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Dresdner Journal : 13.05.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188705137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870513
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870513
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-05
- Tag 1887-05-13
-
Monat
1887-05
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 13.05.1887
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W10S 1887. Urei lag, den 13, Mai, abmdr. L«»»g»pr«1»r l» U»»»« L»c«u»: Ig^Iicb: .... 18 U»rk. ^L^rllcti - 1 N»r1l SV kk. Li»»«I»« I^ULuuorll: 10 kk. Lo»»»rd»Id6«» ä«vt»cii«ll Lvloll«, tritt ko»-- uoö 8tewp«I»o»cl»1»^ lüoru. ^n-ao6l^oQx»xedLtlreo r kür 6ea Liuiw «i»sr 8«ip»It«usv 2«il« Klemer Lokritt SV kk. H»t«r .Lio^osrurät" äis Xeile KO kk. ö«i Dtdslloo- ooä 2itk»rv»»t» svtopr. Aok»cl»!»x. LrovUoloen r INgllol» mit Ao»i>»l»ii« 6er 8oLL- ooä koiort»^« »deoä». k»rv«pr«et>-AixcUIo»»r lir. lSSÜ. Dres-mrIMmal. Für die Gesamtleitung verantwortlich r Dtto Banck, ssrofeffor der titteratur- und Kunstgeschichte. L»o»8»» vo» L,»tt»älrw^» «unRrt», r F>. Lra»ckt«tt«r, OowwiEoo»» 6« I>re«to«r öorum»I»i Luador, - N»rU» -Vt« - IxlpilU N»»«l >r»,l»« rr»»1l1vr» ». N.: <ß Vo^sr,' 3»rU»-Nt«»-N»»d«r,. ?r»U-l.»tp»tU-rr»L^0u< ». N.-NU»eU»»: ^ko««, ?»rti Loaäo» -U»rU» - krmttttrt ». N, - ItttlU»rt: Dae^x <e 6o..' S«rU»l 7nrai»cie-xia»et,' oSrUde: v. Lt»üt«r» ^ac-i/otAerN»»Lo-»r: 6. L»U» ». /. LarÄK F 6o U«r»i»sxvder r Tvoigl. Lrpeäitioi» 6s» i>rs«jo«r ^oar»»I», vrssäell, 2vio^»r»tr. Ho S0. ksrvspreck -^Leeklo«: l^r. ISVb. r Amtlicher Teil. Dresden, 13. Mai. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den nachgenannten Offi zieren, Sanitäts-Offizieren, Unteroffizieren und Be amten des 1. Jäger Bataillons Nr. 12 die Erlaubnis zur Anlegung der denselben von Sr. Hoheit dem re gierenden Herzog Ernst von Sachfen-Altenburg ver liehenen Ordens- rc. Dekorationen zu erteilen und zwar: des Ritterkreuze« 1 Klasse des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens dem Hauptmann von Altrock, des Ritterkreuzes 2. Klasse desselben Ordens dem Stabsarzt vr. Körner, den Premier lieutenants Graf zu Solms-Wildenfels und von Eraushaar, der zu diesem Orden gehörigen silbernen Verdienst-Medaille dem Bizefeldwebel Hirschberg und dem Büchsenmacher Freyer. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Generaldirector der Staats- Eisenbahnen Ewald Alexander Hoffmann das von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten von Bayern ihm verliehene Großcomthurkreuz des Königlich Bayerischen Verdienstordens vom heiligen Michael annehme und trage. DreSde«, 10. Mai. Se. Majestät der König haben dem Kunst- und Handelsgärtner Seidel zu Striesen und dem Kunst- und Handelsgärtner Liebig da selbst das Ritterkreuz 1. Klasse des AlbrechtSordenS, dem Gartendirektor Bouchs zu Dresden und dem Garteningenieur Bertram zu Blasewitz das Ritter kreuz 2. Klasse de» Albrechtsordens zu verleihen Aller gnädigst geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. EmS, 12. Mai. (W. T. B.) Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheit dir Krau Kronprinzessin hat mit Ihren König!. Hoheiten den Prinzessinnen Lictoria, Sophie und Margarethe heute abend 6 Uhr die Rückreise nach Potsdam angetretev. Se. Kaiser!, and König!. Hoheit der Kronprinz gab üi» zvm Bahnhof daS Geleite. Kl-renz, 12. Mai. (W.T. B.) Im Beisein deS Königs, der Königin, deS Kronprinzen, deS Ministers Zanardelli, der Vertreter der fremden Mächte, der Präsidien deS Senats nnd der Depu- tiertevkammer, sowie zahlreicher anderer Würden träger fand heute unter dem Geläute aller Glocken die feierliche Enthüllung der neuen Domfa^ade statt. Der Domplatz und die umliegenden Straßen waren reich mit Klaggen geschmückt. Lom Erz- bischof wurde ein Hochamt zelebriert und dabei der päpstliche Segen erteilt. Der König und die Königin mit den anderen Ehrengästen wohnten dem Hochamte bei. Dresden, 13. Mai. Privilegien des englischen Parlaments. G „Das Parlament", sagt ein Lehrer des eng lischen Staat-rechtes, „kann Alles, nur nicht einen Mann zum Weibe und ein Weib zum Manne machen." In der That reicht die Macht des Unterhauses — selbstverständlich in Bezug auf Fragen, die einzig Eng land berühren — soweit, als es dieselbe ausdehnen will; seinen Machtbereich genau zu umschreiben, wäre ein Ding der Unmöglichkeit und ist wohl auch seit den großen Versassungskämpsen im 17. Jahrhundert niemals versucht worden. Ganz dunkel und ver schwommen werden die Grenzen dieses Machtbereiches dort, wo es sich um die Privilegien des Hauses Feuilleton. Im Urwald. Brasilianische Erzählung von B Riedel-Ahrens. (Fortsetzung.) Martinos zuckte die Achseln. „Wer sich keiner Sünde bewußt ist, sein Lebtag al» ein rechtschaffner Mann gelebt hat, der mag ruhig sein und jeden Augenblick bereit, vor seinen Gott zu treten I Anders steht e» mit denjenigen, die ein böseS Gewissen haben I Aber fetzen Sie sich, Senhor Alvaro, wir sprachen vorhin von dem Punkte der Ehre, unsere Meinungen gingen da betreffs der Gastfreundschaft ein wenig aus einander. Ich werde Ihnen mit wenig Worten einen Fall erzählen, den ein alter Freund von mir in seinem Hause erlebte, eine Geschichte, welche Ihnen den Beweis liefert für meine vorhin aufgestellte Be hauptung." Alvaro folgte ungern dem äußern Zwange. Er blickte zerstreut in die nach immer kürzeren Pausen zuckenden Blitze, von denen jeder nächste da» einsame HauS im Urwald treffen und vernichten konnte; auch merkte er aus Martino» Benehmen, daß etwas Feind liche» zwischen sie getreten sei. »Sehen Sie", begann Martinas, nachdem er Na- nika in der ihm eignen, gebieterischen Weise einen Wink gegeben, sich zu entfernen, „etwa fünfzig Meilen entfernt, in Kampuan wohnt die Familie, von der ich Ihnen erzählen wollte; es sind ehrliche, brave, nicht mehr junge Heute, deren ganzes Glück in ihren zwei handelt, deren Zahl im Laufe der Jahrhunderte eine ungeheure ward, die sich zum allergrößten Teil über lebten, uns heute vielfach widersinnig erscheinen, aber dennoch von dem Parlamente, eifersüchtig wie eS nun einmal auf seine Macht und Vorrechte ist, nicht auf- gegeben werden. In der That, giebt eS etwas Sinn loseres, als wenn ein Parlament Privilegien besitzt, denen zufolge kein Blatt über seine Verhandlungen berichten darf? niemand das Recht hat, den Sitzungen beizuwohnen, er sei denn Mitglied des Haufes? Stehen nicht diele Vorrechte im schreiendsten Wider spruch zum Wesen deS ganzen RepräsentativsystemS, für welches die Öffentlichkeit, das möglichste Bekannt- werden aller Verhandlungen Lebenslust ist? Natür lich fällt es im gewöhnlichen Lauf der Dinge keinem Parlamenlsmitgliede ein, auf diese sonderbaren Privi legien zu pochen, sie werden bloß ab und zu ein mal ausgegraben, um als Mittel zum Zweck zu dienen, etwa wenn es gilt, die Beratungen über ein der Minorität mißliebiges Gesetz hinauszuziehen, oder wenn einer der Abgeordneten seinem persönlichcn Hasse gegen irgend eine Zeitung genug thun möchte. Eines der wichtigsten und jedenfalls das dehnbarste aller Privilegien lautet dahin, daß gegen kein Parla mentsmitglied ein Libell veröffentlicht werden darf. Dieses Vorrecht entstammt der Zeit der großen eng lischen Revolution, ist also ziemlich 250 Jahre alt, aber trotz dieser hübschen Spanne Zeit sind sich die britischen Rechtslehrer bis auf den heutigen Tag nicht klar darüber geworden, was unter einem Libell ver standen werden müsse. Selbst William Pitt, wohl der größte Staatsmann Englands, erklärte auf öffent licher Parlamentstribüne: „Was eigentlich ein Libell fei, hab' ich nie begriffen!" Wörtlich bedeutet „libel" Schmähschrift, Satire, aber man sieht leicht, was alles von willigen Auslegern unter diesen Begriff gebracht werden kann. Thatsächlich darf man einem Parla- mentsmitgliede nichts nachsagen, was ihn dem Ge lächter, der Verachtung oder dem Haffe auSsetzt; ihn unter vier Augen einen Lügner oder Narren zu nen nen, verstößt nicht gegen die Privilegien, aber gedruckt darf es nicht werden, das wäre ein Libell Wenn da» Parlament streng an diesem Vorrechte festhielte, so wäre die Preßfreiheit in England gänzlich hin fällig und es hat Zeiten gegeben, z. B. als Bute Premierminister war, wo daS Unterhaus sich durchaus nicht scheute, jede mißliebige Äußerung über eine» seiner Mitglieder auf das strengste zu ahnden. Findet nämlich das Parlament, daß ein Bruch feiner Privi legien vorlieae, so ist es oberster Gerichtshof, kann durch den Stabträger den Angeschuldigten vor seine Schranken fordern und ihn mit Umgehung der Ge richte aburteilen Die Frage ist nur immer, ob sich das Parlament durch den Gebrauch dieses Rechtes nicht in Widerspruch mit dem öffentlichen Bewußtsein und dem gesunden Menschenverstand setze und daher gewinnen auch die Verhandlungen über einen Privi- legienbruch regelmäßig eine Bedeutung, welche weit über die Tragweite des speziellen Falles hinausreicht. Der Fall, welcher die ganze vorige Woche hin durch das Unterhaus beschäftigt hat, war folgender: Die „Times" hat behauptet, daß Mr Dillon, nächst Parnell das bedeutendste irische Mitglied des Parla mentes, mit einem der Phönixparkmörder jahrelang und bis kurz bevor die Unthat geschah, in Verbin dung gestanden habe. Dillon kennzeichnete diese Be hauptung im Unterhause als niederträchtige Verleum dung, worauf das Cityblatt in einem neuen Artikel „Dillons Lügen im Unterhause" seinerseits den irischen Abgeordneten als unverschämten Lügner brandmarkte. Die Parnelliten erhoben darüber ein furchtbares Ge schrei, unterließen es aber, die „Times" zur Verant wortung zu ziehen. Da stellte merkwürdiger Weise Mr. Charles Lewis, ein Konservativer, noch dazu Kindern bestand, einem Sohne, welcher in Rio stu dierte, und der jüngern Schwester. Diese verlobte sich auf Wunsch der Eltern, da sich eine äußerst gün stige Gelegenheit zu solchem Schritte bot, mit siebzehn Jahren; von nun an hielten Frohsinn und Zufrieden heit erst recht ihren Einzug in den glücklichen Fa milienkreis. Da fiel es dem Sohne ein, für die lange Ferienzeit auf der einsamen Farm sich einen Freund und Studiengenossen mitzubringen. Der junge Mann wohnte in dem Hause, er trank den Wein und aß drei Monate lang das Brot seines noblen Wirtes, er sah den Frieden, sowie das schöne Glück der Leute, die ihn so vertrauensvoll ausgenommen batten. Was geschah? DaS Unerhörte! Mit feinem vornehmen Äußern und feinen schlangen glatten Manieren hatte der steche Eindringling ver standen, daS Herz des Mädchens zu bethören; er redete ihr zu, sich gegen das heilige Gebot deS Gehorsam» aufzulehnen, dem Verlobten untreu zu werden und ihm selbst, dem fremden hergelaufenen Menschen, an zugehören als sein Weib! Selbstverständlich wollte mein alter Freund von einer solchen Verbindung nichts wissen. Die Tochter siegte dahin und starb nach Jahresfrist! Ein Roman war'», wie sie in eueren Büchern stehen, Senhor! Sagen Sie, müßten einem nicht die Haare zu Berge stehen bei der Befürchtung, e» lebten unter uns Banditen, die solcher Bubenstreiche fähig sing?" Alvaro atmete tief auf, fuhr mit der Hand über seine Augen und begegnete in sicherem und öfterem Anschauen dem durchdringenden Blicke des Mrneiro. Er wußte, daß e» vollständig vergeblich gewesen wäre, nur den Versuch zu machen, die Denkungsart dieses Orangist und als solcher der erbittertste Feind der National-Jren, den Äntrag, gegen die „Times" wegen PrivilegienbrucheS vorzugehen. Welches seine Beweg gründe Ovaren, ist uns unbekannt; jedenfalls er wartete er, der Verleger der „Times würde vom Unterhaufe steigesprochen werden, wodurch die Ehr- lofigkit Dillons bestätigt und der rührige Agitator auf immer unschädlich gemacht worden wäre. Gegen Erwarten aber trat Dillon selbst für den Anttag Lewi« in die Schranken und selbst Parnell erklärte sich bereit, die bekannte Briefangelegenheit ebenfalls der Beurteilung des Parlamentes zu unterbreiten. Diese- Selbstvertrauen der Iren veranlaßte die Regierung, den Antrag eine- ihrer wärmsten Anhänger zu bekämpfen, daS Vorhandensein eines Privilegien- bruches zu bestreiten und Dillon zu seiner Ehren rettung an die gemeinen Gerichte zu verweisen. Sie hat sich damit ihrer Partei gegenüber in eine schiefe Lage gebracht, wie denn auch der „Standard", das Hauptorgan der Konservativen, seiner Mißbilligung diese» Vorgehens der Regierung unverhüllt Ausdruck gab. Trotzdem hat die Majorität deS Unterhauses, der höheren politischen Einsicht ihrer Führer ver trauend, Salisbury nicht im Stiche gelassen, den An trag Lewi», sowie einen ähnlichen Gladstones ver worfen und dem Regierungsvorschlage beigestimmt nach welchem auf Staatskosten ein Verleumdungs- prozeß gegen die „Time»" angestrengt werden soll. Da sich indessen Dillon weigert, den Gerichtsweg zu betteten, so wird die „Times" voraussichtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Neben der großen Wichtigkeit, welche parlamen tarische Verhandlungen dieser Art für die Begrenzung der Machtfülle deS Unterhauses und für die Stellung der Presse haben, ist es besonders die Erinnerung an historisch wichtige Präcedenzfälle, welche in ganz Eng land da- höchste Interesse für den Anttag Lewis rege machten. Hauptsächlich ist es die „Times" gewesen, welche sich oft deS PrivilegienbrucheS schuldig machte. So ward im Jahre 1831 ihr Drucker zu 100 Pfund Geldbuße verurteilt und auf unbestimmte Zeit ins Gefängnis gesteckt, weil sie von dem Earl os Limerick gesagt hatte: „Er sei ein Ding, das Anspruch darauf erhebe, ttn Mensch zu sein." Glimpflicher kam sie in einem Streite mit dem großen irischen Agitator O'Connell weg, der sie wegen entstellter Wiedergabe einer seiner Reden vor dem Unterhause verklagt hatte. Das HauS lehnte alle seine Strafanträge ab, da be merkte er plötzlich, „daß sich Fremde auf der Galerie befänden, was bekanntlich gegen die Privilegien des Parlaments verstoße", und wirklich mußten sämtliche Zuhörer und Berichterstatter, darunter natürlich auch der „TimeS"-Korrespondent, unverzüglich daS Haus verlassen. Ein Privilegienbruch, welcher das ungeheuerste Aufsehen erregte und für die Gestaltung der innerpolitischen Ver hältnisse Englands von weittragendem Einflüsse ward, ist der berühmte Streit deS Mr. John Wilkes mit dem Parlamente, auf den der Verfasser der Junius-Briefe seine vernichtendste Satire geschrieben hat. Im Gegen satz zu dem jüngsten Falle stand damals die öffent liche Meinung ganz Englands auf Seiten des Änge- klagten, soweit ging die Parteinahme des Volkes, daß die Londoner Bürgerschaft sich zu WilkeS Gunsten er hob und die Vollstreckung des Urteils verhinderte. WilkeS hatte in seinem Blatte „North Briton", in der klassischen Nummer 45 vom 23. April 1763 eine Thronrede heftig angegriffen und sich dabei nicht ge scheut, den König und die Minister beim Namen zu nennen, was bis dahin unerhört gewesen war. Das Unterhaus erkannte auf Privilegienbruch wegen LibellS. WilkeS wurde festgenommen, obwohl dies der Lord oberrichter Pratt als verfassungswidrig bezeichnete, und auf unbestimmte Zeit ins Gefängnis geworfen, wäh rend die Nummer 45 öffentlich von Henkershand ver» Mannes von Stahl und Eisen zu ändern; zugleich aber war es ihm unmöglich, einer Ansicht beizustim men, die nach seiner Überzeugung nicht nur veraltet, sondern geradezu ungerecht und barbarisch war. „Sie sehen die Sache in einem besonderen Lichte, von einem Standpunkte auS, den ich nicht teilen kann", bemerkte er ruhig. „Die Eltern, welche blindlings über die Hand ihres Kindes bestimmen, pflegen nicht zu bedenken, daß dieses auch ein Herz bat, welches den ewigen Gesetzen der Natur zufolge früher oder später feine Stimme laut werden läßt, und diefe Stimme redet so gewaltig, daß sie durch nichts sich übertönen läßt! Es ist etwas sehr Schönes um den kindlichen Gehorsam und die strengen Gesetze, welche ihn erzwingen, aber eS giebt auch eine Grenze dafür; wo eS sich um daS Glück und Seelenheil der Tochter handelt, da sollte auch nach ihrer Meinung gefragt werden, nimmer dürfte sie auf dem entwür digenden Standpunkt einer Sklavin stehen, die der Peitsche deS Gebieters stumm zu gehorchen hat! Wie die Kinder die Eltern hochachten bis in» späte Alter, so sollten auch diese den freien Willen in den Kindern ehren!" AuS den schwarzen Auaen deS Mineiro zuckte eine düstere Flamme; unwillig schüttelte er den Kopf „Das ist'-I" rief er, heftig mit der Hand auf den Tisch schlagend, daß die Taften klirrend empor flogen, „gerade so wie Sie da zu mir sprechen, hat auch jener FriedenSräuber gesprochen im Hause meines Freun des! Da» ist das schleichende Gist der fremden Zi vilisation, welche- den Söhnen unsere» Landes da draußen in den großen Städten ins Mark und Blut dringt und sie oen Ihren entfremdet! Da» ist ein brannt werden sollte, was aber da- Volk verhinderte. Wilkes wurde mit einem Schlage der populärste Mann in England, man wählte ihn bei erster Gelegenheit zum Abgeordneten, das Unterhaus jedoch stieß ihn in feierlicher Sitzung aus. Ein dunkleres Blatt haben die Annalen des englischen Parlaments nicht aufzu- weisen. Die ganze Privilegienwirtschast muß allermindestens als unzeitgemäß bezeichnet werden, aber sie ist mehr als daS, sie ist eine Verletzung der englischen Ver- faffungsprinzipien, da der Beleidigte in eigner Sache richtet, da ferner dem Angeklagten keine Jury zur Seite steht und die Verurteilung nicht auf Grund bestehender Gesetze, sondern durch Beschlüsse und Erlasse de» Richters selbst erfolgt. Diese Thatsachen find von den englischen Rechtslehrern tausendmal wiederholt worden, aber dennoch wird keine Anstalt getroffen auch nur die veraltetsten und sinnlosesten der Vor rechte aufzuheben. Es liegt nun einmal im englischen Volkscharakter, an dem, war die Jahrhunderte erbaut, nicht ohne dringende Not zu rütteln, und ohne Zweifel, wenn das Parlament freiwillig von seinen Privilegien einen ausnahmsweisen und mäßigen Ge brauch macht, so kann eS durch leuchtende Beispiele von Gerechtigkeit in erregten Zeitläuften großen Segev stiften. Lagesgeschlchte. * Dresden, 13. Mai. Gestern früh 6 Uhr begab sich der kommandierende General Prinz Georg, Königl. Hoheit, in Begleitung de» Ehef« de» General stabes Obersten v. d. Planitz, sowie de» Adjutanten im Generalkommando Hauptmann d'Elsa per Bahn nach Wurzen, um der Besichtigung de» 3. Jägerbataillon» Nr. 15 beizuwohnen. ES waren der Division»kom- mandeur Generallieutcnant v Holleben, Excellenz, und der Brigadekommandeur Generalmajor v. Minckwitz zugegen. Se Königl Hoheit setzte mit dem Zuge 10 Uhr 38 Minuten die Reise nach Leipzig fort und nahm Quartier im Hotel Hauffe. Nach einem Rundgange durch die Staot nahm Höchstderfelbe an dem Mittag- essen im Offizier»kasino de» 10 Infanterieregiments Nr. 134 teil und besuchte dann eine Abendgesellschaft im Hause Sr. Excellenz de» Generallieutenant» v. Tschirschky und Bögendorff. * Berlin, 12. Mai. Se. Majestät derKaijer traf heute vormittag H1 Uhr, begleitet vom KriegSminister Gene rallieutenant Bronsart v. Schellendorff, zahlreichen Generälen und den Militärattache» in Pottdam ein und begab sich alsbald zu Wagen nach dem Born städter Felde, hielt daselbst über das 1. Garderegiment zu Fuß die Parade ab und ließ da« Regiment sodann im Feuer exerzieren. Dem militärischen Schauspiele wohnten auch die Frau Prinzessin Wilhelm, der Erbprinz und die Erbprinzesstn von Meiningen bei. Vom Bornstädter Felde fuhr Se. Majestät nach der Villa des Herzogs Johann von Mecklenburg, hielt sich dort kurze Zeit auf und begab sich dann nach der Kaserne der Gardehusaren. Auf dem Hofe war das ganze Regiment ausgestellt. DaS Offizier»- corps, mit Oberst PrinzWilhelman der Spitze, empfing den Kaiser am Hauptportale. Vor dem Frühstück fand die Feier des Richtfestes des neuen Offizierskasinos der Gardehusaren statt. Unter den Klängen der Pap penheimer Marsches wurde die Richtkrone emporge zogen. Der Kaiser stand während der Feier am Fenster des alten Offizierskasinos. Um 4 Uhr verließ Se. Majestät die Kaserne und fuhr über Babelsberg nach Berlin zurück. — Am Abend findet bei den Kaiser!. Majestäten im Königl Palais eine musikalische Abend- Unterhaltung statt, zu welcher etwa 130 Einladungen ergangen sind. falsches Gebäude von Lug und Trug, ein Deckmantel unter dem die häßliche Sünde sich uns zugesellen möchte. Diese glatten und hochtönenden Redensarten sind nichts wie Räuber, die den Frieden zerstören, den Ungehorsam predigen, Sitte und Gesetz auS ihren An geln heben! Nein, und tausend Mal nein, mir soll man vom Leibe bleiben mit solchen frivolen Ansichten, die zum Abgrund führen Nur wo Gehorsam herrscht, ist Ordnung, und nur wo Ordnung herrscht, gedeiht Frieden und gute Sitte!" „Und was errang die brutale Gewalt durch einen Gehorsam, der schon so oft in ein frühes Grab ge führt?" fragte Alvaro. Martinos maß den kühnen Sprecher mit einem unbeschreiblichen Blick. Seme Brust hob und senkte sich in rascherer Bewegung, die Finger zuckten, al» hätten sie den jungen Burschen, der eS wagte, in sol chem Tone zu ihm, dem älteren, erfahrenen Mann zu reden, packen und zermalmen mögen. Aber er be zwang sich; war doch dieser Verwegene immerhin sein Gast, dem er Rücksicht und Schönung, ja dem er Dank schuldete. Es war jetzt fast vollständig finster geworden; wie ein rotes Flammenmeer fiel es au» den Wolken nieder, dazwischen dröhnte der Donner in knatternden Stößen. Einmal hatte man ein krachendes Geräusch vernommen, dem ein seltsamer Ton folgte wie Stöhnen und ein langanhaltender Seufzer. Der Blitz war in einen der alten stolzen Mangobäume, unweit de» Hause», gefahren und hatte ihn zerschmettert, so daß er gespalten zur Erde sank. (S-rtfetzu»« folgt.)
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