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Dresdner Journal : 07.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188707077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870707
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870707
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-07
- Tag 1887-07-07
-
Monat
1887-07
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 07.07.1887
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WILL v«r»^»prsli» l» ff»»,« LsioL« r /LkrUct»: .... 18 ^jLttrUvdr 1 öl»r^ 80 kk. Lü»sto« ^uouosri»: 10 kt. B«i«rd»I8 ä« äontsct»«« ksicy«, tritt ko«t- Qoä 8t«mp«ImicyI»^ tÜLiu. ^otai>6lxuox»x«dakrei», Kktt äev k»uu> einer ^espLitenen 2eil« kleiner Üctttttt 2V kk. Unter „Lin^eennät" äi« 2eU« 80 Lk. Lei Adellen- nnti 2i8srn«ttt sntepr. Lr»ei>elnenr I'-Gtie» mit ^tninnittns äsr 8onn- nnä ^eivrtnK» »denäi. ?srn»precl>-Xn»oiiIu»i: Xr. 12V8. Donnerstag, de» 7. Juli, abends. Dres-nerIourlml. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Dtto Vanck, ssrofeffor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 1887 L»»»»« r» nnrnLet»: F> SeaMtttettee, 6ornmi«ion»r äs« vre—ln« öonrnnl»; N«nd«r» - lerlln - Vt« - v»tp»tAB«—IBrsttLM-BrAL^-rt ». N.: Laaeenrt«« <8 ^0^1«-,' I«rl1n-Vt«n-L»»dvU- kr»U-L«ip«tU -rr»nk1«rt ». M. - NLneK«»: Liu«« / k»rt» L»»Lon-Berlin rrnnklvr» ». N -8tntt^»rt: D««8« «8 Oo., Berlin: , SvrUti: O. LteÜt«'« ^ack/olaee,' Nnnneeer: 0 üe^üeelee,' BnU, n. B: F L«ttt <8 Oo. U»r»i»»»»d«r r Uvni^l. Lrpeäition äse vreeän« ^onranl^ vr««!»», Xenn^erntr. »0. kernipreod-^neelln«: Ur. 1208. Amtlicher Teil. AerSot. Die unterieichnete Königliche Kreishauptmannschaft hat das im Verlag von C. Grillenberger in Nürnberg erschienene, in der Druckerei von Wörlein u. Comp. daselbst gedruckte Flugbatt „An die Wähler Deutschlands!*, welches unterzeich net ist: „Zur Pfingstzeit 1887. DaS Central». Wahlcomits der sozialdemocratischen Partei Deutsch lands. Grillenberger. Hasenclever. Liebknecht. Meister. Singer.* auf Grund der Bestimmung in 8 11 Abs. 1 und 8 12 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Be strebungen der Socialdemocratie vom 21. October 1878 verboten. Bautzen, am 6. Juli 1887. Königliche Kreishauptmannschaft. von Salza und Lichtenau. Nichtamtlicher Teil. KecegrcrphiscHe WacHrnchten. Pola, 7. Juli. (Tel. d. Dresdn Journ.) Der Kaiser reiste gestern abend nach Ischl ab und drückte deu Behörden seinen Dank für d n herz lichen Empfang und die patriotischen Kundgebungen der Bevölkerung auS. Paris, 7. Juli. (Tel d.Dresdn. Journ.) Die Morgenblätter besprechen die Ablehnung deS Artikels 49 deS Militärgesetzes, wonach eS gestattet sein sollte, junge Leute nach Ljährigem Dienste zu entlassen, wenn deren militärische Ausbildung alS hinreichend erachtet werde. Die Blätter meinen, nach Ablehnung dieses Artikels sei der Militärgesetz entwurf unanwendbar und die Arbeit der Militär- kommisfion vollkommen vergeblich. Rom, 6. Juli, abendS. (W. T. B.) Die Deputiertenkammer hat sich heute nach Erledigung der Tagesordnung vertagt. Der Ministerpräsident DepretiS begirbt sich demnächst nach Stradella. London, 6. Juli, abendS. (W. T. B.) Te. Majestät der König von Sachsen begab sich heute nach Dundee und besichtigte dort die neue Tay- Brücke. Nach einer Meldung auS Simla von heute befand sich Gholam Hyder Khan, Oberbefehls- kaber der afghanischen Truppen am 24. v. M. in Jstadeh. Die Hauptstreitkräfte der GhilzaiS standen in einer Entfernung von 20 Meilen süd lich von ersteren. Zwei Regimenter Infanterie und ein Regiment Kavallerie trafen am 27. v. Monats in Kandahar, von Herat kommend, ein. St. Petersburg, 7. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Neuzeit" zufolge verschlimmerte sich der Zustand KatkoffS, welcher seit einiger Zeit leidend ist, plötzlich so sehr, daß dessen Sohn und Schwiegersohn telegraphisch nach Moskau berufen wurden. Dresden, 7. Juli. Französische Befestigungspläne. In Form einer Besprechung der soeben erschiene nen Broschüre des bisherigen Abteilungsvorstandes im französischen Kriegsministerium, Kommandanten Mougin: „Die neuen Sprengstoffe und die Befestig ungen" widmet „I/Avenir wilitair«" in einer seiner letzten Nummern diesem Thema einen beachtenswerten Artikel, der gerade jetzt, wo der deutsche Reichstag eine so bedeutende Summe zu dem Zwecke der Ver stärkung unserer Festungen bewilligt und die belgi schen Kammern die Regierungsvorlage wegen Be festigung der Maaslinie angenommen haben, da- Interesse weiterer Kreise erregen dürfte. Wenn man den Artikel des französischen Fachblattes liest, kann man sich im ersten Moment des Eindrucks kaum erwehren, die einleitenden Kapitel eines JuleS Verne- schen Romans zu durchfliegen, so absonderlich klingen die Projekte des Kommandanten; daß dieselben aber völlig ernst gemeint sind, merkt man sowohl an der Stelle, die das Blatt dem Artikel einräumt, wie an der in demselben zum Ausdrucke gebrachten Hoch» achtung, mit der der Autor vom Verfasser der ge nannten Flugschrift spricht. Folgen wir den Auslassungen deS „1/A.venir wili- tuirv" in sinngetreuer Übersetzung: „Öfters schon haben wir des unverantwortlichen Leichtsinn» gedacht, mit der die Kriegsverwaltung die Einreihung eine» neuen Sprengstoffes unter die Kriegsvorräte der Armee ver fügte, dessen Verwendungsfähigkeit man ebenso ungenügend kannte, wie man sich keinerlei Gewißheit darüber verschafft hatte, ob der Stoff bei längerer Aufbewahrung durch Einflüsse der Natur nicht möglicherweise verändert werde. Die schrecklichen Vorfälle der letzten Zeit (die Katastrophe von Belfort) haben uns leider nur zu Recht gegeben, doch hat diese blutige Lehre bereits und wird noch mehr in der Zukunft ihre Früchte tragen, man wird vorsichtiger werden. ES ,st nicht zu bezweifeln, in der französischen, wie m allen anderen Armeen wird das brisante Pulver, heiße es Malönit oder Pyroxiline in allernächster Zeil bereits völlig heimisch sein. Es wird im Dienste der Artillerie unbedingt das alte Schießpulver ver drängen, sobald man die Eigenarten des ersteren Stoffes erst ge nau erforscht haben wird. Welchen Einfluß werden diese neuen Sprengmittel aber aus unsere bisherigen Besestigungssysteme au-üben- Mit dieser schwer wiegenden Frage befassen sich augenblicklich unsere Mili täringenieure auf da- eingehendste. Der bisherige Lhef der Abteilung für „Panzerwesen" im Kriegsministerium, Major Mongin, ein Mann von unbezweifelter wissenschaftlicher Auto rität, dessen Name bereits die Titel einer Anzahl hervorragen der Erzeugnisse aus dem Gebiete der Militärlitteratur ziert, ver öffentlicht hierüber eine Flugschrift von hoher Bedeutung. An die Spitze seiner Abhandlungen stellt derselbe eine Reihe von Grundsätzen, auS denen er dann seine Folgerungen in klarer Weise herleitet Kommandant Mougin behauptet: Es ist thatsächlich unmöglich, ohne Geldmittel in über triebenster Höhe zu verschwenden, Mauerwerke herzustellen, die den Sprengmitteln nur irgend welchen Widerstand zu leisten vermögen. ES erhellt dies aus den Versuchen, die man mit meterstark gewölbten Steinbauten anstellte, welche überdem durch Erdaufschüttungen von 4 Meter Stärke einge deckt waren. Aber auch die Lrdwerke gewähren keinen Schutz. Da« Geschoß dringt tief in dieselben ein, das nachstürzende Erdreich verstopft den Schußkanal, die Folge davon ist, daß die brissante Wirkung der neuen Sprengladung nur noch ver mehrt wird Nur die CementverNcidung hat sich bisher al- widerstandsfähig gezeigt. Sie fordert zum mindesten eine langandauernde Beschießung, ehe sie zerstört wird. Endlich ist es der Panzerthurm, welcher — und die soeben erneut gemachten Versuche werden diese Ansicht nur befestigen — den Briffanzladungen ebenso widersteht, wie den zeitherigen Sprenggeschossen. Aus diese Lehrsätze fußend, bezeichnet Major Mougin als Grundform der Forts der Zukunft, sowohl des SperrsortS, wie des Forts als Teilbesestigung eines verschanzten Lagers, einen Zementblock von bO m Länge bei »0—40 m Breite, der 10 m tref in das natürliche Erdreich versenkt ist, welches er nur » bis 4 m überragt. Im Mittelpunkt des Werkes befinden sich 2—3 Geschützpanz rtürme, an den Seiten versenkbare Türme mit' schnellseuernden Mitrailleusen armiert. Endlich sind noch gepanzerte Beobachtungstürmchen angebracht, die das Vorfeld beherrschen und von denen aus während der Nacht Strahlen des elektrischen Lichtes das ganze Angriffsgelände erleuchten können. Jeder solcher Wachtturm steht durch gepanzerte Stollen mit unterirdischen Räumen in Verbindung, die durch ihre 6 m starke Betondeckung der Besatzung, der Munition, den Lebens mitteln und den Maschinen gesicherte Unterkunft bieten, von denen letztere sowohl mächtige Ventilatoren treiben, wie elek trisches Licht erzeugen und die Bewegungen, Versenkungen re. der Geschütze und Wachttürme vermitteln. Der Zutritt zum Fort ist durch eme gepanzerte Poterne zu nehmen, deren verblendeter AuSgang sich nur im Moment des Gebrauchs öffnet. Die Be satzung eine» solchen Fort- wird durch höchsten- 40 Genie- foldaten oder Artilleristen gebildet. Sollen al» Stützpunkte für operierende Armeen verschanzte Lager erbaut werden, so sind eme Anzahl solcher Fort» auf etwa 4 Irm Entfernung zu errichten. Die Verbindung dieser Fort- stellt Hr. Mougin durch Schienenwege her, welche 100 m hinter den Werken lausend, mittelst Feldwerkcn zu schützen, beziehentlich" zu verschleiern sind. Auf diesen Eisen bahnen bewegen sich Geschütze schwersten Kalibers, die aus den in St. Ehamont bereits erprobten, beweglichen Plattformen ruhen, welche ein Versenken der Geschütze gestatte«. Durch diese Vorrichtung wird die Artillerie sowohl im stände sein, den feind« lichen Angriffen autzuweichen, wie etwa erlittene Beschädigungen in der Nacht wieder herzustellen. Vermittelst der Schienenwege ist eine wechselnde Flankenunterstützung der vorliegenden ForlS jederzeit ins Werk zu setzen, die Errichtung fester Flankenbastionen kommt hierdurch in Wegfall." In einer Anzahl weiterer Abschnitte weist Mou gin nach Ansicht des „4/avenir militkiii-»" schlagend alle Einwürfe zurück, die man seinem Systeme machen könnte und entwickelt dessen Vorteile unter denen die schwache Besatzung nicht der kleinste ist, weil hierdurch der Feldarmee wenig Streiter entzogen werden. „l/avonir wiUtair«" wendet sich nun zu dem Ab schnitte der Mouginschen Broschüre, der die Kosten seiner Festungswerke behandelt: Rach den vorliegenden Anschlägen würde ein solches Ze mentwerk mit » gepanzetten Türmen für je zwei 188 mm Kanonen, 4 versenkbaren Mitrailleusentürmen, von denen jeder mit 2 derartigen Geschützen armiert wäre, endlich 8 Beobachtungs türmen nebst allen nötigen Maschinen 2 800 000 FrcS., also 2 000 000 M kosten. Die Herstellung eines verschanzten La gers, dessen Umfassung von 4 zu 4 lem Entfernung durch der artige Fort- gedeckt wäre, würde bei einer Ausdehnung von 20 üw, die Ausführung von 20 Werken dieser Gattung be anspruchen, demnach nach Mougins Berechnung 40 Millionen Mark erfordern. Hierzu kämen 3 200 000 M. für die Anlage der Ringbahn mit 40 000 M. per Kilometer, ferner 12 Mill. Mark für 800 Geschütze, die zur Armierung des Lagers not wendig sind, das Stück zu 24 000 M. gerechnet. Der Auf wand für eine Mouginsche Zementfestung läßt sich also in Summa auf SS Millionen Francs oder rund 88 Millionen Mark veranschlagen, während die nach bisherigen Systemen be festigten Lager durchschnittlich 180 Millionen Franc-verschlungen haben Beispielsweise wurden allein für die Herstellung neuer Fort- btt Paris ohne deren Armierung durch das Gesetz vom 27. März 1874 60 Millionen bewilligt, und diese Summe ist notorisch in ausgedehntem Maße überschritten worden." „l/uvvuir militLirs" schließt seine Betrachtungen über die Mouginsche Broschüre mit folgenden Sätzen: „Wit man steht, schneidet Major Mougin quer durch den Lebensnerv des jetzigen Systems, er macht sozusagen tabula rar» mit allen existierenden Befestigung-Werken und bestreitet, daß selbst mit den eingreifendsten Veränderungen diese irgend wie «och ihren Zweck erfüllen könnten — Zweifellos hat Major Mougin der militärischen Welt einen großen Dienst geleistet, sowohl dadurch daß er mit seiner Schrift die öffentliche Be sprechung einer Frage heraufbeschwor, die unbedingt in kürzester Frist die bisherige BefestigungSweise über den Hausen werfen muß, dann aber auch, daß er dieser Diskussion einen klaren, scharf gekennzeichneten Ausgangspunkt gab. Ihm, dem Erfinder deS ersten, wirklich verwendbaren Panzerturms, der in Bukarest jüngst erst seine deutschen Konkurrenten so gründlich auS dem Sattel hob(?) stand es eher, wie jedem andern zu, bahnbrechend in dieser Frage vorzugehen." Soweit „l'aveuir railitLi-e". Ob der Zement beziehentlich der Asphalt zu forti- fikatorischem Zwecke eine so ausgedehnte Verwendung finden wird, wie Major Mougin prophezeit, steht da hin. FranzösischerseitS dürfte dieselbe zunächst in der Möglichkeit der Geldbeschaffung zu diesem Zwecke ihre Grenze finden. Beispielsweise würden die 3 ver schanzten Lager von Paris nach der Mouginschen Be rechnung allein gegen 170 Missionen M zu ihrer Fertigstellung beanspruchen Vor allen Dingen wäre die an Frankreichs Ostgrenze bei Verdun beginnende und bis an die schweizer Grenze sich hinziehcnde Be- festigungSlinie, für deren nach Mougins Ansicht also völlig nutzlose Erweiterung seit 1874 weit über 120 Millionen verausgabt wurden, dem neuen System ent sprechend umzuformen. Dazu gehört viel Geld und viel Zeit. Zeit und Muse hat man aber in der Regel in Frankreich nicht. Tagesgeschichte. Dresden, 6. Juli. Nach heute hier eingegangenen Nachrichten sind Se. Majestät der König am 30. Juni gegen abend glücklich in Edinburgh eingetroffen. Am 1. Juli nahmen Se Majestät in den Vormittagsstunden die Hauptkirche, das Königl. Schloß — Holyrood — und das Castell in Augenschein, und fuhren darauf nach Queensferry, um dort die Eisenbahnbrücke über den Forth unter Führung des Erbauers derselben zu besichtigen. Von dort geleitete Lord Hopetown Se. Majestät nach seinem nahe gelegenen Schlosse; nach mittags kehrten Se. Majestät nach Edinburgh zurück, und benutzten den Abend noch zu dem Besuche deS dem Herzog v. Buccleuah gehörigen Schlosses Dalkeith, welches sich durch Kunstschätze und schöne Parkanlagen auszeichnet. Am 2. Juli fuhren Se. Majestät früh H9 Uhr mit der Eisenbahn bis Callander und dann zu Wagen, beziehentlich Schiff nach Loch Katrine und Loch Lomond und setzten später die Reise bis Oban fort. Von da gedenken Se. Majestät einige Ausflüge zu machen, und am 4. Juli in östlicher Richtung weiter zu reisen. * Berlin, 6. Juli. Se. Majestät der Kaiser hat, wie aus EmS berichtet wird, die Anstrengung der Reise sehr gut ertragen. Während der Dauer des Aufenthalts zu EmS erledigte Se. Majestät die Regierungsgeschäfte in gewohnter Weise. Gestern abend wohnten Se. Majestät der Kaiser und Se. Königl. Hoheit Prinz Wilhelm einer Theatervor stellung im Kursaale bei. Ihre Majestät die Kaiserin empfing in Coblenz gestern abend den Besuch des Prinzen Hermann von Sachsen Weimar, welcher im dortigen Schlosse übernachtete. Zuvor hatte sich die Prinzessin Wil helm von der Kaiserin verabschiedet und war mit dem jungen Prinzen Wilhelm nach Potsdam zurückgekehrt, wo sie heute früh eintraf. Wie der „N. Pr. Ztg." gemeldet wird, hat sich in diesen Tagen der Hofmarschall Sr. Kaiser!, und Königl. Hoheit des Kronprinzen, Graf RadolinSki, nach Ems begeben, um dem Kaiser über dar Befinden des Kronprinzen Bericht zu erstatten. Zu gleichem Zwecke hatte der Graf bereits Audienz bei der Kaiserin. Derselbe ist der Überbringer guter Nachrichten. Die „Nordd. Allg. Ztg.* schreibt heute folgende-: „Es ist allgemein anerkannter Grundfatz im Völkerrecht, daß die Ausländer, welche sich im diesseitigen Staatsgebiet auf« halten und von allen Einrichtungen desselben in Handel und Verkehr Vorteil genießen, auch den Lasten unterworfen werden, welche die Inländer dem Staate gegenüber zn tragen verpflichtet sind. Es ist dabei selbstverständlich, daß ein Ausländer im In« lande im allgemeinen zu den Steuern heraagezogen werde, wie sie unter den gleichen Verhältnissen von den Inländern zu tragen sind In Frankreich, wo das System der indirekten Steuer da» vorherrschende ist, hat der Ausländer, selbstredend btt Bestrei tung seiner Bedürfnisse, indirekt das Gleiche an den Staat ab- zusühren, was jeder Inländer abzusühren hat. Auch die Fenster steuer, eine der wenigen direkten Steuern, welche Frankreich be sitzt, die EnregistrementSgebühren u. s. w. werden von den Fremden in Frankreich ebenso getragen, wie von jedem Inländer. Dasselbe Verhältnis findet m Deutschland statt; da wir aber in den meisten deutschen Bundesstaaten das System der direkten Besteuernng haben, so tritt es mehr als in Frankreich in Er scheinung, wenn ein Fremder bei uns auch staatliche und kom munale Einkommensteuer gleich dem Inländer tragen muß, wo gegen er ja auch gleich diesem von den staatlichen und kommunalen Einrichtungen, Schulen und dergleichen, Gebrauch machen darf. „Eins aber steht unter allen völkerrechtlichen Leh ren fest — und wir beziehen unS unter anderm auf da- neueste völkerrechtliche Lehrbuch deS St. Petersburger Professor» v. Marten» —, daß die Ausländer von allen solchen Leistungen, die mit ihrem Rechtsverhältnis zum Baterlande unvereinbar sind, wie z B. vom Militär dienst, befreit sein müssen. Ist dieser Grundsatz aber un zweifelhaft anzuerkennen (und ihn nicht anzuerkennen, heißt in die Zeit des Helotentums zurückgreisen), so darf auch von dem Fremden keine Steuer dafür gezahlt werden, daß er vom Mili tärdienst frei ist; denn das hieße, ihm ein: ganz besondere, durch Feuilleton. Ein treue» Herz. Eine Geschichte au» dem wendischen Volke von Heinrich Penn. (Fortsetzung und Schluß.) Jetzt war er zum Grabe gekommen, jetzt fank er am Rande desselben auf die Knie. „Verzeihe mir, Vater", sagte er traurig, „daß ich thue, was Du verdammen würdest, aber ich kann, ich kann nicht anders. Ich vermag nicht fürder so zu leben. Wohl hätte ich glücklich sein können, sehr glück lich, doch ist's vorbei damit, es soll nicht sein. O, ich weiß, daß ich eS selbst verschuldet, ich weiß, aber bin ich also zu verdammen, wie Du, wie sie, wie Ihr alle mich verdammt? „Ich habe ein weiches, empfängliches Her», aber dies Herz fand keine Liebe von meiner Kindheit an, ich hatte keine Mutter, keine Schwester, die über mich gewacht, mich angeleitet hätten zum Guten, zum Edlen. Du warst allezeit redlich und ehrenhaft, aber gabst Du mir Liebe, warst Du mir ein Vater? Nein, alter Mann, Du hattest keinen Händedruck für Deinen heim kehrenden Sohn, kein gefühlvolles, liebendes Wort, keinen freundlichen väterlichen Rat, hart, unbeugsam versorgtest Du mich wobl mit Geld, aber Du warst mir kein Vater, hattest für das, was ich gelernt, was ich Dir schüchtern vorzuschlagen wagte, nur Worte der Geringschätzung, der Verachtung Als ich das goldene Herz AnkaS noch nicht erkannt hatte, als eine noch halb kindliche Neigung mehr und mehr unsere Herzen verband, die einst zu einer mächtigen Liebe erblühen sollte, weil es so kommen mußte, da ließet Ihr, Du und Pridan, diesem Bund der Herzen nicht Zeit zur schönen Entfaltung, da grifft Ihr täppisch wie echte Bauern mit rauhen Händen in die zarten Saiten die ser meiner Empfindung und kommandiertet: Ihr seht Euch gerne, da hast Du die Mühle und jetzt heiratet. Ich aber war noch so jung, ich wollte noch die Frei heit schlürfen mit vollen Zügen, noch nicht gefesselt sein an den Ernst des Lebens. Zwei, drei Jahre noch, ich hätte dann Anka noch mehr geliebt!* Er seufzte tief auf und lehnte fein Haupt auf den Rasen des Grabhügels. „Dieser Zwiespalt in meinem Innern wurde auch mein Unglück, denn da kam sie", fuhr er fort, „schön, mit den feinen Sitten, die ich in der Stadt kennen gelernt hatte, gebildeten Geistes, und umstrickte mein argloses Herz, gab mir Liebe, Liebe mit vollen Händen, Liebe mir, der ich bi» jetzt keine Liebe ge sunden im eigenen Hause, beim leiblichen Vater, und umgarnte mein unerfahrenes, leichtgläubige- Herz! Siehst Du, Vater, das ist meine Schuld an Dir, an Pridan, an Anka, und ist sie auch schwer, o so ist sie zu verzeihen, und ich habe sie gebüßt, schwer gebüßt! Hier hast Du meine Beichte, an Deinem Grabe spreche ich nochmals zu Dir und enthülle Dir ganz mein Herz, wie ein Kind dem Vater, und Du hörst Deinen unglücklichen Sohn und segnest ihn, o ich weiß e», Du zürnst mir jetzt nicht mehr, jetzt nicht, nachdem Du alle- weißt. Und nun lebe wohl, Vater; denn ich kann es nicht ertragen, hier zu bleiben, sie zu sehen, die ich liebe und die mich unbeugsam von sich weist. Ich gehe hinaus in die Welt, weit fort von hier, »n den Krieg, ich will kämpfen und fallen als ein tapferer Soldat, auf dem Felde der Ehre, wo Österreichs Adler fliegen! Leb wohl!" Er schluchzte laut auf. Dann nahm er eine Blume vom Grabe und sagte: „Diese Blume nehme ich mit mir, ich will sie auf dem Herzen tragen, sie soll mich erinnern an Dich, an sie, wenn ich falle." „Und willst Du nicht lieber leben?" tönte eS plötzlich aus der Kapelle, die Thüre öffnete sich, und Anka stand vor ihm Er starrte sie erst entsetzt an, meinte er doch, eine Erscheinung zu haben, welche ihm seine erhitzte Phan tasie vorgezaubert. Doch nein, eS war Leben in dem Bilde; Anka war eS wirklich. Sie schien tief erschüttert, Thränen standen ihr in dm Augen. „Uno willst Du nicht lieber leben?" fragte sie nochmal-, und ihre Stimme klang weich. „DaS Leben hat keinen Wert mehr für mich", sagte er traurig. „Und meinst Du, er sei auch für alle anderen wertlos?" „Für alle, da mich niemand liebt." „Tine, ich wußte nicht, daß Du mich so tief, so wahr in Dein Herz geschlossen, ich dachte nicht daran, wie sehr Du zu entschuldigen bist, erst Deine Rede hat mir die« enthüllt, und so sage ich Dir, daß ich Dir nicht mehr zürne, daß ich Dir vergebe von Herzen* „O, Dank Dir, Dank, Anka, für die» letzte gute Wort von Dir, e- erleichtert mir das Scheiden " „Und willst Du denn in Wahrheit fort?" „Muß ich nicht? Kann ich das Leben hier für der ertragen?" „Doch, wenn Dir eine treue Seele dabei hilft?" „Wer sollte eS?" „Die Dich zuerst lieb hatte, und die Du noch liebst." „Anka!" „Die nun einsieht, daß sie zu hart war, daß Du mehr gesühnt, als Du verschuldet!" „O, wenn ich hoffen dürfte, wenn Du wieder gut sein könntest.* „Ich werde eS sein, Tine." „Und Du kannst und willst mich wieder lieb haben, wie einst? Willst Du?" So rief er und sank vor ihr nieder. Und sie er» rötete und sagte leise: ,Zch will, ich habe nie aufgehört, Dich zu lieben." Da jauchzte er laut auf, sprang empor und drückte sie an sein Herz, und ihre Augen strömten über vor Thränen, und wieder waren es Tbränen der Freude und Liebe. Die Wolken zerrissen am Himmel, und die Abend sonne vergoldete die beiden mit ihren Purpurflammen, dem Symbol der Liebe, und verklärte ihre glücklichen Gesichter. Arm in Arm verließen sie den Friedhof, der Wagen fuhr heim. Pridan war nicht wenig er staunt, als er die beiden so bei sich eintreten sah, noch mehr aber verwunderte er sich, als sie vor ihm niederknieten, und Anka flüsterte: „Vater, segne un-!* „Ei, von ganzem Herzen!" rief er da freudig, und drei glückliche Menschen saßen darauf lange in trau lichem Gespräche beisammen
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