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Dresdner Journal : 09.11.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188711096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871109
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-11
- Tag 1887-11-09
-
Monat
1887-11
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 09.11.1887
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U « r » » » x v d » r r NSm^I. krpoäitäon ä«, vroaänar ^onraatt, i)r««66L, /viu^srstrimss SV. ksrnoprsott-Xnaolttu« Xr. ISVS. Amtlicher Teil. Ansage. Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Königs wird die feierliche Eröffnung des einberufenen Land' tages Freitag, den 11. November 1887, Mittags 12 Uhr, in dem Thronfaale des Königlichen Schlosses statt finden. Die Herren Staatsminister, sowie die Herren der ersten und zweiten Llasfe der Hofrangordnung, in- gleichen die nicht im Dienste befindlichen Königlichen Kammerherren und Flügeladjutanten versammeln sich Vormittags 11 Uhr 45 Min. in den Gemächern der zweiten Etage des Königlichen Schlosses, um Sr. Majestät dem Könige vor zutreten, wenn Allerhöchst Dieselben Sich zum Throne begeben und von da zurückkehren Die Herren der dritten, vierten und fünften Classe der Hofrangordnung, sowie die am Königlichen Hofe vorgestellten, in der Hoftangordnung nicht mit inbe griffenen einheimischen Herren, welche dieser Feierlich, keit beiwohnen wollen, versammeln sich Vormittags 11 Uhr 3V Min. in den Paradesälen der zweiten Etage des Königlichen Schlosses, begeben sich dann in den Thronsaal, wo selbst ihnen Plätze angewiesen werden. Anzug. Die Herren vom Civil: Uniform oder Hofkleid; Die Herren vom Militair: Paradeanzug (Generalität dunkles Beinkleid). Jede Trauer wird abgelegt. Dresden, am 9. November 1887. Königliches Oberhofmarschallamt Dresden, 9. November. Se. Majestät der haben Allergnädigst geruht, nachstehende Personal Veränderungen in der Armee zu genehmigen. Die Versetzung de» Generalmajor», General» L I» k-uite Sr. Majestät de» Königs und Kommandeur» der 6. Infanterie-Brigade Nr. 64 von Minckwitz, als Kommandeur zur I. Infanterie-Brigade Nr. 4b; die Ernennung des Obersten und Kommandeur» de» 2. Grenadier-Regiment» Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen" Freiherr von Hodenberg, unter Stellung L I» »uit« diese» Regiment», zum Kommandenr der 6. Infanterie - Brigade Nr. 64; die Ernennung des Oberstlieutenants und etat-mäßige« Stabsoffiziers des 1. (Leib-) Grenadier-Regiment» Nr. 100 von Egidy unter Beförderung zum Obersten, zum Kommandeur des 2. Grenadier-Regiment» Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen"; die Ernennung des Oberstlieutenant» und Bataillons - Kommandeur» im 2 Grenadier-Regimente Nr. 101 ,Iaiser Wilhelm König von Preußen" Schmalz, zum etat»mäßigen Stabsoffizier im 1. (Leib-) Grenadier-Regimente Nr. 100; die Ernennung de» überzähligen Major» im 5. Infanterie - Regimente „Prinz Friedrich August" Nr. 104 Jungnickel, zum Bataillons-Kommandeur im 2. Grenadier Regimente Nr. 101 ,Miser Wilhelm König von Preußen"; die Versetzung de» Major» und Kompagnie-Chef» im 2. Jäger-Bataillone Nr. 13. von Hopfsgarten, als überzähligen Major in das 5. Infanterie-Regiment „Prinz Friedrich August" Nr. 104; die Beförderung de» Premier- lieutcnantS im 2. Jäger-Bataillone Nr. 13 von der Wense, zum Hauptmann und Kompagnie-Chef, — vorläufig ohne Patent —; die Ernennung de» charakterisierten Premierlieutenant» im 2. Jäger- Bataillone Nr. 13 von der Decken, zum etatS- mäßigen Premierlieutenant mit einem Patente vom Tage der Charakterisirung; die Anstellung de» Se- kondelieutenants der Reserve außer Dienst — zuletzt im 1. Badischen Leib - Grenadier - Regimente Nr 109 — von Hake al» Sekondelieutenant im Schützen- (Füsilier-) Regimente „Prinz Georg" Nr. 108 mit ' einem Patente vom 1. September 1886. Bekanntmachung. In Gemäßheit des § 48 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 (Reichsgesetzblatt Seite 69) und im Anschlusse an die Bekanntmachung vom 26. April 1887 (Nr 106 diese» Blatte») werden in der nach folgenden Zusammenstellung die Namen und Wohnorte der von der Königlichen Intendantur de» HI. (König lich Sächsischen) Armee-Korp», als Ausführungsbehörde, bezw. neu ernannten und der von den Vertretern der Arbeiter bezw. neu gewählten Beisitzer und Stellvertreter des für die Unfallversicherung im Bereiche der säch sischen Heeresverwaltung errichteten Schiedsgericht» hiermit bekannt gemacht: Sitz der Schieds gericht-. Aame, Pie»stkell««g «»d Wohnort der von der Intendantur de» XII. (Königlich Sächsischen) Armee-Korps ernannten der von den Vertretern der Arbeiter gewählten Schied-gericht-beisitzer. Stellvertreter. SchiedSgerichtSbeisitzer. Stellvertreter Dresden *) von Schlreben, Oberst und Garnisonverwal tungs-Direktor in Dres den. *) 1) Hacker, char. Haupt mann und Proviant meister in Dresden. *) 2) Eichler, char. Pre- mierlieütenant u. Ober- Lazareth - Inspektor in Dresden. *) Deo, Schlaffer in der Artillerie - Werkstatt zu Dresden *) 1) Thiele, Feuermann im Proviantamt zu Dresden. *) 2) Mammitzsch, Stell macher in der Artillerie- Werkstatt in Dresden. Judenfeind-Hülste, Ma jor u. technischer Vor stand der Artillerie- Werkstatt in Dresden l) Wenig, Feuerwerks- Hauptmann in Dresden. S) Thalheim, Proviant amts - Kontroleur in Dresden. Hälsig, Wagner in der Artillerie-Werkstatt zu Dresden. 1) Leukroth, Arbeiter im Proviantamt zu Leipzig. r) Manu, Arbeiter im Pro viantamt zu DraSde» *) Die mit * bezeichneten Beisitzer und deren Stellvertreter scheiden nach Ablauf von zwei Jahren au«. Dresden, am 1. November 1887. Kriegsmini st erium. v. Fabrice. Feuilleton. BerylS glücklicher Einfall! Line Flitterwochengeschichte von Blanche Willi« Howard. Autorisierte Übersetzung au« dem Englischen v. H. S. (Fortsetzung.) „Ich möchte nur wissen, warum er nicht eben so gut hat meinen können, daß es ihm unmöglich gewesen ist, den Tag genau zu berechnen?" suchte Tante Su sanne mit ernster Stimme auf die erregten Gemüter einzuwirken. Aber ihre klare, fachgemäße Auffassung der Depescheninhalt» ward unter vorwurfsvollen, ent rüsteten Achselzucken abgewiesen. „Er spricht ja doch vom Beileid, habt Ihrs nicht gelesen?* „Auch erwähnt er unsern „Verlust" ganz als etwa» Selbstverständliches?" „Er weiß jedenfalls auch warum er davon spricht." „Tante Susanne hat aber niemals Mitgefühl ge habt." „Die arme süße Beryl! Der arme, arme Jack!" Etwas später schickte eine übereifrige Freundin von BerylS Schwester folgendes Telegramm, um ihren guten Willen zu beweisen: „Beryl anSgeblieben, suche überall vergebens, un tröstlich. Ida." Neue Erschütterungen, neue Thränen und hysterische Anfälle. Einige Mitglieder der Familie Gardine und Glyndon mußten sich zu Bett legen. Die Schreiberin hätte aber auch kaum sieben trostlosere Worte auf treiben können, die die allgemeine GemütSerschütter- ung so erhöhten; und keinem fiel eS ein, daran zu denken, daß dies JdaS wohlbekannter Stil sei, und daß sie den etwaigen Verlust ihres Fingerhute- mit denselben schmerzlichen Versicherungen begleiten würde. Die einfache, unschuldige, auf einer Postkarte ge stellte Frage: „Wo ist Jack!" schien ihnen eine düstere, verborgene Meinung zu haben, und als noch ein ver spätetes Hochzeitsgeschenk für Beryl, eia schwer silberne» Fischmesser eintraf, flossen die bittersten Thränen der Rührung, denn wer konnte wissen, ob e» da» arme, liebe Kind jemals gebrauchen würde? So viele Vorzüge eine ausgebreitete Verwandt schaft wie die unserer jungen Freunde auch haben mag, so sind die Schattenseiten dieser Vorzüge natür lich auch nicht zu übersehen und wer 53 Herzen in verwandtschaftlicher Zuneigung für sich schlagen weiß, muß andererseits auch wieder für eben so viele Zungen verantwortlich sein, von denen einige, nachdem sie ver schiedene Stunden in banger Ungewißheit und schmerz licher Erwartung durchlebt, kaum mehr im stände waren, Wahrheit von Dichtung zu unterscheiden. „Dein Freund hat einen Freund — Deine» Freunde» Freund hat wieder einen Freund, darum fei ver schwiegen." Die Freunde und Bekannten der Gardineschen und Glyndonschen Freunde verfehlten natürlich nicht, sich der sensationellen Nachricht mit Feuereifer zu bemächtigen, und binnen kurzem hatten sie, mit der herkömmlichen Allwissenheit, die man den Angelegenheiten seiner Freunde gegenüber anzunebmen pflegt, die ganze Affaire den weitesten Kreisen bekannt Nichtamtlicher Teil. Telegraphische WachrichLen. Paris, S. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) General de Courcy, der ehemalige Oberkomman dant in Tonkin, ist gestorben. — Bei den gestrigen Unruhen anläßlich deS Begräbnisses deS Volks- dichter» Pottier wurden mehrere Personen ver haftet, indes am Abend wieder freigelassen. Madrid, 8. November. (W. T. B) Der »egen deS Mordversuchs auf den Marschall Bazaine angeklagte Hillairand ist zu 8 Jahren Zwangs arbeit verurteilt worden. Rom, 8. November. (W.T.B.) Der Dampfer „Amerika" ist mit dem General San Marzano an Bord heute in Massauah eingetroffen. General Salrtta hatte mit San Marzano, welcher morgen das Oberkommando übernimmt, eine längere Un- terreduvg. Rom, S. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Einer Meldung der „ Agenzia Stefani" aus Massauah zufolge hat General San Marzano bei Übernahme deS Oberkommandos einen Tagesbefehl au die Truppen und ein Manifest an die Kolonie erlassen. Im ersteren heißt eö: Italien konzen- triert eia starkes Expeditionskorps, um seine Rechte auf diese Gegenden allen Ansprüchen gegen über zu wahren. Wir werden, welche Ereignisse auch rintreten mögen, dem Vertrauen de» Königs uud deS Vaterlandes zu entsprechen wissen, wir hegen die Zuversicht, daß jedermann stets seine Pflicht thun wird. Im Manifeste versichert der Ober kommandaut, er werde die Rechte der Kolonie schützen. Die imposante Macht, welche um Massauah kon zentriert werde, beweise, daß Italien jetzt liebevoll auf dieses Gebiet blicke, an dessen Zukunft eS großes Interesse habe. Die befreundeten Stämme könnten an Italiens kräftigen Schutz glauben. Loudon, -.November. (Tel. d.Dresdn.Journ.) Ei» Erlaß deS Polizeichefs verbietet mit Zustim mung deS Ministers deS Innern bis auf weiteres aS Lbhalten von Volksversammlungen und das Halten von Reden auf den Trafalgarsquare. DreSdea, 9. November. Zur Weltlage. In den jüngsten Tagen sind durch ein angesehenes Pariser Blatt nähere Mitteilungen über gewisse Vor gänge verbreitet worden, welche sich im letzten Früh jahr bei Gelegenheit der sogenannten „Lchnebele- Angelegenheit" im Schoße de» damaligen französischen Ministerium» zugetragen haben. Nach diesen Mittei lungen, welchen bi» jetzt noch von keiner Seite wider sprochen worden ist, war damals vom Ministerpräsi denten Goblet im französischen KabinetSrat der Antrag gestellt worden, an die deutsche Regierung ein in kategorischen Ausdrücken gehaltene» „Ultimatum" zu übersenden — ein Unternehmen, von welchem sein Urheber selbst genau wußte, daß es mit der Übersen dung einer Kriegserklärung an Deutschland identisch war. Nur dem gemeinsamen energischen Eingreifen de» Präsidenten der Republik und des Ministers Flouren» war e» zu danken, daß der Gobletsche An trag, welcher natürlich in dem KricgSminister Boulanger den wärmsten Verteidiger gefunden hatte, abgelehnt wurde und zwar auch die» nur mit 7 gegen 5 Stimmen. Diese Mitteilungen verdienen die große Beachtung, die ihnen allenthalben zu Teil geworden ist, durchaus. Nicht nur wegen der durch sie erfolgten grellenBeleuchtung der Vergangenheit, insofern sie uns vor Augen führen, wie nahe an unsere Natton in jenen Frühlingstagen eine schwere Gefahr heraugetreten war, sondern mehr noch wegen der Klarheit, die sie uns auch für die Zukunft hinsichtlich des Verhältnisses zu Frankreich verschafft haben. Wenn von den zur Leitung der Regierung berufenen Personen fast die Hälfte bereit war, wegen eines an sich durchaus unbedeutenden Zwischenfalles ihr Vaterland dem Kriege entgegenzuführen, dann ist keine Täuschung über die mutwilligen Ge sinnungen unserer westlichen Nachbarn mehr erlaubt, und so deutlich wie noch nicht vorher hat es sich uns gezeigt, daß die Saat der Boulanger und Deroulede in der üppigsten Weise aufgegangen ist, und daß e» eine völlig belanglose Thatfache ist, wenn, wie die» von Zeit zu Zeit und so erst kürzlich geschah, in den deutschen Blättern mitgeteilt wird, „da» GroS" der französischen Bevölkerung sei durchaus friedlich gesinnt, wolle von Krieg nichts wissen und verlache die Großsprechereien der Revancheprediger. In der That, es stände schlecht um die europäische Ruhe, wenn sie sich auf die angebliche friedliche Gesinnung der Mehrheit der Franzosen gründen müßte. Dem ist aber erfreulicherweise nicht so, und so wenig bezweifelt werden kann, daß uns Frankreich feindseliger denn je gegenübersteht, so geringe Aus sichten hat es gegenwärtig, feine Gesinnungen in der gehofften kriegerischen Weise zu bethätigen. Daß der Wall von Bajonetten, über den das deutsch-öster reichisch-italienische Bündnis verfügt, sich zwischen kühne Rachepläne und deren Ausführung in äußerst beach tungswürdiger Weise geschoben hat, davon dürfte un fern Nachbarn, so wenig sie auch sonst sogenannte Realpolitiker zu sein pflegen, doch eine deutliche Ahnung aufgegangen sein, und wenn sie in den jüngsten Tagen die Äußerungen des österreichischen Kaisers und seines Ministers mit den auf dem Turiner Bankett gespro chenen Worten des italienischen Staatsmannes und den Äußerungen deS Organs des deutschen Reichs kanzlers verglichen haben, dann werden sie finden, daß der ernste Wille, einen mutwilligen Störer des Frie dens nicht ungestraft zu lassen, sondern ihn gemeinsam zu züchtigen, bei allen drei Verbündeten in dem glei chen Maße vorhanden ist. Je geringer aber somit für Frankreich die Aussicht auf einen erfolgreichen Krieg sich gestaltet, um so mehr gebietet ihm die Klugheit, feine feindseligen Pläne gegen uns zu unterdrücken, und gegenwärtig dürfte die Ansicht wohl keine zu optimistische sein, daß von dem alleinstehenden Frankreich eine Bedrohung des Frieden» nicht zu be fürchten ist. Es liegt aber auf der Hand, daß die gegen un- herrschende Stimmung ihren für den Frieden bedroh lichen Charakter dann wieder erhalten muß, wenn man in Frankreich glauben wird, die Sicherheit zu haben, nicht allein, sondern an der Seite eines mächtigen Genossen, den Angriff gegen den Friedensbund unternehmen zu können. Ob es den unausgesetzten Bemühungen Frankreichs gelingen wird, die Bundesgenossenschaft des russischen Reiches zu einem gemeinsamen Handeln zu gewinnen — in dieser Form allein muß gegen wärtig die Frage, ob der europäische Friede erhalten bleiben wird oder nicht, gestellt werden. Daß Frank-' reich selbst sich von dem ersehnten Ziele nicht fern glaubt, das lohnt auch der flüchtigste Blick auf die französische Presse und auf die Reden der gewerbs mäßigen Revancheapostel. Der Führer der letzteren, der possenhafte, schon oft moralisch totgesagte und trotzdem nach wie vor in seinem verabscheuungswür digen Treiben erfolgreiche Deroulede hat soeben erst die „Hoffnungen der Nation" auf sinnige Weise da durch zum Ausdruck ausgebracht, daß er zu dem Fest essen der Turnvereine, an dem er selbst nicht teil- nehmen konnte, zum Ersatz für seine Phrasen ein Medaillon Boulangers, ein ^tandbild von Straß burg, sowie ein russisches und ein französisches Ge wehr übersandte. Und wenn man in Pans sieht, wi e gegeben. Man ging soweit, mit einem Male trübe Lebensanschauungen an Jack und allerhand Neigung zum MysticiSmuS bei Beryl wahrgenommen zu haben. Ihr Benehmen an ihrem HochzeitSmorgen, der eigen tümliche Ausdruck ihrer Augen auf dem Bahnhofe wollte jetzt vielen aufgefallen sein und die innere Über zeugung wachgerufen haben, daß hier nicht alles in Ordnung fei. Die Gardine- und die GlyndonS mochten sich die Wahrheit zu verhehlen suchen, für einen vernünftig denkenden Menschen waltete hier kein Zweisel mehr, daß eS sich um einen gemeinsamen Selbstmord han delte. Die politischen Gegner der Gardine- und der GlyndonS verweilten mit wahrer Genugthuung auf dieser Ansicht, wieder andere christliche Seelen hielten dies Unglück für eine Strafe de- Himmels, weil die Gardine- Unitarier waren, und wieder andere hielten e» für ein Strafgericht für Or. Glyndon, weil er der Vorsehung mit feinen neumodischen Vivisektionen in- Gesicht schlug. Da» Schlimmste aber war, daß da- „Plneviller Abend Fagot" Gelegenheit nahm, in einem mehrspaltigen, bombastischen Artikel, mit vielen Ge dankenstrichen und AuSrufungSzeichen versehen, davon Notiz zu bringen. ES begann mit einer Überschrift, die allein schon die Aufmerksamkeit des Leser- zu fesseln im stände war: „Lin geheimnisvolle» Verschwinden in den Höbern Gesellschaftskreisen." Da» „Fagot" verfügte über einen solchen Aufwand au ausschmückenden Beiwörtern, wie thn sich kein zweites Blatt der Provinz zu leisten im stände war; bei dieser Gelegenheit wurden sie sämtlich »« Amvendung gebracht. Noch in unserer letzten Nummer, stand die Beschreibung „eines der glänzendsten, erfreulichsten, gesellschaftlichen Ereignisse", die jemals „die Elite von Pineville mit den fröhlichen Klängen der Hochzeitsglocken versammelt hatten". Die „hold errötende Braut", der „glückliche Bräutigam", der prächtige Hochzeitszug", die, glänzenden Toiletten de» schönen Geschlechts", die „gastfreie üppige Bewirtung im geschmackvollen Heimwesen unseres verehrten Mit bürgers vr. G—n" kurz sämtliche volltönende Bei wörter, die schon am Abend des Festes das Herz de» Reporters erfreut hatten, thaten noch einmal ihre Schuldigkeit und mit ihrer Hilfe betrat er jetzt da» hochtragische Fach. Das „Fagot" erlaubte sich keine bestimmte Mei nung zu vertreten. Es sagte, daß ihm das Zartgefühl verbiete, auf nähere Details einzuaehen; erwähnte aber der verlassenen Koffer auf dem Bahnhofe zu Boston in solchen Ausdrücken, daß dem Auge des verhärtet sten Sünders Thränen entfallen mußten. Mit glück lichem Geschick ward sodann der Geschichte jener lieb lichen Braut, die an ihrem Hochzeitstage in einer Kiste verunglückte, wieder Erwähnung gethan, der kleine Unterschied, daß sowohl Jack als Beryl, also Braut und Bräutigam, nicht in einer Kiste, wohl aber von ihren beiden Koffern verschwunden waren, konnte hier ja nicht sonderlich in Betracht kommen, es war ersichtlich, daß das tragische Element im Pineviller Fall dadurch überwiegend wurde. Die Anmut und die Schönheit des jungen Paares waren in den wärm sten Farben gemalt, ihre Tugenden mit jenem rück haltslosen Lob verkündet, das der Mensch, in seiner Neinlichen Denkungsweise, erst seinen Toten spendet,
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