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Dresdner Journal : 20.05.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188705201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870520
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870520
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-05
- Tag 1887-05-20
-
Monat
1887-05
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 20.05.1887
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»887. Freitag, de« 20. Mai, abe«ds. «114 . . 1« trittUQä ^M»rU«d, L L1»rtc L > gttwp«I»u»o«I»8 tü»»u. 8u»»«to« Kanullsro: 10 kt. l^Lr 6so L»aw «ü»«r 2«ilv Usiu»r 8«t»ntt10 kt. v»t»r<ii« 2«il« b0 8k. 8« nvä 2itkrv»»tL «otipr. XusictUiH. Lriokei««» r IZUlie« »it Ln»n»tim« äer 8oiu»- mut k«i«rt»^» »dsväi. karixprvck ^L»ot»Iu„: Kr. 119b. Dres-nerIoimml. Für die Gesattttlettun- verantwortlich r Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Runstgeschichte. Ln»»dM» 1«, LL»U»air«»r«» »»»^Lrl« I n. 6ommi«i«n»r <i« OroUoor ^ourwtt»; N»i»dorU - L«rU»-Vt«r> - ». ».: Iiaa»enÄeiM -t >*rU»-Vt«»-L»»d«rU- kr», -L«»p»>» rrULUitrl «. ».-»»»«»«: Lko««,- ?»ri«-Looäoo -L«rU»- er»L^kart ». N. - lt 6o »«rii»^ /nvatitt«n<ia»t,' SÜrUU. o. äkM«^, Luwovr: 0. LUI« «. >.: F. Laret F Oo. U«n»»88«der r «ÜLisl. krx«iitioll U«, Orv»äo«r ^oanutt», vr«ä«o, LH»io8«r»tr. Ko 10. kerLipreek-ALLcUtu«: Kr. 199b. Nichtamtlicher Teil Telegraphische 'Alachrichten. Der Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Trantportdirector bei der Staat-essenbahn-Berwaltung Lugen Theodor Winkler das von Er. Majestät dem König von Rumänien ihm verliehene Offiziertkreuz der Krone von Rumänien Mtnchrn, IS. Mai; abend«. (W. T. B.) Prinzregent ist heute abend nach Wien abgereist. Pari«, iS. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ ) E« »ird al« wahrscheinlich bezeichnet, da- Rouvier und Deve« in ein von Kreyciart nruzubildendr« Kabinett einttetea werden. Eharlerot, 20. Mai. (Tel. d. Dretdn. Journ.) In viele» diesseitigen Kohlenrevieren wurden hente Versammlungen Streikender abgehalten. Insbe sondere zv Dampremy wurde eiue allgemeine Ar beitseinstellung beschlossen. Die meisten Gemeinden haben die Lürgergarde kovfiguiert. Dresden, 20. Mai. Zur wirtschaftlichen Lage Frankreichs mit Bezugnahme auf den Sturz des Ministeriums. G Die französischen Republikaner vor hundert Jahren schickten ihre geschlagenen Feldherren gern auf die Guillotine, bis sich endlich solche fanden, die Siege zu erringen wußten. Ähnlich verfahren heute die Enkel jener mit ihren Finanzministern. Sobald es dem jeweiligen Minister nicht gelingt, ein befriedigen de« Budget auszustellen, wird er gestürzt, ganz gleich, ob er persönlich oder ob unabänderliche Verhältnisse die Schuld an dem schlechten Budget tragen. Wir fürchten, daß mit dieser Methode keinesfalls Erfolge zu erzielen sind, selbst wenn bei dem ewigen Herum tasten und Probieren neuer Kräfte wirklich einmal ein bislang verborgenes finanzpolitisches Genie ent deckt werden sollte. Wie die Dinge Frankreichs lie gen, kann auch der fähigste Finanzminister nichts Durchgreifendes zu einer gesunden Neugestaltung des Staatshaushalts unternehmen Die Einnahmen haben ihre größtmöglichste Höhe nahezu'erreicht, bringt doch da» französische Voll jährlich vier Milliarden Frcs. an Abgaben und Steuern auf — eine ungeheure Leistung für ein Volk von 37 Millionen. Aber selbst Frankreichs schier unerschöpflicher Reichtum ist der selben auf die Dauer nicht gewachsen. Der zwar ge ringe, doch stetige Rückgang der Einnahmen in den letzten 5 Jahren beweist es, und was da- Schlimmste ist, den Bedürfnissen des Staates kann auch mit diesen ungeheuren Mitteln noch nicht genügt werden, im ver stossenen Jahre hat sich vielmehr ein Defizit von etwa 200 Millionen FrcS. herausgestellt. Wie soll ein derartiger Fehlbettag gedeckt werden? Die einsichtigen Frauzosen — und zu diesen gehört doch immerhin die große Mehrheit des Volkes — erfaßt eine gewisse Beklemmung bei dieser Frage, denn der Franzose als Privatmann ist ein vortrefflicher HauShalter. Er ver steht zu rechnen und nichts haßt er mehr als das Schuldenmachen. 4000 Millionen Frc». Steuern I Da« sind im Durchschnitt 108 Frcs. für jeden Kopf — Frauen und Kinder eingerechnet— oder 430 FrcS. für jede Familie von 4 Gliedern I Unmöglich können diese Summen noch erhöht werden Da« Volk sträubt sich auch energisch dagegen. „Keine neuen Steuern, keine Anleihe I" ist das Schlagwort in der Kammer wie im Lande, und Goblet, der eS nicht zu dem seinen machen wollte bez. konnte, mußte fallen. Freycinet oder ein anderer wird an seine Stelle treten, wird von der Parlament»tribü»e herab unter dem Jubel der Deputierten hoch und teuer versichern, daß er die Forderung d«S Volke- erfülle» werde, und ebensowenig dazu im Stande sein, wie e- sein Vor gänger war. Sicherlich ließe sich da« Defizit durch Ersparnisse decken, aber sie sind in der nötigen Höhe nur am Militäretat denkbar, und alle-, wa- diese« aulangt, ist für die Franzosen ein Xoll w« Dem ¬ nach wird da- kommende Ministerium seine Zuflucht wiederum zu einer Anleihe nehmen und die ungeheure Staatsschuld Frankreichs um weitere Hunderte von Millionen erhöhen müssen. Zu diesem Ergebnisse ae- lanat der rühmlichst bekannte Volkswirt Professor v. Kaufmann in einer ausführlichen Darstellung der Finanzlage Frankreichs, welche er soeben « Schanz- schen Finanzarchiv veröffentlicht hat. Kaufmann weist in seiner Arbeit nach, wie sich im französischen Budget schon seit 1882 ein ständige- Defizit vorfindet, welche- aber allezeit künstlich verschleiert, der Volksvertretung erst unlängst zum klaren Bewußtsein gekommen ist. Hätte das Parlament schon früher den Ernst der Lage erkannt, so würde es sich wohl gehütet haben, kost spieligen und unnötigen Unternehmungen, wie dem Bautenprogramme Freycinets und der unseligen Tonkin- expedition zuzustimmen. Denn daß die Volksvertretung den guten Willen hat, Abhilfe zu schaffen, läßt sich nicht verkennen, nur ist sie ebensowenig wie die ver schiedenen Finanzminister im stände, Mittel und Wege dazu ausfindig zu machen. Von den 4 Milliarden FrcS., die das französisch« Volk im verflossenen Jahre an Steuern auszubringe» hatte, flossen 3015 Millionen in die Staatskasse«, 885 Millionen waren für die Bezirke und Gemeinden bestimmt, während der Rest von 100 Millionen auf die öffentliche Wohlthätigkett, die Wegesrohnden und dergl. zu rechnen ist Dabei muß man festhalten, daß einerseits diese Summen nicht völlig vereinnahmt wur den, wahrend auf der andern Seite die thatsächlichen Ausgaben noch beträchtlich darüber hinausgingen. Die Gemeinde» und Bezirke decken ihre Bedürf nisse zum Teil durch Zuschlagcentimes zu den direkten Staatssteuern, zum Teil durch Oktrois und andere Gemeindeaccisen. Die Verwaltung auf diesem Gebiete ist, mit Ausnahme der großen Städte, zumeist um sichtig und zweckentsprechend. Große Ersparnisse lassen sich hier nicht machen, und geschähe es da und dort, so wäre damit der Allgemeinheit doch nicht geholfen. Der eigentliche Staatshaushalt sollte 1886 mit 3015 Millionen Frcs. balanzieren, aber die Einnahmen betrugen faktisch nur 2950 Millionen, während die Ausgaben den Voranschlag um rund 120 Millionen überschritten. Von diesem Defizit sind 98 Millionen durch ordentliche, der Rest durch außerordentliche Aus gaben bedingt, welch' letztere zum größten Teil Bou langers Melinit- und andere Experimente nötig machten. Daß die einmaligen Mehrausgaben anders als durch eine Anleihe gedeckt würden, verlangt niemand, dagegen sollen die 98 Millionen Defizit im ordentlichen Etat einzig durch Ersparnisse ausgeglichen werden. Sehen wir zu, wie weit das möglich er scheint! Von den 3015 Millionen veranschlagten Einnahmen sollten verwandt werden 1) 1373 Millionen für die Verzinsung und Til gung der Staatsschuld, 2) 1303 Millionen für die eigentlichen StaatS verwaltungSausgaben, die „svrvicss ^ensraur cke« wiuistere^', 3) 339 Millionen für die Erhebung der Steuern und für andere VerwaltungSkosten. Demnach erfordert die Verwaltung der Staats schuld die höchste Au-gabe, allein gerade hinsichtlich ihrer ist ganz Frankreich einig, daß eine Kürzung unthunlicb und überhaupt nicht angängig sei. Vor wenigen Jahren erst ist die Hauptmasse der Schuld konvertiert worden. Eine wertere Herabsetzung des Zinsfußes würde, da die StaatSpapiere zum weitaus größten Teile im Jnlande untergebracht sind, viel Un zufriedene schaffen, und darauf kann es die Republik oei der schwachen Majorität, über welche sie so wie so «ur im Parlamente verfügt, nicht ankommen lassen. Die Ausgaben für die Staatsschuld sind übrigens trotz der Konversionen, welche 50 Millionen Ersparnisse brachten, rm Laufe der letzten 10 Jahre um 178 Mil lionen gestiegen, dank der zahlreichen Anleihen, welche zur Deckung des ständigen Defizits und zur Aus führung der kostspieligen Kriegszüge nach Tunis und Tonkin ausgenommen werden mußten. An den 1303 Millionen „servioeL ßbnsraux" haben die einzelnen Ministerien sehr verschiedenen An teil. Am meisten braucht das Kriegsministerium mit 813 Millionen gegen 666 Millionen im Jahre 1876. Wir brauchen kaum zu erwähnen, daß hier Ersparnisse möglich wären, aber alle vernünftigen Stimmen — und eS giebt deren auch in Frankreich — die mit Ernst darauf Hinweisen, verhallen wie der Ruf des Predigers in der Wüste. Der Bedarf des Kultusministeriums beträgt 193 Millionen Frcs.; er ist seit 1876 nahezu um 100 Millionen durch die Schulreform gestiegen. Dieselbe entzog den Unterricht der Jugend den klerikalen Schul orden und legte ihn in die Hand des Staates. Un möglich kann dieser entscheidende Schritt, wie die katholischen Parteien wohl wünschten, ganz und gar rüt^ängig gemacht werden, andernfalls aber sind große Ersparnisse, wie die Blätter aller Parteien einräumen, auf diesem Gebiete nicht zu erzielen. DaS Ministerium des Innern verbraucht 60 Millionen; ihm sind fast alljährlich und bei jeder Gelegenheit Abstriche gemacht worden, so daß sich seine verfügbaren Mittel seit 1876 um 25 Millionen curakindert haben. Weitere Abstriche gelten auch hier für unmöglich. DaS Gleiche wird von den Budgets der übrigen 5 Ministerien behauptet, die zusammen nur noch 250 Millionen auSmachen, so daß sich an ihnen allerdings nicht 100 Millionen ersparen lassen. Es bleiben also einzig die 339 Millionen Regie-, Betriebs- und Erhebungskosten, und um deren Ver minderung hat eS sich bei den jüngsten Budgetver handlungen auch fast ausschließlich gehandelt. Die Budgetkommission behauptete, daß sich hier mindestens 20 Millionen ersparen ließen, während die Regierung erklärte, Abstriche in dieser Höhe müßten unbedingt den Gang der Verwaltung hemmen. Sie ersuchte den Ausschuß, die einzelnen Forderungen namhaft zu machen, welche nach seiner Ansicht entbehrlich seien, fand aber damit kein Gehör. Derselbe war vielmehr der Mei nung, dies sei Sache des Finanzministers, eine Auf fassung, in welcher ihm die Kammer selbst am 17. Mai beipflichtete. Das Ministerium Goblet gab infolge dessen seine Entlassung. Was nun? So weit sich aus der Ferne urteilen läßt, scheint Goblet mit feiner Behauptung, daß sich das Gleichgewicht des Budgets durch Abstriche im Ausgabekonto nicht Herstellen lasse, völlig recht zu haben. Die neue Regierung wird also trotz alledem zu wei teren Steuern oder zu einer Anleihe ihre Zuflucht nehmen müssen. Aber die Steuerkraft des Volkes ist bereits völlig in Anspruch genommen, sie beginnt sogar zu erlahmen. Freilich sträubt sich der französische Stolz die- einzugestehen, man sucht sich selbst zu täu schen und hat z. B. neuerdings „entdeckt*, da- stän dige Defizit rühre von Ungeheuern Unterschleifen bei Erhebung der indirekten Abgaben her, von Betrügereien, durch welche der Staatskasse mindestens 150 Millionen jährlich entgingen. Aber ist eS im Ernste denkbar, daß ein Staat, an dessen Spitze ehrenwerte Männer stehen, fortdauernd um solche Unsummen betrogen werde? Daß ein so fleißiges und klarblickendes Volk wie die Fran zosen sich Jahr für Jahr ein gut Teil der Früchte seiner Arbeit stehlen ließe? In der That, der Senator Cuvinot, welchem diese Entdeckung zu verdanken ist, hat seinen Landsleuten damit ein schlechtes Kompliment gemacht. Doch sei dem wie ihm sei. Jedenfalls sind die fehlenden Millionen nicht zur Stelle und werden auch niemals herbeigeschafft werden. Demnach sieht sich das reichste Volk der Erde gezwungen, einen Teil seiner Staatsausgaben durch alljährliche Inanspruch nahme des Kredits zu decken. Der unglückliche Krieg von 1870, welcher die Staatsschuld ungeheuer ver mehrte und auf dessen Rechnung der größere Teil jener 1373 Millionen Zinsen kommen, ferner da» rie sige Kriegsbudget und endlich die teilweise mangelhafte Verwaltung des Staates tragen zusammen die Schuld. Wohin es auf diesem Wege mit Frankreich kommen soll, läßt sich nicht absehen, Thatsache ist, daß heute die 3prozentige sächsische Staatsrente mit 91 ge handelt wird, die französische aber in Paris selbst nur mit 80 H. Lagesgeschichte. Dresden, 20. Mai 1887. Se. König!. Hoheit der kommandierende General Prinz Georg traf heute vormittag H8 Uhr von Hosterwitz per Wagen am jProvianthos ein, stieg daselbst zu Pferde und wohnte dem Exerzieren der 1. Jnfanteriebrigade Nr. 45 unter Generalmajor von der Decken im Ma növerlerrain am Heller bei. * Berlin, 19. Mai. Se. Majestät der Kaiser hörte gestern einige Vorträge und empfing den Ge neralquartiermeister der Armee Grafen v. Waldersee. Die für heute angesetzte Truppenbesichtigung auf dem Tempelhofer Felde hatte der Monarch de- außer gewöhnlich ungünstigen Wetters halber abbefohlen. Nachmittags arbeitete der Kaiser noch längere Zeil mit dem Chef des ZivilkabinettS und erledigte Re gierungsangelegenheiten. Gestern abend hatten die Kronprinzlichen Herrschaften die Fürstin zu Hohenlohe-Langen burg nebst Tochter, den Erbprinzen Reuß j. L. und Gemahlin, sowie den Kaiserl. ottomanischen General v. d. Goltz mit Einladungen beehrt. Ihre Kaiserl. und Königl. Hoheit die Kronprinzessin traf mit ihrer Begleitung heute vormittags, bald nach 10 Uhr, vom Neuen Palais hier ein. Der Prinz Wilhelm, welcher einer Einladung des Grafen zu Dohna-Schlobitten zur Jagd nach Ost preußen entsprochen hat, ist nach mehrtägigem Auf enthalte daselbst gestern von dort nach Potsdam zu rückgekehrt. Der bisherige deutsche Gesandte in Madrid, Graf Eberhard zu Solms-Sonnenwalde, dessen Er nennung zum deutschen Botschafter beim Ouirinal nach der „Polit. Korr " als gewiß anzusehen ist, scheidet von einem viele Jahre von ihm bekleideten Posten, auf dem er besonders nach dem Tode König Alfons XII. viel zur Erleichterung der Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien beigetragen hat. Graf Solms ist am 2. Juli 1825 geboren, steht somit im Anfang der 60er Jahre. Seit langen Jahren der diplomatischen Laufbahn angehörend, war er früher auch in Paris sehr bekannt, wo er in der deutschen Botschaft unter dem Frhrn. v. d. Goltz und später Feuilleton. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 18. Mai. „Der Hüttenbesitzer", Schauspiel in 4 Akten von George Ohnet. (Frl. Salbach vom Stadttheater in Leipzig als Gast.) Ein sichere- Zeichen von der ungewöhnlichen Teil nahme unserer Publikums fitt das seltene, unserm Theater Glück und neues Leben im Schauspiel ver sprechende Talent des Gastes war das ausverkaufte HauS und die ruhige gespannte Aufmerksamkeit des selben während der Vorstellung. Wir haben solche Beispiele von wärmster Beachtung bisher nur ganz besonders berühmten und schon allgemein bekannten Künstlern gegenüber erlebt. Daß sie hier auch einer jüngeren Kraft gewidmet wird, beweist ein gesundes Urteil der Theaterbesucher und ist ein Wink, daß dieselben bei einer jo lange von der Direktion angesttebten Vervoll kommnung unseres Personals dem Schauspiel ihre freudige Unterstützung schwerlich schuldig bleiben werden. Da vir schon in Hrn. Klein einen tüchtigen Charakter- lmd wesentlich Ehargenspieler gefunden haben, so würde nn- ja bei dem Gewinne von Frl. Salbach, den ich immer als erste Notwendigkeit festhalte, nur noch gelegentlich ein Komiker ersten Ranges, neben Hrn. Schubert, eine feine komische Alte im Genre der verstorbenen Frieb-Blumauer und ein möglichst guter Ersah für Hrn. Matkowsky fehlen. Das sind Ziele, die bei unablässiger Arbeit erreichbar sind, die unser Kunstinstttut zweifellos zur Spitze der deut sche» Bühnen machen und die bedenkliche That ¬ sache wegräumen können, daß nur die Wagner- sche Oper der allein volllebendige Brennpunkt der hiesigen öffentlichen Theaterinteressen ist. ES sei bei diesen Bemerkungen dem Berichte anderer Blätter gegenüber gesagt, daß Frl. Salbach bis jetzt noch nicht fest engagiert ist, da dies in Berücksichtig ung des KartelvertragS — wie mir soeben von unter richteter Seite zugeht — davon abhängen wird, ob die Direktton unserer Hosbühne bis zum Ablauf von Frl. SalbachS Leipziger Kontrakt warten muß, oder ob der Hr. Direktor Stägemann früher einen genügen den Ersatz für die Künstlerin findet. Die Aufführung des ,Hüttenbesitzers" war eine ganz vorzügliche und der Wiedereintritt der Hrn. Swoboda in dieselbe ist ein Vorteil für die ent sprechende Rolle, unbeschadet der sonst wohlbewährten Tüchtigkeit des Hrn. Klein. Morgen, Sonnabend, wird eine neue Posse: „Ein Man für AlleS" von Julius Keller und Fritz Bren tano gegeben O. B. Im Urwald. vrafilianisch« Erzählung von B Riedel-Ahren«. (Fortsetzung.) Der Mineiro war verstimmt; erst als ihm Ramiro von der bevorstehenden Ankunft BizenteS Mitteilung machte, wurde er etwas aufgeräumter, da er hoffte, alle Unannehmlichkeiten würden mit dem Eintreffen des Verlobten feiner Tochter ihr Ende erreicht haben. DaS Gespräch der beiden Männer drehte sich um scheinbar gleichgiltige Gegenstände; erst al» Senhor Ramiro sich bald darauf verabschiedet hatte, fiel es Martinos auf, daß der Schwager heute zerstreuter und einsilbiger gewesen war als je. Er dachte in dessen nicht weiter darüber nach, sondern schrieb es dem eigenartigen Wesen des alten Mannes zu, der stet» anders in seinem Denken und Thun gewesen wie andere Menschen. Senhoro Ramiro ritt, von seltsamen und wider- streitenden Gefühlen bewegt, durch den einsamen Ur wald, in dem sich die Schwermut der Dunkelheit deS sinkenden Abend» verbreitete. Als er gesenkten Hauptes auf seinem treuen Tiere saß, welches trotz der nach lässigen Führung die sichersten Pfade einschlug, da sah er vor seinem geistigen Auge immer wieder die Kette des Elends sich entrollen, das für Serena mit dem Erscheinen Vizente Barrosos Hereinbrechen würde. Und jener Gedanke, der vorhin blitzartig durch sei« Inneres gefahren, den er zurückzuweisen gesucht mit dem kalten Entsetzen der Empörung, der von seinem ganzen Sein Besitz ergriffen mit unabweisbarer Ge walt, er ließ sich nicht mehr bannen. Kalter Schweiß bedeckte Ramiro» Stirn, er sah fragend empor »u den ewigen Sternen, bi» die Antwort, die er suchte, laut und vernehmlich in seinem Herzen sprach Wa- konnte ihm noch an dem eigenen Leben liegen, da» verbraucht und seinem Ende nahe war, wo eS galt, zwei hoffnungsvolle Menschenblüten vor sicherem Untergang zu retten? Ja, er fühlte e» die Stunde war gekommen, da er eS als seine Pflicht erkannte, das selbstgeschaffene Paradies des Friedens noch einmal »u varlassen und den heißen Schauplatz der rastlos kämpfenden, von Leidenschaft erfüllten Welt jvon neuem zu betreten. Gott wollte es, darum hatte er die jungen Leute zu ihm gesandt. Vorwärts denn, nach dem Willen de- Höchsten, es sollte keine Minute mehr zum Handeln verloren gehen! Zu Hause angekommen, erteilte er den Befehl, daß an der Pforte der Umzäumung einer der Neger sich als Posten aufstelle, um zu beobachten, ob Vi zente Barroso vielleicht schon früher als er beab sichtigt, die Waldstraße an der Besitzung vorbei pas- fierte, Dieses war in der That der Fall, und zwar am folgenden Morgen. V. Vizente Barroso schien es sehr eilig »u haben; er wäre an der Wohnung deS Onkels seiner Braut vorübergeritten, wenn nicht der wachthabende Sklave ihn angerufen und den Wunsch seine- Herrn, einen Augenblick bei ihm vorsprechen zu wollen, mitgeleilt hätte. Serenas Verlobter, ein Manu in der Mitte der Zwanziger, mit dunkel brünettem Lockenhaupt, von kräftiger, gedrungener Figur, warf mit herrischer Ge- bärde und dem den Söhnen dieses Lande- angeborenen Anstand dem Schwarzen die Zügel seine- Pferdes zu. Über das hübsche, von kleinem schwarzen Vollbart um rahmte Antlitz flog ein Zucken der Ungeduld ob diese- unliebsamen Zeitverluste-, und e- war nicht eben ein freundlicher Blick, den er unter den buschigen Brauen hervor aus seinen blitzenden dunkeln Augen dem Skla ven zusandte. „Melde Deinem Herrn meine Ankunft", sagte er in gebieterischem Tone, „ich habe nicht viel Zeit zu verlieren."
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