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Dresdner Journal : 28.05.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188705285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870528
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870528
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-05
- Tag 1887-05-28
-
Monat
1887-05
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 28.05.1887
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M121 Sonnabend, den 28. Mai, abends. IkürUet», .... 18 ^^Ucd: 4 L0 ?t tiioivlo« Hunuovril: 10 ?5. 4L—rv»Id ä« 6»vt»ctieo Leiclia« tritt ko«t- uvä 8t«rop«liv»cl»I»8 dimu. 4LNN»<llrLLss»x«dNl»re» r ?ür <j«o sursr oespLltsusv 2«il» Usinsr 8«i»ri1t 80 ?t. Vvtvr äis 2sils bükt. It« T»d«tt«u- ai»<1 2iN»rQ»»tt «uttpr. Xu5»ckl»^. Lr»et>«li»ei>« ^>GlieN mit Au«L»tlio« ävr 8000- uvä koiart»^« odsaä». k«D»pr»eü-AiueüIu»»! Ar. 1LSL. DreÄmrIoumal. Für die Gefamtlettung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der kitteratur- und Kunstgeschichte. 1887. Taaod»» ro» »»H»Lrt», : n. OomliÜMioQLr <i« Or«<tQ«r ^oarimt»! S»mdur, >«rli» - Vl« - >««1->r»»l»»-^r»Lt^rt ». U.: Laa«n«t«»i, -- ^0At«r, NorU»-wi«»-S»»d»iU- kr»U - l^tpii, - ?r»»ktart o. L««t. ätu««,' k«ri» 1^»4«» »«rU» kr»Lirror1 ». » - >t»«L»r»: LooL« -e 60: 8«rU»: /nvatici<n<iant, S»rUtt: 6^. LtUÜ«'» ^ac^/oiAer ; U»»L«vr: v. <8chü«i«e, N»U« o. >.! Loret <4 60. Uer»a»x«d«r r Novial. Lrpeäitioo ct«, l-r«<1i>« ^ourooli, Vr«a«v, 2Hrio^»»tr. Ao. 80. ktzrviprood-^Lsollo«: Ar. 18SÜ. Hkachbrstelkungen aus daS „Dresdner Journal" für den Monat Juni werden zum Preise von 1 M. 50 Pf. angenommen für Dre-de» bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für n»r»irt< bei den betreffenden Postanstalten. Komgl. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Amtlicher Teil. DreSde«, 28. Mai. Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Johann Georg, Max und Albert sind heute Vormittag 10 Uhr 25 Minuten nach Sibyllenort gereist. Se. Majestät der König haben dem Bildhauer Rudolph Hermann Hultzsch zu Dresden den Titel al» Professor zu verleihen Allergnädigst geruht. Bekanntmachung, die Zulassung der innengenannten Dachpappen und Holzcemente als Surrogate der harten Bedachung letreffend. Da» Ministerium de» Innern hat auf Grund sachverständiger Prüfung und Begutachtung beschlossen, die von dem Fabrikanten Ernst Friedrich Kröhnert, in Firma E Kröhnert zu Zwickau hergestellten Dach pappen und Holzcemente unter den in der Verordnung vom 29. September 1859 (Gesetz- u. Verordnungs blatt S. 321) ausgesprochenen Beschränkungen bisauf Weitere» und mit ausdrücklichem Vorbehalte jeder zeitigen Widerrufs als Surrogate der harten Dachung anzuerkennen uud zuzulassen. Unter Bezunahme auf 8 3 der erwähnten Ver ordnung wird dies mit dem Hinzufügen hierdurch be kannt gemacht, daß dem Inhaber der genannten Firma zur Pflicht gemacht worden ist, jeder Lieferung seiner Holzcementbedachung ein besondere» Druckexemplar der unter § nachstehend- angefügten Gebrauchsanweisung beizugeben. Dresden, am 21. Mai 1887. Ministerium des Innern. v. Nostitz Wallwitz. Münckner. F Anweisung für die Herstellung der Holzcement- Bedachung. Die Holzcement - Bedeckung ist auf einer für die zu er haltende Belastung hinlänglich unterstützten und tragbaren Brtljchalung oder Windelboden herzustellen. Sie hat zu bestehen auS: 1) einer mindestens o^ Nz. hohen gleichförmigen Bedeckung des Holzwerks (der Schalung) von seinem Sand oder diesem gleich feuerbeständigem Stoffe; 8) mindestens vier in gehörigem Fugenwechsel mit Holz cement- oder diesem gleich entsprechender Masse auf ein ander geklebten Lagen hinlänglich starken PapierS, Papp- masse oder diesen gleich geeigneten Stoffes; 8) einem Holzcement- oder diesem gleichentsprechenden Ueber- zuge der Decklage sub 8, welcher mit feinem Sande (Stemkohlenflugasche, Steinkohlenschlackenpulver oder der gleichen) dicht zu überdecken und in die noch weicht UeberzugSmaffe einzu drücken ist; 4) einer aus die UeberzugSmaffe »ub 3 aufzubringenden und diese gleichförmig überdeckenden, wenigstens 8,, Nz. hohen Sand- und Aiesschicht, mit einer Beimischung von Lehm, welche, unter entsprechender Anfeuchtung, vollkommen nach der Dachfläche abzuebnen und leicht einzuwalzen ist. UebrigenS sind die Einsaffungen in den Giebel- und Dach säumen , welche zur Verhütung des Herabrollens der Decklage oud 4 erforderlich, nicht aus Holz, sondern aus einem feuer- und wetterbeständigen Material (Blech und dergleichen) herzu pellen und für die Ableitung de- von der Holzcement-Decklage abfließenden Tagewassers die Dachsäume mit entsprechend an gebrachten Oeffnungen zu versehen Die Decklage »ud 4 ist stets in gutem Stande zu erhalten. nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. TemeSwar, 27. Mai. (W. T. B.) Der Bega- ffuß ist stark im Steigen; TemeSwar ist von einer Überschwemmung bedroht. Paris, 27. Mai, abend». (W. T. B.) Jule» Kerry tritt in einem durch die Blätter veröffent lichten Briefe dem Gerüchte entgegen, daß er die 3 Präsidenten der republikanischen Gruppen deS Senates bestimmt habe, den Präsidenten Gr^vy um Ernennung eines neuen KriegSministerS zu ersuchen. In dem Schreiben heißt eS, e» wäre eine Beleidigung für diese erprobten Re publikaner, welche dem Präsidenten gegenüber ihre Meinung über die MivisterkrifiS aussprechen zu sollen glaubten, anzunehmen, daß dieselben anderer Anregungen bedurft hätten, al» derjenigen, die ihnen ihr Patriotismus und ihr republikanisches Gewissen eingegebrn. Paris» 28. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) „Voltaire" erfährt, daS „Journal officiel" werde morgen dir Liste der neuen Minister veröffent- Uchen. Rouvier und sechs andere Ministerkandi daten hätten bereits definitiv zugesagt. Die radi kale Linke und die äußerste Linke würden einem derartigen Kabinett ihre Unterstützung versagen. „Justice" hingegen meldet, außer Grauet und Lockroy hätten noch Devi-S, Ribot und die Gene räle Sausfier und Tbomasfin die ihnen von Rou vier angebotenen Portefeuilles abgelehnt. Die „Röpubliqne francaise" bezeichnet das Gerücht, daß Boulanger den Botschaflerposten in St. Peters burg angeboten erhalten habe, für unrichtig. Bern, 27. Mai. (W.T. B.) Der BundeSrat erklärte daS Alkoholgesetz mit dem heutigen Tage für vollziebbar; die Zollerhöhung soll jedoch erst später in Kraft treten. Kopenhagen, 27. Mai. (W. T. B.) Der deutsche Gesandte, LegationSrat Stumm, ist heute zur Übernahme deS GesandtenpostenS in Madrid abgereist. Der Köniff verlieh demselben daS Groß- kreuz deS DanebrogordenS. Dresden, 28. Mai. Die Arbeiterunruhen in Belgien. Die Arbeitseinstellungen in Belgien nehmen im Verein mit den sie begleitenden Erscheinungen einen immer bedrohlicheren Charakter an. Es wächst nicht nur das Gebiet der Strikebewegung, sondern die Thätigkeit sozialistischer und anarchistischer Wühler macht sich immer mehr fühlbar. Gewaltthaten werden verübt, friedliche Arbeiter zum Einstellen der Arbeit gezwungen und wie eine ansteckende Krankheit wachsen die Arbeitseinstellungen. Namentlich in der Provinz Lüttich gestaltet sich die Lage sehr besorgniserregend. In Seraing, wo sich die berühmten Cockerillschen Werkstätten befinden, haben schon 4000 Arbeiter die Arbeit eingestellt Die letzteren, welche eine wildere Natur besitzen, als ihre Genossen in Südbelgien, haben, wie man der „Westfälischen Zeitung" aus Brüssel schreibt, den Streike auch sofort mit mehreren Gewalt thaten eröffnet, indem sie sich vor die Thore der Cockerillschen E'.ablffsement» stellten und jene Arbeiter, welche an dem Ausstande keinen Anteil haben wollen, zur Niederlegung der Arbeit zwingen wollten Es gelang ihnen, die Telephondräthe, welche die Stadt Seraing mit Lüttich verbinden, abzuschneiden, sowie die Schienen der Verbindungsbahn Seraing - Longdoz aufzureißen. Weitere Ausschreitungen wurden durch die herbeieilende Gendarmerie verhindert. Nicht min der bedrohlich ist die Situation in Südbelgien. Am gestrigen Tage (26. d.) sind nicht weniger als drei Zusainmenstöße zwischen den Arbeitern und der be waffneten Macht erfolgt, wobei zahlreiche Arbeiter Verwundungen erlitten. Dabei erfuhr die Strike- bcwegung eine Ausdehnung auf die Steinbrüche von Artomo bei Tournai an der französischen Grenze. ES fehlt nur noch, daß auch die vlämischen Lan derteile der Bewegung anfchließen und dann haben wir genau dieselbe Lage, wie im März 1886. Dort bearbeiten die Helfershelfer deS zum Glück von der französischen Staatspolizei in der Grenzstadt Maubeug verhafteten Wühler- Däfuiffeaux, die Arbeiter für die Errichtung einer belgischen Republik. So wurde im Besitze de» kürzlich verhafteten Agitators Peter Loor, Redakteur de» von Däfuisseaux herausgegebenen Hetz blattes ,Le Combat", ein Brief DsfuisseauxS gefunden, woraus die unleuabare Absicht hervorgeht, eine gegen die bestehende Verfassung und das Königtum gerichtete regelrechte aufständische Bewegung in Belgien hervor zurufen. ES wurde auch konstatiert, daß er in den von ihm bethörten Arbeitern die Hoffnung erweckte, die französische Armee werde ihm in Notfälle gegen die Bourgeoisie zu Hilfe kommen. Auch sucht man von Südbelgien aus die Bewegung in da» französische Norddepartement zu übertragen. Die französische Regierung scheint jedoch entschlossen zu sein, der Bewegung mit voller Kraft entgegen- lutreten. „Auch wir haben zu unserer Regierung das feste Vertrauen", schreibt die „Neue Preußische Zei tung", „daß sie mit wachsamem Auge das Umsichgreifen der anarchischen Bewegung in Belgien verfolgt und rechtzeitig zu den erforderlichen Maßregeln schreiten wird, um eine Gefährdung unserer Grenzen abzuwen den. Da die Unruhen in Belgien jedoch über ihren lokalen Charakter hinauszugehen beginnen, so wird eS die höchste Zeit, daß die Regierung in Brüssel mit Aufwendung aller ihr zu Gebote stehenden Macht dem Unwesen ein Ende bereitet; geschieht dies nicht, so würde die Anschauung immer weitern Boden gewin nen, daß Belgien überhaupt nicht mehr in der Lage ist, die Ruhe und Ordnung im Lande durch eigene Kraft aufrecht zu erhalten. Dann aber würden die benachbarten Staaten in die Notwendigkeit versetzt werden, durch eigene Machtvollkommenheit Zustände zu beseitigen, welche bei längerer Dauer und weiterer Ausdehnung unabsehbare Gefahren im Gefolge haben müßten." Die belgische Regierung trifft indes alle in ihrerMacht stehenden militärischen Vorkehrungen. Truppen wer den in die bedrohten Landesteile geschickt, die Miliz klassen der Jahre 1883 und 1884 sind zum Teil ein berufen worden und die Regierung macht alle An strengungen, die Grundlagen der bestehenden Gesell- schaftsordnunH aufrechtzuhalten. Die belgische Bewegung trägt in der Art ihrer Leitung und in ihren einzelnen Erscheinungen durch weg, auch abgesehen von den hier und da austauchen den neuen und möglichst düster gefärbten Formen der Geheimbündlerei, das Gepräge des Anarchismus, dem, wie sich hier zeigt, sobald er zur That übergeht, sofort oder nach kurzem Sträuben auch die Bataillone der sogenannten gemäßigten Sozialdemokratie Heeres folge leisten. Daß Me solche Ernte von Haß, Er bitterung und Gräueln nur aus der Saat einer argen manchesterlichen Mißwirtschaft der besitzenden Klassen aufgehen konnte, wird weiter allenthalben bei uns zu gestanden, und auch die deutschen Zentrumsblätter leugnen nicht, daß hier die Kirche und da» religiöse Glaubensbekenntnis keinen Unterschied geschaffen hat, vielmehr die leitenden belgischen katholischen Kreise derselbe Vorwurf der Selbstsucht und der Pflichtver nachlässigung trifft, wie die liberalen. Nur vor der Folgerung aus dieser Thatsache bleiben unsere Blätter vielfach stehen. Und doch zeigt sie so deutlich, wie nur eine Wahrheit gepredigt werden kann, daß mit einer Schwächung der Staatsautorität, wie sie die parlamentarische Regierungsform mit sich bringt, auch alle anderen Bürgschaften gegen die Zerrüttung der Gesellschaftsordnung schwankend und unsicher werden und daß alle Versuche, andere Mittelpunkte für die soziale Reformarbeit, unter Beiseiteschiebung der StaatSautorität, ja womöglich im Gegensatz zu der selben aufzurichten, den Charakter unserer Zeit, die Eigenart ihres Schadens und daS Hauptbollwerk, welches festgehalten und auSgebaut werden muh, gründlich verkennen. „Soweit es sich darum handelt, den Vorgängen in Belgien die richtigen Lehren auch für uns abzugewin nen", fagt die „Konservative Korrespondenz", „trifft es sich glücklich, daß in der letzten Zeit einige Schriften erschienen sind, welche geeignet sind, eine zutreffende Erkenntnis des Wesens der Sozialdemokratie und de- UmfangS der von dieser Seite dem Staat und der bürgerlichen Gesellschaft drohenden Gefahr auch in weitere Kreise zu tragen. So ist einmal jetzt akten mäßig aus unmhligen Beobachtungen erwiesen, daß der angeblich scharfe Gegensatz zwischen dem Anarchis mus und der gemäßigten Sozialdemokratie auf Ein bildung oder Täuschung beruht und daß die Behaup tung der freisinnigen und anderer mit der Sozial demokratie um der gleichen Feindschaft gegen die Staatsautorität willen liebäugelnden Parteien, daß erst das Sozialistengesetz und andere „Verfolgungen" de» gesetzmäßigen Sozialismus bei uns die anarchistische Richtung hervorgerufen Hütten, eine nachweisbare Un wahrheit ist. Weiter drängen diese Veröffentlichungen — so die nach amtlichen Quellen bearbeitete Schrift: „Sozialismus und Anarchismus in Europa und Nordamerika während der Jahre 1883 bi» 1886" (Berlin, Richard Wilhelmi) — dazu, mit Ernst end lich die Gesahr als eine gemeinsame zu erkennen und durch daS feste Zusammenstehen aller Ordnungspar teien mit der Regierung zu bekämpfen. DaS haben wir schon im vorigen Jahre vorgeschlagen, aber leider damals nur wenig Anklang mit unserer Aufforderung gefunden. Nur im Königreich Sachsen besteht bis jetzt in breitem Umfange der Boden für eine solche reifere politische Praxi», während sonst die Parteien zumeist entweder von der Sozial demokratie al» einem politischen Oppositionsgenossen sich nicht endgiltig lossagen oder aber um keinen Preis auf das Verdienst verzichten wollen, die Gefahr nur nach ihrem eigenen Rezept zu behandeln. Auch über die Aufforderung in einer dieser Schriften an die Arbeitgeber, endlich in den ihnen zufallenden wich tigen Posten in der Aufgabe, die Umsturzrichtung niederzukämpfen, einzurücken, haben wir uns nach dem wiederholt von uns selbst Ausgeführten ganz besonders gefreut. Von dieser Seite ist bisher nur wenig, und das Wenige nicht selten in falscher Weise gegen die Sozialdemokratie geleistet. Wie der Staat unter allen Umständen an dem Moment festhalten muß, eine kräftige Autorität zu zeigen, und diesen Ernst der Autorität, um die Verführten schonen und zurückgewinnen zu können, noch nachdrücklicher als bisher gegen die Verführer, gegen die verhältnis mäßig kleinen Kreife, welche den Brennpunkt der Um sturzpropaganda bilden, zur Geltung bringen sollte, so müssen auch die Arbeitgeber anfangen, sich angele gentlicher um ihre Arbeiter zu kümmern und durch Feuilleton. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 27. Mai: „Die Rantzau". Schauspiel in 4 Akten von Erk- manu-Chatrian, übersetzt von Karl Saar. (Neu rinstudiert.) Der im allgemeinen stets hervorgetretene Mangel an Teilnahme diesem Drama gegenüber mag wohl seinen Grund darin finden, daß es dem sittlichen Takt- aefühl deS deutschen Publikums zuwider ist, das Familienbild zweier Brüder zu bettachten, die sich unversöhnlich hassen, ja von denen der eine den andern in der rohesten Weise beschimpft und die Seinigen zwingen will, diese niedrige Gesinnung zu teilen. Wo diese unsittliche Erscheinung so wie hier im täglichen Treiben des Bauernstandes mit realisti schen Farben schonungslos auSgeführt ist und bis zu den äußersten Grenzen vorschreitet, da kann selbst die ost sehr überraschende Wahrheit und psychologisch treue Personenzeichnung den arassen Eindruck nicht an nehmbar machm und die Dichter müssen sich mehr mit dem guten Willen als mit dem Erfolg begnügen, durch den sinnig erfundenen Verlauf der Handlung verföhnend auf die ästhetifche und moralische Empfin dung der Zuschauer zu wirken. Dieser Thatsachenbestand hebt die schriftstellerischen Verdienste der durchaus begeistigten und mit scharfen klaren Strichen dargelegten Zeichnung keineswegs auf. DaS Stück fand bei unS immer eine gute Dar- ftellung und auch bei einigen jetzt eingetretenen Neu besetzungen ist diese verdienstliche Erscheinung mit Fleiß erstrebt und aufrecht erhalten worden Die Vorführung der Hauptperson ist ja durch Hrn. PorthS Johann Rantzau eine charakteristisch so vorzüglich und kraftvoll ausgeprägte, daß dadurch allerdings dem Gan zen an der notwendigsten Stelle ein bedeutsamer Halt gegeben wird, eS aber auch nicht leicht ist, daneben die andern Rollen haltbar anzureihen. Der OrtS« schullehrer des Hrn. Klein würde danach Will kommeneres leisten, wenn in dieser Partie die tech nische schauspielerische Geschicklichkeit mit einer dieser Gestalt entsprechenden Gemütswärme verbunden wäre. Oie Schulmeistersfrau wurde recht natürlich von Frl. Guinand gegeben. Frl. Heberleins Louise Rantzau war für da« derzeitige Können dieser jungen Schau spielerin eine ganz annehmbare, erfreuliche Leistung, wenn auch nicht für das Stück, so doch sür die Strebende. Durch solche Studien, namentlich in be trächtlich kleineren Aufgaben, wird Frl. Heberlein ihr gutes Organ vorteilhaft üben lernen und nach und nach am besten herausfühlen, ob sich ihr in irgend welcher Rollengattung ein Boden für die Entwickeluna et waiger Fähigkeiten darbietet. O. B. Im Urwald. Brasilianische Erzählung von B. Riedel-Ahren«. (Schluß.) Der Mineiro stand noch immer unbeweglich; auf seiner Stirn perlte kalter Schweiß in dem harten Kampfe zwischen Pflicht und Rachegelüste; da bemerkte er auf einem Tischchen eine Flasche mit Wasser und daneben ein Glas. Er schwankte, — ein Sterbender bat in seinem Hause um den letzten Trunk, und er versagte ihn? Pfui über denjenigen, der das vermochte! Martinos konnte es nicht. Er ging, füllte das Glas und hielt eS abgewandt an Alvaro» heiße Lippen, welcher mit lechzender Zunge die erfrischenden Tropfen aufsog. „Dank, tausend Dank, Senhor Martinos; ich muß zu Ihnen sprechen — eS ist das letzte Mal — Vi- rente Barroso hat gut getroffen — ich glaube meine Minuten sind gezählt — vor meinen Augen fliegen schwarze Schatten, und das Herz scheint still zu stehen. Ach Gott, ich hätte noch leben mögen, warum mußte eS denn jetzt schon sein?! Martino-, wollen Sie einem Sterbenden die letzte Bitte erfüllen und mir verzeihen? Ich weiß eS, ich habe Sie gekränkt, aber mein ganze» Vergehen bestand doch nur darin, daß ich Ihre Tochter liebte, namenlos liebte von der ersten Stunde an, da ich sie gesehen und noch nichts von ihrem Verlobten wußte. Durch Serenas Anblick war eS wie ein Zauber über mich gekommen, ihre Schön heit und Lieblichkeit nahm meine ganze Seele ge fangen, das Leben hatte fortan nur noch Wert für mich, wenn ich sie mein nennen durste. E» sollte nicht fein, daS Verhängnis trat mir feindlich entgegen, ich soll daS Glück einer kurzen Hoffnung mit dem Tode büßen I" ES war eine ungewohnte Sprache, welche an Mar tinos Ohren drang, voll Innigkeit und Leidenschaft, die den rauhen Mann deS Waldes gegen feinen Willen seltsam fesseltes; auS dem Tone und Inhalt der mit heiliger Überzeugung gesprochenen Worte klang ein Geist, dessen Einfluß sich der Mineiro in dieser ern sten Stunde nicht zu erwehren vermochte. Alvaro war in da» Kissen zurückgesunken. Al- Martinos noch immer mit der ersehnten Antwort rögerte, richtete er sich mühsam noch einmal empor, seine Züge veränderten sich plötzlich und die sahle Blässe des Todes breitete sich über sie. „Verzeihung — Martinos I" — Grüßt Serena, sagt ihr, sie wäre mein letzter Gedanke gewesen — und — und dem Vizente soll vergeben sein, was er mir gethan —, sagt ihm, ich sei gestorben, versöhnt mit allen." Nach diesen Worten Alvaro- kam endlich Leben in die aus Erz gegossene Gestalt des Mineiro. Ein eigentümliches Zucken ging durch die wettergebräunten Züge, und der Ausdruck unverhohlenen Erstaunen- malte sich in ihnen. „Habe ich Sie recht verstanden, Doktor, verzeihen Sie wirklich dem Vizente?" „Ja; von ganzem Herzen." Martinos schüttelte den Kopf, als könne er da-, was er gehört, noch nicht ganz fassen. „Friede seiner Seele!" sagte er mit halblauter Stimme. „Vizente Barroso ist tot. Sterben Sie be ruhigt, Alvaro de Castello Branco, ich habe Ihnen verziehen." Ob er da- Gesagte noch verstanden, konnte Mar tinos nicht mehr erkennen, der junge Arzt war von neuem in tiefe Bewußtlosigkeit gesunken. Als Ramiro endlich zurückkehrte, traf er den Schwager wie gebrochen an; es war in den Stunden dieser erreignisreichen Nacht eine Wandlung mit dem starrsinnigen Manne vorgegangen, die in nachhaltigem, wohlthuendem Einfluß auf fein ferneres Leben wirkte. Der Wundarzt, welcher gegen Morgen auf der Farm ankam, fand den Zustand Alvaros im höchsten Grade
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