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Dresdner Journal : 30.08.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188708306
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870830
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870830
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-08
- Tag 1887-08-30
-
Monat
1887-08
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 30.08.1887
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W200. Dienstag, den 30. August, abends. Nsr axiprot» r l« U»»»« ä«at»«L«» N«i«k»! iLbrUob: .... 18 1t»r^. ^Mbrliot»; 4 U»rll 60?s kioivlll« t^UIIU0»I1>! tv 4»»»«riuad<i«i, a«vt»cN«o LeieN« tritt ko»t- uvä 8tvmp«l»u»ckl»8 Nivru. Ln^NualxuvxiiisedNIirki» r t>'ür 6«v li»uw «m«r xsup^Itsu«» 2«il2 4leiosr Beitritt 2V?t. Ootvr „Lia^vsiuxlt" Nie 2«it« 60 Uvi 1'»b«II«L- iu»<1 2iü«io»Ltt svttpr. Auk»ebl»8- Lr»cb«i»e»r eN^Uod mit Xusimtuuv äsr 8oQU- ruxt k««rt»K» ^«ruspreck -XQsotLlu»»: l^r. 1298. Dres-nerHonrnal. Für di« Gesamtleitung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der (itteratur- und Kunstgeschichte. »887. r», 4»KI»<NL»»T»» »»»nLrt», F> LommümovLr 6« Ur««1aar ^ourimli; ll»mdar^ 8«rU» - Vt«» - l^ixitG 8»„l-Lr»»1»» rr»L4«4rt ». II.: F ^o^er,- 8«rU»-Vl«»-N»mdmA- ?r»U - - rr»otkiM ». H. H6ocd»» : Lko««,' ?»ri» I-ovckaL L»rUll rr»L4ki»r1 » >. - StattUArt: Da«d« F OoSsrUL: /nvaNc^»»<ia«4,' OÜrM«: O. Ltüüoi ^«c4/ot-«r,' Smu>or«r: 0. 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Damals geschah es zu Gunsten der A^frechthaltung des Identitätsnachweises, da wir in letzterem einen Schutzwall gegen gefährliche Schädig ungen des Volkswohls durch eine Überschwemmung des Inlandes mit minderwertigem Getreide erblickten. Wir thuen dies noch heute und glauben nicht, daß es gegen jene Überschwemmung ein anderes Mittel, als den Zwang des Identitätsnachweises giebt. Erfahrungsgemäß beutet der Getreidehandel, nur zu oft ihm günstige Chancen in einer Weise aus, welche die nationalökonomisch so ungeheuer wertvollen und daher beachtenswerten Interessen des landwirt schaftlichen Produzenten nicht minder schädigt als die des Konsumenten, welcher ein gegründetes Anrecht darauf besitzt, die notwendigsten Mittel seiner Er nährung nicht zu einem durch Spekulation künstlich gesteigerten, übermäßig hohen Preise zu erlangen. Nichtdestoweniger erachten wir es für angezeigt, volks wirtschaftliche Fragen, welche noch im Flusse sind, den Leser nicht nur in einer einseitigen Beleuchtung vorzuführen, sondern wenn möglich den verschiedenen Ansichten das Wort zu verstatten. Von diesem Ge sichtspunkte aus geben wir die nachstehenden Aus- sührungen der konservativen „Ostpreuß. Ztg." wieder, wobei wir bemerken, daß allerdings die Beseitigung des Identitätsnachweises im unleugbaren Interesse des Getreidegeschäftes der Ostseehäfen und der Müllerei liegt, während das Interesse der Gesamtheit und der deutschen Gesamtlandwirtschaft weniger zweifellos ist und in dieser Beziehung die Frage bis jetzt wohl in keiner Partei als spruchreif gilt. Die genannte Zeitung sagt: .... Vergegenwärtigen wir uns die Lage. Als die erste Einführung von Getreidezöllen 1879 statt fand, da wurde auch für Getreide die bekannte Ein richtung getroffen, daß eingeführtes und in den zoll amtlichen Depots niedergelegtes Getreide zollfrei wieder ausgeführt werden könne. Die Folge war, daß dieses transitierende Getreide stets zum Einkaufspreise auf den Weltmarkt gebracht werden konnte, das einheimische Getreide aber nur dann, wenn die Einkaufsbedingungen für dasselbe vollständig ebenso günstig waren wie die für das Transitgetreide. Dies konnte aber fast nie der Fall sein; denn immerhin erschwerte der Zoll den Ankauf inländischen Getreides, was sich um so fühl barer machte, als der Preis desselben (oder doch ge wisser Qualitäten) ohnehin etwas höher zu stehen pflegte, als derjenige des russischen Getreides. Doch gelang es dem Handel, auf die Vorliebe des Marktes Feuilleton. Der beste Anwalt. Erzählung von F. Arneseldt. (Fortsetzung.) Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verlas die Anklage, der Gutsbesitzer Eschebach, sein Kutscher und die übrigen Zeugen wiederholten ihre Aussagen und auch Käthe gab zu, das Pferd unter Bedrohung des Kutschers aus dem Stalle geholt und mit ihm davon geritten zu sein, aber nicht in der Absicht, sich das selbe anzueignen, sondern um es zu einem dringend notwendigen Ritt zu leihen. Sie schilderte, wie sie da« Pferd eingestellt, wie erschrocken sie über dessen Verschwinden gewesen sei, und den weiteren Verlauf der Angelegenheit, verweigerte jedoch die Auskunft darüber, wo sie während der Zeit, in welcher der Raub geschehen, gewesen sei und was sie getrieben habe. Nach verhältnismäßig kurzer Zeit erhielt der Rechts anwalt Walter Bernek das Wort und setzte durch den Beginn seiner Rede den Gerichtshof, wie die gesamte Zuhörerschaft in Erstaunen, denn eS gewann den An schein, als halte er die von ihm verteidigte Sache von vorn herein für verloren. Er gab zu, daß seine Klientin sich einer gesetzwidrigen Handlung schuldig gemacht habe. Der alte Eschebach hob triumphierend den Kopf, Amtmann Glöckner ließ ihn tief auf die Brust sinken, Franz wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn, nur die Angeklagte blieb ruhig und hielt den Blick für ostpreußisches Getreide und für Mischungen mit demselben gestützt, unserem Getreide eine Zeit lang trotz dieser ungünstigen Lage Absatz zu verschaffen; bald aber wurde die Differenz zu bedeutend, und jetzt ist die Ungunst der Lage für unser einheimisches Ge treide eine so große geworden, daß unser feiner weißer Weizen niedriger notiert wie roter. Allerdings hatte nun das deutsche Getreide für den einheimischen Markt einen gewaltigen Vorsprung vor dem frem den, aber unseren Ostprovinzen nützte dieser Vor sprung der zu großen Entfernung nach Westen bez. der hohen Eisenbahnfracht wegen so gut wie gar nichts. Das Resultat war also, daß unser ostpreußifches Getreide ins Ausland nicht gehen konnte, weil seine Beschaffung zu schwierig und kostspielig war gegenüber dem transitierenden russischen Getreide, nach Mittel und Westdeutschland aber nicht, weil die Frachten zu hoch waren. Entweder müßten wir es selbst ver brauchen, oder wir müßten den Nutzen des Preises in der Fracht einbüßen, oder wir müßten es für den Export zu den gleichen Preisen verkaufen wie der russische und polnische Landwirt! Mit der Zeit würden sich diese Verhältnisse dahin entwickelt haben, daß die Einfuhr sich auf das Allernotwendigste beschränkt, der Handel also immer mehr Not gelitten und unsere Zoll einnahme das nach dem Stande unseres Bedarfs denk bar niedrigste Maß erreicht hätte." „Diesem widernatürlichen, die Ostprovinzen um alle Früchte der gegenwärtigen landwirtfreundlichen Handelspolitik betrügenden Zustande kann nur dadurch ein Ende gemacht werden, daß Ein- und Ausfuhr ins Gleichgewicht gesetzt werden, d. h. an die Stelle der Lagerung von Transitgetreide das Recht trete, für ein Quantum eingeführten und verzollten Ge treides sich bei der Ausfuhr den Zoll rückvergüten zu lassen, oder umgekehrt für auSgeführteS Getreide das gleiche Ouantum zollfrei einzuführen. Sowie dies geschehen, ist der Bann von dem Getreide der Ostprovinzen genommen; eS konkurrriert als dann auf dem Weltmärkte zu gleichen, auf dem In« landsmarkte aber zu um den Zoll günstigeren Beding ungen mit dem Transitgetreide, und vermag alle Vor züge seiner Qualität voll zu entfalten. Wohl mag der Weltmarktpreis auch dann ein unlohnender sein: stets wird doch unser Getreide eine doppelte Chance haben, und die Gründe für den einheimischen Handel, das einheimische Produkt zu begünstigen, werden ungleich stärkere geworden sein. Endlich unterschätzen wir keines wegs den Umstand, daß der Handel selbst durch diese Einrichtung mächtige neue Antriebe erhalten, und auch hierdurch wieder auf die Produktion befruchtend rück wirken wird. — Gegen die Überschwemmung mit minder wertigem Getreide, in welcher bei diesem das Verfahren allerdings eine Gefahr liegen könnte, wird man sich zu schützen vermögen. Und was den, von den französischen titrss ä'ueguit her bekannten Mißbrauch betrifft, der mit Beglaubigungen her angeführten Art getrieben werden kann, so wird man ja sehen, welche Form der gleichen hier annehmen wird; es wird immer wieder ein Mitwl der Abhilfe geben. Übrigens hatte von diesen titrs8 nicht sowohl Frankreich Nachteil, als viel mehr die mit ihm verkehrenden Länder, und warum speziell unsere Zolleinnahmen unter denselben leiden sollen, ist nicht abzusehen; höchstens kann unter diesem Einflüsse die Zolleinnahme auf einer bestimmten Mini malhöhe gehalten, d. h. es kann verhindert werden, daß auch nur die kleinste Kleinigkeit eingeführt werde, ohne auf der andern Seite ihre volle Ausnutzung zu finden. Es kann sich also hier jedenfalls nicht um ein äavauum «morgens, sondern nur um ein luerum oessLns der Staatskasse handeln " „Wir glauben es demgemäß für vollberechtigt er klären zu sollen, wenn Handel und Landwirtschaft sich heute in der Forderung einer Aufhebung des Jdenti- mit vollstem Vertrauen auf ihren Anwalt gerichtet, der fortfuhr: „Es läßt sich leider nicht in Abrede stellen, daß Fräulein Käthe Glöckner ohne ausdrückliche Erlaubnis des Herrn Eschebach dessen Pferd aus dem Stalle ge holt, ja sich dessen gegen den Willen des anwesenden Kutschers bemächtigt hat. Vor den Augen dieses Mannes, am Hellen Tage ward der Raub ausgeführt, und er ließ es geschehen — weil — weil — ja wes halb denn?* Er hielt einen Augenblick inne, ließ seine Blicke zuerst über die zierliche Gestalt des jungen Mädchens und dann über die des hünenhaften Kutschers schwei fen und fuhr dann fort: „Fürchtete er sich vor ihr? War sie eine Wal küre, mit der er seine Kräfte nicht zu messen wagte? Versteinerte sie ihn mit dem Blicke der Medusa oder hielt sie ihm einen sechsläufigen Revolver vor?" fragte er und entwickelte in Stimme und Mienenspiel einen so trockenen Humor, daß er die gesamte Zuhörer schaft zu einem schallenden Gelächter Hinriß. Ohne sich dadurch im mindesten beirren zu lassen, sprach er mit unerschütterlichem Ernste weiter: „Dem kann nicht so sein, denn wir habeu in den Aussagen des Vergewaltigten nichts von Mordversuch vernommen; eS ist daher anzunehmen, daß er einer andern Gewalt wich, und ich habe allen Grund anzu nehmen, daß diese Gewalt keine andere war, al- die seines eignen Herrn. Er fürchtete dessen Zorn, wenn er das Pferd weggab, er fürchtete ihn aber auch, wenn er eS der jungen Dame, der präsumtiven Schwieger tochter der Herrn Eschebach —" tätsnachweises begegnen, und wenn die letztere hofft, auf diesem Wege ihre Lage um so viel zu verbessern, als ihr der Mitbewerb auf dem Weltmärkte erleichtert wird. Natürlich spricht die gegnerische Presse sofort von Ausfuhrprämien, während doch jedem Zentner auSgeführten (fremden oder einheimischen) Getridese ein Zentner eingeführten und verzollten ausländischen Getreides gegenübersteht, der Vorteil also nicht der Landwirtschaft, sondern dem Handel, und der Land wirtschaft nur insofern zufließt, als sie durch diese Einrichtung dem Handel gegenüber in eine bessere Lage kommt. Daß aber Handel und Landwirtschaft und mit ihnen das wichtige Gewerbe der Müllerei wieder ein mal gleiche Interessen haben, das erfüllt uns aller dings mit hoher Befriedigung!" So die „Ostpreuß. Ztg", deren Bemerkungen wir dem Urteile unserer Leser überlassen. Um jedoch in dieser Beziehung dem oben ausgesprochenen Bedürf nisse einer Beleuchtung von zwei Seiten gerecht zu werden, halten wir es für angezeigt, den Kernpunkt der in Nr. 184 unseres Blattes veröffentlichten Ausführungen in folgendem zu wiederholen: Es ist nicht zu verkennen — hieß es da —, daß mit den Jmportquittungen und Exportscheinen ein neuer Spekulationshandel getrieben werden kann. Die Händler haben dann bei der Ein fuhr ausländischen Getreides gar kein Risiko mehr, können beliebige Massen einführen, die Preise des guten deutschen Getreides dadurch werfen, dasselbe zu billigem Preise aufkaufen und zum Export benutzen, für welchen sie das schlechte russische Getreide nicht wohl brauchen können. Dies letztere können sie dann dem deutschen Konsum ausdrängen. Und hierauf scheint es besonders abgesehen zu sein. Auf dem aus wärtigen, namentlich englischen Markte, wo mit dem amerikanischen und indischen Getreide in Konkurrenz zu treten ist, kann mit dem schlechten russischen Getreide kein Geschäft gemacht werden. Deshalb führt man dasselbe nach Deutschland ein und daS deutsche nach England aus. Der Getreidehandel hat dann die deutsche Landwirtschaft noch mehr in seiner Hand als jetzt, wenn er mit der Ein- und Ausfuhr beliebig manöv rieren kann. Und wenn die Landwirte glauben, die Getreidehändler würden dann den rückgezahlten Zoll dem deutschen Getreide durch bessere Preise zu gute kommen lassen, so dürsten sie sich irren; denn es liegt in der Natur des Handels, daß er alle seine Chancen zu seinem Gunsten so viel als möglich ausbeutet Es will uns deshalb scheinen, daß man es sehr reiflich überlegen sollte, ehe man zur Aufhebung des Iden titätsnachweises schreitet. Tagesgeschichte. Dresden, 30. August. Ter kommandierende Ge neral Prinz Georg, Königl. Hoheit, begab sich in Begleitung des Chefs des Generalstabes Oberst v d Planitz und des Adjutanten im Generalkommando Hauptmann d'Elsa heute früh 6 Uhr mittelst Eisen bahn nach Dahlen, um die daselbst zu den Brigade übungen versammelte 2. Kavalleriebrigade Nr. 24 zu besichtigen. *Berlin, 29. August. Se. Majestät der Kaiser wohnte am heutigen Vormittage den Übungen der Gardekavalleriedivision auf dem Bornstedter Felde bei und kehrte sodann nach Babelsberg zurück. Heute nachmittag findet bei den Majestäten ein kleines Diner statt. Nach Aufhebung der Tafel wird der Kaiser, soweit dis jetzt bestimmt, von Schloß Babelsberg nach Berlin kommen und auch im kiesigen Königl. Palais über Nacht verbleiben, da derselbe morgen vormittag dem Exerzieren der Gardeinfanteriebrigaden auf dem Tempelhofer Felde, hinter dem Kreuzberge, beizuwoh nen beabsichtigt. Nach dem Schluß der Exerzitien soll die Rückkehr nach Schloß Babelsberg erfolgen. Am Mittwoch gedenken die Majestäten nach Berlin „Ist nicht meine Schwiegertochter!" schrie Esche bach dazwischen. Walter verbeugte sich mit einem verbindlichen Lächeln, als habe ihm der alte Herr eine ihm hoch wichtige Neuigkeit mitgeteilt und sagte: „Ich komme sogleich darauf. Also der präsumtiven Schwieger tochter und präsumtiven Besitzerin des Goldfuchses ver weigerte, und geriet auf den Ausweg, geschehen zu lassen, was entschieden zu hindern er sich nicht ge traute. Ist es nicht so?" wandte er sich an den Kutscher, und dieser murmelte, ohne auf seines Herrn wütende Blicke zu achten: „Es stimmt, genau so war mir zu Mute, ich konnt's nur nicht so beschreiben." „Man könnte mithin wohl weniger von einem Raube als von einer Zwangsanleihe sprechen," nahm Walter Bernek wieder daS Wort, „ich . bin indes weit entfernt, eine solche, wenn sie vom einzelnen erhoben ist, für eine gesetzliche Handlung zu erklären. Unter suchen wir indes, wie meine Klientin zu einer solchen gekommen ist. Ich muß mir zu diesem Zwecke die Erlaubnis erbitten, etwas in die Vergangenheit zurück zugreifen." Und nun schilderte er das Verhältnis der beiden im bewaffneten Frieden mit einander lebenden Nach barn und die während eines solchen Waffenstillstandes geschlossene Verlobung ihrer Kinder, ohne den Haupt personen nur die leiseste Stimme einzuräumen, sowie den zwischen dem jungen Paare vereinbarten Separat vertrag in der launigsten Weise, dabei doch sehr ge schickt Glöckner in eine weit günstigere Beleuchtung rückend al- Eschebach, überaus belustigend wirkte die Erzählung, mit welcher Sehnsucht die Scheinverlobten überzusiedeln und am Donnerstag die große Herbst parade des Gardekorps abzunchmen. Das Befinden des Kaisers ist andauernd ganz vorzüglich. Graf Herbert v. Bismarck kam, wie die „Engl. Korresp." meldet, am Donnerstag in England an, um dem ihm befreundeten Lord Rosebery auf dessen Gute Mentmore bei Leighton Buzzard einen Besuch abzu statten. Nach seiner Ankunft in London fuhr Graf Herbert nach dem deutschen Botschafterhotel, wo er eine lange Unterredung mit Lord Salisbury hatte. Wie die „Köln. Ztg." erfährt, war Hr. v. Thiel mann, der derzeitige Vertreter Deutschlands in Sophia, bereits längere Zeit vor der Abreise des Prinzen Ferdinand von Coburg nach Bulgarien dazu aus ersehen, zum deutschen Gesandten in Darmstadt er nannt zu werden, und zwar einfach, weil er nach seiner Anciennetät im diplomatischen Dienste zur Be setzung des ersten freien Gesandtschaftspostens be rufen war. Die Neubesetzung des bisher von Hrn. v. Thielmann bekleideten Postens in Sophia ist noch nicht erfolgt, da man deutscherseits davon Abstand nehmen muß, bei einer nicht anerkannten Regierung, wie es die heutige in Bulgarien ist, einen Vertreter zu beglaubigen. Das Manövergeschwader traf gestern, wie aus Kiel berichtet wird, vor der Hevermündung ein und ging heute nach Amrum. Das Panzerschiff „Friedrich Karl" ging heute von hier nach Wilhelms haven in See. Die ,Iöln. Ztg." schreibt: „Wir brachten vor einigen Tagen die Mitteilung, wie verlaute, solle dem nächst zwischen Deutschland und Frankreich wegen des Aufenthaltes ihrer Landesangehörigen in den beiden Ländern unterhandelt werden; die fran zösische Regierung wolle aber erst nach Wiedereröff nung der Kammer die Verhandlungen beginnen. Wir erfahren jetzt von zuverläsiger Seite, daß keinerlei be zügliche Verhandlungen schweben oder — in Berlin wenigstens — auch nur in Aussicht genommen sind. Derartige Verhandlungen würden, wie man uns be merkt, übrigens auch nutzlos sein, da die Belästigun gen, denen Deutsche sich aussetzen, die sich nun einmal nicht davon abhalten lassen wollen, ihr Glück oder ihr Vergnügen in Frankreich zu suchen, in der Hauptsache von obrigkeitlichen Einflüssen unabhängig zu sein Pflegen.,, Die „Köln. Zeitung" meldete kürzlich, daß die An zahl der bei den Reichsbehörden emgegangenen Ein gaben und Bittschriften um Erhöhung der Getreide- zölte großer )ei, als durch die Zeitungen bisher be kannt geworden wäre. Die „Nordd. Allg. Ztg." ist in der Lage, diese Nachricht bestätigen zu können. Es wird derselben mitgeteilt, daß aus den verschieden sten Teilen der Monarchie noch immer Petitionen ein gehen, in denen seitens des HandelsstandeS für Er höhung der Getreidezölle plaidiert wird. Die Anmeldungen zum Beitritt in die Aktien gesellschaft für Spiritusverwertungen sollen nur noch bis heute abend angenommen werden. Wie verlautet, war heute mittag, wo die Beteiligten im Tirektorialsaale der Deutschen Bank hierselbst zu einer Sitzung zusammentraten, noch nicht entschieden, ob und wann die definitive Konstituierung der Aktien gesellschaft erfolgen könne. Von den heute in Frankfurt a. M. versam melten 30 Brennereibesitzern aus dem Großherzogtum Hessen traten 16 größere Brenner mit einem Steuer kapital von 170000 M. der zu gründenden Aktien gesellschaft für Spiritusverwertung bei. Ein Delegierter des Vereins von Spiritusfabrikanten Deutschlands erklärte, daß die besonderen Verhältnisse des hessischen Spiritusmarktes berücksichtigt werden würden. Während, wie bereits mitgeteilt, die Pläne und Anschläge sür die in den nächstjährigen preußischen auf den sich diesmal ganz ungewöhnlich lange ver zögernden Wiederausbruch der Feindseligkeiten zwischen den beiden Vätern geharrt hätten, und als dieser end lich eingetreten sei, da hätte man von einer Chikane des Glückes reden müssen, denn er hätte in keinem ungelegneren Augenblicke kommen können. Nun folgte eine genaue Schilderung der Vorgänge an dem verhängnisvollen Jagdtage unter Angabe der Gründe, welche Käthe Glöckner veranlaßt, selbst auf die Gefahr sich einen Prozeß wegen Pferderaub zu zuziehen, den Goldfuchs aus des Nachbars Stall zu holen und nach der Eisenbahnstation zu reiten. Vom Humoristischen ins Ernste übergehend malte er die Angst und Verzweiflung des jungen Mädchens aus, als sic bei der Rückkehr von dem langen Spazier gange mit ihrem heimlich Verlobten das entliehene Pferd nicht mehr vorgefunden; ihr Entsetzen, als sie unter Schwierigkeiten aller Art heimkehrend erfuhr, der hcißersehnte Krieg zwischen Eschebach und ihrem Vater sei endlich ausgcbrochen, und die Angst, welche sie ob der möglichen Folgen ihres unbesonnenen Streiches ausgestanden. „Welche Schrecknisse ihre Phantasie ihr aber vor spiegeln mochte, die Wirklichkeit blieb doch dahinter zurück", setzte er, die Stimme noch etwas erhebend hinzu, und nun folgte einfach, ruhig, aber wahrhaft vernichtend eine Charakteristik der von Rachsucht, Schadenfreude und Grausamkeit diktierten Handlungs weise Eschebachs. Es war nicht länger Käthe Glöck ner, welche auf der Anklagebank saß, sondern der Rittergutsbesitzer, und wie auch das Urteil über jene ausfallen mochte, in der öffentlichen Meinung war dieser gerichtet.
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