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Dresdner Journal : 22.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188707229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870722
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870722
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-07
- Tag 1887-07-22
-
Monat
1887-07
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 22.07.1887
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L887 Freitag, den 22. Juli, abends Vier DresdnerIMmal N»»d Ftiiillcton M L«^L«: UUlrUvUr.... 1» ^D»rliel»! 4 HiuV K0 kk. Xuwmsrv: 10 kf. 4»««rt»»IV ck« ämit«!»«!» Lsiotr« tritt ko«t- m>6 8t»mp»l»a,ct»I»^ kioiu. «,,»»»« v», L»NN»4t»»»» »!prt»i A> L O,m nll»io llLr äo« I>r«»<tvsr 1oan»»1»; Für die Gefamtleilung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der (itteratnr- und Kunstgeschichte. 6oS«rUL: 0»rM>: S. AtM«? U»»L«r«r: 0. U»U« ». > ! /. Larct <0 Oo. U«r»»,»ed«r r Nvui-I. Lrp«1itiol> äs, I>r«»äa«r ^oanuü», 1>rs«ä«ll, 2^in^sr,tr. >0 kerviprsek -Xo»et»-i»«: Kr. USb Dresden, 22. Juli. Wahlreformen in England während der Regierung der Königin Vittoria. Da» halbe Jahrhundert hindurch, in welchem Königin Viktoria den britischen Thron ziert, hat man sich in England bemüht, zwei innerpolitische Probleme 4MUUo6l»iu>r»s«dUkr«» r fSr ä«» «wer »s,p»It«o«il 2«ils ^lvivsr 8«>>rlkt <0 t^. votsr äi« Xsil« bv t'f. 8«i 1»ti»II,Q- Lüä 2i8«in^t» «vtspr. XufioUl»^. Lr»ck«l»»» r Nssliol» mit Auu»»i»ms 6er 8oim- ao6 /««rt»^» »dsuä,. kernsproot» Aiuoklu«: Ur. 1LVK. Lageötzeschlchte. * Berlin, 2l. Juli. Se. Majestät der Kaiser arbeitete gestern, wie aus Bad Gastein gemeldet wird, nach der Spazierfahrt einige Stunden. Zu dem Diner um 4 Uhr im Badefchlosse war der Statthalter Graf Thun zugezogen worden. Gestern nachmittag hatte Se. Majestät der Gräfin Lehndorff einen Besuch in der Solitude abgestattet und gegen abend abermals eine Spazierfahrt mit dem Grafen Lehndorff inS Amtlicher Teil. St. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem pensionirten Rechnungsführer Geißler in Dörnthal, vormals bei der Dörnthaler Bergwerks- Wasserleitung, das allgemeine Ehrenzeichen zu ver leihen. zn lösen, die auch heute noch daS englische Volk un ablässig in Aufregung halten. Vor allem war eS die irische Frage, welcher Englands beste Köpfe il-re ikraft widmeten, ohne daß sie eine vollkommen befriedigende Lösung gefunden hätten, während sie in dem fast nicht minder schwierigen Bestreben, den breiten Schichten deS Volkes Einfluß auf die Regierung ihres Vaterlandes zu verschaffen und doch die Wirren eines demokratischen Regiments zu vermeiden, entschieden glücklicher gewesen sind. Bei der Machtfülle, welche dem englischen Par lament seit jeher innewohnt und der geringen Durch schnittsbildung des Volkes hätte das allgemeine Wahl recht für England verhängnisvoll werden können und doch ward es im Laufe unseres Jahrhunderts immer nötiger, auch den weiteren Schichten des Volkes daS Wahlrecht zu verleihen, wenn ander- die glimmende Unzufriedenheit nicht in Helle Flammen auSbrechen sollte. — Weit verbreitet und kaum mehr auSzurotten ist der Irrtum, England sei groß und mächtig ge worden, weil von jeher das englische Volk sich selbst regiert habe. Wie unhaltbar diese Ansicht ist, beweist schlagend der Umstand, daß in England bis vor wenigen Jahrzehnten dem Volke irgend welcher Einfluß auf die Regierung nicht zustand, daß vielmehr seine Ver fassung bis Ende der sechziger Jahre eine aristokratische gewesen ist. DaS HauS der Gemeinen vertrat bi- zu dieser Zeit durchaus nicht die Allgemeinheit des eng lischen Volkes, vielmehr entsendete den bei weitem größten Teil der Parlamentsmitglieder der Adel. Jede Grafschaft nämlich, ohne Rücksicht auf ihre Einwohnerzahl, wählte mehrere Abgeordnete für das Parlament, das Wahlrecht aber besaßen ausschließ lich die Grundbesitzer, und Grundbesitzer ist für Eng land bekanntlich ziemlich gleichbedeutend mit Adel. Zwar waren auch 120 Städte im Parlament ver treten, während dieselben aber zur Zeit de- Erlasse- der Konstitution, d. h. also im Jahre 1343, die be deutendsten des Landes gewesen waren, hatten sie in zwischen zum guten Teil ihre Bedeutung eingebüßt, waren zu Dörfern und Marktflecken„rotten borooxde", herabgesunken, in denen der Adel ebenfalls bei den Wahlen den größten Einfluß auSübte. Vielfach war es Brauch, daß die Parlamentsstellen vom Vater zum Sohne forterbten, sogar im Parlamente selbst blieb die Führung der Parteien in den Händen weniger Familien. Vor der ersten Wahlreform im Jahre 1832 verfügte der grundbesitzendr Adel über 450 von den 513 Parla mentsplätzen und nur die übrigen 60—70 Abgeord neten vertraten den Bürgersland. DaS Wahlrecht be saßen höchstens 400 000 von den in England wohn haften 6 Millionen selbständigen Männern Daß solche Zustände sich Jahrhunderte hindurch halten konnten, begreift man nur, wenn man die fast heilige Scheu in Rechnung zieht, mit welcher der Engländer „der Weisheit seiner Vorfahren" gegenübersteht. Unter der Regierung Wilhelms IV. wurde zuerst daS Ver langen nach einer Änderung der bisherigen Verhält nisse laut und schon 1832 hielt es Regierung und Parlament sür angebracht, eine Reihe von Verbesserungen des Wahlgesetzes vorzunehmen. 54der früher vertretungs- berechtigten Ortschaften verloren ihr Privileg und die Zahl der Wahlfähigen wurde aus rund eine Million erhöht. Immerhin blieb dem Adel auch nach dieser Reformbill noch ein beträchtliches Übergewicht selbst im Unterhause. Als Königin Viktoria im Jahre 1837 den britischen Thron bestieg, machte sich im ganzen Lande eine mächtige Strömung geltend, der sogenannte Chartismus, welcher in einer Volkscharte allgemeines Wahlrecht und geheime Abstimmung sorderte und selbst vor bewaffneter Erhebung nicht zurückschreckte. Die Folge dieser letzteren Maßlosigkeiten war, daß die gesetzgebende» Körperschaften de- JnselreichS auf Jahrzehnte hinaus jeden Versuch einer weiteren De mokratisierung deS Parlament- von sich wiesen, zumal Kötschachthal unternommen. Heute nahm Se. Maje stät um 8 Uhr wiederum ein Bad und machte um 10 Uhr eine Spazierfahrt. Ihre Majestät die Kaiserin wird, wie au» Cob- lenz gemeldet wird, voraussichtlich am 25. d. MtS. Coblenz wieder verlassen und sich zunächst nach Hom burg v d. H. begeben, woselbst zum Empfange Ihrer Majestät bereits die nötigen Einrichtungen getroffen werden. Londoner Nachrichten zufolge hat Se. Kaiser!, und Königl. Hoheit der Kronprinz Schloß Windsor, wo er als Gast der Königin gelebt bat, verlassen und sollte heute auf der Insel Wight emtreffen Auf der Insel wird der Kronprinz, dessen Befinden ein möglichst gutes ist, mit seiner Familie in Norris Castle wohnen. Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Friedrich Karl wird morgen von hier nach Jagdschloß Glienicke übersiedeln. Se. Königl Hoheit der Prinz Friedrich Leopold stattete gestern seiner erlauchten Mutter im hiesigen PalaiS einen Besuch ab und kehrte darauf wieder nach Potsdam zurück. Der „Reichsanz." veröffentlicht die Vereinbarung zwischen der Kaiser!, deutschen und der König!, por tugiesischen Regierung, betreffend die Abgrenzung ihrer beiderseitigen Besitzungen und Inter essensphären in Südafrika, vom 12. Juli d. I. Desgleichen veröffentlicht daS Blatt das Gesetz be treffend den Verkehr mit Ersatzmitteln für Butter vom !2. Juli d. Js. Das Elifabeth-Kranken- und Diakonisfen- haus zu Berlin hat mit dem Johanniter-Orden das Abkommen getroffen, daß es im Falle eines Krieges alle disponiblen Kräfte in seinen Dienst stellt, auch Frauen und Jungfrauen, die sich bei dem Orden zur Ausbildung als Pflegerinnen melden, foweit eS die Verhältnisse des Hauses gestatten, in einem mehr monatigen Kursus zur Hilfsarbeit vorbereitet. Da nunmehr auch der französische Senat mit 172 gegen 82 Stimmen die Mobilisierungsvorlage angenommen hat, ist es von Wert, die Anschauungen kennen zu lernen, welche in Berlin über das nun be stimmt zur Ausführung gelangende Unternehmen vor herrschen. Diesbezüglich schreibt man der „Weser-Ztg.": „An dem Charakter der deutsch-französischen Bezieh ungen wird durch die probeweise Mobilisierung nicht» geändert. Daß die Franzosen je eher je lieber die ganze Armee mobil machen möchten, weiß umu hier ohnehin. Der Beschluß der Pariser Kammer enthält also nichts Neues oder unmittelbar Bedrohliche-; eher noch hat er den Wert einer danken-würdigen Offen herzigkeit. Es braucht nicht gesagt zu werden, daß unsere Armeeverwaltung alles Andere eher al- unge halten über die probeweise Mobilmachung ist. Denn so sehr der Kriegsminister Ferron auch bemüht sein wird, durch zweckmäßige und in dieser Weise im Ernst fälle gar nicht zutreffende Arrangements einen Miß erfolg zu verhüten, so wird an dem interessanten Ver suche doch immer noch genug zu lernen sein. Frank reich legt mit demselben gleichsam sein militärisches Examen ab. Nach den uns zukommenden Mitteilungen dürften deutsche Gegenmaßregeln nicht zu erwarten sein. Sollten dieselben aber doch noch beschlossen wer den, so würde die Initiative ausschließlich dem Krieg»- Minister überlassen bleiben. Man versichert an be achtenswerten Stellen, daß Fürst Bismarck in dieser Angelegenheit von Anfang an Hrn. v. Bronsart den Vortritt gelassen und die Frage nicht als eine solche der auswärtigen Politik, sondern lediglich al» eine militärische, was sie in Wirklichkeit auch ist, betrachtet habe.- — In den „Münch. N. Nachr" äußert sich ein „als her vorragender Kenner der französischen Verhältnisse gel- tender Militärschriftsteller" wie folgt: Die Mobilisirung „Aber gnädige Frau, von allen diesen Eigen schaften besitzt Ihre Freundin auch gar keine. Das ist ja gerade der wunderbare Reiz an ihr, daß sie bei der südlichen Glut ihrer dunklen Augen eine nordische Strebsamkeit und bewußten Stolz besitzt, sie ist da durch etwa» ganz Absonderliches, eine eigenartig in teressante Erscheinung, in die man sich verlieben müßte, wenn sie nicht inzwischen so hoch gewachsen wäre, daß selbst die edelste Liebe fürchten müßte, sie nicht mehr zu erreichen." Der Baron hotte sich Hinreißen lassen und hielt jetzt erschrocken inne. „Deshalb, gnädige Frau", setzte er galant hinzu, denn er fühlte, so weit hätte er Le- lias wegen dieser Frau gegenüber nicht gehen dürfen, „deshalb kann sie sich an Gefährlichkeit sür unser Geschlecht nicht mit ähresgleichen messen, aber ab sonderlich bleibt eine solche Erscheinung immer und „Und auch für Sie", setzte Melanie mit dem Finger drohend hinzu, obgleich die letzten Worte sie wieder ausgesöhnt, und sie lenkte ihre blauen Augen einen Augenblick leuchtend in die seinen. „Meine arme, gute Carla ist Ihnen nicht halb so interessant." „WaS wollen Sie, gnädige Frau, interessant ist mir keine, wenn ich neben Ihnen sitze. Fräulein Andersen ist indessen so zu sagen verlobt und niemand ist bekanntlich für uns Männer uninteressanter, al» Bräute." ES war ein lauschiges Plüschen, etwa- im Halb dunkel, an welchem Melanie m't Velten saß, sie hatte sich lange nicht so behaglich an seiner Seite gesühlt, und es war ihr offenbar unangenehm, als Lelia sich zum Ausbruch erhob. Anerkennung gehabt, solide, deutsche Einfachheit, fes- felte ihn trotzdem, und was er sonst getadelt, fand er hier anmutig. Richter gähnte zuweilen und war nicht bei der Sache, und das gab Velten Beranlasfung zu denken, daß falls diese Partie, wie ihm Melanie gesagt, zu stände käme, sie wenigstens von Richters Seite andere Motive haben müsse, als leidenschaftliche Liebe. Es war Velten heute abend manches rätselhaft er schienen, und in dem Leben der großen Städte ge schult, nahm er sich vor, zu beobachten und nament lich nicht unbedingt den Worten der schönen Frau zu glauben, die ihm heute so viel Vertrauen bewiesen. Carlas gerade, einfache Art, fo frei von jeder Ge fallsucht, schier. Melanie nicht gefährlich and deshalb war sie eigentlich am wohlwollendsten gegen diese. Das junge Mädchen in seiner Bescheidenheit fand es natürlich, daß man die schöne Tante bewunderte und sich gern mit ihr unterhielt, die so gewandt zu sprechen verstand. Sie gab das ihr gegenüber auch offen kund, und ohne daß sie die Absicht hatte, zu schmeicheln, gewann sie dadurch Melanies Vertrauen. Daß diese anders war, als die Damen des Kreise-, in welchem sie sich bisher in den einfachen Verhältnissen einer Kleinstadt bewegt, da- sah sie wohl, aber wenn ich ihr gerechtes Gefühl zuweilen aufbäumen wollte, o dämpfte sie eS mit der Entschuldigung, daß Me- anie eben in anderer Sphäre lebe, ander» erzoaen ei und fie nun einmal für diefe Art zu sein kein Verständnis habe. Sie bewunderte sie, sah an ihr in die Höhe und war dankbar für das Gute, welches sie ihr erwies, aber volles Vertrauen zu ihr haben, wie sie eS zu Lelia hatte, daS konnte sie dennoch nicht. Mchtmnttichtr Teil. TetegrcrphiscHe WachricHten. Pari», 21. Juli. (W. T. B.) Die Depu- Itierteukammer beschloß nach langer Beratung über Idir Vorlage, betreffend den Bau der Pariser IStadtbahn, mit 258 gegen 221 Stimmen, auf die Beratung der einzelnen Artikel nicht einzugehen. Wer Schluß der Session der Kammern erfolgt Wahrscheinlich morgen. In der heutigen Generalversammlung der Ak tionäre der Panamagesellschaft verla» Lessep» den Geschäftsbericht, der sich in bezug auf die für daS Jahr 188V in Aussicht genommene Eröffnung de» Kanal» weniger zuversichtlich al» die früheren Berichte auSspricht, indessen an der Hoffnung fest- hält, daß im Jahre 188V die Verbindung zwischen beiden Meeren hergestellt sein werde. Die zur Vollendung de» ganzen Werk» erforderlichen Ar beiten könnten dann, wie e» seiner Zeit auch beim Suezkanal geschehen, fortgesetzt werden. Der Kaiser von Brasilien wohnte der Versammlung bei und wurde beim Eintritt mit lebhaften Zu rufen begrüßt. Livorno, 21. Juli. (W. T. B.) Der König hielt deute eine Revue über da» Marinegeschwader ab. Nach der Revue stieg der König unter den Salutschüssen der Schifft, an denen sich auch da hier vor Anker liegende amerikanische Kriegsschiff „Pensacola" beteiligte, wieder an» Land, besuchte da» Atelier Orlando, empfing den Bischof und die Behörden, ließ die Vereine der Stadt, die im fest lichen Anfzuge erschienen, an sich vorüberziehen, und trat abend» 7 Uhr die Rückreise an. Von der Bevölkerung warden dem König überall, wo er sich zeigte, enthusiastische Ovationen dargebracht Dem Geschwader hat der König seine Befriedigung über die Leistungen bei dem heutigen Seemanöver «»»sprechen lassen. London, 21. Juli. (W. T. B.) Unterhaus. Bei Beratung deS Antrags, zur Diskussion über die einzelnen Artikel der irischen Landbill über- zugehen, erteilte der Generalsekretär für Irland, Balfour, die Zusicherung, daß er während der ParlamentSferien eine Untersuchung betreffs der auf dem irischen Grundbesitze haftenden Hypotheken und Kamilienlasten anordnen werde. — Im weiteren Laufe der Debatte brachte Balfour die in der Versammlung der Konservativen am 1S. d. MtS. angekündigten Amendements ein, unter anderem die zeitweilige Ermäßigung der Pachtzinsen während der nächsten drei Jahre. DaS Haus beschloß, die Einzelberatung vorzunehmen, die alSdann auf Montag anberanmt wurde. - N«rU>» -Mi« - - <« »«U»-Mt«-N«>d«r,- kr»A - *. N. - neu»««: Ato««,' r»rti L«L« - NrrU» - ». N. - : Da-d« Lelia Nubien. Bon H Keller-Jordan. (Fortsetzung.) Hatte nicht infolge dessen Melanie versucht, ihr diesen Zauber zu nehmen, indem sie Velten zur Thüre des Nebenzimmer» führte und mit zweideutigen Worten aus Gregor und Lelia zeigte? Gregors reine Natur hatte am allerwenigsten in gebildeten Kreisen die Jn- triguen vermutet, wie sie sich wohl zuweilen in den Regionen de- Volke« finden, wo sie sich aber mit Hunger und Elend entschuldigen lassen. Um so schmerzlicher war ihm der Gedanke an die schöne, blonde Frau, die seiner Mutter und ihm so freund schaftlich begegnet war, deren Liebenswürdigkeit ihn ungezogen und die nun doch sein Mißtrauen erregen mußte. Die schöne Empfindung, Lelia näher getreten zu sei«, mit ihr gemeinschaftlich arbeiten zu können, trat in den Hintergrund und er war der erste, der sich heute abend nach dem Aufbruch sehnte. — Al» er mit seiner Mutter den Salon verlassen hatte, saß Melanie mit Velten plaudernd im Sosa, he war heiter und sprudelnd und Velten konnte eS I nicht läuanen, daß sie reizvoll und anmutig sei. Den noch warf er zuweilen einen Blick hinüber nach Carla, die mit Richter in einem Album blätterte und sich von ihm, der nicht ohne Kunstsinn und Urteil war, I die Bilder erklären ließ. DaS junge Mädchen, welches I gerade die Tugend besaß, für die Velten die wenigste Als nun Velten zerstreute Antworten gab, dachte Melanie nichts weniger, als daß ihn daS einfache Wesen ihrer reizlosen Nichte beschäftige, sondern e» war Lelia, welche sie für ihn fürchtete und auf die sie eifersüchtig war. „Sehen Sie doch, lieber Baron", sagte sie, „wie vertieft mein guter Mann mit Lelia ist. Das stammt noch au» der guten, alten Zeit, wo Rubien noch lebte und wir auf unseren großen Spazieigängen unsere Männer austauschen mußten. Ich habe mich manch mal mit dem armen Theodoro, wie ihn Lelia nannte, gelangweilt, während ich ihr meinen Mann abtreten mußte." „Es scheint, daß sich Frau Rubien gern mit Herrn Andersen unterhält? - „Früher ist eS mir nicht aufgefallen, was wollen Sie, »ch bin so arglo« — aber jetzt ist eben die kleine Creolin eine Andere geworden — lebenslustiger und selbstbewußter — trotz ihrem scheinbaren Ernst - Velten streifte mit flüchtigem Blicke Melanies Gesicht. Es war ruhig und sie fah unbefangen und neidlos auf ihr schöne» Gegenüber. „War Rubien glücklich mit seiner Frau?- fragte er, weil er nicht wußte, was er mit Melanie» Ant wort machen sollte. „GlücNich? Ich glaube, e» war ihre fremde Schön heit, die ihn angezogen hatte, aber die ihn nachher doch üicht auf die Dauer zu fesseln vermochte. Sie wissen, lieber Baron, die Creolinnen sind oberflächlich, bequem und lieben e», sich anbeten zu lassen, und Rubien war doch eigentlich kein so unbedeutender Mann, dem da» genügen konnte." ihnen die Erfolge Englands auf dem Gebiete der auswärtigen jPolitik, vor allem im Krimiriege, die Reformbewegung-außer acht zu lassen erlaubte Erst 1859 legte Lord Derby, der damalige Premierminister, um der auf» neue anwachsenden Agitation einen Riegel vorzuschieben, dem Parlamente ein verbessertes Wahlgesetz vor, welches indessen die Zustimmung der Volksvertreter nicht fand. Gladstone, dem Führer der Whigs, blieb eS Vorbehalten, die Forderungen des englischen Volkes, welches einen größern Anteil an der Regierung des Landes erstrebte, zu verwirklichen. Gladstone ist fraglos einer der bedeutendsten Männer deS heutigen Englands, und eS ist nur zu bedauern, daß er neuerdings diese Bedeutung für eine Sache einsetzte, welche die Einheit des englischen Reiches ernstlich gefährdet. Die Wahlen von 1859 hatten den Liberalen eine entschiedene Mehrheit gebracht, ganz England glaubte an eine schnelle Lösung der WahlrechtSsrage und Glad stone ließ auch mit entsprechenden Vorschlägen nicht auf sich warten. Aber während dem Volke Gladstones Bill vielfach nicht weit genug ging, geschah eS, daß im Unterhaus« ein beträchtlicher Teil der Whigs dem Gesetzentwürfe seine Zustimmung versagte, weil er ihnen zu radikal erschien. Gladstone demissionierte und Lord Beaconsfield, der Toryführer, nahm eS auf sich, mit Hilfe der ihm verbündeten 60 Liberalen ein Koalitionsministerium zu bilden. Die Verhältnisse lagen damals ganz entsprechend den heutigen, denn Lord Salisbury ist bekanntlich auch auf die Unter stützung der liberalen Unionisten angewiesen. Zur all meinen Überraschung brachte das neue Ministerium im Jahre 186 l ein Wahlgesetz ein, welches in vielen Punkten noch liberaler war, als Gladstones Bill, denn Beaconsfield verstand in der Seele des Volkes zu lesen und hatte erkannt, daß die Wahlreform auf die Dauer doch nicht aufzuschieben sei Unter dem Druck der öffentlichen Meinung sah sich das Parlament ge nötigt, die Vorschläge des konservativen Ministeriums gutzubeißen, was indessen die Niederlage Beaconsfields und der ihm verbündeten Liberalen bei den nächsten Wahlen nicht verhindern konnte. Als Gladstone 1868 die Regierung aufs neue übernahm, ließ er es sich vor allem angelegen sein, die Wahlreform weiter fort zuführen. 1871 ward von ihm die geheime Abstim mung durchgesetzt, später auch der Census erniedrigt, eine neue Einteilung der Wahlkreise vorgenommen u. s. w. Immerhin ist da» Wahlrecht in England bei weitem noch nicht allgemein. Von den ungefähr 10 Millionen Engländern, welche das zur Ausübung deS Wahlrechtes erforderliche Alter, 21 Jahre, erreicht haben, sind nur etwa 6 Millionen wahlberechtigt, der Rest erfüllt die zweite Bedingung nickt, der zufolge jeder Wähler mindestens 1 Pfund Sterling (20 M.) direkte Staatssteuern entrichte» soll. Die niedrigsten Volksschichten sind deshalb in England gegenwärtig noch nicht berechtigt, sich an den Parlamentswahlen zu beteiligen. Jedenfalls hat die schrittweife Erweiterung der Wahlberechtigung gute Früchte getragen und das britische Volk hat alle Ursache, seiner Königin, welche bei diesen weittragenden Verfassungsänderungen viel fach anregend mitgewirkt hat, warmen Dank zu zollen.
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