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Dresdner Journal : 22.09.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188709221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870922
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870922
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-09
- Tag 1887-09-22
-
Monat
1887-09
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 22.09.1887
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W220. v«»«U»pr»l»r iLUrlioU, .... IS ^jLUrlioti: L SV?k. 8m»«la« Huuunsro: 10 ?L La»»«rluUdck»» ck«at«vd»a K«ick» tritt ko«t- ru»ä 8t«li>p«I»u»ct»I»8 Uimu. ^»KÜLÄtxuiix«x«,dUkr»i>« k'är äso k»um «m«r ^«»p^Itvo«» 2«il^ tle»o«r IeUciK rv Lf. Oator „I- >Q^«!,^o6t" 6is Heil« btt Lt. 8«i T»b»Usa- iu»ä 2i!'on»<»tr sotspr. ^okiotil»^. Lr»ei»vla«a: ItGÜeU Wit ^ll»ll»lull« ci«r 8o»o- ruili k»i»rt»^» »bvoä«. k^rnsproeü-^LscUIu»: l^r. liSS. Donnerstag, de» 22. September, abends. Dresdner Journal. Für -re Gesanttlettung orraniworlltch: Otto Banck, Professor der Litteratur. und Runstgeschicht». »887. ^»LK»« V» »»»MLrt» I Ooillilli—iollLr 0«« l>r«»äL« 0ollrll»1»; S»»dllrU I«rUll -Vt« - L»tp«tU >»— «. ».: ItaEn-t«« <- >»cU»-Vt«-S»»d«r, kr»^ L«tpitU ». /t»ck Ako««,' k»rt, L»»äo» - S«rU» » N StotlUllrt: Oo. - U«rU»: SvrUU: <?. ^»ek/oia«»,' v Lc-^t—1«',' N»U« ». > ' Laret «t Oo. avlli^r 8rp«tit>oo ck« l)r«ck»« 0ollr»»I», l)r«a«ll, 2Mill<k»r»tr. »0. ksr»»pr»od-^rL»vU.a»«: ttr. tt-b. Nichtamtlicher Teil. KetegraphiscHe Wachrichten. Potsdam, 2t. September. (W. T. B) Der Prinz und die Prinzessin Wilhelm sind heute abend nach Kiel zu der daselbst stattfindenden Schiffstaufe abgerrist. Prinz Wilhelm hatte sich vorher in Berlin bei Sr. Majestät dem Kaiser verabschiedet und war in Charlottenburg mit Höchstseiner Gemahlin zusammrngrtroffen. Kiel, 2t. September. (W T B.) Die eng lische Dacht „OSborne", mit dem Prinzen ». Wales an Bord, ist heute nachmittag hier em- getroffen Der Prinz setzte mit dem Abendzuge die Steife über Hamburg fort. Pola, 22. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Bei dem gestrigem Galadiner zu Ehren der eng- liscken Gäste toastete der Hafenadmiral Pitnrr auf Ihre Majestät die Königin von England und auf die anwesenden Prinzen, worauf der Herzog v Edinburgh auf Se. Majestät den Kaiser von Österreich und dann auf die österreichische Kriegs marine toastete, indem er die Hoffnung auf den Fortbestand der freundschaftlichen Beziehungen Englands und Österreichs hrrvorhob. Buda-Pest, 22. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Minister Tisza hielt vor den Groß- wardeiner Wählern eine Rede, worin er hervor hob, daß die Fortschritte deS ungarischen StaateS auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete eine Verbesserung deS Kredits herbeigeführt hätten. Eine Erhöhung der Grund- und Gebäudesteurr sei derzeit unmöglich. Die Regierung hoffe durch die weitgehendste Sparsamkeit, durch bessere Aus beutung der Gefälle, namentlich des TabaksgefälleS und der Verzehrungssteuern daS Gleichgewicht im Staatshaushalt herrustellen. Einen größeren Er trag erwarte die Regierung von der Spiritus- steuer. Die Regelung der Finanzen werde durch die Heereskosten erschwert. Sämtliche Staaten Europas wünschten den Frieden; er (Tisza) glaube die begründete Hoffnung hegen zu können, daß der Friede sobald nicht gestört werden würde. Öster reich-Ungarn sei aber gezwungen, seine Wehrkraft zu erhalten und zu entwickeln in einer Zeit, wo alle benachbarten Staaten nicht nur die Erhal tung. sondern auch die Vermehrung ihrer HeereS- kräfte anstrebten. London, 22. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gestern um Mitternacht brach im Lon doner Stadtbezirk Holborn Großfeuer aus, wo durch der größte Teil deS an Newcastle street grenzenden Bezirks, der hauptsächlich GeschäfS- lokale enthält, eingeäschcrt wurde. Der Schaden wird auf 2VW Pfd. Sterl, geschätzt Dresden, 22. September. DaS Chinesentum in Nordamerika. Wir haben bereits wiederholt auf die Gefahr auf merksam gemacht, welche dem Westen der Vereinigten Staaten durch die erschreckend wachsende Einwander ung der Chinesen in den dortigen Gebieten droht. Man kann da beobachten, wie die Kultur eines hoch entwickelten Volkes gefährdet wird durch eine Inva sion von Angehörigen der niedersten Schichten einer Nation, die von der europäischen Zivilisation noch so gut wie nichts weiß, durch eine Invasion, welche ob gleich im Frieden sich vollziehend, doch nicht minder gefährlich ist, als die kriegerische Eroberung des Landes durch eine fremde, kulturfeindliche Masfe. Neuerdings bringen nun die „M. N. N." über diese Frage einen Aussatz von augenscheinlich mit den Verhältnissen wohlvertrauter Seite, welcher des Interessanten viel bietet und welche wir deshalb im Folgenden wieder- geben. Als im Jahre 1848 die Goldfelder Kaliforniens entdeckt wurden, bildete dies ein Ereignis von un berechenbarer Bedeutung. Tausende und aber Tausende, vom Goldfieber erfaßt, strömten nach Kalifornien, um dort die Eingeweide der Erde nach dem kostbaren Metalle zu durchwühlen. Diejenigen DiggerS — so nannte man die Goldgräber — welche, vom Glücke begünstigt, allmählig in den Besitz ausgedehnter Land flächen gelangten, wurden genötigt, sich nach Arbeits kräften umzusehen, durch welche sie einerseits den Berg bau, anderseits die Bodenkultur ihrer ungeheueren Be sitzungen bewerkstelligen konnten. Da tauchten die Chinesen auf der Bildfläche auf, zu denen ebenfalls die Kunde von den neuentdeckten Goldfeldern gedrungen war, und bald ergossen sich Scharen jener bezopften Mongolen nach Kalifornien, um den Großgrundbesitzern ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen Die Be dürfnislosigkeit, der unleugbar emsige Fleiß und der unterwürfige Sinn machten den Chinesen zu einem eben so vielbegehrten Werkzeuge in der Hand der großen Landbesitzer, als zu einem nicht minder gefähr lichen Mitbewerber für die weiße Arbeiterklasse. Inner halb kurzer Zeit hatten sich die gelben Asiaten zu einer Machtentfaltung emporgerungen, mit der man zu rechnen gezwungen war. Ihr starres Festhalten an ihren heimischen Anschauungen und Sitten, welches sie dem Einflüsse abendländischer Kultur entrückte, vereinigte sie zu Gesellschaften, welche ihren Mitgliedern nach Kräften gegenfeitig Schutz und Unterstützung ge währen. Das Wesen dieser Gesellschaften besteht vor nehmlich darin: Jedes Mitglied ist während der Dauer feines Aufenthaltes in Amerika, oder gar für fein ganzes Leben, der Gesellschaft verpflichtet; diese verschafft ihm Wohnung, Arbeit, gesetzlichen Schutz und übernimmt die Beförderung feiner Gebeine nach China, falls er in Amerika sterben follte. Dafür zahlt das Mitglied an die Gesellschaft einen Teil feines Verdienstes, kauft von der Gesellschaft alle seine Be dürfnisse und ist ihren Befehlen unbedingt gehorsam. Wer diesen Vertrag verletzt, wird mit dem Tode be straft. Diese Gesellschaften haben nämlich eine Art geheimes Gericht aufgestellt, welches den Schuldigen oder eine sonst mißliebig gewordene Persönlichkeit sicher zu erreichen versteht. Liu Chinaje, dar, vor Gericht gezogen, gegen einen anderen seines Volkes auSfagt, verfällt ganz sicher dem strafenden Messer jener Vehme. San Francisco allein zählt sechs chinesische Ge sellschaften mit etwa 40000 Mitgliedern. Diese ver dienen zusammen täglich etwa 40 000 Dollars oder 160000 M. Für seine täglichen Bedürfnisse braucht der Chinese höchstens 40 Pfennige. Er arbeitet wie ein Lasttier und lebt wie ein Geichals. Reis, Mais und Regenwürmer: das ist der Küchenzettel dieser Orientalen. Eine weiße Familie würde den täglichen Verdienst aufbrauchen, während der Chinese alle seine Ersparnisse in die Heimat schickt, wohin er selbst wie der zurückkehrt, sobald er genug des Mammons an sich gerafft hat. Man hat berechnet, daß der chinesische Teil der Einwohnerschaft San Franciscos täglich 160000 M., also monatlich 4 800000 M. und jähr lich wenigstens 58 Millionen M dem Lande entzieht. Amerika hat seine „Chinesenfrage" und diese Frage ist zu einer wahren Plage geworden, die mit jedem Tage größere Ausdehnung gewinnt. Wenn die Einwanderung der Chinesen so anhält wie bis jetzt, so ist der größte Teil der arbeitenden weißen Be völkerung zum Bettelstäbe und Hungertuche verurteilt. Einem Privatbriefe aus Sonona in Californien ent nehmen wir folgende bezeichnende Stelle: „Anderwärts glaubt man, wir seien von einem Vorurteile gegen die gelbe Raffe befangen, aber man komme selbst hin und sehe mit eigenen Augen, wie es zugeht. Man siedle sich so neben einer elenden Bretterbude von zehn bis zwanzig Fuß an, worin gegen sechs Chinesen wohnen und waschen. Die verdienen pro Tag fünfzig bis sechzig Francs zusammen, brauchen aber für ihren Lebensunterhalt im allerhöchsten Falle drei Francs I Wer will bei solcher Konkurrenz bestehen?" Die Lebensweise der Chinesen besteht aus einem Gemisch von äußerster Sparsainkeit, von außerordent lichem Fleiß und grenzenloser sittlicher Verkommenheit. Nichts kommt dem Schmutze gleich, der dem Be sucher deS ChinescnviertelS zu San Francisco ent gegenstarrt. Bis zu einer Tiefe von 45 Fuß unter den Straßen der Stadt haben sich diese Mongolen wie die Ratten eingegraben und Hausen dort in finsteren Höhlen, zu denen nie ein Hauch frischer Luft dringen kann. Zu Dutzenden wohnen sie in diesen Räumen, die etwa 7 bis 8 Fuß im Quadrat und 6 Fuß Höhe messen. Da liegen sie, die vertierten Geschöpfe, aus schmutziger Pritzsche, in gedankenloses Hinbrüten versunken und ihre Opiumpfeifen schmau chend; eine ekelhaft riechende Lufthülle erfüllt wie ein dicker weißer Nebel den engen Raum und legt sich dem Fremden, der seinen Fuß hierher fetzt, würgend an die Kehle. Wohin das Auge trifft, begegnet es unsagbarem Schmutze; an den Wänden, auf dem Fuß boden, auf der Decke, an der armseligen Einrichtung — überall klebt der Schmutz, die Keime der entsetz lichsten Krankheiten ausbrütend. Das ganze Chinesen- vicrtel gleicht einer Maulwurfsgrube; überall sind Ausgänge und geheime, nur den Insassen bekannte Schlupfwinkel. Hier hat die Polizei gut nach Ver brechern suchen; in diesem Labyrinthe ist der Arm des Gesetzes lahm. Das Chinesenviertel ist der Herd der häßlichsten und ekelerregendsten Krankheiten, von denen uur der fürchterliche asiatische Aussatz erwähnt werden soll. Und doch — wer möchte es glauben! — nimmt kein Bewohner des Chinesenviertels Anstand, mit einem Aussätzigen aus der gleichen Schüssel zu essen. Mehr als ein Weißer wurde von jener entsetzlichen Krank heit angesteckt, um lebendig zu verfaulen. ES ist un begreiflich, wie alle besseren europäischen Familien Ka liforniens für ihre Küche und ihr Waschhaus fast nur chinesische Dienerschaft verwenden mögen. Namentlich befindet sich die Wafchindustrie ausschließlich in den Händen der Chinesen. Wie vielfach in den Vereinigten Staaten, so wird auch in Kalifornien die Macht des Gesetzes durch die Macht des Goldes wett gemacht und in Schach gehalten. Die weiße Bevölkerung hat in richtiger Erkenntnis der ihr durch die „Chinesenplage" geschaffenen sozialen Gefahr ein Gesetz zu Stande ge bracht, welches die chinesische Einwanderung mit ganz geringen Ausnahmen verbietet. Was geschah aber? Die Chinesen gewannen die Aussichtsbeamten. Diese ihrerseits eröffneten einen regelrechten Handel mit Er laubnisscheinen zur Einwanderung und der Handel geht flott; das schmutzige Geschäft spielt sich ungescheut selbst auf öffentlichem Markte ab. So weiß der ge riebene und verschmitzte Chinese das Garn deS Gesetze- in Amerika zu umgehen und die Zahl seiner Landsleute schwillt dort von Tag zu Tag mehr an zum Verderb der weißen Bevölkerung. Diese, von Verzweiflung erfaßt, hat sich nun zuiammeilgcschaart zu Antichinesenverbindungen mit dem Wahlspruche: „Tb« Obine^e must szo!" (Der Chinese muß gehen). Die bedrohten Chinesen haben sich dagegen zur Ab wehr gerüstet und so wird Amerika, namentlich der Westen, in nicht zu ferner Zukunft Zeuge eines er- bitteUen mit allen Werkzeugen moderner Vernichtungs kunst geführten Rassenkampses werden. Die gesamte Arbeiterbevölkerung Amerikas schließt sich der weit" greifenden Bewegung an, die in der Vertreibung der Chinesen ihren Endpunkt hat, denn überall, im Osten wie im Westen, haben sich die Verhältnisse zu Un gunsten deS weißen Arbeiters in einer geradezu trost losen Weise verschoben. So liegen die Dinge in Nordamerika. Wer heute noch die Gestade jenes Landes aufsucht in der Hoff' nung, dort leicht zu einem mühelosen Dasein zu ge langen, der giebt sich einem verhängisvollen Wahn gefangen. Tausende von deutschen Einwanderern sind dort brotlos und schleichen, eine Beute deS Elends, in den Straßen der großen Städte umher voller Sehnsucht nach dem fernen Osten blickend, wo sie im rasch verlassenen Vaterlande wenigstens noch ihr Stücklein Brot besaßen. Tagesgeschichte. Dresden, 22. September. Ihre Königl. Hoheiten der Prinz Georg und der Prinz Friedrich August haben Sich gestern nachmittag nach dem König! Jagd hause Rehefeld begeben. * Berlin, 21. September. Se. Majestät der Kaiser hörte heute vormittag einige Vorträge und begab sich dann um 2 Uhr nachmittags nach dem Ausstellungspark, um die diesjährige Kunstausstellung in Augenschein zu nehmen. Die von uns gestern bereits erwähnte allerhöchste Kabinettsordre an den kommandierenden General des I. Armeecorps, General der Infanterie v. Kleist, lautet folgendermaßen: „Nachdem Ich aus dem Berichte Sr König!. Hoheit dc- Prinzen Albrecht von Preußen mit Befriedigung ersehen habe, daß sich Meine Erwartungen über den guten und kriegstüchtigen Zustand aller Truppen deS I. Armcecorps durchaus bestätigt haben, nehme Ich gern Veranlagung, dem I. Armcecorps Meine Zufriedenheit und insbesondere allen Generälen und Offizieren Meinen König!. Dank für ihre Mitwirkung an diesem erfreu lichen Resultat auszusprechen. Mir ist es durch die Mir über das I. ArmeecorpS erstatteten Berichte vermehrt schmerzlich, daß Ich dasselbe nicht habe selbst sehen können, aber Ich darf nicht verkennen, daß das hohe Alter, welche- wich Gottes Gnade er reichen läßt, bei der Gewährung mancher Freude, auch Ent behrungen unerläßlich macht! Dem I. Armcecorps wünsche Ich aber Meine Zufriedenheit noch besonders durch die in der An lage enthaltenen Gnadenakte zu bethätigen, von denen Ich her vorhebe, daß Ich Ihnen ein Regiment des I. ArmeecorpS ver liehen habe, um Meiner Genugthuung über Ihre erfolgreiche und Meine Erwartungen erfüllende Kommandoführung Aus druck zu geben, und daß Ich hierzu gern ein Regiment bestimmt habe, welches Mir in seinen Leistungen hcrvortretend bezeichnet worden ist! Ich ersuche Sie, dies zur Kenntnis des ArmeecorpS zu bringen." Die Stadt Kiel rüstet sich wieder auf Feiertage. Prinz und Prinzessin Wilhelm kommen Don nerstag morgens, um mittags dem Stapel lauf des neuen gepanzerten Kreuzers „Ersatz Ariadne" bei zuwohnen. Der „Voss. Ztg." wird von dort ge schrieben: Seitdem die Tochter des Herzogs Friedrich mit dem Prin zen Wilhelm vermählt ist, hat die hiesige Bevölkerung in weiten Kreisen gehofft, die Prinzessin Augusta Viktoria hier begrüßen zu können, welche seit ihrer Kindheit „die schönste Stadt am Ostseestrande" nicht wiedergesehen hat. Wenn diese Hoffnungen bisher unerfüllt geblieben sind, so ist die Freude jetzt um so größer, da die Ankunft des jungen Fürstenpaarcs angemeldet und feierlicher Empfang gestattet ist. Schon regen sich viele Hände, um den langen Weg vom Bahnhof bis Bellevue zu schmücken, auch der Sonnenschein hat sich wieder eingestellt und wird hoffentlich für einige Tage gutes Wetter bringen. Auf der Germaniawcrft ist man ebenfalls eifrig mit den letzten Vor bereitungen beschäftigt, der Platz wird gesäubert; Tribünen werden errichtet und an den Panzerkoloffe selbst wird die letzte Hand gelegt. Der gepanzerte Kreuzerersatz „Ariadne" ist ganz aus Stahl gebaut und mit zwei Lagen Holzplanken zur Be festigung einer Kupserhaut versehen. Kessel und Maschine, Pul verkammer, Torpedoarmierung, Steuerapparat befinden sich alle unter der Wasserlinie und sind durch ein starkes Stahlpanzerdeck geschützt. Dieses Deck liegt in der Mitte, ungefähr in der Höhe der Wasserlinie und senkt sich nach den beiden Sei ten, sowie nach vorn und hinten ungefähr bis s m unterhalb der Wasserlinie. In diesem Teck sind nur sechs Off- Fcuillcton. Krau Malwine. Novelle von I. Werner. (Fortsetzung.) Frau Malwine war in die ferne Heimatstadt über gesiedelt. Der Oberst hatte ihr eine hübsche kleine Wohnung gemietet. Zwillingsschwestern, Kinder eines Gutsbesitzers aus der Nähe, verwöhnte kleine Wesen, welche die ländliche Freiheit vermißten, waren die Erstlinge ihrer Pflegmutterschaft. Es war nicht ermutigend für die junge Frau, sie einzugewöh nen, dem Zwange des Schullebens zugänglich zu machen und die häufigen Besuche von Papa und Mama zu ertragen, welche stets mit einem ge wissen Mißtrauen forschten, ob ihren Lieblingen auch alles zukomme, was man zu leisten versprochen. Auch die Beziehungen »u entfernten Verwandten und Freun den waren nicht so rasch wieder angeknüpft, als vor drei Jahren abgerissen worden, da Menschen bekannt lich nichts so übel nehmen, als die Verwerfung eines Rates, die Nrchtannahme einer Hilfeleistung, bei welcher der vom Unglück Betroffene ihr gutes Herz, ihre überlegene Weisheit hätte anerkennen müssen. Die Undankbare hatte ihren eignen Weg gehen wollen; schroff, fast unartig, hatte sie jede Hilfe abgewiesen und mochte nun zusehen, wie eS ihr erging Daß sie keine Klage laut werden lassen dürfe, empfand Mal- Wine im ersten Moment der Wiederbegegnung, und dabei schien es ihr, al» ob man darauf warte, sie am Ende uvliebfamer Erfahrungen ankommen zu fehen. Ihr kleiner Trotzkopf war aufs neue erwacht. Kampf bereit stand sie da für ihre Existenz ringend, und selbst der Onkel mußte eS sich gefallen lassen, daß sie den eignen Willen dem seinen nicht unterwarf. Jung und schön wie sie war, hätte er gewünscht, daß sie in die Gesellschaft einträte, um, wie er hoffte, einen Lebens gefährten zu gewinnen, der ihr den verlorenen ersetze. Sie durchschaute seinen liebenswürdigen Plan und blieb zu Hause. Nicht um die Welt hätte sie dafür auch nur einen Schritt gethan, nicht um die Welt die hübschen Toiletten, die er ihr zum Empfang gesandt, angelegt. Dachte er so gering von ihr, weil sie in einem er regten Moment den geheimsten Wunsch ihres Herzens erkannt und ausgesprochen hatte? Ehrlos wäre sie sich selber erschienen, wenn sie dem feinen Gefühl keuscher Selbstachtung nicht gehorcht hätte, da» ihr gebot, auch nicht die kleinste Erinnerung an vergange nes Liebesglück freiwillig gegen neue Hoffnungen ein zutauschen. Und doch, Malwine mochte sich zurückziehen, so viel sie wollte, unbemerkt blieb sie nicht, denn die Nichte des hochgeschätzten, vermögenden Offizier», seine Erbin — wenn man den halben Äußerungen de» kinderlosen Mannes trauen durfte —, war eine zu angenehme Erscheinung, um übersehen zu werden. Schade, daß der Oberst seiner gemüt-leidenden Frau wegen kein Haus machte, dem vorzustehen sie vorzüg lich am Platz gewesen wäre! Ernes wenigsten» konnte Malwine dem guten Onkel nicht abschlagen: die Be kanntschaft von zwei älteren Damen ferne» Kreise», die ihm seine ungemütliche Häuslichkeit öfter» vergessen ließen. Bei ihnen fühlte sie sich bald wohl verstanden in ihren Empfindungen, angeeifert zu treuer Pflicht erfüllung in ihrem felbstgeschaffenen Beruf, und eine gewisse Befriedigung, wenn auch kein Glück, war am Ende de- ersten Halbjahrs erreicht. Heiter saß Malwine eines Abends bei ihren Kindern und mühte sich, ihnen eine schwere Schul aufgabe lösen zu helfen, als der Oberst eintrat und seinen gewohnten Platz im Sessel einnahm. Er verhielt sich schweigend, doch fühlte sie sich beobachtet, was sie wie gewöhnlich ein wenig nervös und un sicher machte. Aber sie hielt dennoch aus, und erst als die Kinder ihre Hefte zuschlugen und sich entfern ten, erhob sie ihr hübsches Gesicht und schaute ihn lächelnd an. Ter Bösel sie sah es ihm an, was er dachte. „ES ist unrecht von Dir, daß Du Deine schönsten Lebensjahre an diesen ungelehrigen Kleinen vergeudest, aber warte nur, Du oder ich, lange darfst Tu mir nicht mehr widerstehen!" Nein, sie mußte schon jetzt thun, was er wollte, sie mußte sich neben ihn setzen und sich geborgen und glücklich wie damals fühlen, al- sein erster Besuch ihre Einsamkeit unter brach. (Fortsetzung folgt.) Die Ausstellung von Wasserfarbenbildern. (Fortsetzung.) Von Andrea- Achenbach sehen w.r eine „Marine" und eine „Mühle", zwei landschaftliche Darstellungen voll der bekannten, entschiedenen Kraft des Meisters. Sie sind auch technisch interessant, interessanter als in dem nur mäßig fesselnden Gehalt ihre- Gegenstandes. Mit Ausnahme der Vordergründe, die in durchsichtigen echten Aquarellfarben mit dem Pinsel zeichnend unter malt und auSgeführt wurden, sind nämlich die Linter- und Mittelgründe gleichsam wie mit dem Ölpinsel ge malt, und pasto», voll, keck aufgesetzt behandelt und konnten bei dieser Methodik der Deckfarbe nicht ent behren Ein Künstler von geringerer Handfertigkeit und Macht des Ausdrucks wäre bei dieser vermischten Arbeitsart zu Schaden gekommen; Achenbach hat ge- rade dadurch eine intensive, wenn auch bei der „Mühle" wegen eines kreidigen Tones nicht angenehme, Licht wirkung erzielt. Auch die Studienblätter desselben Malers sind hier anzureihen. Bemerkt seien noch von Roelofs in Brüssel „Am Ufer des Wassers", von Dreßler in Berlin .Mär kische Landschaft", von Dücker in Düsseldorf „Aqua- rellstudien", ebenso von Kröner in Düsseldorf „Stu dien nach der Natur". Leinecker in München sandte landschaftliche Motive aus Oberbayern, die mehrfach Fesselndes bieten. Auch „Münchgut auf Rügen" von Gude in Berlin spricht an. Von den Dresdner Landschaftsmalern hat Erwin Oehme mannigfaltige Blätter geboten; es fei von ihm daS mit Geschmack und in breiter weicher Fülle wohl- thuend ausgeführte Bild „Motiv aus der böhmischen Schweiz" erwähnt. Dasselbe hat sehr beachtenswerte Töne, oft mehr vornehm und harmonisch als natur wahr, doch m dem Ganzen liegt ein künstlerischer Ausdruck. Ein anderer Dresdner Maler, F. A. Schlegel, der sich als ein Vertreter der reinen stren gen Aquarelltechnik und deshalb auch in der frucht bringenden Anleitung von Schülern auSzeichnet, hat eine der wenigen ganz und gar durchgefübrten und zu einem fertigen Bilde gestalteten Landschaften: „An der Donau" ausgestellt. Das Bild ist in richtiger Erkcnntnis seiner Eigenschaften vom Dresdner Kunst verein angekauft.
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