» mir Mama für Dich mitgab." Bei seinem hastigen Versuche, die» nachzuholen, wäre „Marianeken" allerding» säst erwürgt und der Chenille - Shaw! ungefähr in zwei Hälften zerrissen worden, allein beide Gefahren zogen noch einmal heit und Leichtgläubigkeit ermöglichten e» ihm, einen Winter hindurch für etwas Befondere» genommen zu werden, dieses Jahr wird er mit seinen Vorträgen nicht einmal die Saal- und Beleuchtungskosten herausschlagen." Lagesgeschichte. Dresden, 8. Dezember. Se. Majestät der König erteilte heute nachmittag dem am König!. Hofe neu ernannten König!, dayerifchen außerord. Gesandten und bevollmächtigten Minister Frhrn. v. Niet hammer in der Königl. Villa zu Strehlen eine Par- tikular-Audienz. Nachdem Ihre Majestät die Königin den Herrn Gesandten in Audienz empfangen hatte, fand um 5 Uhr eine Hoftafel statt, zu welcher der Frhr. v. Niethammer sowie der Königl. StaatSminister, Ge neral der Kavallerie, Graf Fabrice geladen waren. * Berlin, 7. Dezember. Se. Majestät der Kaiser verblieb während der gestrigen Abendstunden im Arbeitszimmer des Königl. Palais. Beide Kaiserliche Majestäten sahen darauf Se. Königl. Hoheit den Prinzen Ludwig von Bayern bei sich zum Thee. — Am heutigen Vormittage nahm Se. Majestät der Kaiser den Vortrag des Grafen Perponcher entgegen, arbeitete darauf längere Zeit mit, dem Chef des Zwil- kabinetts und empfing den Gen'erallieutenant ». D. v. Rantzau und einige andere Militärs. Nachmittag- hatte Se. Majestät der Kaifer eine längere Konferenz mit dem Staatssekretär Grafen Herbert Bismarck. Se. Königl. Hoheit der Prinz Ludwig von Bayern begab sich heute vormittag nach Spandau, um die dortigen militärischen Einrichtungen in Augen schein zu nehmen und die Schießschule u. s. w. zu be sichtigen. Nachmittags kehrte der Prinz wieder nach Berlin zurück und folgte dann einer Einladung deS Erbprinzen und der Erbprinzessin von Sachsen- Meiningen zum Diner nach dem Stadtschlosse zu Char lottenburg. Ihre Königl. Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Baden werden morgen vormittag 10 Uhr 53 Minuten nebst Gefolge aus Karlsruhe »um Besuch in Berlin eintreffen und im Königl. PalaiS während ihres Aufenthalts in Berlin Wohnung nehmen. Der Ausschuß des preußischen Volkswirt- schaftsrats, an welchen vom Plenum die Grundzüge der Alters- und Invalidenversicherung zur Vorberatung überwiesen waren, hat gestern und heute Sitzungen abgehalten und folgende Beschlüsse gefaßt: Die unter Punkt 1 der Grundzüge aufgeführten versicher ungspflichtigen Perfonen fallen erst „vom lü. Jahre an" ver sichert werden dürfen. Punkt 2, welcher die Stellung der Be amten zur Alters- und Invalidenversicherung regelt, wucde ohne jede Änderung angenommen. Die Punkte S und 4, in denen u. a. dem Bundesrate die Entscheidung darüber anheimgcstellt ist, Mitglieder anderer Kasseneinrichtungen, welche Vie Alters- und Jnvalidenversorgung zum Gegenstand haben, von der Ver sicherungspflicht zu befreien, wurden ohne Änderung angenommen. Bei Punkt 5, in welchem festgesetzt wird, daß die Altersver sorgung mit vollendetem 7V. Lebensjahre eintritt, wurde ein Antrag auf Herabsetzung der Altersgrenze bis zum 6ü Lebens jahre abgelehnt. — Sodann kam man auf Punkt 2 zurück. ES wurde beschlossen, das Minimum der jährlichen Rente für die der Unfallversicherung unterliegenden Arbeiter von >20 auf ?üo M. zu erhöhen, damit diejenigen Arbeiter, welche eine Unfallrente beziehen, in ihren Ansprüchen auf die Invalidenrente nicht be schränkt würden. Punkt 6, in welchem bestimmt wird, daß die Rente auch in Naturalleistungen gewährt werden kann, wurde ohne Diskussion angenommen Über die Punkte 7 und 8 ent spann sich eine lange Debatte. Punkt 7 bestimmt, daß der Anspruch aus Invalidenrente sür solche Versicherte weg« fällt, welche sich erweislich die Arbeitsunfähigkeit vor sätzlich oder durch schuldhafte Beteiligung bet Schlägereien oder Raushändeln zugezogen haben. ES wurde der Antrag ange- glücklich vorüber, und in der vergnügtesten Stimmung faß die Gesellschaft ein wenig später um den Mittags tisch. Walters Frohsinn machte indessen manchmal einen etwas gezwungenen Eindruck, und als der Assessor gegen Abend von einer Erkundigung im Bürger meisterhause zurückkehrte, lag eine dicke Wolke auf seiner Stirn, er bekannte auch, daß er sich nicht wohl fühle, und er ging sehr früh zu Bett. Marianne saß noch lange bei Tante und Onkel, und Karl Reichert philosophierte vor diesem aus erlesenen kleinen Auditorium mit ung.wöhnlicher Be- redtsamkeit über die Freuden des Landleben». „Da» heißt, für einen armen Junggesellen ist e- doch man bloß ein halbes Leben!" schloß er seinen Vortrag und seufzte, daß seine gute Mutter ordentlich erschrak. Assessor Schmidt hatte bei Bürgermeister- nur die Herrin de- Hauses getroffen und sich höchst unbehag- ltch gefühlt — trotz Frau Selmas Aufwand von Lie benswürdigkeit. Er hatte sich bald wieder empfohlen, nachdem er zu seinem Erstaunen noch gehört, daß Frieda eine sehr anspruchsvolle kleine Kranke sei. „Sie weiß es selbst nicht. Ach, Du lieber Himmel! und man thut ja alle- so gerne, aber ein Kreuz ist es doch!" hatte ihre Schwägerin seufzend gesagt. „Da- arme Kind! Da muß sie doch sehr krank sein, wenn sie sich so verändert", dachte Walter betrübt. Im Hausflur trasj er Wally, die soeben au« der Stadt kam. Sein Gesicht verklärte sich. „O, so sehe ich Sie doch noch! Ich hatte schon alle Hoffnung auf gegeben." Wally reichte ihm mit großer Befangenheit die Hand.
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