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Dresdner Journal : 19.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188711198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-11
- Tag 1887-11-19
-
Monat
1887-11
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 19.11.1887
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Gedanken Beruhigung fasten, daß nach dem Stim mungsbild, welche» die Presse gewährt, die Aussichten de» jetzt seiner Ausführung entgrgengehenden gesetz geberischen Vorhabens als günstige bezeichnet werden können. Tagesgeschichte. * Berlin, l8. November. Se. Majestät der Kaiser empfing heute den Besuch de» Prinzen Heinrich von Preußen und nahm den Vortrag de» Grafen Per- poncher entgegen. Später begab sich der Monarch nach der russischen Botschaft, um dort, umgeben von den bier anwesenden Damen der Königl. Familie, da- russische Kaiserpaar zu begrüßen. Nach der Rück kehr ins Palais empfing der Monarch die Besuche der russiichen Majestäten Beim Aufziehen der Wache «schien Se. Majestät, von einer vieltausendköpfigen Menge stürmisch begrüßt, am Fenster seines Arbeits zimmers. Am Nachmittag um 5 Uhr fand im Palais zu Ehren der russischen Gäste ein Galadiner von un gefähr U-O Gedecken statt. In der vorher genau festgestellten Weise ist der Besuch Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kai serin von Ruhland vor sich gegangen. Es ist heute nicht der Augenblick, über die politische Bedeutung dieses Ereignisses zu sprechen Erst der nächsten Zeit wird es Vorbehalten sein, Aufklärung darüb-r zu ver schaffen, ob der Aufenthalt des russischen Herrschers in der Hauptstadt des deutschen Reiches, sein persönlicher Verkehr mit allen den Personen, denen die Leitung der Geschicke Deutschlands anvertraut ist, die erfreu liche Folge haben wird, die gegenwärtige politische Lage Europas zu erhalten und insbesondere die Be ziehungen Deutschlands zu Rußlands in freundlichere Bahnen zu führen, oder ob die bisherigen unklaren Verhältnisse auch in Zukunft andauern werden. Aber wie dem auch fei — zweifellos war eS ein historisch hochbedeutsamer Vorgang, als neben dem deutschen Prinzen, auf den sich heute mehr denn je zuvor die Hoffnungen unserer Nation vereinigen, der Selbstherr scher aller Reußen, der absolute, von einer beispiel losen Machtfülle umgebene Beherrscher des mächtigen benachbarten Reiches seinen Einzug in die deutsche Hauptstadt hielt Möchten die Hoffnungen, die man an den gestrigen Tag knüpfen zu können glaubt, sich erfüllen. — Über die Vorgänge des gestrigen Tage» wird uns von einem Augenzeugen folgendes mitgetellt: Zum ersten Male seit seiner Thronbesteigung und nach achtjährigem Fernbleiben hat heute Kaiser Alexander lit. die deutsche Reichshauptstadt betreten. Der prachtvolle Sonnen schein, welcher die winterliche Kalte de« TageS weniger empfind lich erscheinen ließ, hatte ein nach vielen Tausenden zählende» Pub ikum in» Freie gelockt, wenn auch naturgemäß die Arbeit de» Wochentage» die Ansammlung nicht zu einer solchen wer den ließ, wie sie Berlin bei anderen festlichen Anläßen gesehen hat. Zn ihrer Hoffnung, den Beherrscher Rußlands au- nächster Nähe von Angesicht zu Angesicht erblicken zu können sahen sich Viese Scharen der Wartenden nicht getäuscht, wenn sie auch durch umsaffeude Vorkehrungen der Polizei in der sonst üblichen freieren Beweglichkeit gehindert waren. Diese Vorbereitungen halten natürlich nicht erst heute begonnen. Der Lehrter Bahn hof, die russische Botschaft und ihre Umgebung waren schon seit längerer Zeit einer sorgfältigen Beobachtung durch die Berliner Polizei unterworfen, welcher in einer großen Anzahl russischer Kriminalpolizisten eine wirksame Unterstützung zu teil wurde. Welch großen Umsang aber die Thätigkeit der Polizei am heutigen Lage selbst annahm, kann man daraus ersehen, daß auf dem Wege den dir russischen Gäste heute zurückzn legen hatten, nicht weniger als 2000 Schutzleute in Uniform und Zivil, beritten und unberitten postiert waren. Einen eigen tümlichen Eindruck machte eS, daß diese Beamten, eine russische Sitte nachahmend, im Augenblicke, als der Kaiser vorbeisuhr, dem letzteren den Rücken zukehrten und dafür dem Publikum eine umso intensivere Aufmerksamkeit zuwendeten. — Um Uhr früh begann die Räumung de- Lehrter Bahnhof» aus dem die Ankunft des Kaiser- erfolgen sollte und seiner Umgebungen, und bald war der große weite Platz vor dem Bahnhof und weiter der ganze Weg bi» zur Alsterbrücke so vollständig gesäu bert, daß der Zar, als er vom Bahnhof aus in die Millionen stadt Berlin einsuhr, in den ersten fünf Minuten keinen andern Menschen erblickt hat, als von 1v zu tv Schritt einen Schutz mannsposten. Erst von der Alsenstraßc an, die Friedensallee entlang und dann die Linden herunter konnten die Zuschauer mengen Ausstellung nehmen. Hingegen war wiederum nicht nur der Platz vor dem Kaiser! Palais und der Opernplatz in weitem Bogen abgesperrt, sondern auch die Passage quer über die Linden nur an der Wilhelmstraße gestattet. Bereits gegen H iO Uhr begann die Ausfahrt der Königl. Prinzen, der Flügeladjutantcn, der Generalität, der Mitglieder der russischen Botschaft u. s. w. nach dem Lehrter Bahnhof. Unter der daselbst anwesenden illustren Versammlung nahm Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Wilhelm, welche mit der Ver tretung Ihrer Majestät der Kaiserin betraut war, den höchsten Rang ein, da Se. Majestät der Kaiser insolge dir dringenden Vorstellungen de» Zars von einer Begrüßung aus dem Bahnhof Abstand genommen hatte Ferner waren anwesend der Prinz Albrecht von Preußen, Prinziegent von Braunschweig, die Prin zen Hemrich und Friedrich Leopold von Preußen, sämtlich in russischen Uniforme» und mit russischen Ordensbändern, während Verwundert fah sie auf zu ihm. „Sie sind ja noch gerade fol Wen sie damit meinte, ob den jungen Herrn selbst, ob seine Augen, es blieb unentschieden; jedenfalls aber lachten diese Augen unter den breiten Lidern nun recht fröhlich hervor. „Dem Himmel sei Dank endlich, endlich doch einmal ein Schönauer Menschenkind, das kein Loblied über meinen Bart und meine physische Verlängerung anstimmtl Und Du? bei Dir ist die Zeit wohl stehen geblieben, Friedelchen?" „Ach nein, Walter, ich habe viel erlebt." „Erlebt?! nun? also doch!* „Ich bin ja Lehererin geworden.* „Armes Friedel, ja, sie haben eS mir erzählt. Nun, e» ist aut, daß die Quälerei überstanden ist, uicht wahr? Du willst aber doch keine Stelle an nehmen?* „Nein, noch nicht." „ Fräulein l e» dauert so schrecklich lange und dann krieg ich doch gehauen!* klagte Lenchen weinerlich, und als ob sich« von selbst verstände, bückte Frieda sich wieder und half auflesen. „Da muß ich wohl auch schließlich noch heran," meinte der junge Herr, und wie sie nun um die Wette suchten und fanden und in Lenchens Schürzchen sammelten, da lachte er: „Gerade wie früher unter den Pflaumenbäumen, weißt noch, Friedchen?" Und sie nickte vergnügt. „Gerade wie früher," doch plötz lich wurde sie ernst, wurde sichtlich verlegen, denn eine Helle Glut stieg ihr bis in die Schläfe, und indem sie Lenchen die letzten Erbsen hastig in» Schürz chen rollen ließ, sagt sie leise: „Sie sind aber. Assessor und Doktor geworden." der Erbprinz von kochst». Meiningen, der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, der Erbprinz Reuß j L u. s. w. ihre preußifchen Uniformen angelegt hatten Bon nicht fürst lichen Personen st'en genannt vor allem der Generalseldmarschall Gra, Mostkr in russischer Uniform, der Polizcivräsibrnt v Richt- Hofen, die zum Ehrendienst Befohlenen, dir Mitglieder der russischen Botschaft, der Kommandeur des Kaiser Alexander- Garde GrenadierregimeniS u s. w. Aus dem Perron hatte eine Ehrrnkompagnie, gestellt vom 2. Garderegiment z F. mit der Rcgimentsmusik Ausstellung genommen Wenige Minuten vor 'All Uhr suhr der Kaiser!. Zua in die Bahnhofshalle ein und nach wenigen Augenblicken verließen da» russische Kaiserpaar und die beiden ältesten Großsürsten den Wagen. Ihnen folgte Prinz Wilhelm in russischer Uniform, welcher mit dem General v Werder den russischen Gästen bi- Wittenberge entgegenqesahren war. Nachdem die Begrüßung der hohen Herrschaften in der freundlichsten Weise erfolgt war — die Kaiserin und Prinzeß Wilhelm umarmten und küßten sich -- und nachdem der Zar, welcher die Uniform des nur- genannten preußischen GarderegimeniS trug, die Ehrencompagnie abgeschritten hatte, erfolgte der Ausbruch nach der Stadt. Von der erfolgten Ankunft des Zaren gab den harrenden Menschenmassen einige im Galopp dem Kaiser!. Palai» Unter den Linden zusprengende berittene Schutzleute, denen der Wagen des russischen Botschafters im schnellsten Tempo folgte, Kenntnis. Eine geraume Weile dauerte es, da zeigten sich abermals zwei berittene Schutzleute. hierauf 2 Vorreiter und nun folgte in einem mit vier Trakehnern bespannten vom Sattel aus ge fahrenem offenem Galawagen der russische Kaiser mit dem Prinzen Wilhelm, dessen ernste Züge den Eindruck der letzten traurigen Ereignisse wiederspiegetten. Alexander III. ist eine imponierende, prächtige Mannesgeslalt und der einnehmende Eindruck wurde noch gehoben durch des freundliche, danibare Lächeln, mit dem der Zar den ehrfurchtsvollen, mit lebhaften Hochrufen untermischten Gruß des Publikums erwiderte In der Alsenstraßc und der FricdenSallee war das Katser-Alexander- Garde Grenadierregimcnt in Paradeuniform, ohne Gewehr, in langgezogener Kompagniesront ausgestellt Als sich der Wagen des Kaisers im langsamen Trabe näherte, brauste dem erhabenen Ches ein dreimaliges gewaltige- Hurrah seines Regiments ent gegen. Welcher Art mochten wohl die Gedanken Alexanders lll. sein beim Anblick dieser prächtigen Vertreter des deutschen Heeres, über denen die goldene Viktoria aus der Siegessäule, daS Erinnerungszeichen an glänzende deutsche Waffemhuten weithin im goldigen Sonnenschein erglänzte! Al- der Wagen sich dem Palais der russischen Botschaft näherte, präsentierte die daselbst ausgestellte Ehrencompagni dc- AlexanderregimentZ, die Musik spielte die russische National hymne und die versammelte Menge brach in brausende Hochruse aus. Der Zar verließ vor dem Palais seinen Wagen, ließ die Compagnie vor sich defilieren und betrat nunmehr das Bot schaftsgebäude In dieses waren unterdessen die hinter dem Kaiser folgenden Galawagen des imposanten Zuges bereits rin- gesahren. In dem ersten derselben saß neben der Prinzeß Wil- Heim die Kaiserin Marie Feodorovna, deren schöne gewinnende Züge eine zarte Bläffe bedeckte. Ls folgten die übrigen Fürst lichkeiten und sonstigen hochgestellten Persönlichkeiten in bunter Reihenfosge, unter ihnen die zwei ältesten Söhne de- Zaren in einem Wagen mit dem Prinzen Heinrich Als die Menge den Grasen Moltke in seiner russischen Uniform erkannt hatte, brach sie in besonders lebhafte Hochrufe aus. Im Botschafterpalais Halle sich inzwischen noch vor dem russischen Kaiserpaar , unser Kaiser" eingesunden. Umgeben von den in Berlin anwesenden Prinzessinnen emvfing er die zunächst eintreffende Kaiserin und dann mit mehrfachen zärt lichen Umarmungen den Zar, sowie dessen Löhne. Eine halbe Stunde später verließ der Kaiser, welcher die Uni orm seines russischen Regiments trug, unter unermeßlichem Jubel der nun immer mehr an wachsenden Menschenmenge die russische Botschaft und suhr zurück in sein Patais. Die.begei sterten, Herzerhcbenden Ovationen für den Kaiser wiederholten sich, ais der Käfter gegen '^1 Uhr mittags beim Aufziehen der Wache am Fenster erschien Balo nach seiner Ankunft verließ der ru fische Kai er, aber mals rm offenen Wagen, begleitet vom General v Werder, die Botschaft, um dem Deutschen Kaiser seinen Besuch zu erwidern und verweilte ungesähr 2-> Minuten im Kaiser! PalaiS Kurze Zett daraus bot sich der Menge ein beionders lieblicher Anblick. Mit ihren inzwischen vom Bahnhof herbeigeeilten drei jüngsten Kindern, deren Gesichtchen neugierig die ehrfurchtsvoll grüßende Menge anblickten, fuhr die russische Kaiserin gegen '^2 Uhr im geschloffenen Galawagen ebenfalls noch dem Kaiser!. Palais, um dem Deutschen Kaiser, aus einen ausdrücklichen Wunsch des selben, ihre Kinder vorzustellen. Tas Ankommen und Absahren der Galawagen vor dem Botschafterpalais dauerte inzwischen ununterbrochen fort. Und unter den zahlreichen, durch Geburt und Stellung hervorragenden Personen, welche vor dem Zar erschienen, sehlte auch der erste und bewährteste Ratgeber unseres Kaisers nicht. Gegen mittag hatte Alexander Ul dem Fürsten v. Bismarck sagen taffen, daß er ihn zu sehen wünsche und gegen 4 Uhr erschien denn auch der Fürst, von der Menschenmenge stürmisch begrüßt, vor dem russischen Herrscher Eine Stunde lang dauerte die Unterredung des Kanzlers mit dem Zaren. Möchte diese Stunde sür den Weltfrieden eine glückliche gewesen sein Als der Reichskanzler das Botschaftsgebäude verließ, er glänzten die „Linden" in dem weißen, glänzenden Lichte der vor der Hand probemäßig angebrachten elektrischen Lampen. Unter ihrem Scheine eilten die prächtigen Hofwagen dahin, welche die hohen russischen Gäste zum Galadiner in unseres Kaisers Palais sührten. über da» heutige Galadiner am Königl. Hofe be richtet die „N. Pr. Ztg." u a. folgendes: Unter Vortritt des Ober-Hofmarschalls und des stellver tretenden Minister- des Königlichen Hauses Grasen zu Stolberg- Wernigerode geschah der Eintritt in den Feftsaal Se. Maj. der Kaiser und König sührte Ihre Maj. die Kaiserin von Rußland, Se Maj. der Kaiser von Rußland I. K. H. die Prinzessin Wil helm, S. K. H Prinz Wilhelm I K H die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, S K H. der Großhcrzog von Mecklenburg- Schwerin I. K. H die Prinzessin Albrecht, S Kais. H der Groß- „Wie schade! Kaum fängt man an, den alten Zauber der alten Schönauer Ferien zu genießen, da," — er schien mehr mit sich selbst, al» mit der jungen Dame zu sprechen, denn sie unterbrechend fuhr er lauter sort: „Jawohl, das bin ich, und von Herzen sroh darüber. Doch kann es trotz alledem zwischen uns nicht beim du bleiben, Friedchen?" „Kann es?" fragte sie zurück. Er hatte ihre Hand ergriffen und spielte gedanken voll mit den kindlichen Fingern, aber dann ließ er sie los und sagte ruhig und ernst: „Nein, es kann doch wohl nicht sein. Und dann ist es auch besser, wir gewöhnen uns von vornherein daran. Wenn Du nur ein klein wenig älter und anders geworden wärst, Du, Du —" „Glaubst Du — glauben Sie nicht, daß ich noch wachse?' fragte sie mit sonderbarer Ängstlichkeit. „Wachsen? Du? Wie alt bist — sind Sie doch?" „Schon zwanzig Jahre." „Ja, dann wlrd's wohl damit aufhören." „Wirklich?" (Fortsetzung folgt.) Freitag den 14. November am Bußtage brachten in der Neustädter Dreikön'gSkirche die Dreißig sehe und R. Schumannsche Singakademie und der Neustädter Lhorgesangverein gemeinschaftlich und unter Direktion des Hrn. Kapellmeisters Hagen Händels Oratorium „Messias" zur Aufführung. Die gefüllte Kirche bezeugte, wie gern da» Publikum sich diese» erhabene religiöse TonepoS wieder lebendig vergegenwärtigen läßt, in welchem echte Kraft und überzeugung-treue Begeisterung des Glauben-, Größe und Weihe der Konzeption, Gefühl-tiefe und Wahrheit fürst Thronfolger Nikolaus I. Kais. H. die Großherzogin von Schwerin, Se. Kaiser! H. der Großfürst Georg I. H die Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin, S. K. H der Prinz Heinrich, I. D. die Prinzessin Luise von Schleswig-Holstein S K. H. der Prinz Friedrich Leopold I D. die Prinzessin Friedrich von Hohenzollern. Es folgten II SK Hv der Prinz Albrecht und Prinz Alexander, Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg- Schwerin, Ihre Hoheiten dir Erbprinzen von Sachsen-Meiningen und von Hohenzollern, Ihre Durchlauchten die Prinzen Eduard und Aribert von Anhalt und Prinz Friedrich von Hohenzollern. Die beiden Kaiser saßen zusammen Kaiser Wilhelm in der Uniform seine» Regiments Kaluga mit dem großen Bande des St. Georgs Orden», Kaiser Alexander in der Unisorm des Kaiser-Alexander-Regiment- mit dem Bande des Schwarzen Adler-Ordens; die preußischen Prinzen, mit Ausnahme des Prinzen Alexander, hatten russische Uniform-n angelegt mit dem blauen Bande de- AndreaS-Ordens Die beiden russischen Groß fürsten trugen russische Unisormen mit dem Bande des Schwarzen Adler-Ordens. Recht- vom Kaiser Wilhelm saß die Kaiserin in einer Robe von kirschrotem Atlas. Sie trug das blaue Band des Andreas-Ordens mit dem Stern desselben Ordens. Links vom Kaiser Alexander saß Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Wilhelm in einer blaßblauen Robe. Während der Tafel hielten die beiden Kaiser lebhafte Konver sation, und vielfach erheiterte sich das ernste Gesicht des Kaisers Alexander bei den besprächen, die Kaiser Wilhelm mit ihm führte. Den Majestäten gegenüber saß der stellvertretende Mi nister des Königl. Hauses, Graf zu Stolberg-Wcrnigcrode, recht- von ihm die Gräfin Schuwaloff, link- die Fürstin v. Bismarck. Etwa- weiter saß der Reichskanzler in gestickter Gencralsuni- sorm mit dem großen Bande des AndrcasordenS, links von der Fürstin v. Bismarck hatte Gras Schuwaloff seinen Platz. Gegen Ende der Tafel erhob Kaiser Wilhelm sein Glas und trank, sich gegen den Kaiser und die Kaiserin von Rußland wendend, sein GlaS aus deren Gesundheit Dann reichte er beide» mit herz lichem Drucke die Hände. Die Musik spielte die russische Natio nalhymne, während derselben erhob sich die Gesellschaft von ihren Sitzen Die Abreise der russischen Kaiserfamilie erfolgte abends 9 Uhr 35 Minuten. Die Prinzen Wilhelm, Heinrich, Albrecht und Leopold gaben dem russischen Kaijerpaare bis zum Potsdamer Bahnhof dos Geleite, wo die z»m Ehrendienst befohlenen Personen, die ge samte Generalität, die Generaladjutanten und die Flügeladjutanten des Kaisers Wilhelm zur Verab schiedung anwesend waren. Über den Krankheitszustand Sr. Kaiserl. und Königl. Hoheit des Kronprinzen liegen neue Nach richten aus San Remo nicht vor. Das Allgemein befinden des hohen Herrn ist nach wie vor zufrieden stellend. Der Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklen burg-Schwerin, Bruder des Großherzogs von Meck lenburg-Schwerin, wird im April n. I. als Kadett in die kaiserliche Marine erntreten. Als militärischer Be gleiter zu dem Herzog F-iedrrch Wilhe-m ist der Lieu tenant z. S. v. Dambrowski kommandiert. Wie schon früher, so ist namentlich in letzter Zeit von größeren aus Theorenlern und Praktikern be stehenden Versammlungen, welche sich mit der Frage des Alkoholismus beschäftigt haben, so u. A. dem Antialloholkongreß in Zürich, der m Darmstadt at- gehaltenen Verfammlung des deutschen Vereins gegen den Mißt» auch geistiger Gelränke und auf dem hygienischen Kongresse in Wie» die Fvldernng weite rer gesetzlicher Maßnahmen gegen den Mißbrauch geistiger Getränke erhoben worden. In Österreich ist dir Initiative zu gesetzgeberischen Schritten nach dnscr Richtung bereits ergr-ffen. Auch an den Zentral stellen des Reichs und Preußens unterliegt, wie die „Berl. Pol. Nachr." mitteilen, die Frage zur Zeit eingehender Prüfung. Diefe Erörterungen erstrecken sich, nachdem die steuerpolitische Seite der Sache durch das Gesetz über die Besteuerung des Branntweins im wesentlichen ihre Erledigung gesunden hat, auf das Gebiet der Gewerbepolizei, des Straf und Privat rechtes, s-wie auf Veranstaltungen zur Heilung der dem Trünke Verfallenen und zur Abwehr der aus der Trunksucht sür die davon Befallenen und ihre Familien drohenden Gefahren und Notstände. Auf gewerbepolizeilichem Gebiete bewegt sich die Unter suchung sowohl nach der Richtung der Vorbedingun gen für den Vertrieb geistiger Getränke, als der im Interesse des Gemeinwohls an die betreffenden Ge werbetreibenden zu stellenden Anforderungen. Die Erörterungen sind noch im Gange und demzufolge Beschlüsse noch nicht gefaßt. Um weitesten Kreisen Gelegenheit zu verschaffen, sich mit der Frage der Alters- und Invaliden versicherung der Arbeiter gründlich und baldigst vertraut zu machen, ist die Reichsdruckerei in den Stand gesetzt worden, die Grundzüge der betreffenden Vorlage nebst beigefügter Denkschrift zu billigem Preise an das Publikum abzugeben. de» Ausdrucks so klar und einfach, und doch mit so unmittelbarer und eindringlicher Macht zu Sinn und Gemüt werden. Die Ausführung erschien mit äußerster Sorgfalt vorbereitet und war nun eine außerordentlich gelungene. Der Gesang der Chöre zeichnete sich durch Reinheit, Präzision, entschiedene Rhyihmik, Kraft und treffliche Nuancierung au». Die Solisten Frau Koch Bossenberger, Frau Müller-Bächi, die Herren Riese und Lurgenstein boten musikalisch lobens werte und zum teil vorzügliche Leistungen. Frau Müller-Bächi sang die Altpartie mit voller Hingabe warmen Gefühls. Doch sei ihr empfohlen, Festigkeit der Tonbildung zu bewahren und in einem großen Raum den Ausdruck weniger in kleinen Nuancen und Accenten des Vortrags zu suchen. Frau Koch Bossen berger machte durch ihre zwar nicht große aber Helle, klare, sympathische und technisch sehr gut ausgebildete Sopranstlmme und durch ihren einfachen, natürlich empfundenen und stilvoll gehaltenen Vortrag einen höchst gewinnenden, angenehmen Eindruck. Hr Riese endlich sang die Tenorpartie ungemein schön und mit herrlicher Wirkung. Die Gewerbehauskapelle führte den instrumentalen Teil sehr gut und sicher au». E. B. Deutscher Sprachverein. Die MonatSversamm- lung am 17. Nov. hatte sich wiederum eine- sehr zahlreichen Besuche- zu erfreuen Eröffnet ward die selbe durch einige Mitteilungen de- Hrn. Geh Rat Häpe, in denen u. a. daraus hingewiesen wurde, daß in der Thronrede bei Eröffnung des Landtags Fremd wörter thunlrchst vermieden sind, ein Umstand, welcher beweist, daß den Bestrebungen des Sprachvereins auch an allerhöchster Stelle Teilnahme entgegengebracht Der Gesetzentwurf, betreffend den Verkehr mi Wein, welcher nunmehr im Bunderrate angenommen ist, schreibt folgender vor: Die nochbezeickme en Sloffe, nämlich Bariumverbindung, metallische» Blei oder Blriverbindungen, Glycerin, Kermr-beeren, Magnesiumverbindungen, Salicylsäure, unreiner (freien Amyl alkohol enihaUender) Sprit, unkryftallisirrter Stärkezucker, Theer farbstvffe oder Gemische, welche eincn dieser Stoffe enthalte» dürfen dem Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken, welche bestimmt sind, anderen al- Nahrung-- oder Genußmiltel zu dienen, bei oder nach der Herstellung nicht zugesetzt werde». Da-selbe gilt von löslichen Alumimumsalzen (Alaun rc.) und solche Stoffe enthaltenden Gemischen Der Zusatz derselben zu Schaumweinen untrrliegt diesem Verbote jedoch nur, insoweit infolge dessen in einem Liter des fertigen Getränks wehr als u.oi u Alaun enthalten ist. Wein, weinhaltige und weinähnliche Getränke, welchen diesen Vorschriften zuwider einer der oben bezeichneten Sloffe zugefetzt ist, oder deren Gehalt an Schwefel säure in einem Liter Flüisigkeit mehr beträgt al» sich in e neutralen schwefelsauren Kalium- vorfindel, dürfen gewcrbs- mäßig weder feilgchalten, noch verkauft werden. Die Vorschriften des Gesetze-, betreffend den Ber.ehr mit Nahrungsmitteln, Ge- nußmitteln und GebrauchSge enpänden vom 1^. Mai 187 , bleiben unberührt; die Vorschriften der 88 und >7 desselben finden auch bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften de- gegenwärtigen Gesetzes Anwendung Bezüglich de- Grenzzwischenfalls von Raon sur-Plaine kann die „Allg. Zig." Mitteilen daß, entgegen den Behauptungen der französischen Presse, alle von deutscher Seite von Anfang an gebrachten Erklärungen über den Thalort Bestätigung ei fahren haben. Pari», I7. November. Die „Gazette de France" bringt unter dem Titel „Der Präfident- schaftLsport. — Prognostiken" die Line der , Favoris" der verschiedenen Blätter, ähnlich wie sie vor den Rennen bezüglich der eingeschriebenen Pferde veröffentlicht zu werden pflegen; danach empfiehlt „Figaro": Flourens. — „Radical": Ftoquet. — „Justice': (hält sich noch zurück) — „Republique fran^aise": Ferry. — „Jntrausigeant", „Lanlerne", „France": Boulanger. — „Journal des De-bats": Leon Say. — „Siecle": Magnin. — „Temps": Freye inet. Wir fügen dieser Liste noch hinzu: „Nation": Floquet oder Brisson. — „Estafette": Brisson oder Floquet. — Infolge der vom Justiz minister Mazeau vor dem parlamentarischen Unter suchungsausschuß abgegebenen Aussage, welche den Polizeipiafekleu Gragnou als den Beseitigte der bei den Wilsvnschen Briese au: den Akten des Prozesses L mouzln bez-ichue e ist Gragnon gestern gezwungen gewejen, vor dem Ausschüsse sein bisheriges System vollständigen Leugnens aufzugeben. Er bekannte, daß er 18 bi- 2» von den bei der Limouzin beschlagnahmte Briese zurückbehalten habe. Zwei derselben, von 2 Uiitcrbeanilen des Krieg-Ministerium-, Alexandre und Lam bert hcrrührcnb und gegcn dieselben dcn Verdachr de» Lande- Verrats zu erwecken geeignet, habe er im Jnterene der Laiides- verteidigung dem Kriegsmimster zugestellt; er habe sich, obwohl von seinen, Vorgesetzlen, dem Minister de» Innern, ermächtigt, dem AuSichusse alles zu sagen, doch bei seiner ersten Verneh mung sür verpflichtet gehalten, das Amtsgeheimnis bezüglich jener Briese zu bcw ihren, bis er von demselben nunmehr durch dcn Kriegsmn istcr selbst entbunden worden sei Bezüglich der Wilsvnschen Briese hingegen verharrte Gragnon aus seiner Ver sicherung, daß er weder dicselben beseitigt noch ihnen andere unterschoben Hube. Dcr Ausschuß verhielt sich gegenüber dem Präfckten sichtlich ungläubig; ein Mitglied meinte, er sei wohl noch nicht von allen Ministern der Amtsverschwiegenheit ent bunden Dcr Minister des Innern, durch den Fernsprecher ausgesordert, sofort vor dem Ausschüsse zu erscheinen, ließ sich enischuldigcn, worauf zwei Mitglieder de» Ausschusses nach dem Ministerium fuhren, um ihn zu holen Hr. Falliere- ant wortete, seine Aussage sei mit so schwerer Lerantlichkeit ver bunden, daß er zuerst mit seinen Kollegen darüber beraten müsse. Abends fand eine außerordentliche Mini st errat S- fitzung unter dem Vorsitze Rouviers statt, in welcher der Premier und Falllftres heftig mit Mazeau stritten, der sie durch seine Aussage zwinge, das Elysee bloß- zustellen! Sie hätten die beiden Briefe Thlbaudlus dem General Brug-re, dem Befehlshaber des mili tärischen Stabs des Präsidenten der Republik, über geben lassen — Heute früh teilte der Minister des Innern dem Polizeipräsekien mit, daß er nötig finde, ihn zur Verfügung zu stellen und auf der Präfektur durch Bourgeois, Ministerialdirektor des Innern, zu ersetzen. Gragnon entgegnete, dann fei er frei und halte sich seines Amtsgeheimnisses gegenüber dem Untersuchungsausschüsse, vor dem er heute noch mals erscheine, für entbunden. Der unter Rouviers Vorsitz sodann abgehaltene KabinettSrat Huß die Ersetzung GragnonS gut und ermächtigte den Premier und den Minister des Innern, dem Untersuchungs ausschüsse nochmals Rede zu stehen und die volle Wahrheit zu sagen. Demgemäß erschienen beide vor der Kammersitzung vor dem Ausschüsse und bestätigten, daß der Minister des Innern vom Polizeipräsekien auch die vom General Thibaudin vor Jahren wird. — Den Hauptvortrag des Abends hielt Hr vr. R. Kade „über H. v. Kleist- Sprache*. In schwung voller formvollendeter Rede schilderte der Vortragende zunächst die selbstquälerisch-unruhige Lebensführung des Dichters, wobei er der Versammlung einige aus dem hiesigen Körn.rmuseum gütigst zur Verfügung gestellte Bildnisse und Schriftstücke vorlegte, und ging dann zu einer Darstellung der Sprache über, deren Eigentümlichkeit, wie er erklärte, nur im Zusammen hänge mit Kleists Leben und Wesen zu verstehen sind. Als solche seine Sprache beeinflussende und bildende Züge ergaben sich folgende: 1) K eist ist ein echter Sohn der Mark, daher sein Wohlgefallen am Niederdeutschen, daher fein oft auffällige» Vertauschen des dritten und vierten Falles. 2) Seine stürmiiche, sich überhastende Natur tritt, wie sie in feinen Spre chen, so auch in fernen Schriften hervor und verletzt Vers und Sprachgesetze. 3) Kleist hat sich die dichterische Anschauung der Natur erst mit Hilfe des Verstandes erarbeite» müssen. 4) Die am meisten hervortretende Eigenschaft Kleists war äußerste Wahr haftigkeit, daher erklärt sich in feinen Werken da» Streben nach oft grellster Naturwahrheit, zu deren Ausdruck er die Sprache mitunter gegen ihre Regeln zwingt. — Der Vortrag fand reichen und wohlverdienten Beifall. — Hierauf erstatteten die Vorsitzenden der Aus schüsse ihre Berichte. Hr. Or. icyon beautwortete einige an den sprachwissenschaftlichen Ausschuß eingegangene An fragen, z. B. ob die Ausdrücke „neu melkende Kuh ', „kein Federlesen»" berechtigt wären. Hr. Prof. Dunger teilte im Namen des Fremdwörterausschusses u. a. mit, daß derselbe sich wegen Reinigung der Fach sprache der Rudergesellschaften demnächst infolge der
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