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Dresdner Journal : 05.10.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188710054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871005
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871005
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-10
- Tag 1887-10-05
-
Monat
1887-10
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 05.10.1887
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1887. Mittwoch, den 5. Oktober, abends. W S31. »«»»»»prell« l u r»»«— 4 : tLkrtiei»: ... l« )LkrIioy; 4 illrli K0 kk. Lu>»«Io« kiuuuovr»: 10 kt 4»»»rk«Ud<l«« tt«»el»a» tritt?o«t- rmä 8t»iup«t»i»»olU»^ y»»»«. L,NNnckl^«i»r>^«bNi>r»>, t'iir ä»o ttLuw «u»«r KS»p»It«o«ll 2«ilr ^leuivr 8eyr>tt »0 ?s. vot«r <li« 2«ilv kg vei Pedells»- ru>ü 2itl«rn»et» «vtipr -tokicU»^. Lr»el»«l»«»r I t^licd mlt >uitQ»tiiu«! <i«r 80»»- a»<I k°«i«rt»^» l>'«ra>ipr«el>-F»»oliIu»»: Ur. ir»S. Dres-mrIlmM. Für die GefamUettong veranttv-rUtch: Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 4»»»»»« „» L»»L»«U»»G»» »>»V»»S»I F> Kr«»LBM«r, 6o»»i«1«»Ir S» Or»xt»«» 7«»r»»l», «e»d»r» - I«U» -Vt«» l^tp»l, >«—»->»»«>»» »r»»»Mr» e. n.: «»»»»-<«»» «4 Töpler, >»U»-'MlE-»e»d»r,- ?r»« l^lpit, ». IL»»«»«» Lmt. Zto««/ r»rt» L»»«o» .L«rU» er»»ri^t U.n. -»«»»»^r»: D—ö« F 6V.,- >«rU»: SkrUt»: 0. St««r, ^ac/i/oi-or,' S»»»»v«r: <7. N»U» ». »t F. L-r«t L 0». tt«r»»^b«rr L0«i»l. Lrp«tjtioo ck« Dr«a»r 7<niro»i», l)r«»«l»», LMio-«r«tr. »0. ksnuprsoN-^LsoNIa»«: Nr. lSSS^ Ämtlicher Teil. Dresden, 5. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, die Verabschiedung des Kommandeurs der I. Infanterie-Brigade Nr. 4b, Ge neralmajor von der Decken, in Genehmigung seines Gesuches aus Allerhöchsten Kriegsdiensten mit der ge setzlichen Pension und der Erlaubniß »um Forttragen der Generals-Uniform mit den vorgeschriebenen Ab zeichen unter gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Generallieutenant zu genehmigen. Dresden, 3. Oktober. Se. Majestät der König haben den bisherigen ordentlichen Professor der Ma thematik und analytischen Mechanik am Polytechnikum zu Dresden, vr. pb. Karl Rohn, zum ordentlichen Professor für darstellende Geometrie an genannter Anstalt Allergnädigst zu ernennen geruht. . Dresden, 27. September. Se. Majestät der König haben dem Psarrer Karl Theodor Oehme in Mittel saida das Ritterkreuz I. Klasse vom Albrechtsorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Leit. Telegraphische Wachrichten. BreSlau, 5. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Wie die „ BreSlaurr Zeitung" meldet, erfolgte deute Nacht in Zabrze auf der Guidogrube, im sogenannten „Kurzen Werke" ein Durchbruch, bei welchem 20 Leute verschüttet wurde». Bisher ist l Schwerverwnudeter herauSgezvgen »ordeu. Wien, 5. Oktober. (W. T. B.) Wie die „Presse" meldet, hat die italienische Regierung ihre Forderungen in Bezug auf den abznschliesten- den Tarifvertrag auf schriftlichem Wege nach Wien gelangen lassen und hgt gleichzeitig die Bitte a»S- gesprochen, daß auch Österreich seine Forderungen vor Beginn mündlicher Lerhandlnngev schriftlich mitteile. AuS diesem Anlässe findet am Ü. Oktober eine Sitzung der österreichisch-vagarischen Zoll konferenz statt. Budapest, 5. Oktober. (Tel. d. DreSdn Journ.) Die „Nemzet" sagt gegenüber anderweitigen ZeituugSmeldungen, die Regierung werde von dem bereits bewilligten Kredit von 4S Millionen höch stens 20 bis 21 Millionen in Anspruch uehmeu und selbst die Beschaffung dieser Summe bei un günstigem Geldmarkt verschieben. London, 5. Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Einer Meldung des Reuterschen TelegraphenbureauS anS Tamatawe vom 21. September zufolge traten zwischen der Regierung von Madagaskar und dem französischen Ministerrrfidrnten gespannte Bezieh ungen ein. Der französische Ministerrefident hätte die Flagge eingezogen und Tavanariwo verlassen. Stockholm, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Kriegsminister Generalmajor Ryding hat seine Entlassung genommen; an seiner Stelle ist Gene ralmajor Arhr. v. Peyron zum KriegSmivister ernannt worden. Dresden, 5. Oktober Arbeiterkongresse. L? In der alten wie in der neuen Welt ist die sozialistische Propaganda ununterbrochen an der Ar beit; ihre Anhänger mehren sich von Tag zu Tag, selbst in Ländern, welche man von der sozialistischen Seuche noch unangesteckt wähnte, erhebt sie neuerdings keck ihr Haupt, arbeitet, organisiert sich und versäumt keine Gelegenheit, Truppenschau über ihre Anhänger abzuhalten. Im September dieses Jahres haben nicht weniger als zehn sozialistische Kongresse stattgefunden. Die italienischen Arbeiter eröffneten den Reigen mit einer Versammlung der vereinigten italienischen Ar beitervereine in Rom, ihnen folgte der Kongreß der sozialdemokratischen Partei Italien- in Mailand. Zu Mons tagten die Abgeordneten der belgischen Arbeiter, in Basel die treulichen Sozialdemokraten; die englischen Diaäe'k uniou» hielten ihre bedeutsame 20. Jahres versammlung in Swansea ab, und auch Frankreich sah zwei Arbeiterkongresse: die Duion töäöratir« cku 6«otr« in PariS und die Versammlung der Arbeitersyndikate Frank reichs in Montlu^on. Zu diesen sieben europäischen Kongressen gesellen sich noch drei amerikanische. Die Ritter der Arbeit versammelten sich in Minneapolis, die sozialistische Arbeiterpartei in New-Aork und die Anhänger Mr. Henry Georges, die i.»bor p»rt^, in SyrakuS (Staat New-Jork). Alle diese Versammlungen beschäftigten sich mit der Lösung des sozialen Problem-, wohlgemerkt, in vorwiegend sozialistischem Sinne. Denn wollten wir auch die Versammlungen einrechnen, welche auf dem Boden der heutigen Gesellschaftsordnung fußend, die gleichen Fragen behandelten, wie den Kongreß der katholischen Sozialpolitikcr in Lüttich oder die Katho- likenversammlung in Trier, auf deren Tagesordnung soziale Fragen ebenfalls den meisten Raum beanspruch ten, so könnten wir unsere Liste mit Leichtigkeit ver- doppeln. An Vorschlägen, da- Elend der Massen zu heben, ist bekanntlich kein Mangel; auch jene zehn Arbeiter kongresse befanden sich zumeist in der glücklichen Lage, der Menschheit ein unfehlbares Mittel darbieten zu können, wie aus dem gegenwärtigen, unhaltbaren Zustande der Dinge ein allseitig befriedigender Aus weg zu finden sei. Dabei haben die vorgezeichneten Wege zumeist nichts gemein, als den Grundsatz, daß alles Heil von dem neuzuschaffenden, vierten Stand« erwartet werden müsse, daß die Regierungen und die Gesellschaft der Gegenwart absolut unfähig seien, de» Arbeitern zu helfen. ES soll nicht geleugnet werde», daß auf jenen Versammlungen auch manch' wahre-, beherzigenswertes Wort gesprochen worden ist, zumeist aber machen die gefaßten Beschlüsse den Eindruck, als ob vielmehr die Arbeiter, beziehentlich ihre Ver treter, absolut unfähig seien, die große» Frage» der Zeit einer glücklichen Lösung entgegenzuführen. Am nächsten liegen uns natürlich die Verhand lungen der deutschen Sozialdemokaten, welche chren Kongreß am 12. September im Basel abhielten. Doch hat der Hauptredner des Tages, Hr. Liebknecht, nicht» AndereS vorgebracht, als die hundertmal gehörten Phra sen, welche auf den unbefangenen Hörer stets den Eindruck machen, als seien sich die Führer der Partei über ihrer Wünsche letztes Ziel selbst noch nicht im Klaren. Greifbarere Beschlüsse faßten die Abgeordneten de» größten französischen Arbeiterbundes, der Union keä^rLlive 6u Oeutre. Daß auch hier die alten, utopistischen Forderungen, z. B. Aufhebung des Pri vatbesitzer und der Industrie zu gunsten eines Staats eigentums und der StaatSarbert, erhoben wurden, versteht sich von selbst. Die Forderung deS acht stündigen Arbeitstages, die Erklärung, daß alle Arbeits unfähigen vom Staate zu unterhalten seien, der Auf ruf zum Kriege bis aufs Messer gegen das Bürger tum sind ebenfalls nicht neu; dagegen läßt sich dieses Prädikat der Wohnungsraumsteuer, dem iwpüt cubigu«, nicht wohl streitig machen. Danach' soll sür jeden Erwachsenen ein WohnungSraum von 27 ebw, also ein Würfel mit der Seitenlänge 3 w, abgabenfrei bleiben. Der übrige Luftraum dagegen müßte versteuert werden und zwar nach einer sehr stark ansteigenden Skala. Alle andern Auflagen, die direkten wie die indirekten, würden abgeschafft, die Luflsteuer müßte sämtliche StaatSbedürfnisse decken. Der Erfinder dieses genialen Planes ist Monsieur Lonis Bretonne, seines Zeichens Mechaniker. Dem Hauptargumente, welches er vorbringt, daß dieser neue Besteuerungsmodus jeden Unterschleis unmöglich mache, kann man wohl beistimmen, im übrigen aber ist man versucht mit Karl Moor zu fragen: „Wer blieS Dir diesen Gedanken ein? Den hast Du nicht aus Deiner Menschenseele hervorgeholtl" Ähnlichen Verlauf, wie die Versammlung der Union k-ä6nttiv« nahmen die Kongresse der 8^lläic»ts ourrier» in Montlu^on und der Sozialisten Belgiens in MonS. Die gefaßten Resolutionen weisen ent sprechende Forderungen auf, mit Ausnahme natürlich des impüt cubigue. Der Ruhm, diese Lösung der sozialen Frage erdacht zu haben, bleibt Paris unge schmälert. über die Beschlüsse der beiden italienischen Kongresse konnten wir leider nichts in Erfahrung bringen, dagegen liegen eingehende Nachrichten über die Jahresversammlung der englischen Gewerkvereine, der Dralls'» uuion» in Swansea vor. Die Beschlüsse derselben «sind in unserm Blatte bereits einer ein gehenden Bettachtung unterzogen worden, welche sich indessen mehr auf ihren politischen Teil al» auf den sozialen bezog. Die englischen Arbeiter halten, wie man weiß, noch an den Ansichten der Manchesterschule fest, und es wäre ungerecht, wenn man leugnen wollte, daß sie aus eigener Kraft sehr Anerkennenswertes für die Besserung ihrer Lage geleistet haben. Die englischen Arbeitervereine zählen im ganzen 600000 Mitglieder, davon die Drall«'» unions allein 278 700. Diese letzteren Genossenschaften besitzen ein Vermögen von 521500 Pfd. Sterl, d. h. 10,b Millionen M.; ihr jährliches Einkommen auS den Beiträgen der Mit glieder beziffert sich auf 488000 Pfd. Sterl, oder 10 Millionen M. Diese Summen werden verwandt zur Unterstützung der Arbeitslosen, der Kranken und — last uot le»»t! — der Streiks. Pflichtet man einmal den wirtschaftlichen Anschauungen der Man chesterschule bei, so sind die Summen für den letzt genannten Zweck nur folgerecht verausgabt, obwohl sie so gut wie niemals Nutzen bringen und sicherlich nicht ein gutes Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeit nehmer fördern. Weitere al» die gedachten Zwecke können auch die Dralle» uoiovs trotz ihrer muster haften Organisation, ihres Vermögens und langjährigen Bestandes in ihr Programm nicht aufnehmen. Eine Unfalls- oder gar eine Altersversicherung scheint mit hin auf dem Wege der Selbsthilfe ausgeschlossen zu sein. Die Resolution der in Swansea versammelten Delegierten gipfelt in den Worten: „Wenn die Arbeiter auf dem bisher befolgten Wege fortschreiten, Selbst vertrauen und Unabhängigkeitssinn zeigen, die Hilfe des Staates zurückweisen, die errungenen (politi schen) Vorteile bewahren und weitere zu erringen an- streben, so wird sich ihr Ansehen, ihr Einfluß und ihre wirtschaftliche Lage immer besser gestalten und zuletzt eine befriedigende werden." Die letztere Behauptung muß erhebliche Zweifel erwecken. Ohne Beihilfe des Staates wird auch in England eine gründliche, umfassende Ausmerzung deS sozialen Elends niemals möglich sein. Die Folgen der heutigen Verblendung werden sich nur zu bald in einem Anwachsen der Sozialdemokratie bemerkbar machen, welche bis jetzt unter der englischen Arbeiter schaft noch so wenig Boden gesunden hat, daß der Züricher „Sozialdemokrat" unlängst schrieb: Die eng lischen Arbeiter sind kaum würdig, an einer wahrhaf ten, internationalen Organisation unseres Standes teilzunehmen. Feuilleton. Der Komödianten. Rah. Line Geschichte au» den bayerischen Bergen. Bon Friedr. Dolch. (Fortsetzung.) Wolfram blickte fragend den alten Natz an und dieser erwiderte kopfschüttelnd: „Ah beileib, net besonder»! Es führen ein paar recht schöne Weg' hinauf und in zwei Stund' geht man » leicht. — Wenn Sie aber morgen nachmittag vielleicht zu mir in den Heimgarten kommen wollen, dann können Sie gleich mit mir hinaufgehn, denn ich hab mit der Kuni allerhand zu reden über unsere Komödie Sie bereuen s g'wiß net, denn von der Kreuzalm aus hat man eine wunderschöne Aussicht auf den Schliersee und hinein in die Berge" „Das nehmen wir mtt Dank an," sagte Wolfram erfreut. „Mit einem solchen Führer muß rS ein Hoch genuß sein, eine Bergpartie zu machen. — Wir kom men also morgen nachmittag zu Ihnen! Welche Stunde wollen Sie aber festsetzen?" „Sie können kommen, wann .Sie wollen," sagte Natz, „ich bin alleweil daheim. Nur gar »u spät dürfen Sie nicht kommen; denn die Stadtleur find'- Bergsteigen net besonder- gewohnt und thun sich deS- weg'n alleweil ein bissel hart," setzte er lächelnd hinzu. „Dann wollen wir zu Ihnen kommen, wenn wir den Nachmittagskaffee eingenommen haben"', sagte der alte Herr, „um zwei oder drei Uhr. Ist das noch früh genug?" „G'wiß", nickte Natz, „so ein Sommertag iS ja lang g'nug übrigens können Sie Ihren Kaffee auch auf der Alm trinken, wenn Sie mögen, nur müssen Sie den Zucker und gemahlenen Kaffee selber mit bringen." „Ach ja, Papa, das wollen wir", rief die junge Dame lachend und klatschte fröhlich in die Hände. „DaS wird hübsch werden, ein Kaffeekränzchen auf der Alm!" „Mit Kuhglockengeläute und süßer Milch", meinte lächelnd der alte Herr, „wie ein gewisser Freiherr sagt. — Aber wollen Sie uns denn schon verlassen?" unterbrach er sich plötzlich und wandte sich zum alten Natz, der sich unterdessen von der Bank erhoben hatte. „Nun, ich glaub', ich hab' Ihnen die Ohren or dentlich voll geschwatzt", lächelte der alte Mann. „Ich fürcht', ich könnt' Ihnen auf die Letzt' sonst gar noch zuwider werden ^und dann muß ich auch Heimschau n, denn wir wollen später noch eine kleine Prob' vom „bayerischen Hiesel" bei mir abhalten und wen» ich die Lruteln warten ließ, dann thäten sie mir unge duldig werden und vielleicht gar davon laufen. — So, und jetzt b'hüt Gott und suchen Sie mich morgen g'wiß heim, wie wir au-gemacht haben!" Er schüttelte dem alten Herrn zum Abschiede die Hand, nickte den beiden jungen Leute« freundlich zu und trat dann wieder zu dem rothaarigen Burschen, mit dem er bald darauf den Wirt-aarte» verließ. Al- er fort war, kam der dicke Wirt wieder heran- aewackelt und fragte Wolfram mit einem breiten kacheln, wie ihm der alte Natz gefalle. Der Fabrikant sprach sich sehr lobend über ihn au» und richte dann noch mehrere Fragen an den Wirt, die dieser, während er sich öfter- mit dem Zipfel seiner Schürze über das Gesicht fuhr, auf das Bereitwilligste beantwortete. Nachdem die fremden Gäste noch eine Weile mit dem gesprächigen Manne geplaudert hatten, brachen Sie auf, um gemütlich wieder nach Hause zurückzukehren. Der Wirt begleitete sie bis vor die Gartenthür, machte dann eine unbestimmte Anzahl abgehackter Verbeugungen vor ihnen und lud sie em, bald wieder bei ihm ein- »ukehren. Hierauf begaben sich die Fremden an die Uberfahrt-stelle, ließen sich in einem Kahne, der von einer drallen, dickbackigen Dirne gelenkt wurde, an'S andere Ufer übersetzen und spazierten dann langsam und sich über da» heute Gehörte unterhaltend, nach ihrem Absteigequartier zurück. II. Drückend heiß lag die Mittagssonne auf den Sennhütten der Kreuzalm; nicht da» leiseste Lüftchen bewegte die Zweige der dunkeln, am Waldrande stehen den Tannen, in deren Schatten sich die gesättigten Kühe niedergelassen hatten, um da die Mittagshitze zu verträumen DaS Geläute ihrer Schellen klang träge und einschläfernd zu der Hütte herüber, wo die Sennerin in der Küche blinzelnd auf dem Herde saß und hier und da auS einer vor rhr stehenden Schüssel eine» Lössel voll Milch genoß. DaS Mädchen war barhäuptig und bloßfüßig und hatte, der Hitze wegen, da» Hal-tuch abgenommen und da» rote Mieder ge lüstet. Ihr kohlschwarzes Haar hatte die Dirne in schweren Hopsen rund um den Kopf gewunden und der grüne Spltzhut, auf dem ein Büschel Almrosen grangte, lag neben ihr auf dem Herde. Da» Antlitz Die amerikanischen Arbeiter halten sich schon nicht mehr in so vernünftigen Grenzen, wie ihre englischen StammeSgenossen Höchstens von den Rittern der Arbeit könnte dies behauptet werden, deren Ansehen indessen sichtlich im Sinken begriffen ist. Mr. Pow- derly sah am 8. September auf der Delegiertenver sammlung zu Minneapolis kaum halb so viel An hänger um sich versammelt, al» im Vorjahre. ES ist schwer, sich ein klares Bild über die Anschauungen der Luigdt» ot labor zu machen, da ihre letzten Ziele nur den Führern deS nach Art der Freimaurer orga nisierten Bundes bekannt sind. Auf der Jahresver sammlung wurden eine R-ihe Beschlüsse hinsichtlich der Arbeitsdauer, der Konkurrenz der Gefängnisarbeit, der Chiueseneinwanderung und anderer Tagesfragen mehr gefaßt, über den Kern der Arbeiterstage schwieg man sich auS. Um so eingehender wurde dieselbe durchgesprochcn auf dem Kongreß der Uabor part^ oder Arbeit»par- tei, welcher unter Vorsitz Mr. Henry Georges in Sy rakuS stattfand. Nach heftigen und langen Debatten einigte man sich zuletzt auf das Programm des zu künftigen Präsidenten und sozialen Heilande- der Ver einigten Staaten. Die Grundidee diese- Programme» liegt in der Forderung, daß alle dem allgemeinen Nutzen dienenden Einrichtungen, da- Telegraphen- und Eisenbahnwesen, die Wasserversorgung, die Beleuchtung u. s. w. in die Verwaltung des Staates übergehen. Nicht minder — und das ist der auch an dieser Stelle schon erwähnte Hauptpunkt — liegt es dem Staate ob, die Getreideproduktion in seine Hand zu nehmen, weshalb aller Grund und Boden in seinen Besitz überzugehen hat. Um dies zu erreichen, werden sämt liche Steuern, bis auf die Grundsteuer, abgeschafft, welch letztere die StaatSausgaben allein zu decken hätte. Da kein Privatmann diese riesige Besteuerung auf die Dauer ertragen könnte, so müßte der Grund besitz bald von selber an den Staat fallen und damit wäre, nach Georges Ansicht, die einzige Ursache der Vermögens- und Klassenunterschiede beseitigt. Mit tiefem Bedauern nur können wir endlich noch deS Kongresses der Sozialdemokaten schlechthin in Amerika gedenken. Er fand in der Hauptstadt de» Landes, in New-Jork statt. Die Verhandlungen wur den zum Teil in deutscher Sprache geführt, denn die amerikanischen Sozialdemokaten sind fast durchweg Söhne unseres Landes. Glücklicherweise stehen die Hunderttavsende deutscher Bürger, welche von den sozialdemokratischen Irrlehren eine Besserung ihre» Loses erwarten, doch noch bei weitem nicht so tief als ihre amerikanischen Genossen. Für die letzteren scheint es auf der schiefen Ebene zum Anarchismus keinen Halt mehr zu geben, Dolch und Dynamit dünken ihnen das empfehlenswerteste Heilmittel der wirtschaftlichen Schäden. Es wäre eine bloße, dialek tische Spitzfindigkeit, wenn man zwischen diesen So zialisten und den Anhängern MostS noch einen Unter schied machen wollte. Übrigens hat der letztere auch aus dem Kongresse seine bluttriefenden Tiraden zu Gehör bringen dürfen. Man kann nicht selten die Meinung vertreten hören, daß der praktische Wert aller Kongresse gering anzuschlagen sei, über ihre papiernen Beschlüsse wird gern, und vielfach mit Recht, die Achsel gezuckt, jeden falls aber läßt sich nicht bestreiten, daß den von un» aufgezählten eine hohe, symptomatische Bedeutung inne wohnt. Vielleicht auch schaffen sie wirklichen Nutzen, indem sie den Männern des Gehenlassens klar zum Bewußtsein bringen, wie die soziale Frage die bren nendste der Zeit ist. Allerorten unterhalten die An hänger der wirtschaftlichen Umwälzung ihre verzwei felte Agitation. In den ArbeitsmittelpunKen, in den Fabriken der ganzen Welt nähren sie Haß und Neid, tragen den Unfrieden wie einen Zünder unter das des Mädchens war edel und wohlgebildet, wenn auch sonngebräunt, Hals und Arme voll und rund, Hände und Füße von der Arbeit und dem Gehen auf rauhem Felsgestein zwar schwielig und hart, aber doch klein und wohlgeformt. So saß sie oft ziemlich lange unbeweglich mit halbgeschlossenen Augen da, bis ihr der Kopf auf die Brust sank und der Blech löffel ihren Fingern entglitt und klirrend aus den Herd fiel. Dann fuhr sie jedesmal erwachend empor, schaute lächelnd und blinzelnd in der Küche umher und murmelte: „Ich glaub', ich wär' gar bald eing'schlafen!" Endlich stand sie, um den Schlummer abzuschütteln, ganz vom Herde auf, trat vor die Hüt- tenthüre und blickte zu der Viehherde nach dem Wal desrande hinüber. „Ja, träumt mir denn am End' noch", brummte sie jetzt halblaut vor sich hin, „oder hab' ich doch wirtlich recht geseh'n!" Und sie legte die Hand über die Augen und blickte noch einmal scharf nach den Tannen hinüber, bei denen der Waldweg vorbei nach der Almhütte emporführte. Nach einer Weile ließ sie die Hand wieder sinken und murmelte mit verdüster tem Gesicht: „Ja, ja, er ist's schon, wie er leibt und lebt! Der Mensch iS mir in der tiefsten Seel' zuwider und nun kommt er gar am helllichten Mittag zu mir auf die Alm auch noch. Er muß wa» besonderes im Sinn' haben, aber ich werd' mich net viel abgeben mit ihm. —" „Grüß' Gott, Sennerin", unterbrach da plötzlich eine rauhe Stimme vor der Hüttenthür da- gemur melte Selbstgespräch de- Mädchen-, „wie geht"- auf der Alm?"
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