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Dresdner Journal : 02.03.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188703027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-03
- Tag 1887-03-02
-
Monat
1887-03
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 02.03.1887
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Nüucdl»: K««<1 »ko—,- ?»> i« LooLou - >«rlm - ^ruLilkur» » M »tuttgurl: Da-L« <- <7o ,' S«rU»: /nrat»cirn-tan^, Lrswsu: L Schott«,' Nr„I»a. /, ÄanA^n» Lrirrau <^m»t LadatH, SSrllti! ^ae-t/otAer, Luuuow: <7. ÄtutmtE,' L»U« ». 6.: LaeeL «t Qo. 8«r»n»ix«d»r r lvuisl. Lrpeäitioo äv» l>r««6»« 7ourv»1», vrsxi«», 2vin8«r»tr»— Ho. >0. Amtlicher Teil. Bekanntmachung. EK wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß ge- bracht, daß die durch das erfolgte Ableben des Lotte» rie-TollecteurS Ernst Friedrich August Metzner zu Lichtenstein zur Erledigung gekommene Altersrenten dank-Agentur dem Lotterie - Eollecteur Otto Friedrich Härtel daselbst übertragen worden ist. Dresden, den 28. Februar 1887. Finanz-Ministerium. Frhr. von Könneritz. Wolf. nichtamtlicher Teil. Dresden, 2. März. Die feierliche Gröffnung des außerordentlichen Landtags ist heute nachmittag um 2 Uhr, nachdem vormittags Se. Majestät der König die Präsidenten der beiden Kammern verpflichtet hatten, im Auftrage Sr. Majestät durch Le. Exzellenz den StaatSminister General der Kaval lerie Grafen v. Fabrice in dem Landhause und zwar in dem SitzungSsaale der Ersten Kammer erfolgt. Im Eröffnungsraume war unter einstweiliger Be seitigung des Referentenstuhles eine Estrade errichtet. Lon der Aufstellung einer Ehrenwache hatte man für dieses Mal der räumlichen Hindernisse halber Abstand genommen. Doch waren militärische Ehrenposten im Landhause aufgestellt. Um X2 Uhr versammelten sich die Mitglieder beider Kammern in dem Eröffnungssaale, die Mit glieder der Ersten Kammer nahmen rechts, die der Ziveiten Kammer links von der Estrade Aufstellung. Die Tribüne gegenüber der Estrade war für das diplomatische Torps reserviert. Inzwischen hatte sich der Königl. Kommissar, StaatSminister General der Kavallerie Graf v. Fabrice in einem mit zwei Pferden bespannten zweisitzigen Königl. Galawagen nach dem Landhause begeben. Von den Direktorien der beiden Kammern auf der großen Treppe des Landhauses empfangen und zu dem Saale geleitet, betrat derselbe mit seinem Ad jutanten alsdann in Begleitung der bereits im Land bause versammelten übrigen Herren StaatSminister, sowie gefolgt von dem Referenten im Gesamtministerium, Gencralstnaisanwalt Geh. Rat Held, durch den zu seinem Eintritte bestimmten Eingang, an welchem zwei Ehrenposten aufgestellt waren, den Eröffnungssaal und verfügte sich auf die Estrade, während links von der selben die übrigen Herren StaatSminister und Geh. Rat Held, rechts von derselben der Adjutant des Hrv. Staats Ministers v. Fabrice Aufstellung nahmen. Der Königl. Kommissar zeigte der Versammlung zunächst an, daß ihm der allerhöchste Auftrag ge worden, den Landtag im Namen Sr. Majestät des Königs zu eröffnen und die Stände unter Entbietung des Königl. Grußes willkommen zu heißen. Darauf trat Geh. Rat Held vor, um das nachstehende Königl. Kommissoriale zu verlesen: Wir Albert, von Gottes Gnaden, König von Sachsen rc. rc. rc., fügen hiermit zu wissen, daß Wir Unserem Staatsminister, General der Kavallerie Georg Friedrich Alfred Grafen von Fabrice Auftrag ertheilt haben, den von Un» zu Berathung einer dring ¬ lichen Angelegenheit mit den getreuen Ständen in Gemäßheit von 8 H5 der VerfaffungSurkunde ein' berufenen außerordentlichen Landtag zu eröffnen. Wir verbleiben Unseren getreuen Ständen in Huld und Gnaden jederzeit wohl beigethan. Gegeben zu Dresden, den 1. März I887. Albert. Hermann von Nostitz-Wallwitz Bezugnehmend auf dieses Kommissoriale, hielt nun StaatSminister Graf v. Fabrice folgende Ansprache an die Stände: Meine hochzuverehrenden Herren! Seine Majestät der König haben geruht, Sie zu einem außerordentlichen Landtag zu berufen, um Ihre verfassungsmäßige Zustimmung zu dem Ankäufe der Strecke Dresden-Elsterwerda der Berlin-Dresdner Eisenbahn einzuholen. In dem zwischen Sachsen und Preußen wegen Her stellung einer direkten Eisenbahn von Berlin nach Dresden abgeschlossenen Staatsvertrage vom 6. Juni 1872 haben sich beide vertragenden Regierungen daS Recht Vorbehalten, die aus ihren beteiligten Gebieten belegenen Strecken der Bahn nach Maßgabe der Be stimmungen des Preußischen Gesetzes über Eisenbahn unternehmungen vom 3. November 1838 im Wege des Zwangsankaufs zu erwerben. Die Königlich Preußische Regierung hat sich aber entschlossen, die Berlin-Dresdner Bahn, deren Betrieb seit dem 1 Ok tober 1877 von der Königlich Preußischen Staats eisenbahnverwaltung geleitet wird, vor Ablauf der fest gesetzten Frist sreihändig sür den Preußischen Staat anzukausen. Es war daher zwischen den beiden Re gierungen ein Abkommen über die andenveite Rege- lung der Verhältnisse der Berlin-Dresdner Eisenbahn zu treffen Bei den deshalb eingeleiteten Verhand lungen bestand Einverständnis darüber, daß es der Sächsischen Regierung freistehe, auch für den Fall eines solchen freihändigen Ankaufs der Bahn durch den Preußischen Staat in diesen Kauf hinsichtlich der Strecke DreSden-Elsterwerda einzutreten. Die Regierung Seiner Majestät des Königs konnte in dieser Frage über die von ihr zu fassende Ent schließung nicht in Zweifel sein. In voller Würdigung aller hierbei in Bettacht kommenden Verhältnisse er achtet sie es als im Interesse des Landes liegend, sich an dem Kaufe zu betheiligen und dadurch den Betrieb sämmtlicher in Dresden einmündenden Bahnen unter eine Verwaltung zu vereinigen. Sie hat daher einen Vertrag mit der Königlich Preußischen Regierung ver einbart, nach welchem die Letztere nach dem Erwerb der Berlin-Dresdner Eisenbahn durch den Preußischen Staat die Strecke Dresden-Elsterwerda gegen Erstattung eines verhältnißmäßigen Antheils von dem Kaufpreise an Sachsen abzutreten bereit ist. Dieser Vertrag, dessen Ratification nach Lage der Verhältnisse einen Aufschub auf mehrere Monate nicht zuließ, wird Ihnen unverzüglich zur verfafsungsmäßigen Zustimmung vor gelegt werden. Seine Majestät der König versehen Sich nunmehr zu den getreuen Ständen, daß Sie diese für die Con- solidirung deS Sächsischen Staatseisenbahnnetzes wich tige Angelegenheit mit bewährter Einsicht und Ge» wisienhaftigkeit berathen weiden Und so erkläre ich denn auf Befehl Seiner Majestät deS Königs den Landtag für eröffnet Nachdem der Königl. Kommissar geendet, brachte der Präsident der Ersten Kammer, wirkt. Geh. Rat Kammerherr v. Zehmen Excellenz ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den König aus, in welches die Ver sammlung begeistert einstimmte, und unter demselben Ceremoniel wie beim Eintritte, verließ der Königl. Kommissar den Eröffnungssaal. HletegrapHifche WacHricHten. Waldenburg i. Schl., 2. März. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Bei der gestrigen Stichwahl wurde Websky (nationalliberal) mit 10918« Stim men gewählt. Eberty (deutschfreis) erhielt 10825 Stimmen Lübeck, 1. März. (W. TB) Bei der heu tigen engeren Wahl zum Reichstage wurde Fehling nat.-lib) mit 7206 Stimmen gewählt Schwarz (Sozial.) erhielt 5200 Stimmen. Brüssel, 1. März. (W.T B) Frdre-Orban bekämpfte in der Repräsentantenkammer dir mili tärischen Projekte der Regierung. Namentlich sprach er gegen die Anlage von Befestigungen an der Maas; dieselben seün unnütz, da der Feind bei dem gegenwärtigen entwickelten Eisenbahnnetze und den zahlreichen Brücken über die Maas immer die Befestigungen umgeben und in das Innere deS Landes Vordringen könne, ohne die Schußlinien der Befestigung-geschützt passieren zu müssen. Rom, 1. März. (W. T. B.) Der König bat dem hiesigen Munizipalrate, welcher zuerst ei ien Aufruf an die Nation zur Unterstützung der von den jüngsten Erdbeben betroffenen Provinzen er ließ, die Summe von 150000 Frcs. zugehen lassen. Sophia, 2. März. (W T. B.) Riza Bey und der Delegierte Grekoff sind hier eingetroffeu, der Delegierte Kaltscheff ist noch in Philippopel zurückgeblieben. In mehreren der an der Donau gelegenen Distrikte ist der Belagerungszustand verkündet worden. Dresden, 2. März. Der neue Reichstag und die Opposition. Immer allgemeiner dringt die Überzeugung durch, daß uns die Auflösung des verflossenen Reichstags aus einer unerträglichen politischen Lage befreite. Durch die entschiedene Anrufung der Stimme des deutschen Volkes ist ein Zustand des Siechtums der nationalen Denkweise beendigt morden; ein neuer Geist beginnt sich zu regen. Von großem Vorteil erwies sich bei der Wahlbewegung das Bündnis der natio nalen Parteien, welche, alle kleinlichen Unterscheidungen beiseite lassend, lediglich mit Rücksicht auf das Zu standekommen der Militärvorlage sich gegenseitig unterstützten. Die Reichsregicrung hat endlich wieder einen Reichstag, mit welchem es möglich sein wird, zu arbeiten, so daß man dem Zusammentritte des neuen Reichstags mit frohen Hoffnungen entgegensieht. In einem Berliner Briefe giebt ein Mitarbeiter der Wiener (alten) „Presse" der in der Reichshauptstadt gegen wärtig herrschenden Stimmung Ausdruck, indem er ausführt: „In diesem Augenblicke nimmt die „reichs feindliche" Partei ein größeres Interesse für sich in Anspruch, als die Regierungspartei, man bringt ihr Feuilleton. Die Stiefmutter. Lrzählui», au« dem Mittelalter von Franz Lugen. (Fortsetzung.) Da- Leben Hildegards aber hatte durch diese Thätigkeit ein neues Interesse gewonnen, und eS küm merte sie wenig, daß die Leute anfingen, ihr scheu auS dem Wege zu gehen, wenn sie ihnen begegnete, daß dir Kranken zwar ihre Tränke begehrten, aber wenn sie gesund waren, die Schwelle des LindenhofeS nie »ehr betraten, und daß selbst die eigenen Dienstboten möglichst ihre Nähe mieden, und sie wohl einmal hörte, mir sie sich zuflüsterten, ihre junge Herrin sei eine eben solche Zauberin, wie die alte Ursula einst ge wesen. Wenn die Muhme, welche das alles mit stei gender Sorge beobachtete, sie warnte und ihr vorstellte, daß sie durch ihr Treiben sich noch in den bösen und gefährlichen Ruf einer Hexe bringen werde, zuckte sie die Achseln und sagte: „Wäre es nicht Unrecht, wenn ich die Menschen an ihren Gebresten dahin sterben ließe, da ich die Heilkräfte kenne, die in den Pflanzen schlummern und damit den Kranken die Gesundheit wie.dergeben kann?" Doch die Muhme schüttelte sorgenvoll den Kopf und sagt«: „Denke an Ursula v. Falteneck, die um solches Thun» willen noch heute in dem Ruf steht, böse Zauberkünste getrieben zu haben, und die sie bei Lebzeiten sicher als Hexe auf dem Holzstoß ver rannt hätten, wenn ihre Sippen, die Falkenecks, nicht ein so mächtiges Geschlecht gewesen wären und sie ge schützt hätten." „Was geht das mich an?" erwiderte Hildegard unmutig, „treibe ich etwa lichtscheue Zauberkünste, wie jene Falkeneckerin es gethan haben soll? Ich braue Heiltränke, das ist doch wahrlich kein Teusels- oder Hexenwerk." „Nein", sagte die Muhme seufzend, „aber ich kann doch nicht begreifen, warum Du Dich einem so schlim men Verdachte aussetzen magst, um Heiltränke für Kranke zu brauen, die, sobald sie gesund geworden, Dir scheu aus dem Wege gehen und Dich hinter Deinem Rücken eine Hexe schelten." Darauf hatte Hildegard keine Antwort, sie wollte der Muhme nicht sagen, daß sie weniger um der Kranken, als um ihrer selbst willen, mit solchem Eifer in das Studium und die Bereitung von Heilmitteln sich vertiefe, denn sie suchte in dieser Thätigkeit, die ihre Phantasie anregte und ihren Geist beschäftigte, den Mann zu vergessen, an dem ihr Herz immer noch in heißer Liebe hing. Aber eS gelang ihr nicht, den Gedanken, die eigensinnig immer wieder zu ihm zurück kehrten, auf die Dauer eine andere Richtung zu geben; ost, wenn sie am Herde stand und ihre Heiltränke braute, meinte sie, in den aufsteigenden Dämpfen die Züge des Geliebten zu erkennen, und wenn sie in tillen Mondnächten auf den Fluren Kräuter sammelte, chrak sie zuweilen plötzlich zusammen, weil sie in dem eisen Rauschen des Waldes Konrads Stimme zu hören, oder zwischen den Baumstämmen seine hohe Gestalt zu erblicken glaubte; dann verdunkelten Thränen ihren Blick und sie ließ die Pflanzen, die sie mühsam ge sucht, achtlos auS ihrer Hand gleite». Aber niemals kam der Name Konrad Overstölz über ihre Lippen, sie verschloß alles, was sie so tief bewegte, still in ihrer Brust, und obgleich ihr, so oft die Muhme aus Köln, wohin sie von Zeit zu Zeit sich begab, um Einkäufe zu machen, zurückkam, in banger Erwartung, ob sie ihr nicht die gefürchtete Nachricht seiner Verlobung mit ihrer Stiefmutter bringen werde, das Herz fast stille stand, richtete sie niemals eine darauf bezügliche Frage an dieselbe. Sie selbst hatte seit dem Tode ihres Vaters das Weichbild der Stadt nicht wieder betreten, sie scheute die Erinnerungen, welche der Anblick der bekannten Straßen und Häuser in ihr wecken würde, und sie scheute noch mehr eine mögliche Begegnung mit ihrem einstigen Verlobten und ihrer Stiefmutter, die sie sich zu ihrer Qual immer als ein glückliches Brautpaar vorstellen mußte, obgleich das Trauer jahr sein Ende erreicht und noch nichts verlautet hatte, daß Maria beabsichtige, ihren Witwenstuhl zu ver rücken. Inzwischen war eS Sommer geworden, daS Fron leichnamsfest herangekommen und die Muhme stellte Hildegard so eindringlich vor, sie oürfe nicht länger gleich einer Heidin, ohne die Messe zu hören und das Sakrament zu empfangen, sich in die Einsamkeit deS LindenhofeS vergraben, wenn sie sich nicht ganz in den Geruch einer bösen Zauberin bringen wolle, bi- sie endlich einwilligte, Afra an dem Festtag nach der Stadt zu begleiten, um dort mit ihr in die Kirche zu gehen. Schon auf dem Wege nach Köln hatte Hildegard Gelegenheit genug, sich zu überzeugen, wie recht die Muhme mit ihren Warnungen gehabt; wo immer sie Leuten au- der Nachbarschaft der Linden- Hofe- begegnete, traten diese scheu und finster vor ihr nicht nur die Teilnahme entgegen, die jeder Besiegte verdient, man erwartet auch mit Spannung zu hören, wie sich die Führer der Opposition zu der neugeschaffenen Lage der Dinge stellen werden. Die Aussichten der Minorität über die Militärvorlage waren ja zur Ge nüge bekannt. Aber heute zweifelt niemand mehr da ran, daß der Kanzler durch die Auflösung des Reichs tags viel mehr erreicht hat, als die Annahme der Militärvorlage Er hat sich eine funkelnagelneue Majorität geschaffen, mit der er weit über die Mili tärvorlage hinaus zu operieren gedenkt, und die Chef» der bisherigen Majorität verhehlen sich nicht, daß ihre starre Opposition gegen das Septennat Konsequenzen nach sich gezogen Hal, welche sie noch vor wenigen Wochen nicht geahnt hatten. Fürst Bismarck ist wieder einmal klüger gewesen, als seine beiden Gegenkanzler zusammengenommen; einmal, indem er mit sicherem Blick die Stimmung des Volke- erkannte und von den schlecht unterrichteten Abgeordneten an die besser unter richteten Wähler appellierte, und dann, indem er unter der populären Fahne der Militärvorlage die Offensive ergriff und den Druck der auswärtigen Lage zu einer völlig neuen Schöpfung, wie eS die Regierungspartei ist, ausnützte." „Was er so viele Jahre lang weder in Güte und Freundschaft, noch im erbittertsten Kamps« erringen konnte, das haben ihm die Herren Windthorst und Richter in die Hand gespielt, eine lenkbare Majorität, eine Bismarckpartei. Die oppositionelle Presse war thöricht genug, einen Augenblick lang zu glauben, die neue Majorität sei durch die Septeunatsfrage zusam mengehalten und werde in die Brüche gehen, wenn das Septennat bewilligt sei — eine Illusion, von der sie heute schon geheilt ist. Die leitenden Persönlich keiten der Opposition — wir haben dabei zunächst da» Zentrum im Ange, denn von einer freisinnigen Partei kann ja nach dem 21. Februar ernstlich keine Rede mehr sein — geben sich über die Aussichten der nächsten Zukunft keinen Täuschungen hin. Sie erblicken in der neuen Majorität eine Partei, die sich unbedingt der Leitung des Reichskanzler» an- bequemen wird. Fürst Bismarck wird sich svohl hüten, die Gefügigkeit seiner neuen Gefolgschaft durch Zu mutungen auf die Probe zu stellen, welche den einen oder den andern Flügel verletzen könnten, und die Partei selbst wird, gewitzigt durch eigene und durch die Erfahrungen anderer, jeden Anlaß zu vermelden suchen, das Land neuen, unfruchtbaren Kämpfen au»- zusetzen. Die Kompromisse, die der Kanzler erst jüngst im Abgeordnetenhause als daS Wesen de» Parlamen tarismus bezeichnet hat, werden nun auf die Tages ordnung gesetzt werden. Allerdings — nicht» wäre irriger, als die Annahme, daß der beinahe steisianig gesärbte linke Flügel der National-Liberalen begeistert Schulter an Schulter neben Parteien, die nach Hinte» vorwärts wollen, kämpfen werde. Gewiß werden schon bei der nächsten Gelegenheit die großen Meinungt- unterschiede, die unleugbar zwischen den beiden Haupt gruppen der Majorität bestehen, zutage treten. Aber der Kanzler, „unter dessen eiserner Hand die Majorität zu Stande kam, wird sie auch mit eiserner Hand zu- sammeiijuhalten wissen". Wenn die disparaten Ele mente nicht selber miteinander fertig werden, so wird er mit einem Machtworte auf der einen, mit einem K ompromisvorschlage auf der andern Seite im rechten Momente dazwischentreten und das mühsam geschaffene Werk zu erhalten suchen. Das weiß er selbst besser als irgend einer, daß sich ohne eine starke, verläßliche Majorität im Reichstage schwer regieren läßt, und darum thäten die opposisionellen Blätter gut daran, sich nicht länger den Kopf des Fürsten BiSmarck zu zerbrechen und sich mit der neuen Situation auf eine andere Weise abzufinden, als mit aussichtslosen Hoff nungen auf den baldigen Zerfall der Majorität." zur Seite, selbst solche, an deren Siechbett sie gesessen, und die sie mit ihren Tränken geheilt, hatten keinen Gruß für sie, und da und dort hörte si hinter sich flüstern: .Das ist die Hexe vom Lindenhof, die habe ich schon gesehen, wie sie im Mondschein Kräuter sam melte und dabei Zaubersprüche murmelte." Die Muhme wurde bei solchen Reden blaß vor Schrecken, aber Hilde gard achtete kaum darauf; die Sonne schien so hell, der Wald war so grün, über den wogenden Kornfeldern sang hoch in der blauen Luft die Lerche, auS dem dichten Gehölz rief der Kuckuck und gurrte die wilde Taube, neben den duftenden weißen Holunderblüten sah man am Wegrain die roten Heckenrosen am nied rigen Strauch schimmern, das User deS Bache- war blau von Vergißmeinnicht und in dieser leuchtenden, prangenden blühenden Sommerwelt wurde ihr da» Herz so leicht und froh, wie seit lange nicht, und in die dunkle Nacht der Hoffnungslosigkeit, die seit jener verhängnisvollen Stunde, da sie Konrad und Maria im Garten ihres Vaterhauses belauscht hatte, ihre Seele umfangen hielt, fiel plötzlich ein Heller Strahl. Mit heiterem Auge grüßte sie, als sie jetzt durch das Stadtthor in Köln einritten, die alten bekannten Häuser und Straßen, und voll Andacht kniete sie dann an der Seite der Muhme in der Kirche, wo unter den feierlichen Orgelklängen, bei dem durch die ge malten Spitzbogenfenster in buntem, gedämpftem Schein hereinfallenden Licht, den nach oben wallenden Weihrauchdüflen, sie sich wie in eine andere, bessere Welt entrückt fühlte, und bei den Worten des nm Altar der Messe lesenden Priesters ein wunderbarer Frieden über sic kam. (Fvrtfctzung solyt.
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