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Dresdner Journal : 26.05.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188705265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870526
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870526
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-05
- Tag 1887-05-26
-
Monat
1887-05
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 26.05.1887
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W11S sLbrUeb ^MlrUeb: L 1t»r^ »0 ?k. LiL»»la« KuoullSrv: 10 kL L«««rd»ld ä«, clsvttcbso L«iob« tritt kott- uoä 8t«iop«tiii»cül»^ bioru. LL^8»cklxuLx»ss«d8krei, r k'Lr 6so L»urv siver e««p»Itsvsv 2«ils icleivsr Schrill 2V?f. Vvt«r äis Xsils KO kk. ö«i 1'»d«II«o- vvä 2ik«rv«»tt svttpr. Xik,cbl»x. Lr»ed«t»«o r ^kUUek mit ^UNvLtime cksr SovQ- vvä ksisrtt^s »dsoä». ksrniprscb Xvsctilvss: !^r. lLSL. Donnerstag, den 26. Mai, abends. Dres-nerMnnal. Für di« Gesamtleitung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der kitteratur- und Kunstgeschichte. 1887. ro» F»«-»-!»»«»» »»UNRrtt r lxtptt,: F>. Ooivou-^osLr äs« Ors-Iv« ^ouru»!»; L»wdvr^ - Isrltv -Vi« - Rr»aK1vrt «. u.: Laa»«nÄe»n <0 ^OA/er, 8«rUv-Vi«»-L»»diuA. ?r»U-I.«tp»iss-rr»LtKlrt ». N. UL»«L«: L»<1. Lfo««,- k»rti LoQt«» 8«rU»-8r»Lkeart ». ». - »tatt»«rt: Da^ix <e 6o..- LsrU»^ InvaKü«»<ia«L,- SSrUt». LtSUer, ^ac^/otA«-,' U»LLov«r: ö. u«u« ». >.! F. Larct <0 60 8er»»»x«d«r r Nüvigl. Lrpsditiov äs« l)r«äv«r ^ovrv»I», vr««t«o, LMiv8»ntr. tio. 80. kcrviprvob-FLSvttta«: l^r. 128b. Amtlicher Teil. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Betriebsdirector bei der Staatseisenbahnverwaltung Carl August Hartenstein in Zwickau und der Stationsvorstand I. Cl., Bahn- hofsinspector Carl Oskar Papsdorf in Hof das von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten von Bayern ihnen verliehene Ritterkreuz I. Cl. des König lich Bayrischen Verdienstordens vom heiligen Michael annnehmen und tragen. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Pest, 25. Mai. (W. T. B^) Beide Häuser de- Reich-rat- hielten heute ihre Schlußsitzungen. Die Präsidenten derselben hoben in den Schlußreden unter Aufzählung der zu Stande gekommenen Gesetze besonder- jene über Reorganisierung de- MagnatenhauseS und betreffend den Landsturm, sowie die Stärkung der Wehrfähigkeit hervor, wo bei sie die seltene Einmütigkeit betonten, mit wel- cher diese Gesetze angenommen wurden. Endlich wiese« dieselben auf die Lösung der Au-gleich-- frage« bi«, wodurch die Großmachtstellung der Monarchie, welche die Grundbedingung de- staats rechtlichen LerbandeS beider Reich-Hälften bilde, gestärkt und wodurch für Handel und Gewerbe eine wohlthätige Periode der Stabilität wieder herbeigeführt worden sei. Beide Präsidenten brach ten zum Schluffe Hochs auf den Kaiser auS, in welche die Versammlungen begeistert einstimmten. Pari-. 26. Mai, morgens. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der Op6r» eomiqas ist Feuer auS- gebrochen und zwar, den angestellten Ermitte lungen zufolge, in den Soffitengardinen deS Hin teren BühnenraumS. Die Zuschauer hätten daher da- Theater leicht verlaffen können, da aber da- GaS erlosch, bevor da- Theater vollständig ge räumt war, fürchtet man, daß einige Zuschauer der oberen Ränge, von der Dunkelheit überrascht, den Au-gang nicht gewinnen konnten. Da- Feuer dehnte sich schnell über die Bedachung aus, der Plafond stürzte bald nach dem AuSbruche deö Feuer- ei«. Wie verlautet, find bi- jetzt einige 66 Verwundung-- und 19 Todesfälle konstatiert, genauere Details find noch nicht feststellbar. Die RettungSarbeiten dauern fort. Das Gebäude der Oper ist vollständig zerstört. Dir AufräumungS- arbeiten werden kaum vor morgen beginnen können. Paris, 26. Mai. (Tel. d Tresdn. Journ.) Die Opferzahl beim Brande der vpöi-u oomi<luv scheint größer zu sein, als anfänglich angenommen wurde. Vormittag- 9 Uhr wurden 3 Tote mit telst Stilen auS dem 4. Stockwerk herabgelassrn. Paris, 26. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Kreycinet übernahm die Bildung eine- neuen Kabinett-. Rom, 25. Mai. (W. T. B.) Der frühere deutsche Botschafter v. Keudell und Gemahlin wurden beute von der Königin empfangen. Morgen wird Hr. v. Keudell vom Könige empfangen werden Hr. und Krau v. Keudell reisen am Sonnabend von hier ab. Dresden, 26. Mai. Der Schatzkanzler Göschen über den Mittelstand. Der durch seine hervorragende finanzmännische und parlamentarische Befähigung als eine der be- Feuilleton. Im Urwald. Urasilianisch« Erzählung von B. Riedel-AhrenS. (Fortsetzung.) Ramiro nickte gedankenvoll. „Dennoch dürfen wir eS thun, in dem gebieterischen Fall der Notwehr." „Eilen wir", trieb Alvaro, „die Angst schnürt mir Brust und Kehle zusammen! Serena befindet sich wehr los in den Händen ihrer Peiniger, was kann nicht alles geschehen in diesen Minuten?" „Reiten Sie voraus, Alvaro, ich folge in einer Viertelstunde nach; der Vorsicht halber müssen wir eS vermeiden, den Verdacht zu erwecken, als bestände zwischen unS eine Art Komplott; Martinos ist miß trauisch, ein solcher Verdacht könnte alles verderben und meine Hilfe ganz unwirksam machen. Um Serenas willen aber darf ich mir jetzt nicht meinen Schwager zum Feinde machen. Sie sehen das ein?" „Vollkommen!" Ich gehe sofort. „Auf Wieder sehen in Martinos' Hause." „Auf Wiedersehen, Alvaro", sagte Senhor Ramiro bewegt. Dann, als gebe er einem inneren Impulse nach, schloß er den jungen Mann in seine Arme und preßte ihn liebevoll gegen seine Brust „ES giebt Menschen, zu denen wir unS beim ersten Anblick unwiderstehlich hingezogen fühlen; Sie sind einer von den wenigen, denen ich auf meinem Lebens wege begegnete, der mein ganze- Herz gewonnen. Gott segne und schütze Sie, Alvaro." „Ich danke Ihnen, Senhor Ramiro, Ihre Worte deutendsten Stützen deS Kabinetts des Marquis Salis bury bekannte Schatzkanzler Mr. Göschen hielt bei Ge legenheit eines am 16. d. Mts. im Cecilklub statt gehabten Festmahls eine Rede, welche durch den Gegenstand, den sie behandelt auch für Deutschland ein näheres Interesse besitzt. Nachdem der Red ner die Schwierigkeiten der irischen Frage und der be vorstehenden Reformen eingehend erörtert, sagte der selbe: „Die englische Demokratie sei eigentümlicher Art. In Frankreich habe man tabul» ia8a mit allen alten Institutionen gemacht, so zu sagen die alten Flaschen »erbrochen, in den Kolonien baue man auf frischem freien Grunde und zapfe vom Faß; England habe die schwierige Aufgabe überkommen, den neuen Wein in alte Flaschen zu füllen Aber andererseits liege auch eine große Kraft darin, daß man nun mit der Ver gangenheit gebrochen, alte bewährte Institutionen fest gehalten und sie den Forderungen anzupassen strebe, welche sich aus den veränderten Umständen der Gesellschaft ergeben Es sei ein verbreiteter Irrtum, die Elemente der Stetigkeit zu unterschätzen, die in England den Staatsmännern zu Gebote ständen, die sich weigerten, den Einfällen der Demagogen oder jeder neuen populären Strömung nachzulaufen, und er protestiere gegen die elende Lehre, daß es Pflicht der Staatskunst sei, einfach mit dem Strome zu schwimmen. In allen Schichten der englischen Gesellschaft sei eine große Masse von latentem Konservatismus im besten Sinne des Wortes vorhanden. Die Gegner behaupteten, die nationale Partei habe keinen Anhalt in der großen Masse des Volkes, beließen ersterer aber mit fast verächtlicher Gleichgiltigkeit die einsichtigen und ge bildeten Klassen, welche leine so große Anzahl von Stimmen verträten. Er nehme für die nationale Partei das Kompliment an, soweit Einsicht und Bil dung in Frage stehe, bestreite aber entschieden, daß die Arbeiter gegen sie seien; die letzten Wahlen hätten vielmehr gezeigt, wie stark sie bei denselben sei. Aller dings könnte sie nicht mit den Demagogen wetteifern, welche den arbeitenden Klassen auf Kosten anderer Teile der Gesellschaft schmeichelten, ihnen nicht Hoff nungen machen, welche unersüllbar seien, oder Täu schungen befördern, die zu nichte werden müßten. Man dürfe nicht versuchen, die Demagogen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, aber man könne sich mit Erfolg an die arbeitenden Klassen wenden, indem man ihnen vollen Anteil an dem allgemeinen Gedeihen und volle Berücksichtigung ihrer besonderen Interessen im Einklang mit denen aller anderen Klassen verspreche. Unter diesen letzteren vernachlässige man jetzt vielfach die einst so umworbenen Mittelklassen, weil ihre Stim men bei den Wahlen nicht mehr so wichtig schienen, zwanzig Redner beschäftigten sich mit dem Steuerdruck für den Arbeiter gegen einen, welcher die Lage be kämpfenden Handwerkers oder Handlungsdieners in Erwägung ziehe. Dies sei ungerecht, denn wenn diese Klassen bei den Wahlen nicht mehr das srühere Ge wicht hätten, so liege doch in ihnen eine große und stetige Schwerkraft. Eine große Zahl in denselben kümmere sich nicht um Politik, so lange die selbe nur als ein Spiel um Macht und Amt erscheine, aber gerade diese bildeten durch ihre Stetigkeit und die Abneigung, ihre Ansichten leicht zu wechseln, ein wichtiges Element des Beharrens, und sie folgten den öffentlichen Charakteren, welche sie als prinzipientreu achteten und die ihnen Vertrauen ein- flößten, weil sie sicher sein könnten, daß dieselben nicht von einem Tage zum andern wechselten. Der Weg, das rechte Ziel zu erreichen, könne nicht der ver gangener Zeiten sein; der strengste Konservative sei ein Radikaler, verglichen mit dem, was er vor 20 Jahren gewesen, die veraltete Festung des früheren Torysmus könne dem Angriff der neuen radikalen machen mich stolz! Möge ich dieser Zuneigung immer würdig bleiben." Er ging, drehte sich noch einmal um und sandte dem Zurückbleibenden einen letzten freundlichen Gruß hinüber. Sobald Ramiro allein war, bemächtigte sich seiner von neuem der dumpfe Druck der Vorahnung eines erschütternden Ereignisses; er trat hinaus, wo der Neger das gesattelte Maultier schon Mr seinen Herrn bereit hielt; ein Schauder ging durch seinen Körper, zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er in den grotesken Schatten der Baumgestalten eine unheimliche Empfindung sein Inneres durchrieseln. * * * Alvaro hatte unterdessen einen weiten Vorsprung gewonnen; jetzt war er schon in der Lichtung ange kommen, von der aus bis zum Ziele eS kaum noch einer Stunde bedurfte. Diese Lichtung bildete einen kreisförmigen Platz, umstanden von den dunklen Bäumen de- Urwald-; in der Mitte des grasbewachsenen Boden» befand sich eine sumpfartige Vertiefung, auS deren feuchtem Grunde üppige Tropengewächse empor wucherten, im Schmucke buntfarbiger Blumen, welche die Luft mit heißem narkotischen Duft erfüllten. Auf der Erde aber, in den taugetränkten Gräsern ringsumher, schimmerten die funkelnden Lichter der Vagalumes, jener riesenhaften Leuchtkäfer, wie herab gefallene, geheimnisvolle Sterne. In diesem Augenblicke strauchelte Alvaros Pferd derartig über einem umgefallenen Baumstamm, daß er sich gezwungen sah, abzusteigen und das Tier beim Ausrichten zu unterstützen; eS gelang. Kaum hatte er eS von neuem bestiegen, al- er etwa dreihundert Artillerie nicht widerstehen; man müsse sie durch neue Erdwerke ersetzen, welche eine größere Besatzung auf nehmen könnten; aber Grundsätze könnten nur durch Grundsätze ersetzt werden, nicht durch Gesühlserregungeu oder Forderungen zeitweiliger AuSkunstSmittel, und er behaupte, daß man für gemäßigte Grundsätze und die Sache deS gesunden Menschenverstandes mit ebenso viel Begeisterung kämpfen könne wie für revolutionäre Ideen und Utopien." Noch weit mehr wie das britische Reich bietet Deutschland ein Beispiel für die politische Bedeutung de- Mittelstände», der durch eine unablässige Regsam keit auf kirchlichem, politischem und sozialem Gebiete die Anbahnung von Umgestaltungen förderte. Gerade in der breiten Masse desselben hat die nationale Idee am kräftigsten Wurzel gefaßt, au» seinen Kreisen stammt die Bewegung zur Wiederbelebung und Kräf tigung deS Handwerks; hier sammelt sich die Kapital kraft deS Volkes. ES kommt hinzu, daß der Auf schwung, welchen der öffentliche Unterricht in Deutsch land genommen, den Mittelstand zu einer weit höheren Stellung emporhob. Er vertritt die geistige und physische Kraft der Nation und weiß in geschickter Weise zwischen Fortschritt und Beharrungsvermögen die Mitte zu halten. Auf den Mittelstand fällt die Hauptlast der Steuern und auf seinem Wohlergehen beruht wesentlich das Gedeihen des Staates. Er leistet den wirksamsten Widerstand gegen überstürzte Neuerungen und gegen eine doktrinäre, verbohrte Opposition. Die letzten Reichstagswahlen, bei welchen da- Militärbudget die Losung bildete und die Nieder lagen von Freisinn, Fortschritt und Sozialdemokratie waren ein Werk unseres «ackern Mittelstandes. LlUMtzclchlchlt. * Dresden, 26. Mai. Unser Berichterstatter schreibt uns: Ihre Königl. Hoheit die verw. Frau Großherzogin Marie von Mecklenburg- Schwerin ist gestern abend 9 Uhr von Berlin kom mend nach Wien hier durchgereist. Dem Vernehmen nach ist Se. Hoheit der Herzog Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, Höchstwelcher auf einer Be sitzung in Krain sich aufhält, erkrankt und gilt Höchst- diesem der Besuch. Ihre Hoheiten, die hier aufhält lichen beiden Prinzen Friedrich Wilhelm und Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin begrüßten Ihre erlauchte Mutter auf dem Leipziger Bahnhof und be gleiteten Höchstdieselbe bis nach dem böhmischen Bahnhof. * Dresden, 26. Mai. Se. Excellenz der Hr. Staats minister Frhr. v. Könner itz hat sich heute um 9 Uhr vormittags mit den Herren Geh. Rat v. Thümmel, den geh. Finanzräten Köpke und Freisleben, sowie dem Finanzrat v. Kirchbach nach Freiberg zum Besuch der Muldenhütten begeben. * Berlin, 25. Mai. Se. Majestät der Kaiser besichtigte beute vormittag auf dem Tempelhofer Felde die 3. Gardeinfanteriebrigade. Zu dieser Besichtigung erschienen außer den Königl. Prinzen der heute früh 9 Uhr hier eingetroffene Großherzog von Toscana und der Herzog Albrecht von Württemberg, sowie viele Generäle und höhere Offiziere. Nach dem Schluß der Besichtigung nahm Se. Majestät der Kaiser militärische Meldungen entgegen und kehrte darauf gegen 1 Uhr nach dem Königl. Palais zurück. Dort erledigte der Monarch am Nachmittag Regierungs angelegenheiten und arbeitete von 3 Uhr ab mit dem Chef des Zivilkabinets, wirkl. Geh. Rat v. Wil- mowski Um 5 Uhr findet im Kömgl. Palais ein Diner von etwa 40 Gedecken statt, zu welchem der Großherzog von Toscana und der Herzog Albrecht Schritte vor sich m entgegengesetzter Richtung einen Reiter auS dem Walde in die mondbeglänzte Lichtung einbiegen sah. Alvaro musterte ihn genauer und er kannte Vizente Barroso, seinen Totfeind. Auch dieser hatte auf der Stelle denjenigen, wel chen er suchte, bemerkt; langsam kam er um den Sumpf herum auf ihn zu. DaS Licht des Vollmonds schien um diese Stunde so geisterhaft klar und durchdringend, daß es wie mit Tage-Helle die beiden Männer in der erhabenen Ein samkeit deS Urwaldes beleuchtete „Guten Abend, Doktor", rief Vizente höhnisch, während er sein Pferd anbielt und dadurch Alvaro veranlaßte, unwillkürlich dasselbe zu thun, „Sie reiten wohl spazieren in Ermangelung besserer Beschäf tigung, was?" „DaS ist doch wohl lediglich meine Sache, Sen hor", entgegnete Alvaro, dem der herausfordernde Ton seine- Gegners nicht entging, in kaltem Tone. „Guten Abend." Er schickte sich an, weiter zu reiten. .Halt!" donnerte ihm da Vizente mit gebieterischer Stimme zu, indem er seinen Arm mit stolzer Be wegung au-streckte, „ich habe ein Wort mit Ihnen zu reden, Doktor." Er bewegte die rechte Hand, Alvaro bemerkte die Waffe in derselben im Mondschein blitzen. „Weshalb?" fragte Alvaro erbleichend, „ich werde doch meinen Weg so gut verfolgen können wie Sie den ihren, Senhor?" „Rein, das darfst Du nicht, elender Verräter! Kennst Du Serena Martinos?" Er nahm das Ge wehr in die linke Hand und spannte den Hahn. „Ja, ich kenne fiel" rief Alvaro von Begeisterung von Württemberg nebst Gefolge und Ehrendienst, der Prinz Wilhelm, die Großherzogin von Baden, der Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen-Meinin gen, die Prinzessin Albrecht, der österreichisch-ungarische Botschafter am hiesigen Hofe Graf Szechenyi, der Großherzogl. fbadische Gesandte Frhr. v. Marschall, der Oberstkämmerer Graf Otto v. Stolberg-Wernigerode und andere hervorragende Personen erscheinen werden. — Morgen wird Se. Majestät der Kaiser auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin die große Frühjahrs parade abhalten. In mehreren Blättern wird die Behauptung auf gestellt, daß Se. Majestät der Kaiser an der Grund steinlegung für die Schleusenanlaye bei Hol tenau zum Beginn der Arbeiten für die Herstellung deS Nordostseekanals nicht teilnehmen werde. Dem gegenüber ist darauf hinzuweisen, daß diese Feier aus allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Kaisers statt findet, daß in dem Festprogramm die Grundsteinlegung durch Se. Majestät den Kaiser vorgesehen und daß ein Gegenbefehl bisher nicht ergangen ist. Die „Berliner Pol. Nachr." schreiben: „Wie Irie „Straßburger Post" meldet, hat der ausgewiesene Sohn deS verstorbenen Bürgermeisters Baumgarten in Markirch um seine Naturalisation nachgesucht. Ein Teil unserer Presse begrüßt diesen Schritt mit dem Ausdruck der Freude darüber, daß die Reichsfeinde in Elsaß - Lothringen aufangen, zu Kreuze zu kriechen. Näher scheint es uns zu liegen, die Hoffnung aus zusprechen, daß die Behörden in Elsaß-Lothringen dem Gesuche des Hrn. Baumgarten um Aufnahme in den deutschen Unterthanenverband keine Folge geben werden. Der Genannte war, wenn wir nicht irren, bisher schweizerischer Staatsangehöriger. Wenn er jetzt nach dem Tode seines Vaters in den deutschen Unterthanenverband ausgenommen zu werden wünscht, so dürste das Motiv dafür wohl nicht in dem Wechsel seiner Gesinnung, sondern in Erwägungen sehr mate rieller Natur zu suchen sein. E» scheint uns aber nicht im Interesse des Reichs zu liegen, die Naturali sation eines Ausländers zu begünstigen, der lediglich aus pekuniären Rücksichten Deutscher zu werden sucht. Unseres Erachtens wäre es richtiger, Baumgarten zu bescheiden, er möge dort bleiben, wo er sich bisher wohl gefühlt habe." Nachdem nunmehr auch der Gesetzentwurf, betr. die Einführung der Reichsgewerbeordnung in Elsaß-Lothringen dem Bundesrate zugegangen ist, steht es wohl außer Zweifel, daß sowohl dieser Ent wurf, als auch der in den BundeSratsausschüffen schon beratene Gesetzentwurf, betr. die Ernennung der Bürgermeister und Beigeordneten in den Reichslanden dem Reichstage alsbald nach seinem Wiederzusammen tritte nach Pfingsten zugehen wird. Die Schwierig keiten, welche dem Abschluß des auf die Gewerbe ordnung bezüglichen legislatorischen Schritte- sich dar boten, lagen bekanntlich u. a. darin, daß nach dem französischen, in Elsaß - Lothringen zur Zeit geltenden Gewerberecht die Frauen- und Kinderarbeit in Fabriken in ungleich höherem Maße zugelassen ist, al- dies nach unserer Gewerbeordnung geschehen darf. Die ziemlich unbeschränkte Verwendung von Kindern im Alter von schon 12 Jahren ab bildet einen nicht un wesentlichen Faktor für die Gestaltung der gewerb lichen Verhältnisse im Reichslande und für die Lage und Konkurrenzfähigkeit der dortigen Industrie. Es lag daher die schwierige Aufgabe vor, besondere Mo dalitäten zu treffen und namentlich durch Übergangs bestimmungen die auf der Basis des französischen Rechts entwickelten gewerblichen Verhältnisse in die Rechtsordnung des deutschen Gesetzes überzuführen, ohne doch die Industrie und die auf derselben beruhen den Verhältnisse der Arbeiter ernstlich zu benachteiligen oder gar zu gefährden. Auch in Bezug auf das ergriffen „Ich sehe, du willst mich töten, Vizente Barroso, diese That macht Dich zu einem gemeinen Mörder, denn ich bin wehrlos! Ziele fest, triff sicher dieses Herz, in welchem das Bild Serenas lebt, sie ist mein und wird es bleiben, auch wenn ich tot bin! Du wirst sie nimmer dein nennen, Mörder, den mein Schatten verfolgen soll bis zur letzten Stunde!" „DaS will ich eben", sagte Vizente brutal. „Be reite Deine Seele vor, sie wird in der nächsten Minute vor dem ewigen Richter stehen und Rechenschaft zu geben haben für die verratene Gastfreundschaft, für den beschimpften Vater und den schändlich Hintergange nen Verlobten! Stirb, Hund, möge Dein Blut, wenn eS unschuldig ist, über mich kommen!' Er legte an und zielte. Ein Schrei der Wut tönte von den Lippen AlvaroS, der in dem tiefen Schwei gen der Nacht ein schauerliches Echo wachrief. Auf- aeschreckt flog ein großer Nachtvogel unheimlich krei schend über den Platz. Dann folgte ein Schuß; ein zweiter durchdringen der, markerschütternder Schrei wurde vernehmbar, Al varo sank zurück und fiel auf den Boden nieder; sein Pferd aber rannte, scheu geworden, blindlings in den Wald hinein. In derselben Sekunde, noch war da- Echo deS Sckusses nicht verhallt, erschallte ein zweiter aus dem nahen Walde, aus der Richtung von woher der junge Arzt gekommen war. Vizente Barroso schnellte kon vulsivisch im Sattel hoch empor, dann sank auch er zurück. Senhor Ramiro- Hand hatte sicher gezielt; seine Kugel halte den jungen Mineiro mitten in- Herz getroffen. Gleich darauf trat aus den» Dickicht die hohe Ge-
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