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Dresdner Journal : 09.09.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188709096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870909
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-09
- Tag 1887-09-09
-
Monat
1887-09
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 09.09.1887
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D 209. l» r—« » ^.^(t..ä«,°t.°t»-,° ^rUek- - - - " lUriot.« tritt ?«t- uoU 4 »0 pk t>ut»a Liorslo« lianuovrn: tv?I. Lntll»äliriu»k'«r«düt>r«» r kür äso U»uia «ioer ov»polt«oso 2si>2 tlslosr 8«t>nk »0 kk. vnt«r „I- »ooät" äi» 2eil« 40 Pf. ti«i I»b«U«»- uoä LS«n» t« evtspr. Xuksctill^ Ht^liok wit 4u»L»tui>« äsr 8oiu»- lu»ä »bvvä«. iE«ru«prveIi-^i»»cl»Ia»i: k^r. li9i. Freitag, de« 9. September, abend-. Dres-nerIoumal. Für die EftsamUeitong verantwortlich: Dtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 1887. r»> L»K«»»I«»»U» »»»MLrt»« L«1p«1,: F>. OomnUMiooLr S«, i>r«»ai»«r ^ouriua-i Lmd-r, Isrlt» - Vt« - >«—l-»r— «.: üaa«««t«o <4 >»rU»-Mt«»-«o»dv, kr», kr^»1»r< ». » L»«i. Mo««,- r»ri, r^acko» -L.rU» er«Lt1«rt «. A ItuttDArt: Do«s« «k Oo./ N»rUo-. SörUt«: ü. M«tü«r« ^ac^/olo«-,- U»»»ovr: 0. «oU« ». F. Loret «» Oo. U»ro»»^dor» Lüiüzl LLp«titioo ä« vroÜE ^ourool», vroxtoe, 2virU««tr. >0. t'«rL»pr»vd-^Q»ot^a»»: Nr. 1>Db Äuitlicher Teil. Dretde«, 3. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Geheime Hofrarh l)r. HannS Bruno Geiuitz, ordent licher Professor am Polytechnikum und Direktor deS mineralogischen Museums zu Dresden das von Sr. Hoheit dem Herzog von Sachsen-Altenburg ihm ver liehene Ritterkreuz l. Klasse des Herzoglich Sachsen- Ernestinischen HauSordenS annehme und anlege. Bekanntmachung. Unter Bezugnahme auf 8 1 der in Nr. 200 des Reichsanzeigers vom laufenden Jahre veröffentlichten Bekanntmachung des Herrn Reichskanzler» vom 23. vorigen Monats wird im Einverständnisfe mit dem Ministerium des Innern hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß als Sachverständige zur Vor nahme der nach 8 l Z 3 der kaiserlichen Verordnung vom 7. April dies. Js., betreffend die Einfuhr bewur- »etter Gewächse aus den bei der internationalen ReblauSconvention nicht beiheiligten Staaten (Reichs- gesetz-Blatt S. 155), zu bewirkenden Untersuchungen von Sendunyen bewurzelter Gewächse auf Reblaus krankheit bei den hierfür in Betracht kommenden sächsischen Grenzzollämtern folgende Personen angenommen worden sind: Herr Oberlehrer vr. Prescher in Zittau, - Apotheker Brüning daselbst - Handelsgärtner Beyer in Schandau, - Professor Novek in Tetschen, - Oberförster Otto in Reitzenhain und (für die Abfertigungen bei dem Nebenzollamte I zu VoiterSreuth) - Schloßgärtner Biehlig in Schönberg. Dresden, am 6. September 1887. Finanz-Mini st erium. Für den Minister: Meusel. vr. Krauße. Nichtamtlicher Leit. Telegraphische Wachrichten. Königsberg i. Pr., 8. September, nachmit tag». (W. T. B.) Se. König!. Hoheit der Prinz Albrecht ist von dem Kaiserrennen bei Metgethen, da» glänzend und ohne jeden Unfall verlief, heute nachmittag hierher zurückgekehrt. Morgen vor mittag findet in der Gegend von Mollehnen ein Aeldmaaöver der beiden Divifionen deS I. Armee- corp» gegen einander, morgen abend eine feiten der Stadt veranstaltete Kestvorstellung im Theater statt. An der beute vormittag in Palmnicken vorge- nommenen feierlichen Grundsteinlegung zu der vom Geh. Rat Becker gestifteten evangelischen Kirche nahmen als Vertreter Sr. König!. Hoheit deS Prinzen Albrecht der Generaladjutant Sr. Maje stät, Oberburggraf deS Königreich» Preußen, General Graf Lehndorff, sowie der Ministervize- Präsident v.Puttkamer, der Oberpräfident v.Schlieck- «onn, mehrere Generäle und viele andere distin guierte Persönlichkeiten Teil. Die Weiherede wurde vom Geueralsuperintendenten vr. CaruS gehalten, General Graf Lehndorff that im Auftrage Sr. König!. Hoheit deS Prinzen Albrecht die ersten drei Hammerschläge auf den Grundstein. Königsberg i. Pr., v. September. (Tel. d. DreSdn. Journ) Bei dem gestrigen vou dem Pro- Feuilleton. Geheilt. Novelle von E. Greiner. (Fortsetzung.) „Seltsam", sagte sie, indem sie sich in den Kissen mit ungewohnter Energie emporrichtete, „sollte ich Sie nicht früher schon einmal gesehen haben? Diese Ähnlichkeit —", fuhr sie fort, als das Mäd chen verneinend den Kops schüttelte, „und doch ver mag ich nicht zu sagen — eS ist wohl die Schwäche", schloß sie, sich seufzend wieder in die Kissen sinken lassend. Clemence widersprach nicht, mit einem flüchtigen Händedruck verabschiedete sie sich von der alten Frau, und Wild mit einem kaum merklichen Neigen des stolz erhobenen Haupte- grüßend, verließ sie das Zimmer. Aus ein sonniges Fleckchen des von hohen Hinter gebäuden einaeschlossenen HauSgartenS hatte man einen Fahrstuhl geschoben, in welchem eine in tiefe Trauer gekleidete jugendliche Frauengestalt ruhte. Sie hatte die Hände mit der feinen Weißstickerei in den Schoß finken lasten und suchte mit dem feucht schimmerden Blick das Stückchen blauen Himmel droben, da- wie ein Auge Gotte» zwischen den Dächern und Schlöten der Nachbarhäuser herein lugte. Es war ja Mui, won niger Mai; schon begannen die ersten Rosen die Tul pen und Narzissen zu verdrängen, samtäugige Aurikel »nd farbenprächtige Penjee» breiteten sich wie ein ge- vinzialverbande veranstalteten Festmahle toastete der Prinz Albrecht auf die Provinz, derselbe hob hervor, alle Provinzen lägen dem Kaiser in gleicher Weise am Herzen, zu Ostpreußen bestäadeu aber besondere Beziehungen. Lon Ostpreußen heran» habe sich da» preußische Königtum gebttdet. Mit warmen Worten gedachte der Prinz der Ereig nisse von 1807, und bemerkte, der Kaiser habe bei der Unterhaltung an vergangenem Sonntag vor zugsweise bei Erinnerungen auS seiner achtzig- jährigen Vergangenheit verweilt, und bei de« Zu- rühblick auf dieselbe habe er erwähnt, daß er seinem hochseligen Later bezüglich der Rekonstruk tion der Armee eine bedeutende Anregung ver danke. Im Auftrage de» Kaiser» spreche er dessen Dank auS, daß der Kaiser auch jetzt iu dieser Provinz dieselbe Treue gefunden und daß, al» er vor kurzem an den Patriotismus Deutschland» appellieren mußte, gerade Ostpreußen eine Ant wort erteilt habe, die ihm zu großer Freude ge reicht habe und für die er (der Prinz) den kaiser lichen Dank abstatte. Bei dem gestrigen Besuche der Universität überbrachte der Prinz Albrecht die Grüße de» Kronprinzen und fügte hinzu, er könne auf Grund persönlicher Nachrichten vom Kronprinzen mit- teilen, daß daS Befinden desselben ein vollkommen befriedigendes sei. Wien, 8. September, abends. (W.T. B.) Der Kaiser, welcher zur Abhaltung der Truppenmanö- ver heute vormittag iu Csacathurn eingrtrvffen und äußerst enthusiastisch empfangen worden war, hat im Lauft deS TageS eine große Anzahl von HuldigungSdeputationrn empfangen. Die Stadt ist auf daS Festlichste geschmückt und war heute abend glänzend illuminiert. London, 8. September, abend». (W T. B.) Oberhaus. Die Bill, betreffend die Erleichteruug deS Erwerbs kleiner Grundstücke durch Bauern wurde unverändert, die Bill betreffend den Betrieb von Bergwerken wurde mit unerheblichen redak- tiouellen Abänderungen in der Spezialdebatte er ledigt. London, 9. September, früh. (W.T B.) Da» Unterhaus erledigte sämtliche Posten de» Lu»- gabeubudget» und nahm die Bill betreffend de« technischen Unterricht in Schottland an. Dresden, 9. September. Zum Schutze der Landwirtschaft. Der Schutz unserer Landwirtschaft gegen die zur Zeit sie fo Hirt drückenden übelständ«, namentlich die einer übermächtigen überseeifchen Konkurrenz, wird seit Wochen und Monaten aus allen Landestellen unter verschiedenen Gesichtspunkten und aus der Mitte ver schiedener Interessentenkreise mit solchem Nachdruck ge fordert, daß die Presse aller Parteien, denen eS nur um das Wohl des Vaterlandes und nicht um selbst süchtige Fraktionszwecke zu thun ist, nicht umhin können wird, sich von nun an auf das ernsteste mit diesem Thema zu beschäftigen. Wir geben daher hier im Nachfolgenden einer beachtlichen Erwägung der „Cons. Corr." Ausdruck, welche von ihrem Stand punkte aus zunächst einen allgemeinen Überblick über die Gesichtspunkte, welche für die Beurteilung dieser Frage entscheidend sind, darlegt. Man muß sich, um den Kernpunkt der Kalamität, unter dem unsere Landwirtschaft seit Jahren in steigen dem Maße leidet, zu erfassen, zunächst vergegenwär tigen, daß das Verhältnis, in welchem die eigene landwirtschaftliche Produktion Deutschlands daS Be stickter Teppich über die verjüngte Erde, und leicht beschwingte Schmetterlinge trieben ihre galanten Scherze mit all diesen holden Kindern deS Lenzes. Aber bei allem Jubel der Kreatur liegt in dieser schmeichelnden Frühlingsluft doch ein gewisse» Etwa», das das Menschenherz zur Wehmut stimmt, gleichsam zur Bewahrheitung, eS sei Hinnieden keine Lust so vollkommen, daß nicht ein irdischer Beigeschmack ihr zugesellt bleibe. Niemand aber weiß besser, wie leicht solch sonnige Frühlingstage, die doch nur Wecker der Freude zu sein scheinen, Thränen in da» Auge locken, al» der, welcher einen geliebten Menschen in den Schoß der Erde gebettet hat. Allen giebt der Lenz das Leben wieder, was tot und eingesargt schien, nur ihnen nicht, die unter jenen Hügeln schlummern, auf denen er Gras und Blüten weckt. Auch daS junge Menschenkind, das hier den ge brechlichen Körper in warmem Sonnenschein badete, hatte jene Erfahrung gemacht. Die lachende, wenn gleich vom engsten Rahmen umgrenzte Frühlingswelt, m die daS Mädchen soeben noch entzückt geschaut, ver dunkelte plötzlich ein Thränenschleier, der eS genötigt, die Arbeit auS der Hand zu legen. Wie hatte aber auch nur der liebe Gott so grausam sein und, nach dem er bereits die Mutter zu sich gerufen, auch noch daS liebe „Baterli* nehmen können, tust in dem Mo ment, wo er nach beinahe vierzigjährigem Fernsein in die unvergessene deutsche Heimat hatte zurückkehren wollen! Ach, wie hatte er diese Heimat geliebt, die zu lieben er auch seine beiden Töchter gelehrt! Mit welcher Spannung war er seiner Zeit Deutschlands Erbebung auS Dunkel und Niedrigkeit gefolgt, mit welchem Stolz hatte er sich selbst emen Anteil daran dürfniS der deutschen Bevölkerung deckt, in der Neu zeit eine vollständige Umwälzung erfahren hat. Ob wohl unsere Landwirtschaft auf allen Punkten zu in tensiveren Betriebsmethoden übergegangen ist, hat sie mit dem Wachstum unserer Bevölkerung nicht gleichen Schritt halten können. Deutschland verzehrt zur Zeit mindesten» an Cerealien mehr, als seme Landwirt- fchast ihm liefert. Während im Jahresdurchschnitt der Periode 1829—1833 aus dem deutschen ZollvereinS- -ebiet 207 660, der Periode 1848—1853 384 685, und noch der Periode 1865—1867 65465 Tonnen Getreide mehr au»- al» eingeführt wurden, betrug der Überschuß der Einfuhr über die Ausfuhr im jährlichen Durchschnitt der Periode 1868—1871 schon 132 375, 1872—1875 809950, 1876-1879 1 842000, 1880 bi» 1882 1608 300, 1883—1885 2238 550 Tonnen Getreide. Au» diesen Ziffern ergiebt sich, wir stark das Aus land an der Preisbildung des deutschen Getreide markte» beteiligt ist. Diese Beteiligung würde auch nicht» Regelwidriges und Gefährliches an sich haben, wenn die Produktionsbedingungen im Auslande un gefähr dieselben wären, wie in Deutschland, und wenn namentlich die Entwickelung der Landwirtschaft im Auslande sich in demselben Tempo bewegt hätte, wie bei uns. DaS ist aber bekanntlich nicht der Fall. Ungar«, Rußland, Nordamerika und Indien sind nicht blo» teil» durch fruchtbareren Boden, teils durch das ihuen mögliche System des Raubbaues, teils durch billigere Arbeitskräfte und fonstige Vorteile der Pro- -uktton — durch alle diele Ursachen oder einzelne von hnen — von jeher im Borfprung vor unserer Land wirtschaft gewesen, sondern sie haben auch, namentlich Indien, seitdem das vervollkommnete Transportwesen rhnen einen bessern Absatz ihrer Getreideproduktion rn Aussicht stellt, da» Gebiet ihrer landwirtschaftlichen Kultur wesentlich ausgedehnt. So ist es dem Aus lande jetzt möglich, uns nicht bloS das Fehlende an unserem Getreidebedarf, sondern noch weit darüber hinaus zu liefern, und zwar zu Preisen, die für unsere Landwirtschaft unmöglich sind — und so nimmt that- lächlich daS Ausland nicht bloß Teil an der PreiS- vestimmung auf unserem Getreidemarkt, sondern be herrjcht sie. Da- dem so ist, geht schon daraus hervor, daß eine Einwirkung der Quantität unserer Ernten aus die Höhe de» Getreidepreises vollständig aufgehört hat. WaS in dieser Beziehung von Gegnern einer Getreidezollerhöhung behauptet wird, beruht lediglich auf theoretischen Konstruktionen. Wir hatten 1882 eine reiche Ernte, 18-3 nur eine mittlere, 1884 wie der eine gute und 1885 eine noch bessere Ernte, aber der Weizenpreis ist in allen diesen Jahren, ohne daß sich die Unterschiede des Ernteertrages der verschie denen Jahre zu einem verhältnismäßigen Ausdruck gebracht hätten, immer gleichmäßig gesunken. Noch 1880 konnte eine Steigerung der Getreide preise infolge einer sehr dürftigen Ernte, infolge des eben eingeführ ten Zolls und namentlich der Neuheit dieser Zollver- hältmsse, denen gegenüber der Import sich zunächst vorsichtig bewegte, beobachtet werden, aber die Momente, die damals noch ein Schwanken in dem Umfange der Zufuhr auS dem Auslande und damit die Mög lichkeit höherer Inlandspreise bei schlechteren Ernte erträgen herbeiführen konnten, sind jetzt von dem Import vollständig überwunden, und der einzige Unterschied zwischen der Wirkung einer guten und einer geringen Ernte für den deutschen Land mann besteht jetzt darin, daß er in letzterem Fall weniger Getreide zum Verkauf bringen kann, ohne dafür einen höheren Preis zu erzielen. Nicht minder deutlich erhellt die gegenwärtige vollständige Ohnmacht unserer Landwirtschaft gegenüber der ausländischen Konkurrenz auS einem Blick auf die Liste der Getreide zuerkannt. War ja auch er ein — wenn auch irren der — Vorkämpfer für jene sittliche Größe gewesen, zu der eS sich unter göttlichem Beistand aufgeschwun gen, hatte dereinst auch er ihm da» Verständnis wecken helfen für das, was in ihm schlummerte! Wie hatte der alternde Mann mit der Begeisterung des Jüng ling» aufgejubelt, als die ungeheuerliche Kunde von der Unterwerfung Frankreichs unter den deutschen Aar den Flug durch die Welt gemacht, und die deut schen Fürsten einmütig dem edeln H 'henzollernsproß die Krone deS neu erstandenen Deutschen Kaiserreichs auf daS greise Heldenhaupt gedrückt! Ein einig Deutschland, ein Deutscher Kaiser — der kühnste Traum seines Leben- war erfüllt, und nur noch der eine Wunsch belebte sein für alles Große und Gute begeisterter Herz: In jener seiner glorreichen deutschen Heimat seinen Lebensabend zu beschließen. Doch ehe die- möglich war, hatten erst noch Jahre vergehen müssen. Die stet» kränkelnde Gattin mochte al- echte Tochter der freien Schweiz kein Grab in der Fremde; Clemence aber, seine Älteste, dieses Kind nach seinem Herzen, hatte sich die akademische Lauf bahn in den Kopf gesetzt, und wo wäre diese wohl leichter zu ermöglichen gewesen, als in der Schweiz? So wartete denn der Professor geduldig, und siehe, die Zeit kam, wo seine Sehnsucht gestillt, sein Hoffen erfüllt werden sollte. Längst hatte man allerorten jene, dereinst mit aller Strenge des Gesetzes verfolg ten Freiheitsschwärmer und -Kämpfer von achtund- vierug amnestiert, ja in K. hatte man sogar kein Be denken getragen, den einst de» Vaterlandes verwiesenen Doktor Karl Schwarz zur Besetzung einer vakant ge- wordeuen Professur in die Heimat zurückzuberufen, preise in den letzten 70 Jahren. Während überall die Preise gestiegen sind und auch der Landwirt selbst für Dienstbotenlöhne, landwirtschaftliche Werkzeuge u.s.w. wesentlich höhere Summen als früher aufwenden muß, war der Weizenpreis 1886 niednger als im Jahre 18l5 und (mit Ausnahme des Jahres 1864) niedriger als in der ganzen Zeit seit 1851. Ähnliche- gilt von den Roggenpreisen, die seit 1852 nur in 4 Jahren und seit 1866 niemals niedriger waren al- 1886. Namentlich aber in den letzten Jahren hat die aus ländische Konkurrenz durch größere Ausdehnung und intensivere Gestaltung der landwirtschaftlichen Betriebe» in den betreffenden Ländern eine solche Stärke ge wonnen, daß dieser Strom alle von unS bi» jetzt gegen ihn aufgeführten Schranken vollständig beiseite gespült hat. Und was ist nun die Folge, der Schlußpunkt dieser Entwicklung? Es giebt darauf nur eine Ant wort und zwar: der Ruin unserer Landwirtschaft. Alle guten Ratschläge, welche man der letzteren erteilt, da mit sie sich auf dem Wege der Selbsthilfe rette, die Aufforderung zu größerer Sparsamkeit und dergleichen, geben in« besten Falle nur untergeordnete Hilfsmittel an; solange die Landwirtschaft aber trotz aller Mühe, Intelligenz und Einschränkung aus ihrem Besitz nur eine Rente herauSwirtschaften kann, die außer allem Verhältnis zu jedem anderen Gewerbe- und Kapitals ertrag steht und von der auf die Dauer eine Existenz nicht gesristet werden kann, niuß sie von denen, die sie nicht preisgeben wollen, etwas Ernsthafteres beanspruchen als solche Palliativmittel und Redensarten. Daß unsere Landwirtschaft aber lebenskräftig er halten werden muß, steht für uns selbstverständlich außer Drage, Dazu bestimmt uns vor allen Dingen schon die Erwägung, daß auf der Kraft unserer acker bautreibenden Bevölkerung auch die Gesundheit und Kraft unseres Staatswesens beruht. Nur wer die letztere zerstören will, also die Sozialdemokratie, kann sich überhaupt offen gegen daS von unS aufgestellte Ziel erklären. Namentlich aber wäre eS von Seiten der In dustrie ein Beweis von kaum begreiflicher Kurzsichtig keit, wenn sie der Aufgabe der Kräftigung unserer Landwirtschaft nicht mit Ernst obliegen wollte. Unsere Industrie mag vorläufig möglichst billige Getreide preise, die die ungebundene Konkurrenz de» Aus landes in Deutschland schafft, und damit die Mög lichkeit niedriger Arbeitslöhne für ihre Interessen vor teilhaft finden. In dem Maße aber, wie die Kauf kraft unserer ackerbautreibenden Bevölkerung zu sammensinkt, wird sich die Industrie mehr und mehr auf den Export ihrer Erzeugnisse angewiesen sehen, und wenn der Absatz ihrer Waren im AuSlande, wie Nicht anders zu erwarten, im Lause der Zeit steigen den Schwierigkeiten begegnet, der inländische Markt aber inzwischen verwüstet ist, dann wird auf den Krach der Landwirtfchaft in naturgemäßer und un- abweislicher Folge auch de'- Krach unserer Industrie solgen. Wir wollen also sür die Produkte unserer Land wirtschaft wieder Preisverhältnisse schaffen, unter denen sie existieren kann und die sie — um mehr handelt es sich nicht — an das wirtschaftliche Niveau der an deren Gewerbsklassen unserer Bevölkerung, hinter dem sie seit Jahrzehnten und neuerdings in steigendem Maße zurückgeblieben ist, wieder heranbringt. Daß die Erreichung dieses Zieles möglich ist, wird im Ernste nicht bestritten werden können. Lagesgeschichtr. Dresden, 9. September. Der kommandierende General Prinz Georg, König!. Hoheit, Höchstwelcher vorgestern abend 9 Uhr 25 Min. mit Bahn von und Professor Charles Noir, der weit über die schwei zerischen Grenzen hinaus berühmte Mann der Wissen schaft, war selbstredend diesem ehrenvollen Rufe nur allzu gern gefolgt. Welch ein Leben hatte eS in der neuen Heimat werden sollen! Der Greis sich ver jüngend unter seinen Schülern, denen er den unver- siechbaren Bronnen der Wissenschaft erschloß; Clemence in der Ausübung des erkorenen Berufs Befriedigung findend, und Louison, die arme Kleine, gehegt und ge pflegt von Vater und Schwester, daß sie es schier ver gaß, wie empfindlich ein grausames Geschick sie bereit» von ihren ersten LellenStagen an verkürzt hatte. Wo war er hin, der köstliche Traum von Frieden und Glück? Zerstoben, verflogen wie alle andern Träume auch, und statt seiner eine Wirklichkeit an gebrochen, trüb wie ein stürmischer Novembertag, der dem Wanderer, der in ihn hinaus muß, Mühe ver ursacht, sich auf den Füßen zu erhalten. Professor Noir hatte K. nicht erreicht, wohl aber der Tod ihn aus dem Wege dahin, und förmlich er starrt in Schreck und Schmerz waren seine Töchter, ihrer Stütze, ihres Schutzes beraubt, an den neuen Wohnort angelangt. „Clemence!" flüsterten plötzlich die Lippen der jüngeren; begann eS ihr doch bei der Erinnerung an jene entsetzliche Schicksalswendung gar zu bang um daS Herz zu werden. Aber die Schwester hörte nicht, konnte nicht hören, war sie ja kaum erst gegangen, um nach der kranken Fran in der Nachbarschaft zu sehen, zu der man sie spät am gestrigen Abend gerufen hatte. „Gottlob!" hatte Louison bei jener Botschaft auS tief stem Herzen geseufzt, Clemence aber hatte gelächelt: einmal maßte man doch inne werden, daß ihr Wiss»«
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