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Dresdner Journal : 09.05.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188705090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870509
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870509
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-05
- Tag 1887-05-09
-
Monat
1887-05
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 09.05.1887
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w 105 1887. Montag, dm 9. Mai, abends. »««agiprel» i -LbrUot», . . . . 1» jillrrllcd: L b0IV. Lü^eloe >'ruoo»«ri»: 10 kV. Lll»»»i-v»Id äe» ckovtoebe» Leiob« tritt ko«t- und 8tomp«lro»etil»^ iüoru. ^»tL»älx»i>L»xedLdrei» r kür äeo li»urn sioer ^espLltenen Teil» kleiner SeNritt SO kV. Ootor „Linss«üLnät" die 2eile bv kV. Loi D»d«U«o- und 2>8«ro»atr eottpr. ^uk,cNk»x. Livebeloeur DLglieb uüt FuMudwe 6er 8ouo- und keisrtü^s »deod,. kenwxrecü-^wcllu,,: Ikr. 1SSÜ. DresdnerIMrM. Für die Gesamlleitong verantwortlich: Gtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. »»»»k»» ro» L»»«»air»»re> «^»rt,, r«tpitg: n. Lra»^»t<tt«r, 0oluolli»«ooLr ä« Qrooäoor dounutt»; U»md«rU - >«rli» - Vl« - -Iloiol-llroiloo-FiAnkkiut ». ».: d/a—«n-t«« <e ko§/er,- LorlM-Vt« N»»dur,- kr»g-1^1p»tU-?r»»tNu< ». N.-Mtted«: kort»rooto»-N«rUL-kr»»ti5»tt ». A. - Svotrgort: Da««ö« F 6o»«rU»^ Znrak>d<n<ta»»t, SvrUti: </. LtÄker» ^Vaek»/okA«r,' N»»L0L«r: v. LÄü«k«', A»u» ». >.r F. Larct F Lo. Herausgeber i königl. klupedition 6« Vr«duvr dourvuls, vreodeo, Lviogentr. tio. »0. kerusprecb-dtoscbbwi: kkr. 1SSb Ämtlicher Teil. Dresden, 9. Mai. Ihre Durchlaucht die Frau Prinzessin Friedrich von Hohenzollern ist gestern Abend von Berlin hier angekommen und in der Königlichen Billa zu Strehlen abgetreten. nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Berlin, 9. Mai. (Tel. d. Dresdr. Journ.) Der russische Botschafter Graf Schuwaloff ist heute morgen hier eingetroffen. Paris, 8. Mai, abends. (W. T. B.) Dem „Lemps" znfolge find von den bei dem Zusammen stoß des PaketbootS „Champagne" mit dem „Billederio" verunglückten Auswanderern etwa IS—20, die mit einem Rettungsboot in die See getrieben waren, von der „Lille de Bordeaux" gerettet worden; die Zahl der Umgekommenev de- trügt nach den nunmehrigen Feststellungen im ganze« 20, darunter 3 Matrosen. Paris, S. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Bei dm gestrigen Gemeinderatswahlen wurden 24 Lutonomisten, 10 Radikale, 10 Konservative und S Sozialisten gewählt, 30 Stichwahlen find not- »mdig. Unter den gewählten Konservativen be findet sich der frühere Seinepräfekt Duval. Havre, 8. Mai. (W.T B.) Das heute vor- mittag von Rew-Aork hier eingetroffeue Paket- doot „Bretagne" hat, wie dessen Passagiere mit- teilen, gestern Abend 11 Uhr einen Zusammenstoß mit eine« uorwegischen Fahrzeuge gehabt; letztere» sank, seine Bemannung wurde gerettet. London, v. Mai. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „Morving Post" zufolge lehute die englische Regierung die offizielle Beteiligung Englands an der Pariser Weltausstellung ab. Dresden, 9. Mai Regierung und Parlament in Österreich. Man kennt das Wort des Ministerpräsidenten Grafen Taaffe, der schon vor Jahren von sich und seinem Kabinette sagte: „die Regierung steht über den Parteien" Als sein Regime im Jahre 1879 die alte V rfaffuna-partei ablöste, bezeichnete Graf Taaffe als oberste- Ziel seiner Thätigkeit die Ausgleichung der nationalen Gegensätze, die Völkerversöhnung. Folge richtig mußte sein Kabinett auch durch die innere Zu sammensetzung dieser Aufgabe entsprechen; es mußte den nationalen Strömungen Vertrauen einflößen und gleichzeitig die Staatsidee hochhalten, es durfte also ourchauS kein Parieiministerium werden, wie die ver fassungstreuen früheren es waren. Graf Taaffe be rief demgemäß in dasselbe Vertreter der nationalen Richtung wie nicht minder einige hochstehende Staats beamte. Vergleicht man diese Zusammensetzung mit der jetzigen, so wird man nicht leugnen können, daß eine Wandlung stattgefunden hat und das österreichi sche Kabinett, äußerlich wenigstens fast nur aus natio nalen Elementen zusammengesetzt erscheint. Denn alle Vertreter der alten österreichischen Bureaukratie, die Kremer, Streit, Conrad u. A. haben ihre Plätze g-räumt und die Stellung, welche sie jetzt im Parla mente einnehmen, beweist, daß sie nicht freiwillig aus ihrem Amte geschieden waren. Das jetzige Kabinett Taaffe zählt zwei polnische, einen tschechischen und einen feudalen Minister, außerdem die zwei ganz neutralen jüngsten Kabinettsmitglieder vr. v. Gautsch und Mar quis Baquehem, welche der politischen Vergangenheit ganz entbehren und ihre Berufung in den Rat der Krone lediglich persönlichen Vorzügen verdanken. Aber selbst diese zwei Männer, welche über den Verdacht oppositioneller Velleitäten erhaben sind und ihre Ressorts ohne jede politische Beeinflussung versehen, werden von nationaler Seite angefeindet, weil ihre rein sachlichen Entschließungen hier und da auch den Beifall der Oppo sition fanden. Daß die Tschechen und Feudalen auf den Sturz des Unterrichtsministers Gautsch hinarbeiteu, ist bekannt. Aber auch so ist das jetzige Kabinett Taaffe dem slawischen Ideale weit näher stehend als vor sechs oder sieben Jahren. Dars man daraus schließen, daß Graf Taaffe seinem Programm untreu geworden ist? Mit Nichten. Graf Taaffe ist durch und durch Beamter, der nur ein Ideal kennt: die Er füllung jener Pflichten, welche das Vertrauen der Krone ihm auferlegt. Ein eigentliches politisches Glaubensbekenntnis hat er nicht und so wäre er wie dazu geschaffen, Österreich auf das beste zu regieren, wenn nicht eben die parlamentarischen Verhältnisse seine besten Absichten zu Schanden machten. DaS österreichische Abgeordnetenhaus krankt an einem unbehebbaren Übel, das durch zwei einander entgegengesetzte und sich gegenseitig aufhebende Strö mungen entsteht. Österreich kennt keinen nationalen, sondern nur den Nattonalitätengedanken. Die StaatS- rdee, das Österreichertum bedingt die Verleugnung des Nationalitätengedankens, denn eS verlangt ja zu allererst die Unterordnung des Teiles unter das Ganze. Nur ist eS unleugbar, daß das deutsche Element, kraft einer vielhundertjährigen Tradition, als der einzig mögliche Träger der Staatsidee erscheint, während jeder slawische Stamm seine Entwicklung auf Kosten des Staats an strebt. Dieser Egoismus ist ethisch berechtigt, aber die praktische Staatsnotwendigkeit muß ihn verwerfen. Die Anerkennung der Staatsidee schließt daher die Völkerversöhnung in Österreich bi» zu einem gewissen Grade aus. Dies hat Graf Taaffe wohl selbst aner kannt und zum Teile auch eingestanden, denn in seinen, sowie in den durch den Finanzminister namens der Regierung abgegebenen Erklärungen ist von Völker versöhnung nicht mehr die Rede. ES hieß darin, die Regierung werde die Bedürfnisse aller Stämme mit gleichem Wohlwollen messen. Graf Taaffe nannte aber auch fein Kabinett nicht länger ein über den Parteien stehendes, sondern gab unumwunden zu, daß er zur Gesetzgebung sich immer der Majorität des Hauses bedienen werde. Nur m der Verwaltung werde er seine Unabhängigkeit von allen Parteien wahren. Diese Erklärungen besagen wohl nur Selbstverständ liches; gesetzgeberische Arbeit, zu welcher die Mithilfe der Volksvertretung nach der Staatsverfasfung erforderlich ist, ist ohne Majorität nicht denkbar. Demnach haben diese Worte im Munde des Grafen Taaffe, mit seinen früheren Erklärungen verglichen, weittragende Bedeutung und weiden vielleicht auch auf die Gestaltung der parla mentarischen Verhältnisse nicht ohne Einfluß bleiben. Sowohl im Herrenhaufe, als im Abgeordnetenhause giebt es eine nicht unbedingt regierungstreue „Mittel partei", welcher die Aufgabe zufällt, das Zünglein an der Wage zu bilden. Sie soll einerseits die Mehr heit verstärken, aber auch eine Waffe in der Hand der Regierung gegen allzuweitgehende Forderungen der slawisch-feudalen und klerikalen Mehrheit sein. Bis her stand die Mittelpartei immer treu zum Mini sterium. Nun hat aber der Coroniniklub des Ab geordnetenhauses gegen den Dispositionsfonds ge stimmt, obwohl gerade in dieser Etatpost die Ver trauensfrage liegt und auch in der zur Beratung des Antrages Schmerling eingesetzten Herrenhaus-Kom Mission siegte der der Regierung ungünstige Beschluß des Barons Conrad, eines ehemaligen Mitgliedes des Ministeriums Taaffe, mit Hilfe der Mittelpariei. Es ist alfo klar, daß Graf Taaffe auf die Mittelpariei nur noch bedingt zählen kann und daher einen engeren Anschluß an die Mehrheit suchen muß. Hierin liegt die äußerlich nicht wahrnehmbare, aber doch thatsäch Uche Wandlung in dem Verhältnisse zwischen Regierung und Parlament. Die nächste Folge davon wird auf die Deutschen zurückfallen. Graf Taaffe ist sicher kein Deutschenfeind und vor die Wahl gestellt, würde er sich ohne Zweifel eher für deutsche Nationalität als für eine flawifche entscheiden. Er muß aber eine Majorität nehmen, wo er sie findet und daß die Deutschen ihm die Wahl durch ihre Uneinigkeit so leicht machen, ist nicht sein Verdienst. Eine Opposition, homogen durch die Sprache und Na tionalität, an Zahl nur wenig geringer als die sla wische Mehrheü, sieht sich durch letztere zur vollkom menen Ohnmacht verdammt. Die klerikalen Deutschen gehen im Bunde mit den Slawen Die Opposition zerfällt immer mehr. Als die „schärfere" Tonart auf kam, spaltete sich die alte Verfanungspartei; es ent standen der deutsch-österreichische Klub und der deutsche Klub. Auch letzterer blieb aber nicht lange einig; vor Monaten fiel ein beträchtlicher Teil seiner Mitglieder ab, die jetzt im Hause wildern Daneben gedeiht das kleine aber lungeuträfttge Häuflein der Antisemiten und die winzige Gruppe kr Demokraten, die zur Schmach des deutsche» Ramens im Verein mit Tsche chen und Slowenen an der Zurückdrängung ihres Stammes Mitarbeiten. Wer kann es dem Grafen Taaffe verargen, daß er zu einer so uneinigen Partei kein Zutrauen empfindet und seine parlamentarische Stütze in der stramm gedrillten, zwar unbequemen, aber doch zirlbewußten slawischen Mehrheit sucht? Er fühlt sich mit Recht nicht al» der berufene Retter des Deutfchtums in Österreich; mögen die Deutschen selbst durch Einigkeit sich die Stellung erobern, welche ihnen in Österreich zukommt und von der sie sich herabdrängen ließen. Regt sich dazu die echte politische Kraft wie der, so darf man die Hoffnung nicht aufgeben, daß auch die Regierung die Einsicht und Energie finden wird, die Partei jene» gebildeten Kulturvolkes, welchem das Haus Österreich angehört, zu den zivilisatorischen Führern von bildung-bedürftigen Magyaren, Slawen und einigen interessanten Halbbarbaren zu machen. Layesgeschlchtt. Dresden, 9. Mai. Ihre Majestäten der König und die Königin geruhten heute nachmittag den Prinzen und die Prinzessin Komatsu von Japan, Höchstwelche zur Zeit hier weilen, in der Königl. Villa zu Strehlen zu empfangen. Ihre Kaiferl. Hoheiten nahmen hierauf an der Hoftafel teil, zu welcher auch die Herren und Damen des Gefolges Einladungen er halten hatten. * Dresden, 9. Mai. Der kommandierende Ge neral Prinz Georg, Königl. Hoheit, hat sich in Be gleitung des ChesS des Generalstabes Obersten v. sd. Planitz und des Majors im Generalstabe v. Broizem heute früh 6 Uhr per Bahn nach Freiberg begeben, um dem Exerzieren deS l. Jägerbataillons Nr. 12 beizuwohnen. Dresden, 9. Mai. Vom Gesetz- und Ver ordnungsblatt für das Königreich Sachsen ist das 7. Stück des Jahres 1887 in der Ausgabe be griffen. Dasselbe enthält: Nr. 18) Verordnung vom 5. April d. I., die Verpackung der Nickelmünzen zu 20 Pfennig bei den Staats- und anderen öffent lichen Kassen betreffend; Nr. 19) Bekanntmachung vom 14. April d. I., die zwischen der Königl. sächsischen und der Königl. preußischen Staatsregierung anläßlich des Überganges der Berlin-Dresdner und des Halle- Sorau-Gubener Eisenbahnunternehmens auf den preu ßischen Staat und dem 24. Januar dieses Jahres ab geschlossenen Verträge betreffend; Nr. 20) Bekannt machung vom 22. April d. I., die Gemeindeverfassung der Stadt Kirchberg betreffend; 21) Bekanntmachung Feuilleton. Im Urwald. M»fitiamfch« Erzählung von B. Riedel-AhrenS. (Fortsetzung.) Noch ein letztes Abschiedswinken mit der Hand und Serena war verschwunden. Alvaro ging um das Hau» herum nach der Seite, wo das von ihm be wohnte Zimmer lag; natürlich wollte er den Weg wieder durch das vorhin offen gelassene Fenster neh men; zum großen Schrecken fand er dasselbe jetzt ge schlossen. Wer hatte es gethan, warum war es ge- ichehen, sollte er und mit ihm Serena schon jetzt ver raten sein? Diese Fragen trieben kalten Angstschweiß auf seine Stirne. Er horchte mit angehaltenem Atem, ob sich irgend ein verdächtiges Geräusch bemerkbar mache, aber im Hause und rings umher in der schla fenden Natur blieb aller totenstill, nichts, was die Nähe eine- Menschen verraten konnte, war ver nehmbar. Sollte ihm dieser Vorfall eine Warnung sein, wie vorhin jener unheimliche Schrei vielleicht Serena als Mahnruf gelten mochte? Wer war indessen die ge heimnisvolle Macht, welche ihr Interesse in so eigen artiger Weise an den Tag legte? Zum Glück gelang eS Alvaro, mit einiger An strengung da» Fenster empor zu schieben und somit leicht in da» Innere de» Stübchens zu gelangen; un möglich war e», auch nur wenige Minuten des not- wendigen Schlafe» zu finde». Bor seiner erregten Phantasie jagten sich in wirren Bildern die Phantome der Angst und des qualvollsten Zweifels, nachdem längst die Sonnenstrahlen da- Erwachen des Morgens verkündet. III. Ungewöhnlich früh, er hatte soeben erst fünf Uhr geschlagen, eiffchien Martinos heute im Eßzimmer und befahl der alten Sklavin Maric, die sich kaum von ihrer Strohmatte am Boden unter schlaftrunkenem Gähnen erhoben, in verdrießlichem Ton, so schnell wie möglich den Kaffee zu bringen. Während dessen untersuchte er mit eifriger Sorgfalt seine neue Flinte, die er zur Jagd auf eine größere Bande Affen be nutzen wollte. Diefe mutwilligen Tiere hatten seinen Feldern schon öfter» bedeutenden Schaden zugesügt, in vergangener Nacht jedoch hatten sie ein der Reife nahe» Malsfeld in boshafter Weise förmlich verwüstet, indem sie sich nicht damit begnügten, ihren Hunger an den Ähren zu stillen, was man ihnen gern gegönnt hätte, sondern sie risseu auch die übrigen au» den ge knickten Halmen und zerstreuten sie in alle vier Winde. Martinos entschloß sich ungern dazu, auf einen Affen zu schießen; er hatte seltsame Geschichten mit ihnen erlebt, auch sagte man im Volke, die Tötung eine» solchen intelligenten Tieres ziehe immer dem Hause großes Unglück zu. Aber heute war der Mi- neiro zu ärgerlich, er mußte einmal seinen Zorn an den boshaften Geschöpfen Luft machen, die ihm die mühsame Arbeit so mancher Woche zerstörten. kA Er hatte eben die Büchse umgehängt und den breitrandigen Strohhut auf die leicht ergrauten, kurzen Locken gesetzt, al« Serena in ihrem einfachen, hell ¬ farbenen Morgenkleid, das faltenreich ihre schlanke Ge stalt umschloß, hereintrat. „Ei, Serena, Du bist ja srüh schon munter? Was giebt eS denn, läßt Dich die Freude über Vi- zentes Kommen nicht mehr schlafen, oder hast Du noch einen besonderen Wunsch an mich, wegen Deiner Ausstattung?" „Nein, mein Vater, keines von beiden", entgegnete das Mädchen schüchtern. „Ich möchte Dir wohl etwa- sagen, wenn ich nicht fürchten müßte, Du würdest zürnen." „Nun, ich denke", entgegnete Martinos rasch, in dem er den Gewehrkolben auf den Boden stellte und seinen Arm auf den Lauf der Waffe stützte, „was meine Tochter mir mitzuteilen hat, wird mich nicht erzürnen. Also sprich, ich habe wenig Zeit, Du siehst, ich bin im Begriff, in den Wald zu gehen." Serena preßte in ihrer Hand das kleine Kruzifix von Elfenbein, welches ihr die Mutter auf dem Sterbe bette zum letzten Andenken gegeben hatte. „ES läßt sich nicht so kurz zusammenfassen," sagte sie mit leiser Stimme. „Du warst stet» so gütig gegen mich; oft, wenn Deine Hand mich strafen wollte, zogst Du sie zurück und sagtest: um Deiner Mutter willen, die nun ein Engel im Himmel ist, mag eS Dir hinaehenl Sie war schon auf dieser Erde so gut und sanft wie eine Heilige, nicht wahr?" „Kind", fuhr Martino- auf und zog die bufchigen Braunen finster zusammen, während er mit der kräf tigen, gebräunten Hand durch den dichten Vollbarl strich, „warum erinnerst Du mich daran in dieser Stunde? Gewiß, sie war ein Weib nach dem Herzen Gottes, wie eS wenige giebt! Du gleichst ihr in der vom 27. April d. I., die Eröffnung des Betriebes der Geithain-Leipziger Staatseisenbahn betreffend (abgedruckt in Nr. 95 des „Dresdn. Journ.") * Berlin, 8. Mai. Se. Majestät der Kaiser empfing gestern nach Erledigung der Regierungs geschäfte den kommandirenden General des III. Armee- k^rp», General der Kavallerie Graf Wartensleben. Se. Majestät arbeitete dann noch längere Zeit und unternahm dann, vom Generaladjutanten Grafen Lehndorfi begleitet, eine Spazierfahrt nach dem Tier garten. Nach der Rückkehr konferierte Se. Majestät längere Zeit mit dem Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen Herbert Bismarck und er teilte Audienzen. Um 5 Uhr findet bei den Kaiferl. Majestäten im Königl. Palais eine kleinere Familien tafel. statt. Die hiesigen Blätter enthalten die folgende Mel dung: Papst Leo XIII. empfing gestern ein in sehr herzlichen Ausdrücken abgefaßter Schreiben des Kaisers Wilhelm in Beantwortung des Telegrammes, welches der Papst anläßlich der Annahme des neuen kirchen- politischen Gesetzes seiten des preußischen Landtages an Se. Majestät gerichtet hatte. In diesem Schreiben dankt der Kaiser Leo XIII. für seine kluge und ver söhnliche Mitwirkung in der Angelegenheit und drückt den Wunsch aus, daß der religiöse Frieden niemals gestört werden möge. Ihre Majestät die Kaiserin wohnte heute vor mittag dem Gottesdienste in der Kapelle des Augusta hospitals bei, empfing einige Persönlichkeiten und unternahm eine Ausfahrt. Der „Staatsanz." verkündet die dem Gouverneur von Berlin, General der Infanterie v. Werder, Ge neraladjutant Sr. Majestät, erteilte Erlaubnis zur Anlegung des demselben verliehenen Großkreuzes des Königl sächsischen Albrechtsordens. Der Kaiser!. Botschafter am Königl. großbritanni schen Hofe, Graf v. Hatzfeldt-Wildenburg ist vom Urlaub nach London zurückgekehrt und hat die Ge schäfte der dortigen Botschaft wieder übernommen. Der Bischof vr. Kopp ist gestern nach Fulda zurückgereist. In Fortsetzung früherer Erwiderungen auf die An schuldigungen der russischen Presse schreibt die gestrige „Nordd. Allg. Ztg.": „Die „Rowoje Wremja" bestreitet m er»ein uu» heute ju Gesicht gekommenen Artikel die Richtigkeit der von uns zurLor- gefchichte des Berliner Kongresses gegebenen thatsächlrcben Er läuterungen zwar nicht, behauptet aber trotzdem mit unlogischem Eigensinn, „Deutschland habe Rußland aus dem kongreffe ver raten" — allerdings ohne auch nur den Schatten eines Beweises dafür beizubringen." „Einen solchen Beweis zu führen, würde auch unmöglich sein. Wenn die„Nowoje Wremja" die Ergebnisse des Berliner Kongresses als „Verrat an Rußland" bezeichnen will, so trifft dies nur den Fürsten Gortschakoff als damaligen verantwort lichen Leiter der russischen Politik und dessen politische Gesin nungsgenossen, die bei den Verhandlungen von 187S und 1877 thälig waren Unter ihnen befinden sich, wenn wir nicht irren, gerade die Gönner der „Nowoje Wremja". „Es ist ein geschichtliches Faktum, daß der Kongreß aus Rußlands Wunsch und aus einer von dem Fürsten Bortschakofi im voraus mit anderen Mächten vereinbarten Basis zusammen- berusen wurde, und daß jeder offizielle russische Wunsch aus demselben die Unterstützung Deutschlands gefunden hat." „Wir können es uns genügen lassen, den Insinuationen deS panslawistischen Blattes gegenüber von neuem hieraus hinzu weisen, und haben im übrigen aus seine deklamatorischen In jurien nichts zu erwidern." Mit der Ernennung eines ständigen Vizekonsuls für Aokohama in Japan, welche dieser Tage ge meldet wurde, tritt eine Umwandlung des dortigen Konsulats in Kraft. Der Umfang und die Natur unserer Handelsbeziehungen zu Japan haben es, wie der „N. Pr. Ztg." berichtet wird, nach längeren Er- sahrungen und Beobachtungen erforderlich gemacht, die Thätigkeit der deutschen Konsulate in jenem Jnselreiche einheitlich zu gestalten. Zu diesem Zwecke That, wie Du da vor mir stehst", setzte er mit einem ruhigen Blick aus seinen blitzenden Augen hinzu. „Was wünschest Du aber denn eigentlich von mir, komm zur Sache, Mädchen." „In einigen Tagen wird — — — Vinzente Barroso hier eintreffen, damit endgiltig die Bestim mungen der Hochzeit verabredet werden, ich, — ach ich kenne ihn fast gar nicht, — er soll, — Du willst " „So", unterbrach sie Martino» rauh, „genügt eS denn nicht, daß ich ihn kenne? Warum bringst Du dieses Kapitel noch einmal zwischen uns zur Sprache, nachdem ich Dir bei Gelegenheit seiner letzten An wesenheit bei uns Vorwürfe wegen Deines kindischen Benehmens gegen ihn gemacht habe? Mädchen sollen keusch und sittig sein, das versteht sich, aber jede über triebene Prüderie gegenüber dem Verlobten macht einen widerwärtigen Eindruck. Ich hoffte, die Sache wäre jetzt endlich in Ordnung! Oder ist es noch immer nicht der albernen Einbildungen genug,'?" „Tu hast Vinzente Tein Wort gegeben, Vater, danach habe ich Deinem Willen zu gehorchen, ich will auch nichts, als Dir eine Bitte vorlegen, die erste große Bitte meines Lebens!" „Du stellst meine Geduld auf eine harte Probe," bemerkte Martino», nur mühsam den aufwallenden Zorne»ausbruch zurückhaltend. „Was sollen noch die vielen unnützen Reden über eine Sache, die so gut wie geschehen ist?" „Geschehen? O nein, und nimmer!" rief Serena mit ausbrechenden Thränen, „ich kann nicht da» Weib Vinzente BarrosoS tverden, tausendmal lieber will ich sterben, Vater'." (Fus. folgt.)
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