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Dresdner Journal : 19.09.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188709199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870919
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870919
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-09
- Tag 1887-09-19
-
Monat
1887-09
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 19.09.1887
- Autor
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Montag, de« 19. September, abends. V2I7. >88?. W L«i«k«: FtdrNok: .... 18 )Lt^Iicd: 4 KO 8u»«lve k^umiusrn: 10 kk. 4 »»»« r>»»I Nmed« tritt?o»t- uo6 3t«wpvI»u»ol>Ioss Nu»u. Laka»6lxuoU8xedüIir»i> r k'ür ä«o ltLuw sio«r ^««pLlt»v8v 2si>^ klsiosr 8oi»rikt SO?k. Ilvtvr „Liu^-'z^oät" die 2eil« KO kt. 8»i UbsU«»- m><1 2i0«r» iltr sotspr. AukokI»^. Lr»vdvln«i>r IK^Uod Mit XuutttLms ävr 8oru>- aoN ksivrtoK» »dovdi. kvn>ipr»eb-AL»ei»lu„: lkr. 1SSS. DreMerIounml. Aur Sie GesamtteUung oeranitvvrUlch; Gtto Banck, Professor der Litteratur, und Runstgeschichte. it»»«»» es» »«»Mart« l OoMMt»M0Q»r <1« . l)r«-1i>»r doanutt»; Luodor, Norit»-Vis» LotpilG I»oo1 Nro,to»-Nr»»k1»rt ». » : <S NorU»-Vto»-So»d»r,- kr»^-I^tpit>-kro»^k»r» o. N. - NitoeKo^ Lxd kort» l.o»to» - Norit» ^r»»kt»rt » N >tull^»rt: Laotx (A> NorU»^ /nv-U,<1e^«ia,»t, OkrUt»: t> LtoUier» ^ac/»/uiA«e,- Uo-Loror 0. Le^it«t«r, U»Uo ». N.i Loret <4 6o. N»ro»»«»d«r! «Sui^t L»p««Nt>o» ct«. ttrood»« ^aorool», l)r«»<t«o, iiviü8«r»tr. >0 ksroeprsok-^o»otl.o»,: Ur. 1»S. Westessungen auf da« „Dresdner Journal" für das nächste Vierteljahr werden zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dre-de« bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für «>S»ärtS bei den betreffenden Po st an st alten. In DreSde« - Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt» straße 2, bei Herrn Kaufmann T. R. Albani (Albertplatz gegenüber dem Alberttheater), wo selbst auch Ankündigungen zur Beförderung an unser Blatt angenommen werden, und bei welchen ebenso wie bei Herrn Kaufmann Müller, Pillnitzer Straße 64, dem Bahn- hofsbuchhändler Herrn Weigand (böhm. Bahn hof), dem Herrn Buchhändler Knecht (Kiosk am böhm. Bahnhof) und Herrn Kaufmann Lebr. Wesfer, Prager Straße 50 einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. König!. Expedition des Dresdner Journals. Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. Amtlicher Teil. Dresden, 19. September. Ihre Majestäten der König und die Königin haben nach Aufhebung des Hoflagers zu Pillnitz heute die Königliche Villa zu Strehlen bezogen. Dresden, 17. September. Ihre Königliche Hoheit Prinzess in Mathilde ist heute Vormittag 11 Uhr von der Weinburg in Hosterwitz wieder eingetroffen. Dresden, 19. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu bestimmen geruht, daß die Dienstleistung des Premierlieutenants im 1. Husaren- Regimente Nr. 18 Prinz Friedrich August, Her zog zu Sachsen, Königliche Hoheit, unter dem 20. September dieses Jahres bei diesem Regimente zu be endigen ist und daß die Wiedereinrangirung Höchst desselden in das 1. (Leib ) Grenadier-Regiment Nr. 100 unter Stellung L la ouite des genannten Husaren- Regiments unter dem 1. October dieses Jahres zu erfolgen hat. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Rittmeister und Escadron-Chef im 1. Hu- saren-Regimente Nr. 18 von Haugk das Ritterlreuz 1. Klasse des Albiechts-Ordens und dem Wachtmeister Gottschalk der 3. Escadron des genannten Regi ments das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den Premierlieutenant im 1. (Leib ) Grenadier- Regimente Nr. 100 Prinz Friedrich August, Her zog zu Sachsen, Königliche Hoheit, zum Hauptmann zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem herrschaftlichen Revierförster Johann Gott lieb Müller in Gersdorf das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. nichtamtlicher Teil. Ketegraphische WachricHten. München, 19. September. (Tel d. DreSdn. Journ.) Die gestern abend stattgehabte Sitzung deS Vereins bayerscher Spiritusproduzenten sprach allseitig den Wunsch auS, der Plan einer Bank für Spiritusverwertung möge baldmöglichst wieder ausgenommen werden. Zugleich wurde beschlossen, einstweilen den Gesamtverkauf deS bayrischen Spiri tus und Branntweins der diesigen Firma Schnetzer u. Scherte! zu übertragen. Die Versammlung sprach sich ferner einstimmig für die Annahme deS Reichöbranntweinsteuer-Gesetzes feiten der dayer- schen Kammern auS. Die Branntweinsteuerkommisfion nahm heute das ganze Gesetz mit 17 Stimmen gegen die Stimmen deS Pfarrers HauS, Weiß, Dr. Jäger und Wolffgang Wagner an. London, 19. September. (Tel. d. DreSdn. Journ. i Die „Timeü" berichten auS Paris vom 18. September folgendes: England und Frank reich kamen überein, die Überwachung deS Suez- kanalS einer internationalen Kommission anzu- vertrauen, welche aus den Generalkonsuln aller in Kairo vertretenen Mächte unter dem Vorsitze deS ältesten Generalkonsuls bestehe. Die einmal jährlich zusammentretende technische Kommission soll die neutrale Zone festsetzen. ES erübrigt nunmehr noch, die Organisation deS wahrscheinlich auf 2W0 Mann zu normierenden TruppencorpS zum Schutze der Neutralität deS Suezkanals zu regeln. Die „TimeS" drücken ihre lebhafte Befriedigung über die herzliche Aufnahme der englischen Mittel meerflotte in Venedig und Triest auS und bemerken, man könne sich leicht Möglichkeiten denken, in denen die Allianz Österreichs und Italiens von höchster Wichtigkeit für England sein würde. England wünsche nichts mehr, alS freundliche Be ziehungen mit allen seinen Nachbarn aufrechtzn- rrhalten; allein daS Wohlwollen Italiens und Österreichs könne leichter gesichert erhalten wer den, als daS etlicher ihrer Nachbarn, »ährend dasselbe unter gewissen Umständen von unendlicher Wichtigkeit für England sein dürfte. Dresden, 19. September. Das orleanistische Manifest. Mehr als sich im ersten Angenblick erwarten ließ, beunruhigt dieser bereits von uns mitgeteilte Aufruf an die monarchische und konservativ republikanische Partei die Gemüter inner- und außerhalb Frankreichs. Einige neue und beachtenswerte Betrachtungen ge winnt diesem publizistischen Versuche des Grafen v. Paris ein Pariser Mitarbeiter deS „H. Corr." ab, indem er den folgenden Gesichtspunkten seine Aus führung widmet und zunächst für die Möglichkeit des gethanen Schrittes eine geschichtliche Wurzel aussucht. Vor vier Jahren ist in Frohsdorf derjenige ge storben, welcher in Wirklichkeit das monarchische Prin zip für Frankreich repräsentierte. Bis zum letzten Augenblick hat Henri V., Graf v. Chambord, die legitimistische Tradition in ihrer vollen Integrität auf recht erhalten, ohne sich um die Revolutionen zu kümmern, welche einen Bruch in dieselbe gebracht hatten, und ohne der modernen Welt irgend welche Konzessionen zu machen, die nach seiner Auffassung mit dem König tum von göttlichem Recht unvereinbar waren. Allein auf seinem Todenbett ließ man den Grafen v. Cham bord einen Akt begehen, der ein Widerspruch war mit der Haltung seines ganzen LebenS: er willigte ein, die Hand dem Enkel deS Königs-Usurpators von 1830 zu drücken, desjenigen, der seine Mutter einst hatte ms Gefängnis führen lassen. Der Graf v. Paris, durch diese Art von Legi timation in eitremi8 Chef der royalistischen Partei, fand bisher noch nicht Gelegenheit und Mittel zu sagen, wie er die Monarchie begreife und unter wel chen Bedingungen er die Regierungsgewalt auszuüben gedenke, wenn er infolge unvorhergesehener Ereignisse dazu gelangen sollte, sich derselben zu bemächtigen. Nunmehr sind Frankreich und die Welt hierüber aufgeklärt und zwar durch ein Dokument, dessen Form allerdings mehrfach absichtlich etwas dunkel und ver wirrt zu fein scheint Man kann in der That kaum behaupten, daß die .Instruktionen des Grafen v. Pa ris an die Repräsentanten der monarchischen Partei in Frankreich" durch übergroße Klarheit sich auSzeich- nen. Wie ganz anders waren da jene kurzen Pro klamationen gehalten, welche der Graf v. Chambord von Zeit zu Zeit aus feinem Exil an feine Getreuen richtete! Und wie weit entfernt sich der Graf v. Paris auch von der monarchischen Tradition! Nicht allein ist da» göttliche Recht in seinem Manifest formell fallen gelassen, nicht allein wird die Anerkennung des allge meinen Stimmrechts darin offen ausgesprochen, Phi lipp VII. v. Orleans nimmt sogar den »u veuple und da» Plebiszit an, welche solange aus schließlich zum politischen Rüstzeug der Bonapartisten gehörten. Zu solchen Kombinationen kommt der or leanistische Prätendent, indem er, allen Charakter und alle Würde über Bord werfend, wen immer als Par tisan und Helfer»helfer zu gewinnen sucht! Die Monarchie Philipps VII. würde also zur Basis das „Plebiszit" und gleichzeitig die „Capetingische Tradition" haben. Wenn aber dann dieser Vertrag zwischen der Nation und der Familie, welche die „Verwahrerin der Tradition" ist, vermittelst eines Plebiszits neu besiegelt ist, dann ist der Pakt un widerruflich geworden und der Appell au peuple wird sich nicht mehr wiederholen. Zwei Kammern, deren eine aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgeht, »erden dem Könige zur Unterstützung dienen, der so mit „aufgeklärt und belehrt, aber nicht gefesselt" regieren würde. Es ist nicht mehr die alte Formel des parlamentarischen Regimes Louis Philipps: Der König herrscht, aber regiert nicht, sondern ein Bean spruchen und Bekunden des Autoritarismus, wie ihn die Kaiser!. Verfassung von 1852 organisiert hatte. Außer diesen präzisierten Punkten sind die übrigen Reformen in dem Manifest nur durch vage Phrasen angedeutet. Philipp Vll. verspricht nach außen Frieden mit Würde, im Innern Erleichterung der Militärlasten, Beilegung der religiösen und sozialen Streitigkeiten, Un abhängigkeit der Justiz u. s. w. Ja, wos verspricht er den Franzosen nicht! Gerade als säße er schon morgen auf dem Throne, versichert er allen guten Beamten, daß sie nichts zu fürchten hätten; nur die Bösen mögen zittern! Und was bleibt nun zurück, wenn man dies lange Manifest durchgelesen hat? Zunächst ein schlagender Beweis von dem Niedergange der Familie der Or leans. Der Chef dieses Hauses bringt es über sich, nicht nur die Überlieferungen der legitimen Monarchie, sondern auch die der konstitutionellen zu verleugnen und die Grundsätze und das Verfahren des im „Schmutz von Sedan" untergegangenen Kaiserreichs für die seinigen zu erklären! Diese Erniedrigung wagt er seiner Partei aufzuerlegen, deren hervor ragendste Persönlichkeiten das Kaiserreich mit glühen dem Haß bekämpfen und stolz auf ihre liberalen und voltairianischen Ideen waren. Es mag dies eine schlaue Taktik des Grasen v. Paris sein und auch der Anfang einer neuen Politik; jedenfalls ist es das Ende der alten orleanistischen Politik, die immerhin unter den Casimir Perier, Thiers und Guizot ihre Stunde der Würde und Logik hatte. Andererseits be greift sich, wenn Paul de Cassagnac jetzt jubelnd und zugleich sichtlich überrascht ausruft: Die alte Monarchie Feuilleton. Geheilt. Novelle von E. Greiner. (Schluß.) „Aber Clemence," wandte sie zögernd ein, „weißt Du noch, wie Vater fein Hauskäppchen vor Dir ab nahm, als Dir die Universität Dein Doktordiplom zusandte, und nun sollte es Dir genügen, nichts Anderes zu werden als eine — Hausfrau?" ,Lönnte es wohl etwas Besseres geben?" frug die Schwester lächelnd zurück. „Freilich werdet ihr anfangs Nachsicht mit mir haben müssen", setzte sie beschämt hinzu, „doch Du und Jeanne steht mir ja zur Seite." „Und ich wette, daß meine Clemence eine ganz ebenso treffliche Hausfrau werden wird, wie sie das trefflichste Fräulein Doktor gewesen ist," prophezeihte der überglückliche Bräutigam, indem er die Geliebte strahlend umfing. „Gestehen Sie — gestehst Du das endlich zu?" verbesserte sie sich errötend. „Muß ich es denn nicht?" bekannte er lachend, „bin ich doch selbst der lebende Beweis Deiner Kunst! Und ich war ein schlimmer, ziemlich hoffnungsloser Patient." „Den behandeln und Herstellen zu wollen mir jedoch gar nicht in den Sinn gekommen ist", unterbrach Clemence den Sprecher. „Fürwahr, keiner weiß besser als ich, wie wenig Mühe Du Dir mit mir gegeben", beteuerte dieser in komischem Eifer; „aber eben dies ist es ja, wa» meinen Respekt vor Dir umsomehr erhöht; denn welcher Arzt dürfte sich wohl rühmen, gleich Dir einen gefährlichen Patienten ganz ohne fein Zuthun kuriert zu haben?" „Die Frau Kammerrat Ihlefeld wünscht dringend, Mademoiselle Clemence sofort zu sprechen", meldete in diesem Augenblick die ahnungslose Jeanne. Sofort war Wild entschlossen, seine erschrockene Braut zu begleiten; mußte er doch ohnehin die Frau Patin von seiner soeben stattgefundenen Verlobung in Kenntnis setzen. „Ich hab's ja gleich gesagt, eS geht zu Ende mit ihr", empfing Babette schluchzend die Kommenden. „Von der Stunde an, wo der Doktor das Fräu lein —" Sie unterbrach sich plötzlich. Jetzt erst schien sie es in ihrem Jammer zu bemerken, daß der Anstifter des ganzen Unglücks hinter dem „Fräulein" stand. „Was wollen Sie?" herrschte sie den frechen Ein dringling mit offener Feindseligkeit an. „Nach Ihnen hat die Frau Kammerrat nicht verlangt." „Ich weiß es", versetzte jener mit seinem alten ironischen Lächeln, „doch komme ich heut auch nicht in der Eigenschaft als Arzt, sondern als Verlobter dieser meiner Braut. Darf ich Sie bitten, dies Frau Ihlefeld zu melden?" Die Angeredete starrte den Sprecher ungläubig an; doch da wurde auch drinnen schon ungeduldig ge schellt. „Die Frau Kammerrat wollen vorläufig nur das Fräulein sehen", berichtete nach einer kleinen Weile die noch immer fassung-lose Babette, „doch wenn der Herr Doktor inzwischen hier eintreten wollen?" Und damit öffnete sie eine seitliche Thür. „Ist nicht nötig", jehnte jener ab, „ich gehe in zwischen, unsere Verlobungsanzeigen zu bestellen." Unter einem vielsagenden Blicke drückte er Clemence die Hand. Frau Ihlefeld ruhte mit geschlossenen Augen in einem Fauteuil, und besorgt überflog die Eintretende die grauen, verfallenen Züge. Hier hatte da« be stehende Übel in kürzester Zeit rapide Fortschritte ge macht. „Sie haben mich zu sprechen gewünscht", sagte Clemence mit weicher Stimme. Sofort streckte die Kranke der Sprecherin beide Hände entgegen. „Es geht zu Ende", seufzte sie, „doch ich murre nicht, sondern bin bereit. Wie gern hätte iltz Sie längst schon wiedergesehen, doch der Hofrat litt es nicht. Heute aber lasse ich mich nicht mehr halten. O mein Gott, wie fcoh bin ich, daß Sie gekommen sind! Ihre Wunde heilt glücklich, wie ich gehört? Aber nun sagen Sie mir da» eine, ich bitte Sie, ist e» wahr, daß Sie sich — mit dem Doktor ver sprochen?" „Ja", bekannte die Gefragte mit glühendem Er röten, und unwillkürlich vor der alten Frau in die Knie sinkend, barg sie das Antlitz in deren Schoß. „Clementine, mein liebes, liebes Kind", flüsterte jene tief bewegt, mit zitternden Händen den schönen Mädchcnkopf zärtlich streichelnd. „Ach wie ist doch die» alle» so wunderbar, so wunderbar! Wie gjücklich ich hätte fein können! Ich sehe, auch er hatte mich nicht vergessen, weil er Dir, feinem ersten Kinde, verwandelt sich; sie geht im Kaiserreich aus! Freilich bleibt abzuwarten, was Prinz Viktor und die wahren Bonapartisten dazu sagen werden, daß der König!. Prätendent und Rival so ungeniert in ihre eigentliche Domäne hinüberschreitet und das imperialistische Pro gramm sich so unverfroren aneignet. Die Republikaner scheinen vorerst sich über das Manifest des Grafen v. Paris nicht sehr zu beun ruhigen und davon keinen sonderlichen unmittelbaren Eindruck auf das Land zu befürchten. Wohl aber sehen sie vielfach darin eine „freche" Herausforderung an die Adresse der Republik und betonen demnach die Notwendigkeit eines unversöhnlichen „Bekämpfens" der - Monarchisten und ihres Prätendenten und eines ge schlossenen Zusammengehens aller Republikaner gegen die Feinde der Republik. Dem Ministerium Rouvier aber dürfte auS der veränderten Sachlage keine direkte Schwierigkeit erwachsen; denn es hat seine Politik nie auf eine Allianz mit der Rechten gegründet. Wohl jedoch schien es, als wollten sich viele Konservative der Republik unter der Regierung des heutigen ge mäßigten Kabinetts mehr und mehr zuwenden. Diesen eventuellen Abfall seiner bisherigen Anhänger sehend und fürchtend, schleuderte der Graf v. Paris sein Manifest ins Land, getreu der orleanistischen Politik, welche die Konsolidierung einer geordneten und ver nünftigen Republik nicht zulassen will, sondern viel mehr auf innere Krisen und revolutionären Umsturz hofft, um wieder ans Ruder zu gelangen. Denn auf eine monarchische Restauration im gesetzlichen Wege rechnet der Graf v. Paris wohl felbst nicht. Seine einzigen Chancen wären eine innere Krisis infolge eines überwiegens der Partei des revolutionären Ra dikalismus und der Anarchie, oder ein auswärtiger Krieg; dies beides aber zu verhindern, haben die Re publikaner selbst in der Hand. Tagesgeschichte. Dresden, 17. September. Se Majestät der König geruhte dem Feldmanöver der 3 Division Nr. 32 heute wieder beizuwohnen. Allerhöchstderselbe traf in Begleitung Sr. Excellenz des Kriegsminister» Generals der Kavallerie Grafen v. Fabrice mit Son derzug von Niedersedlitz ein, während der komman dierende General Prinz Georg, König!. Hoheit, mit Eilzug von Chemnitz 8 Uhr 25 Min. in Erlau an langte. Se. Majestät begab sich zu Wagen nach dem Vorwerk östlich Gepülzig, stieg daselbst zu Pferde und beobachtete, zunächst von der südlich der Chaussee ge legenen Höhe, das Vorgehen der 6. Jnfauteriebrigade Nr. 64 aus Erlau und Oberthalheim gegen die von der 5. Jnfanteriebrigade Nr. 63 besetzte Stellung von Ncugepülzig. Nach Schluß der Übung geruhten Se. Majestät den Vorbeimarsch der Division — die In fanterie in RegimentSkolvnne, die berittenen Truppen in Escadrons- bez. Batteriefronten im Trabe — süd lich Zetteritz abzunehmen und Allerhöchstseine Aner kennung auszusprechen. Se. Majestät und Se. König!. Hoheit Prinz Georg kehrten mit Sonderzug 12 Uhr 30 Min. ab Erlau nach Dresden bez. Niedersedlitz zurück. * Berlin, 18. September. Se. Majestät der Kaiser hatte gestern abend mit den Mitgliedern der König!. Familie und der Generalität, den fremdherr lichen Offizieren und den Herren feiner Umgebung mittelst Sonderzuges um 7 Uhr Stettin verlassen und war abends ^10 Uhr im allerbesten Wohlsein auf dem Stettiner Bahnhofe wieder in Berlin eingetroffen. Dort waren zum Empfange Sr. Majestät der Kom mandant Generalmajor und Generaladjutant Graf v. Schlieffen, der Polizeipräsident Frhr. v. Richthofen und mehrere hohe Offiziere anwesend. Nachdem der Kaiser die Anwesenden begrüßt, sich von den König!. Familienmitgliedern verabschiedet und die Herren vom Gefolgr entlassen hatte, begab Allerhöchstderselbe sich meinen Namen gab, den Namen der Braut, die sich überreden ließ, dem Ausgewiesenen da» gegebene Wort nicht zu halten. O Golt, o Gott, wie bin ich bestraft worden! Aber nun stehe auf, mein Kind; nicht zu den Füßen einer Treulosen ist der Platz für die Toch ter des edelsten Mannes!" Bald saßen die beiden neben einander wie Mutter und Tochter und tauschten mit gleich großem Interesse Frage und Antwort. So fand sie eine halbe Stunde später Doktor Wild. „Auch Dir, Rudolf, habe ich Abbitte zu leisten", empfing die Kranke den Eintretenden, ihm die Hand entgegen reichend, „aber Gott weiß, wie gern ich es thue! Glaubst Du wohl, daß ich bisher nicht frei war von der Besorgnis, Du könntest aus eigennützigem Interesse meinem Leben ein — vorzeitiges Ziel setzen?" gestand sie zögernd ein. „Nicht wahr, eS war schlecht von mir, dem Sohne meiner alten Jugendfreundin etwas Derartiges zuzutrauen?" fuhr sie fort, als sie sah, wie der junge Mann vor dem ungeahnten Ein geständnis bestürzt zurückwich, „doch — die Babette trägt viel Schuld daran. Freilich, als Du jüngst bei nahe zum Mörder an dieser hier geworden wärest, da hielt ich felbst mich von Deiner Gefährlichkeit über- zeugt. Nun Gott sei tausend mal Dank, daß diese Stunde durch diesen lieben Mund hier mich eines besseren belehrt! Das Testament freilich — daS statt Deiner Clementine Schwarz und deren Schwester zu meinen Erben bestimmt — bleibt in Kraft." Wieder einmal erregte das K.sche Tageblatt Sen sation in allen Kreisen der Stadt: zugleich mit Doktor Rudolf Wild zeigte der Redakteur Feodor Römer feine Verlobung an. Das Verdienst, die letztere mi
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