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Dresdner Journal : 26.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188707263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870726
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870726
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-07
- Tag 1887-07-26
-
Monat
1887-07
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 26.07.1887
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W170. I» r»»« u-io»,! IMirUotr H»r^. ^Mrlick: L 60 ?k. t!io»«Io« >1ulluo«r»: 10 6»i»«r6»l6 ck« 6«vt»od«» tritt kort- anä dt»»u. L»tztt»cklxiu>r»,vdtll»r«», kär 6sv k»uio sivsr »s»p»It«o«v 2oilo kleiner 8ckrlt^ LO kf. Vvtor ctr« Leile 60 kk. U«i Ubsllso- ovä XiksrD^tt» svtrpr. ^llksolil»^. Lrrekvluon: mit Tuivatiiue cksr 8ovo- oo<l kriort»^» »dsoä,. k«r0zprsei»-XL8et»Io»,! lir. 1iS6. Dienstag, den 26. Juli, abends. DresdnerAMMl. Für Sie Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Banck, Professor der titteratnr- und Kunstgeschichte. 1887. T-auGm« von L»UL»4lUN»U»» »»»^Rrt», Lrtpri,: Lea»«i«t«t<re, OommimiouLr «io» Vr«««t»«r 7o»nuU»; Nmvdm, IrrUv - Vir» - Lrixri, >»»«I-Lr«ü»»-rr»»^»rt r. ».: L/aar«n»t«»n <6 ko-t«e, 6rrU»-Vt«»-N»»dm,- rr»A-l^tp^U -rr»L^1vr» ». N. - Nüvc^iv: Ltorre,' krrt» L»»6o» - Irrlt» - kr»»ttarl ». N 6t»ttU»rt: Da«6« ct Oo.,' LrrUv: /nvot,,' SvrUtr: <7. LlüUee» S»»»«-«r: <7. Schürrtre, N»Ur ». I: /. Laect <- Oo Uer»u,»ed«r r Nümsl. L»p«titio» äor vroxio« 7ovrv»I», Drsrclsv, LMio^rrrtr. tO. kervrprsoN-^iLrvNlu«: !ir. 1>S6. Amtlicher Teil Se Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Häuer Anders w Deuben und dem Ober- zimmerling Silbermann in Niederhäslich, Beide im Dienste der Freiherrlich von Burgkschen Werke, das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Werkführer bei dem Spieqelfabnkanten Julius Schmidt, Josef Hartmann zu Dresden, das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Bekanntmachung. Auf Antrag des Reichsamts des Innern und mit Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 26. Ok tober 1874 in Nr. 251 des „Dresdner Journals" und Nr. 256 der „Leipziger Zeitung" wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die Königlich preußische Akademie der Wissenschaften in ihrer Sitzung vom 30. Juni d. I. gemäß 8 5 des Statuts der „Eharlottenstiftung für Philologie" eine neue Preis ausgabe gestellt hat, für welche die Arbeiten bis zum l. März 1888 bei der genannten Akademie einzu liefern stnd. DaS gestellte Thema ist sub T nachstehend ab gedruckt Die Stiftung ist zur Förderung junger, dem Deutschen Reiche angehöriger Philologen bestimmt, welche die Universitätsstudien vollendet und den phi losophischen Doktorgrad erlangt oder die Prüfung für das höhere Schulamt bestanden haben, aber zur Zeit ihrer Bewerbung noch ohne feste Anstellung sind. Privatdozenten an Universitäten sind von der Be werbung nicht ausgeschlossen. Die Arbeiten der Bewerber sind bis zum I.März 1888 an die Akademie einzusenden. Sie sind mit einem Denkspruch zu versehen; in einem versiegelten, mit demselben Spruche bezeichneten Umschläge ist der Name des Verfassers anzugeben und der Nachweis zu liefern, daß die statutenmäßigen Voraussetzungen bei dem Bewerber zutreffen. In der öffentlichen Sitzung am Leibnitz-Tage 1888 enheilt die Akademie dem Verfasser der des Preises würdig erkannten Arbeit das Stipendium. Dasselbe besteht in dem Genüsse der zur Zeit 4 Prozent be tragenden Jahreszinsen des Stiftungskapitals von 30000 Mark (1200 Mark) auf die Dauer von vier Jahren. Dresden, den 25. Juli 1887. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten von Fabrice. S Die Schrift Philon'S äs opikcio rviiväi («epi rHx Mwse'wr xvo^onoi,««) soll in neuer Textbearbeitung vorgelegt werden, wobei von der Beschaffung neuen handschriftlichen Materials abgesehen werden kann Die kurzgesaßten Anmerkungen sollen hauptsächlich die textkritische Methode des Bearbeiters erläutern. Sprachliche Untersuchungen sind erwünscht, litterarhistorische und qurllenkritische Exkurse über diese Schrift nicht ausgeschlossen Es wird zugleich der Wunsch ausgesprochen, diese probe weise Bearbeitung möge die Anregung zu weiteren Studien geben, die ihr Zeel in einer aus neuer handschriftlicher Grund lage beruhenden Pyiloausgabe fänden. Bekanntmachung. Die Westdeutsche Versicherungs-Aktien-Bank in Essen hat an Stelle ihres bisherigen hierländischen Vertreters für das Feuerversicherungs - Geschäft vom I. Juli diefes Jahres an den Versicherungs-Jnfpector Herrn Peter Köppe in Leipzig zum neuen Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen erwählt. In Gemäßheit von 8 10 Abs 2 der Ausführungs- Verordnung zum Gesetze über das Mobiliar- und Privat - Feuerversicherungswesen vom 2". November 1876 wird solches mit dem Bemerken hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die Wahl des Ge nannten von der Königlichen BrandversicherungS-Kam- mer bestätigt worden und die Jnpflichtnahme desselben beim Stadtrathe zu Leipzig erfolgt ist. Dresden, den 21. Juli 1887. Königliche Brandversicherungs-Kammer. Leuthold. Leonhardi. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische WachricHlen. Homburg v. d. H., 25. Juli. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin traf heute abend v Uhr 5V Min. hier ein und begab sich vom Bahn hofe im offenen Wagen durch die reichgeschmückten Straßen nach dem Schlosse. BreSlau, 25. Juli. (W.T.B.) Nach weiteren Nachrichten find bei der Keffelerplofion in Frieden«- Hütte 5 Personen getötet worden. Pari«, 25. Juli. fW T. B.) Heute vor- mittag fand abermals und »war auf der West bahn bei LerriireS ein Zusammenstoß zwischen einem Personenzugr und einem Güterzuge statt, wobei 2 Personen getötet und mehrere verwundet wurden. London, 25. Juli (W. T. B.) Unterstaats sekretär Fergusson erklärte im Unterhaus» auf eine Anfrage, es sei kein Grund vorhanden, anzu- nehmen, daß Stanley getötet worden sei. Was die Krage der afghanischen Nordgrenze betreffe, so seien die Bedingungen zur Lösung derselben von den englischen und russischen Kommissaren unter zeichnet worden und bedürften nur noch der An- nabme feiten« der betreffenden Regierungen. Im Oberhause erwiderte Lord Sali«bury auf eine Anfrage, e« sei über die Lösung der > reitigen Punkte in der afghanischen Grevsfrage eine Ver einbarung erzielt und der Schriftwechsel würde demnächst vorgelegt werden. Auf eine Anfrage Kimberleys, ob der Emir den Khamiabdistrikt be halte, erwiderte Salisbury, er glaube, daß die« der Kall sein dürfte. Im ferneren Laufe der De batte erklärte Salisbury, e« sei jetzt weniger Aus sicht alS je auf Errichtung eine« internationalen Schiedsgerichtes zur Schlichtung internationaler Streitfragen. Der Marqui« Bristol zieht hierauf seinen Antrag auf die Errichtung eines solchen Schiedsgerichts zurück. London, 25. Juli. (W. T. B) Drummond Wolff ist heute hierher zurückgekehrt. Dresden, 26. Juli. Rückblicke auf die Thätigkeit der französischen Deputiertenkammer. ES ist gewiß kein ruhmvolles Zeugnis für die französische Deputiertenkammer, daß man in Europa allgemein die in diesen Tagen erfolgte Schließung der genannten parlamentarifchen Körperschaft im Interesse der europäischen Ruhe mit Freuden begrüßt. Man traut eben der Kammer nicht jenes Maß von Selbst beherrschung und ruhiger Überlegung zu, wie eS im Interesse nicht nur Frankreichs dringend zu wünschen wäre. Auch von der gegenwärtigen Kammer kann nicht behauptet werden, daß sie von ihren Vorgänge rinnen sich wesentlich unterschieden habe. Unruhe und Umwälzungen chaben auch ihre Verhandlungen im reichsten Maße für Frankreich im Gefolge gehabt, und das Verhältnis der einzelnen in der Versammlung vertretenen Parteien zu einander, wie es in den schwersten und unwürdigsten gegenseitigen Vorwürfen gerade in der letzten Zeit zum Ausdruck gekommen ist, kann wohl kaum noch eine Verschlechterung erfahren. So kommt es auch, daß kaum eine Partei mit den Ergebnissen der beendeten Session zufrieden ist und die Betrachtungen der französischen Blätter fast durch weg trübe lauten. Natürlich können die letzteren, vom Parteigeiste eingegebenen Betrachtungen keinen An spruch auf thatfächliche Richtigkeit machen. Hingegen finden wir in der Wiener (alten) „Presse" eine Wert schätzung der Thätigkeik der Deputiertenkammer, welche offenbar das Richtige trifft. „Bekanntlich", sagt das Blatt, „wurden die Sitzungen von Freycinet unter einem warmen Appell an die Eintracht aller republikanischen Fraktionen des Parlaments eröffnet, welcher nicht verhinderte, daß alsbald der rechte und der linke Flügel derselben sich zum unsagbaren Ergötzen der monarchistischen Rechten in die Haare gerieten und daß schließlich die Mehrheit der republikanischen De putierten mit den Monarchisten gegen das Ministerium Freycinet konspirierten und letzteres bereits in der ersten Dezemderwoche bei der Debatte über eine verhältnis mäßig unbedeutende Frage zum Falle brachten, näm lich über den Antrag, betreffend die Aufhebung eine-) Teiles der Unterpräfekten, welcher ohne alle Vorbereitungen im Laufe der Bugetverhand- lungen über den Etat gestellt worden war. An seine Stelle trat das „Verlegenheitsministerium" Nr. 1, das Kabinett Goblet, dem man kaum eine Dauer bis zu Ende des Faschings prognostizieren wollte; als am 12. Dezember das „Journal Osficiel" die Liste der neuen Minister, vorläufig ohne einen Namens träger für das Portefuille des Auswärtigen, ver öffentlichte, hieß eS, bis nach den Weihnachtsferien werde Waffenstillstand gehalten, nach denselben aber auch alsbald eine neue Krisis hervorgerufen werden. Wie aber nach diesen Ferien die Deputierten sich wie der im PalaiS Bourbon zusammenfanden, hatte Fürst v. Bismarck mittlerweile seine sensationellen Reden im deutschen Reichstage über die bedrohliche allgemeine Lage, über die gespannten Beziehungen zwischen Deutschland uud Frankreich gehalten, welche bei den französischen Politikern die Furcht vor einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe erregten Unter dem Eindrücke der Berliner Vorgänge und unter dem Drucke, welche dieselben auf die öffentliche Mei nung ausübten, vergaß man alle Projekte, welche dem Kabinett Goblet hätten ein fo rafches Ende bereiten follen. Die Art, wie der als „neuer Mann- ohne diplomatifche und parlamentarische Vergangenheit in das Kabinett eingetretene Flourens mit Takt und Vor sicht die auswärtigen Angelegenheiten in einer so schwierigen Zeit leitete und wie er hierbei von Goblet unterstützt wurde, versöhnte vorübergehend auch die Opposition mit der Regierung. Sobald aber die all gemeine Lage sich wieder mehr geklärt hatte und ins besondere nachdem die Neuwahlen in Deutschland für das Septennat günstig ausgefallen waren, begann das alte Gezänk von Neuem und nahm einen viel bedenk licheren Charakter an als früher, da im Schoße der Regierung selbst, wenn auch nicht der geistige Führer, doch der vorgeschobene Bannerträger der anti-ministe riellen Opposition, General Boulanger, Sitz und Stimme hatte. Die Persönlichkeit dieses unseligen Mannes trat jetzt von Tag zu Tag schärfer hervor und die Boulanger-Frage kam in Sicht. Wäre anfangs Mai das Ministerium Goblet nicht über die Budgetfrage zum Falle gekommen, fo hätte bei irgend einem anderen Anlasse binnen Kurzem eine Entscheidung eintreten müssen. Die Zerfahrenheit unter den Republikanern in der Kammer war infolge der Leidenschaftlichkeit, mit welcher jene Personalfrage aufgeworfen und auf der Tagesordnung erhalten wurde, eine so große geworden, daß während der nahezu einen halben Monat andauernden neuen Mi nisterkrisis nur durch die nachdrückliche Intervention der monarchistischen Rechten schließlich eine Entschei dung gegen die Boulangisten herbeigeführt und das Verlegenheitsministerium Nr. II, das Ministerium Rouvier, ans Ruder gebracht werden konnte. Diefes hat sich bisher wider alles Hoffen und Erwarten als ziemlich energisch, vor allem aber als ehrlich und ge schäftstüchtig bewährt. Es hat im Budget sehr er hebliche Ersparungen einzuführen gewußt, ist den skandalösen Steuerdefraudationen von Seite der eige nen republikanifchen Parteigen offen mit Strenge ent gegengetreten und hat, was unter den gegebenen Ver hältnisfen das wichtigste war, offen im Parlament den Kampf mit den Boulangisten ausgenommen und bisher mit Glück durchgeführt. Ohne den Jnteresfen der Republik etwas zu vergeben, hat es den bei seiner Bildung eingetretenen Waffenstillstand zwischen den gemäßigten Republikanern und der Rechten aufrecht zu erhalten verstanden und dabei doch bei jeder Ab stimmung die Mehrheit der republikanischen Depu tierten auf seiner Seite gehabt. DaS war Alles, was man billigerweise verlangen konnte. Trotzdem läßt der Schluß der Session keineswegs eine „klare Situation" zurück; die republikanische Opposition ist erbitterter denn je, und wird mit dem Ent schlusse, mit verstärkten Kräften den Kampf dort auf zunehmen, wo er abgebrochen, wieder in die Kammer zurückkehren. Nachdem es den Radikalen gelungen, während der letzten Session zwei Kabinette zu stürzen, werden sie nach der Wiedereröffnung des Parlaments versuchen, ob dieses Kunststück ihnen nicht von neuem gelingen will Da die nächste Session die letzte vor der Wiedererneuerung der Kammern ist, werden die extremen Parteien ihre Anstrengungen verdoppeln, und eine noch größere Verbitterung in die parlamentarischen Kämpfe hineintragen, während die Monarchisten eben falls aus Rücksicht auf die bevorstehenden Wahlen Anstand nehmen dürften, die Republik vor neuen Krifen zu bewahren." Lagtsgejchichte. * Berlin, 25. Juli. Wie aus Bad Gastein ge meldet wird, leistet auch dieses Mal wieder die Bade kur Sr. Majestät dem Kaiser die ersprießlichsten Dienste Der Monarch fühlt sich sichtlich gestärkt und erregt durch seine Frische und Rüstigkeit die Bewun derung Aller. Ihre Majestät die Kaiserin wird, wie der „N. Allg. Ztg." aus Coblenz gemeldet wird, heute nach mittag von dort abreisen und mit ihrem Hofstaate am Abend in Homburg v. d. H eintreffen, um, wie all jährlich, dort einige Zeit Aufenthalt zu nehmen. Der bereits gemeldete, am Sonnabend stattgehabte Stapellauf der Korvette „Erfatz Elisabeth II" auf der Werft des „Vulkan" bei Stettin gestaltete sich zu einer glänzenden Feierlichkeit Pünktlich um 12 Uhr ver kündeten, wie das „Deutsche Tybl." berichtet, die vom Eingang zur Werft bis zur Tribüne sich fortpflanzen den Hurrahrufe die Ankunft Sr König!. Hoheit der Prinzen Heinrich. Derselbe wurde von Hrn. Direktor Haak vor der Tribüne empfangen. Zum großen, freudigen Erstaunen der Kopf an Kopf gedrängt stehenden Menge erschien dann aus der Tribüne als Erster Prinz Wilhelm, welcher völlig unerwartet heute vormittag 11 Uhr mit dem Kurierzug aus Berlin hier eingetroffen war zur freudigen Über raschung seines fürstlichen Bruders. Prinz Wilhelm Feuilleton. Lelia Nubien. Bon H. Selker-Iordan. (Fortsetzung.) Die Thüre fiel in das Schloß und Frau Andersen war verschwunden. Der Baron blieb eine Weile stehen und schaute an dem Hause in die Höhe, das so regungslos im grauen Dämmern der wundervollen Sommernacht da vor ihm stand. DicbteS GaiSblatt und wilder Wein rankten sich an demselben in die Höhe und umschlangen eS fast bis zum Dache. An den weit geöffneten Fenstern des dritten Stockes streckte eine Palme ihre Blätter heimwehkrank in die schweigende Nacht. Einen kurzen Augenblick war eS Velten, als habe er hinter dem Fenster ein bleiches Angesicht bemerkt, das wie die Palme sehnsuchtsvoll über die grauen Berge geschaut! Er wandle sich ab. Es war wohl eine ernste Geschichte, die den Stolz und die Willenskraft der jungen Frau gehoben — und ihr Glück zerbrochen hatte Am anderen Morgen ginp Gustav Richter auf- geregt in seinem Zimmer hin und her. Er war Sonntag und das pries er als ein Glück, denn eS wäre ihm heute unmöglich gewesen, seine zerfahrenen Gedanken aus einen ernsten Gegenstand zu richten. Er war abends vorher Belten und Melanie au- dem Theater gefolgt und seine Zähne hatten sich in nicht mehr zu enthaltender Wut auseinander gepreßt. Er hatte es auf dem Wege vom Theater bis nach St. Paul hundertmal geschworen, diese Frau zu lassen, sie nie mehr zu sehen und den Rest von Liebe, den er noch in seinem Herzen trüge, mit moralischen Vor würfen zu töten. Aber trotzdem hatte er nicht einmal die Kraft ge habt, umzukehren und sie wenigstens diesen Abend ihrem Schicksal zu überlassen. Er grollte deshalb mit sich selbst, aber während er es that, ging sein Fuß immer weiter und weiter. Hochklopfenden Herzens blieb er in der Nähe des Hauses stehen. Er wollte ja nichts mehr von ihr, garnichtS, nur sich überzeugen, ob Velten mit ihr hinaufgehen würde zum Thee. Auf dem Rückwege begann er sich schon zu über reden, daß er eigentlich von Melanie zu viel verlange, daß sie eine schöne Frau sei, die die Blicke auf sich zöge, und daß sie ihm ja doch nie voll und schranken- los gehören dürfe. Er trat in ein Restaurant und setzte sich an den entlegensten Tisch. Die Zeitung lag vor ihm, er be rührte sie nicht. Erst al» eS Mitternacht war, hob er den Kopf in die Höhe, den seine Hand gestützt hielt, trank seinen Wein und ging nach Hause. Die Nacht verbrachte er schlaflos E» war so heiß und in den Straßen so unruhig, eS würde besser werden, wenn er sich eine entlegene Wohnung mieten würde, wo kein nächtliches Geräusch seinen Schlaf stören könnte Alle möglichen Gebilde hatten seine Seele gequält. Er erhob sich dann mit dem festen Vorsätze, heute Melanies Wohnung nicht zu betreten, trotzdem ihr Mann verreist war und ein kokettes Plauderstündchen ihm sicher. Dieser Sache sollte aber ein Ende gemacht wer den. Er wollte in den nächsten Tagen an seinen Onkel schreiben, ihm sagen, daß er zwar nickt in sein Geschäft einzutreten beabsichtige, daß er aoer gegen die baldige Verbindung mit feiner Cousine, die ihm schon seit zwei Jahren so zu sagen verlobt war, nichts mehr einiuwenden habe. Selbstzufrieden mit seiner Stärke und Willens kraft, hüllte er sich in seinen scharlachroten Plüsch schlafrock, bürstete Haar und Bart vor dem Spiegel und trat in sein anstoßendes Gemach. DaS Frühstück stand auf dem Tische. Als Richter sich demselben näherte, umwehte ihn ein berauschender Ambraduft. Ein feines Briefchen mit bekanntem Monogramme strömte ihn aus und bebte in seiner Hand. „Guten Morgen, lieber Freund! Sie Böser, warum ließen Sie mich gestern abend vergebens warten? Ist das der Dank für so viel Rücksicht? Ach, daß Ihnen die Sterne erzählen könnten, wie meine Augen nach Ihnen auSgeschaut, mein Herz sich nach Ihnen gesehnt hat. Ich habe bis nach Mitter nacht am Fenster gestanden und mir eingebildet, eS müsse eine Gestalt auftauchen unter dem glänzenden Geäst der bewußten Esche! Eine Gestalt, die nicht schlafen möchte, bevor sie nicht wenigstens eine „Gute Nacht" da hinauf geblickt zu ihr. Ich muß Sie sprechen, Gustav, und zwar so früh wie möglich. Sie müssen mir Helsen eine Schändlichkeit entlarven, wo bei ich nur allein Ihnen mein Vertrauen schenken kann. Bis mittag bin ich für Sie zu Hause, wenn es Ihnen möglich, so trinken Sie die Chokolade mit mir. revoir!" Richter warf das Billet, als er es gelesen, ärger lich auf den Tisch, ging hastig im Zimmer hin und her, nahm es dann wieder auf und las es abermals. Diesmal behielt er es in der Hand „Wieder die alte Sirene, die lockt, wenn sie glaubt, daß man ihr entschwindet. Warte nur, schöne Me lanie, diesmal komme ich nicht und Du wirst wohl gut thun, Baron Velten zum Vertrauten Deiner Jn- trigue zu machen. Die Sache mit Rubien, der kleinen Lreolin ihrem verstorbenen Gemahl, ist mir so wie so noch nicht ganz klar, und ich bezweifle es fehr stark, daß er an gebrochenem Herzen gestorben, weil Du seine Liebe nicht erwiedern konntest. Diesmal werde ich fest bleiben, schöne Zauberin, gewiß fest!" Nach den letzten Worten hatte er das Billet noch einmal gelesen, war über die Schwelle des Schlaf zimmers geschritten und begann, seinen Schlafrock ab- werfend, Toilette zu machen, trotzdem fein Frühstück noch unberührt auf dem Tische stand. „Mit ihr frühstücken? Wie reizend sic in Halb toilette sein mag! Ich habe ihr Gesicht nie verfüh rerischer gesehen, als an jenem Morgen, da sie krank auf dem Diwan lag und sich ihre blonden Locken aus dem weißen Spitzenhäubchen herauSzuringeln versuch ten. Schade, daß ich damals nicht einmal ihre Hand küssen durfte, sondern sie nur flüchtig in der Thüre begrüßen " Er legte jetzt die Kravatte um seinen Kragen und besah sich sorgfältig prüfend in dem großen Toiletten spiegel, der neben seinem Waschtische stand. „Wenn ich ihr jetzt schreibe, daß ich nicht komme,
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