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Dresdner Journal : 15.08.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188708156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-08
- Tag 1887-08-15
-
Monat
1887-08
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 15.08.1887
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soweit untreu werden, eine reine Parteiregierung zu bilden Aber nichts bindert ihn, von Zeit zu Zeit mit Hilfe der Deutschen die Tschechen niederzustimmen. LaHtStzeschlchte. Dresden, 15. August Wie unser Berichterstatier mitteilt, wird der Landeskulturrat für das König reich Sachsen zwecks Schlüssigmachung über eine die Unfallversicherung betreffende Vorlage wahrscheinlich noch im Monat August eine Plenarsitzung abhalten. * Berlin, 14. August. Se. Majestät der Kaiser erfreut sich eines so vortrefflichen Wohlergehens, daß, wenn nicht ausnahmsweise ungünstige Witterung ein treten sollte, der hohe Herr auf alle Fälle bis zur Ab reise zu den großen Manöver« aus Schloß Babels berg verbleiben wird. Sr. Majestät dem Kaiser unmittelbar erstattete Meldungen über den Gesundheitszustand Sr. Kaiser!, und Königl. Hoheit des Kronprinzen bezeichnen die Heilung desselben als eine vollständige. Der Reichskanzler Fürst v. BiSmarck ist gestern abend kurz nach 7 Uhr in Kissingen eingetroffen. Der gestern erschienene „Reicysanz." enthält fol gende Kaiserl. KabinettSordre, betreffend die Ver leihung von Fahnen an die in diesem Frühjahr errichteten Truppenteile, an den KriegSmunster ge richtet: Ich habe beschlossen, den in diesem Frühjahr errichteten 4 Jnsanterieregimentern, sowie den neu errichteten vierten In» fantericbataillonrn und dem 8. und 4. Bataillon de- Eisenbahn regiments da dieselben sämtlich aus älteren Truppenteilen her- vorgeganaen sind, welche längst im Besitz von Fahnen sich be finden, schon jetzt und zwar am 18 d M., als dem unvergeh- jichrn Gedenktage der Schlacht von Gravelotte - St. Pnvm, Fahnen zu verleihen. Ich hege dabei die zuversichtliche Er wartung, Laß alle diese Truppenteile die von Mir ihnen anver trauten Feldzeichen jederzeit in hohen Ehren halten und bis in die fernste Zukunft zum Heile Deutschland» und zum Ruhm deS Heeres führen werden. Zur Entgegennahme der Fahnen, deren eierlich« Nagelung und Weihung, Meinen dafür gegebenen be- onderen Bestimmungen entsprechend, am 18. d. M stattfindcn oll, sind die betreffenden Regimentskommandeure, begleitet von o vielen Lieutenants und Unteroffizieren, als der Truppenteil Fahnen erhält, zum 1« d. M, morgens, nach Potsdam zu be ordern. — Indem Ich bemerke, daß die Lieutenants zunächst au- den schon in Berlin, Potsdam oder Spandau komman dierten zu wählen sind, beauftrage Ich Sie, diese Meine Ordre der Armee bekannt zu machen und dal Erforderliche danach zu veranlassen. Bad Gastein, den 9. August 1887. Wilhelm. An den Krieg-Minister. Der Kriegsminister hat nunmehr folgendes be stimmt: Die zur Empfangnahme der Fahnen zu kommandierenden Unteroffiziere, auch Feldwebel, von jedem Bataillon der In fanterieregimente: Sir 18b, 18«, 187 und t»8, ferner von jedem vierten Bataillone der Infanterie- bez Füsilierregimenter Nr. 13, 14, 16, 17, 18, 39, 40, b3, 65, 80, 83, 119,113, 114 und 129, sowie von dem 3. und 4 Bataillon des Eisenbahnregiments je einer, haben sich im Lause des >7. August bei der Komman dantur in Potsdam zu melden und erscheinen sowohl bei Nage lung al- auch bei der Einweihung der Fahnen im Parade- i^rdonnanzanzuge, demnach ohne Gewehr. — Die Komman dantur in Pot-dam hat für die Unterkunft der Kommandierten Sorge zu tragen. Bel der jüngsten RektoratSwah l an der Ber liner Universität ist bekanntlich Prof. Schwendener gewählt worden. Die fortschrittlichen Blätter behaup teten sofort, dem Turnus zufolge hätte der von der medizinischen Fakultät präsentierte Prof. Virchow gewählt werden müssen; daß dies nicht geschehen, sei auf politische Motive zurückzuführen Dies Alles ist, wie die „Nat. Ztg" hervorhebt, völlig unrichtig. Ein Turnus besteht schon wegen der großen Unterschiede in der Zahl der Professoren der einzelnen Fakultäten nicht. Das Blatt versichert positiv, daß politische Mo tive dabei in keiner Weise mitspielten und daß eine Anzahl von Professoren, die unter anderen Umständen für Virchow gestimmt haben würden, durch die Nach richt, daß derselbe im Frühjahr eine Reise nach Ägyp ten unternehmen werde, davon abgehalten worden seien Wie aus Münster gemeldet wird, ist den Fran ziskanern nunmehr auch die Erlaubnis der Wieder eröffnung deS Klosters zu Warendorf erteilt worden. Der von der Berliner „Post" gemeldete Beschluß der Staatsregierung, die Auflösung des Marcin- kow-kischen Vereins in nächster Zeit herbeizu führen, hat in den gebildeten deutschen Kreisen die lebhafteste Freude und Befriedigung hervorgerufen. Der ,Mln. Ztgt." wird aus diesem Anlaß aus Pojen geschrieben: „Selten ist ein Verein so geschickt und so zum Nachteil des Gegners geleitet worden, wie der von dem Arzt Marcmkowski im Jahre 1841 zu Posen gegründete Verein zur Unterstützung der lernenden und nach ihr Freund. Anfänglich war es ihm schwer fieworden, andere Dinge als geschäftliche mit der jungen Frau zu besprechen, und da war denn Carla die liebenswürdige Vermittlerin gewesen und hatte ihm über manche Verlegenheit hinweggeholfen Als dann seine Mutter starb, die ihm durch sein einsames Leben hindurch die Gefährtin aller Sorgen gewesen, da hatten die beiden Damen sich so entschieden seiner angenommen, daß er nach und nach gelernt, das stille HauS an der Elbe, welches er bald nach Melanies Verschwinden für Frau Rubien erstanden, als sein zweites Heim zu betrachten. Er hatte es gelernt, das Glück, Lelia täglich zu sehen, zu ertragen und der Gedanke daß er ihr m ihrer schwersten Zeit, am Sterbebette ihres Kindes, der einzige Freund gewesen, blieb das höchste Glück seines Leben». Fast allabendlich, wenn er durch das Wohnzim mer der nun längst verblichenen Mutter ging, welches noch alle Gegenstände unverändert trug, wie sie die selben gelaffen, trat er an das Fenster, welches den Ausblick auf ein Paar Bäume und ein Stück bestirn ten Himmels gewährte und sann den Stunden nach, in welchen er es gewesen, der die junge Mutter von der Leiche der Kinde» genommen, den Arm um sie geschlungen und sie wie ein liebender Vater in da» Erkerzimmer geleitet, in welchem sie jetzt saßen. Er hatte sie sanft auf das Sopha ge drängt und über seine Lippen strömten leise, weiche Worte de- Trostes. Ihr müder Kopf war an seine Schulter gesunken und au» ihren heißen Augen rollten die ersten, erlösenden Thräueu über seine Hand. O, heilige, unvergessene Lebensstunde s LettaS Haupt hatte auf seiner Schulter gelegen, Jugend. Nicht weniger al» 168 Studierende erhalten zur Zeit aus den reichen Mitteln de- Vereins Unter stützungen; fast ausnahmslos sind die Stipendiaten begeisterte und rührige Vorkämpfer des Polentums geworden, mochten sie nun Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrer oder Geistliche geworden sein, und haben selbst an solchen Orten, wo bis dahin ruhige Verhältnisse bestanden, die Fackel der nationalen Zwietracht zu entfachen und das Polrntum in jeder Weise zu för dern verstanden. Schon von der Schule an geraten durch diesen Verein die Begabteren unter den jungen Polen in moralische und finanzielle Abhängigkeit von der polnischen, sich durch seltenen Terrorismus aus- zeichnenden Propaganda, und diese Abhängigkeit geht so weit, daß der Stipendiat «m gegebenen Falle, wenn in irgend einem elenden kleinen Städtchen un seres Ostens noch kein polnischer Rechtsanwalt oder Arzt sich befindet, unweigerlich sich dorthin begeben und die bis dayin bestandene Lücke in der polnischen Organisation ausfüllen muß. Für den deutschen Lehrer aber ist es ein überaus niederdrückendes Ge fühl, seine Kraft und seinen Eifer anfwenden zu müssen, um die Feinde des Deutschtums und Preußens heranzuziehen und zu bilden. Man muß der Regie rung deshalb Dank wissen, daß sie den staalsgefähr- lichen Umtrieben des Vereins endlich ein Ziel zu setzen entschlossen ist, und man kann nur wünschen, daß dies in recht durchgreifender Wei je geschieht. Wie empfindlich der Schlag für die polnische Wühlarbeit sein würde, beweiien die Wutausfälle der heutigen polnischen Abendblätter. Was mit dem sehr eihedlichen Vermögen des Vereins, das sich im vorigen Jahre um volle 40000 M vermehrt hat werden ioll, darüber verlautet nichts; jedoch würde es sich empfehlen, das Geld, dessen Bestimmung zum Teil ja Bildungszwecke sind, für solche ausschließlich zu verwenden." Straßburg i. E., 14. August. Über den Empfang und Aufenthalt des sächsischen Kriegersvndcr- zuges in Straßburg meldet unser Berichterstatter folgendes: Gestern abend ^8 Uhr traf der sächsische Kriegerextrazug wohlbehalten hier ein und wurde von dem nach Hunderten von Köpfen anwesenden Publikum mit Jubelrufen empfangen, wäh rend das Musikcorps des hier garnifonierenden Königl. säch sischen Infanterieregiments Str. >05 das Sachsenlied „Gott sei mit Dir mein Sachsenland!" spielte. Bor dem Bahnhose, wo gleichfalls Hunderte von Schaulustigen standen, fand die Bc grüßung der Sachsen durch den Borstand dcs hiesigen Krieger- Vereins statt, worauf die Quartiere aufgesucht wurden. Später sand sich alle- wieder in dem glänzend erleuchteten Edengarten zu einem Kommerse zusammen, bei welchem von den Gastgebern wie Gästen manche- gute und patriotische Wort gesprochen wurde. Am Abend eintretcndes Regenwetter setzte dieser ge selligen Zusammenkunft früher, als es wohl sonst der Fall ge wesen sein würde, ein Ende Heute früh sah man schon viele Extrazügler, kenntlich an der weißgrünen Knopslochsckteise, in den Straßen und auf den Plätzen des unter deutscher Herrschaft endlich zur „wunderfchöneu Stadt" gewordenen Straßburg, in fonderheit war es Neustraßburg, jener Lurch die Stadterweite rung und Niedrrlegung der alten Befestigung-Werke in den letz ten Jahren in der Gegend des früheren Judenthores aus der Erde herausgewachfenc moderne Stadtteil, welcher durchwandert, angestaunt und bewundert wurde. Der mächtige Kaiserpalast mit der kronenartigen Kuppel, welcher noch im Bau begriffen ist, die stattlichen und schmucken Kasernen in rotem Ziegelbau ganz nahebei, da- umfängliche und geschmackvoll» UmversitätS- gebäude mit der herrlichen Aula durch Oberlicht erleuchtet, wel ches durch buntgemalte Glasscheiben fällt, nicht minder die vielen durch zierliche und abwechselungsreich« Facaden ausgezeichneten Privalhäuser da draußen boten dem Auge viel Schönes und Neues und hochbefriediqt wanderte in der 11. Stunde d«r ganz« Sachsenzug nach der altehrwürdigen Thomaskirchc, wo Gottesdienst für die I05«r und deren Landsleute abgehatten wurde; von genanntem Regiment« hatte h«ute ein Bataillon Kirchenparade Die Thomaskirche ist die Garnisonkirche für da- hier liegende sächsische Infanterieregiment; daselbst steht auch das bekannte Marmorgrabmal, welche- der französische König LouiS XV. dem berühmten Feldmarschall und Sohne August' des Starken, Moritz von Sachsen, errichtete und durch den Bildhauer Pigalle auSsühren ließ. Am Nachmittag besuchte ein Teil der Sachsen die Nachbarstadt Kehl und das dort vom Kriegervcrein veranstaltete Fest, andere dagegen zogen, des un sicheren, von Zeit zu Zett Regenschauer bringenden Wetters wegen vor, da- Innere Straßburgs und das Leben und Treiben daselbst zu studieren, welches heute insofern ein bunteres Kolorit erhielt, als alles im Sonntagsstaat sich zeigte Die Figuren der Elsässer und Schwarzwälder Bauern und Bäuerinnen in ihrem eigenartigen Nationalkostüm, die katholischen Geistlichen in ihren talarartigen schwarzen Rücken, boten sür viele aus Norddeusch- land einen seltenen Anblick. Morgen früh begeben sich die Teilnehmer nach Schiltigheim und aus den dortigen Friedhof Wien, 14. August. Erzherzog Rainer und Gemahlin Erzherzogin Marie sind nach mehrwöchi ger Abwesenheit, welche sie auf Reisen in Frankreich und England zugebracht hatten, wieder hier einge troffen — In gewerblichen Kreisen regt es sich leb haft und werden eifrige Vorbereitungen getroffen für die im Jahre 18^8 anläßlich des vierzigjährigen Regierungsjujbiläums des Kaisers Franz Josef za veranstaltende JubiläumS-AuSstellung Die selbe wird nur Riederüsterrerch, speziell Wien umfassen und ein Bild des gewerblichen Aufschwunges unter der Regierung Kaiser Franz Josef I. geben. Pari-, 13. August. Im heutigen Kabinetts rat zeigte der Unterrichts- und Kultusminister Spuller au, daß die Angelegenheit des Pfarrers von Chapareillan dem Wunsche der Regierung ent sprechend erledigt sei, indem derselbe die Pfarre, auf weiche ihn der Bischof von Grenoble berufen hatte, wieder verlassen habe — Hr. Ranc sucht im „Malin" unter der Überschrift „Eine erwartete Rede" sei nem Freunde, dem Premier, klar zu machen, daß er dem Lande seine Politik darlegen müsse, damit es wisse, ob die Regierung auf der Linken oder auf der Rechten sei. „Wenn Hr. Rouvier gesprochen haben wird, so wird kein Zweijel mehr darüber bestehen, daß die Regierung nach links steuert, und die Presse der äußersten Linken wird keinen Bor wand mehr haben, dem Lande das Bündnis und die Abmachung mit der Rechten anzugeben. Denn man darf sich darüber nicht täuschen: die Zweideutigkeit ist noch keineswegs zerstreut und wenn die Kammern morgen zusammenträttn, so wäre die parla mentarische Lage nicht gebessert, die Dauer des Ministeriums nicht gesichert Die letzte Abstimmung der Kammer darf keine Selbsttäuschung erwecken. Die gegnerische Minserhcit war aller dings schwach, aber die Ferien waren nahe und in jenem Augen blick weicht man stets vor einer Krisis zurück . . . Das Ver hältnis der Parteien ist noch immer dasselbe 120 bis 150 republikanische Abgeordnete sind entschlossen, das Ministerium zu bekämpfen; etwa die gleiche Zahl ist entschieden bereit, eS zu unterstützen. Bleiben etwa lol) Mitglieder der republikanischen Mehrheit, die aus die eine oder aus die andere Seite treten werden, je nach der Sprache und den Handlungen der Regie rung Ich lasse die Rechte bei Seite, da Hr Rouvier erklärt Hal, er werde zurücklreten, wenn er in den Fragen der allge meinen Politik mchl die Mehrheit der republikanischen Stimmen habe Die Abgeordneten des Rhonedepartements haben also in der soeben an ihre Austraggeber gerichteten Erklä rung mit Recht bemerkt, das Schicksal des Ministeriums liege m seinen eigenen Händen. Diese Erklärung geht von Männern aus, welche ganz genau die Durch- schnittSmeinung der republikanischen Mehrheit darstcllen ... Hr. Rahnal hat in Bordeaux gesprochen und zwar sehr gut, aber wie ihm einer seiner Kollegen von den Abgeordneten der Gironde bemerkt hat, das genügt nicht. „Das Ministerium", fügte Hr. Monis hinzu, möchte man gerne so sprechen hören; aber leider spricht es nicht! Wohlan, einen solchen Borwurf soll man nicht länger aussprechen dürfen; die Presse der äußersten Linken darf nicht täglich wiederholen können, das Ministerium wage eS nicht, seine Politik offen vor dem Lande darzulegen!... Es ist leicht, zu behaupten, man werde handeln, ohne sich um die Rechte zu kümmern, als ob sie nicht existiere. Allein die Rechte wird sich nicht unbeachtet bei Seite stellen lassen. Sic will aus ihrer Taktik Borteil ziehen Ist sie erst einmal in der Festung, so wird sie darin bleiben und den Republikanern zu- rusen: „Mein ist das Haus und Ihr habt- zu verlassen!" ... Man wendet ein, wenn das Ministerium die Rechte über Bord werfe, so sei sie der Gefangene der äußersten Linken und hänge von deren Gnade ab. Ich glaube nicht, daß dies richtig ist. Angesichts einer klaren Haltung wäre die äußerste Linke ge zwungen, die Waffen uiedcrzulegeu, und jedenfalls würde sie sich spalten ... Aber selbst wenn das Ministerium unter einer Koalition der Monarchisten und der äußersten Linken erliegen sollte, so wäre das doch besser, als daß es von einer repu blikanischen M hrheit gestürzt würde und der Rechten in die Arme fiele. Das wäre wohl eine hübsche Haltung vor dem allgemeinen Stimmrecht sür Regierungsrcpublikaner I" Hr. Rouvier wird diesen schon ost wiederholten Rat befolgen Er empfing gestern die Vorsitzenden des Vereins der Spielwarensadrikanlen und des Muster lager der Gold- und Silberwarensabrikanten, die ihn entluden, auf dem am nächsten Donnerstag stalt- findenden Festessen zur Jahresfeier der Gründung der französischen Musterlager den Vorsitz zu führen, und nahm die Einladung an Am nächsten Dienstag will der Premier dem Kabinettsrale die Grundgedanken der Rede, die er auf dem Bankette zu halten ge denkt, mitteilen Ferner wird Rouvier auch in Nizza, wohin er zur Jahresfeier des Vereins der dortigen Bahnkutjcher geladen >st, eine Rede halten. — Im Finanzministerium wird eine Vorlage ausgear- beiiet, nach welcher die geistigen Getränke nicht mehr nach dem bloßen Maße, sondern nab Maß und Spiritusgehalt besteuert werden sollen Das jetzige Besteuerung-- und Zollfystem, das noch von 1816 datiert, ermöglicht es, aus einem Faß schweren Weines, nachdem derselbe versteuert ist, 2 Fässer zu fabrizieren. Während 48 Millionen Hektoliter Wein getrunken werden, nimmt die Staatskasse nur von 24 000000 die Steuer ein. Dank diesem System werden aus Spanien 600 000 Hektoliter Getränk ein- gesührt, das so stark mit deutschem Alkohol versetzt ist, daß eS kaum mehr Wein genannt werden kann. Diese Einfuhr wird durch die Steuerreform allerdings erst von l892 ab getroffen werden können, denn so lange läuft noch der französisch-spanische Zollvertrag, der für den spanischen Wein bis zu 15 Grad einen Zoll von 2 FrcS. auf den Hektoliter festgesetzt hat. Nichts destoweniger wird der Mehrertrag, der schon jetzt durch Trost, Schutz und Liebe, wenn auch unbewußt, bei ihm gesucht in den dunkelsten Stunden ihres Lebens! Seitdem war er gestiegen vor sich selbst, sein ver waistes Herz hatte eine Erinnerung, an der es zehren durfte, es hatte eine Stunde gegeben, eine geweihte Lebcnsstunde, in der Lelia Rubien seiner bedurfte! Seit der Zeit waren nicht viele Äbende verstrichen, daß l)r Lassen nicht noch beendeter Arbeit den Weg hierher gesucht und ein paar Stunden m«t den beiden Damen verplaudert hätte Und wenn auch Lelia Rubien nie mehr ihren Kopf auf sein- Schulter gebettet, so fühlte er doch noch den sanften Druck in der Erinnerung und die heißen versengenden Thränen auf seiner Hand. — Aber diesen Gedanken hing er nur nach, wenn es still um ihn her war, in dem Zimmer der geliebten Toten, durch welches er allabendlich schritt, um in sein Schlafzimmer zu gehen, so wie es geschah zu der Zeit, da die alte Frau mit den ehrwürdigen Silber haaren noch vor dem runden Tisch gesessen und mit den welken Händen die Brille von den Augen schob, sobald sie die Tritte des Sohnes vernahm. Hier unter dem rosigen Licht der Lampe, die von der Decke herab so behaglich den beiden jungen Damen leuchtete, hier hätte er sich um keine Welt daran er innern mögen. Er nahm die Scheere aus Carlas Arbeitskörbchen und während er sie spielend zwischen seinen Fingern drehte, bemerkte man, daß er nach Worten suchte, um etwas zu erzählen, das ihm nicht ganz leicht wurde. ,Lch wette, Sie haben eine Neuigkeit zu berichten, Herr Doktor", sagte Carla, indem sie schelmisch in sein Gesicht sah, , und Sie trauen uns nicht die Kraft zu, das Geheimnis zu bi wahren, falls es ein solches ist. „Geraten", sagte er gutmütig lachend, „was die erste Behauptung betrifft, eine Neuigkeit, aber ich fürchte, sie wird nicht lange ein Geheimnis bleiben." „Wird sie uns interessieren?" „Ich denke, daß Sie mir zutrauen, das zu beur teilen. Übrigens Scherz bei Seite, die Sache ist ernst und dürfte Sie leider zu sehr interessieren". Lelia dachte an den Aussatz in den Monatsheften und sah gespannt in l)r. Lassens Gesicht. „Andersen ist wieder hier", sagte er gedehnt, erst Frau Rubiens und dann Carlas Antlitz prüfend „und zwar nicht allein". — „So war doch der Zweck dieser Reise, sie zu suchen", sagte Lelia erregt, „denn es ist doch wohl seine Frau, die mit ihm ist"? ,Za, seine Frau. Fama sagt, daß Richter sie verlassen und durch Gott weiß, welche Schliche An dersen auf ihre Spur gebracht". „Der arme Onkel", sagte Carla, „also doch"! „Diese Liebe könnte säst Bewunderung erregen, die über alle Grenzen menschlicher Bedenken geht, selbst nicht an der Verachtung scheitert sie." Lelia hatte die Worte mehr zu sich selbst ge sprochen und sah dedankenvoll in die Leere. „Wenn Andersen ein Charakter wäre, so gäbe dieses Problem zu denken", sagte Lasten ernst, „aber er ist doch — verzeihen Sie mir Fräulein Carla — ein erbärmlicher Feigling! Er hat nicht einmal den Mut, sich von dieser Frau zu treimen, denn wenn er sie wahrhaftig geliebt hätte, ertrüge er sie nicht mehr an. seiner Seite". die Änderung deS Steuersystem» dem FiSku» erwachsen würde, aus 60 Millionen veranschlagt, wozu noch 80 Millionen kommen, die die Aufhebung der Steuer freiheit der landwirtschaftlichen Hau-brennerei liefern soll. Diese auf 140 Millionen veranschlagte Mehr einnahme will Rouvier in der nächsten Tagung zur Grundlage der versprochenen allgemeinen Finanzreform machen. — Wie der „Rappel" meldet, hat Falliöre», der Minister des Innern, nach eingeholter Enttchei- dung dcs Ministerrates, den Gesetzentwurf seines Vor gängers Goblet über die Abänderung der Pariser Stadtverfassung wieder ausgenommen und wird den selben vor den Kammern vertreten. Wie man sich erinnert, gewährt diese Vorlage der Hauptstadt in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht dieselben Rechte, die das Gemeindegefetz von 1884 den übrigen Gemeinden des Landes verliehen hat, und namentlich d.is Recht, die Oktroiabgaben durch Zuschläge zu den direkten Steuern zu ersetzen; hingegen bleibt Paris wie bisher das Recht, einen Bürgermeister zu wählen, voreiithalten und bleibt die städtische Polizei wie bisher dem Ministerium des Innen, unterstellt.— — Der Ackerbauminlster Barbe besichtigte die Forst schule in Nancy, hielt aber keine Rede — wenig stens ist kein Bericht über eine solche auSgegeben worden — und kehrte sosort wieder nach Paris zu rück. Gerüchtweise verlautet, der Premierminister habe sich von Hrn. Barbe den Wortlaut der Rede, welche die'er halten wollte, mitteilen lassen und den aus die allgemeine Politik Bezug nehmenden Teil derselben beanstandet, woraus der Ackerbaumimstec seine Rede lieber gar nicht, als verstümmelt gehalten habe. London, 1l. August. Es ist nicht Sitte, auf dem Augustdankett des Lord Mayors im Mansion House großartige Eröffnungen zu machen, und daher beschränkte sich Lord Salisbury, der gestern mit den Ministern des bitykönigs Gast war, auf zwar ernste, aber immerhin unbestimmte Auslassungen. Scharf unterscheidbar blieb indes, wie die „Köln. Ztg." her- vorbebt, dabei der veränderte Ton, je nachdem er über innere oder äußere Politik sprach; während er hier mit Friedenstaube» arbeitete, sandte er dort die Sturm vögel des ZwangsgefctzkS und der Ächtung der National liga aus Letzteres ist bei weitem die in teressanteste Frage des Augenblicks; und nach der Entschiedenheit zu urteilen, mit welcher Salisbury die Notwendigkeit der Anwendung der Zwangsmaßregeln gegen das organisierte Verbrech» in Irland betonte, scheint die Ächtung der Nattonalliga, welche die Seele des vrgamsieiten Verbrechens ist, nicht umgangen werden zu können. Eine jede derartige Verordnung hat aber wenigstens sieben Tage auf dem Tische des Haufes zu liegen, ehe sie praktischen Wert erhält; die Aechtung würde allo eine Woche vor Parlamenls- schluß zu erfolgen haben. Es beißt, daß der heutige Kabinettsrat darüber schlüssig werden wird, wenn auch der Beschluß kaum vor der erfolgten Neuwahl m Northwich bekannt werden dürste. An sich hätte die Regierung es vielleicht vorgezogen, sich den Winter hindurch ohne Zwangsgesetz zu behelfen; aber von feiten ihrer Anhänger im Hause wird ein solcher Druck auf sie ausgeübt daß sie schließlich nachgeben wird; und diesem Druck scheint auch Salisburys drohende Sprache betreffs Irlands zuzuschreiben zu sein. Im übrigen verstand er es, in seiner gestrigen Rede sich den allgemeinen und besondern politischen Ausblick im günstigsten Sinne zurechtzulegen. Das Jubiläumssest veranlaßte ihn zum stolzen Rühmen der „englischen Treue, der Treue de» getreuesten und mächtigsten Volkes aus der Erde". Er beglück wünscht England zur Beilegung der afghanischen Grenzsrage, Vie ohne große Opfer zustande gekommen. Es handle sich dabei nicht um Meilen von ödem Lande, die wahrscheinlich sür alle wertlos seien, son dern um die zutage getretene Friedensstimmung zwischen den beiden Ländern, so daß der weise Aus spruch Lord Beaconsfields sich zu bewahrheiten schiene: cs sei in Asien Platz genug sür Rußland wie sür England. Auch in Bezug auf Ägypten hält Lalis- bury trotz des verunglückten Übereinkommens an der Ansicht sest, daß Englands Verpflichtungen gegen Ägypten unverändert dieselben geblieben seien, daß vieles dort unter englischer Obmacht geschehen, aber auch vieles zu thun übrig bliebe im Interesse der Menschlichkeit, ehe England das Land sich selbst über lassen könne. Salisburys Schlußworte, die sich auf Krieg und Frieden bezogen, verdienen wörtlich ange führt zu werden. „Ein festländischer Krieg" — so sagte er — „würde das schrecklichste Unglück sein „Wir wollen hierüber nicht streiten, Herr Doktor» sagte Lelia, „meiner Meinung nach liebt er sie". „Ich bin überzeugt", fuhr sie fort, als die beiden schwiegen, „er hat die Jahre daher gedarbt in der Voraussicht, nicht arm zu sein, wenn er sie fände. Andersen ist ein schwacher, aber kein schlechter Mensch". „Nein, kein schlechter Mensch", wiederholte Carla, das weiß ich am besten, aber ich möchte nicht so von Velten geliebt sein." „Und wo haben Sie Andersen gesehen? fragte Frau Rubien. „Gestern sah ich ihn mit seiner Frau in der Däm merung in der Nähe des Alsterbassins, ich war aber meiner Sache nicht gewiß, da ich diese» Zusammen sein für unmöglich hielt. Heute traf ich ihn im Kaffee Milani, zur selben Stunde wie vor Jahren, ja sogar an demselben Tisch, als ob nichts vorgefallen und keine Hand dazwischen läge. Als ich eintrat, kam er mir entgegen, reichte mir seine Hand und sein Gesicht hatte wieder den glücklichen, etwas phlefimatischen Aus druck von damals. Er mochte wohl m meinem Er- sicht mein Erstaunen lesen, daß er nach so langer Ab wesenheit aus diesem Lokale so plötzlich wieder aus tauchte, auch war seine Verlegenheit unverkennbar, dennoch hatte er so viel Geistesgegenwart, nach sein« Nichte Befinden zu sragen." (Fortsetzung folgt.) Astronomie. Sonnenfinsternis. Die Selten heit, eine totale SonnnenfinsterniS an irgend einem Orte der Erde zu erblicken (etwa nach je 150 bis 200 Jahren), läßt bei der, nach überemstimmen- den Berichten früherer Beobachtungen, zu erwarten den Großartigkeit dieser Erscheinung, auch in Richt-
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