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Dresdner Journal : 02.02.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188702026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-02
- Tag 1887-02-02
-
Monat
1887-02
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 02.02.1887
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--- > - 144^ flv Stromb»ck bffprichl die Frage der Gerichtskosten und fordert den Minister aus, bei Revision det GerichtSkostengesetzes die Maximalgrenzt zu erhöhen. Der Minister der Justiz, StaatSmrnister vr. Friedberg entgegnet, er werde die vom Borredner angeregte Frage prüfen lasten, »bg. Ennecceru» regt die Frage der juristischen Examen an und verlangt, nach Analogie deS tvoiarnsn pd>meuw bei den Medi zinern, ein Zwifchennamen Geh Oberjustizrat Stölzel betont, daß die Regierung sich seit lange lebhaft mit der Frage beschäftigt habe, aber ein langsames vergehen für richtig halte. Uber das Zwifchenexamen gingen die Mei nungen auseinander, obgleich es in Österreich bestehe. Die Lehrzeit der Prosessoren und dir Bewegungsfreiheit der Stu denten in Bezug aus die Wahl der Universitäten würde durch ein Zwischrnexamen beschränkt werden. Abg. Pros. Or. Fried berg (Halle) wünscht u. a. eine Reform der wissenschaftlichen Arbeiten bei den juristischen Prüfungen, alle diese Maßregeln könnten jedoch nur nach Einführung des ReichSgesetzduche» ge trosten werden. Er richtet an den Justizminister und den Mi nister des Innern die Bitte, in daS Prüsungsreglcment die Verpflichtung der Prüfung in den Grundlagen der StaatS- wistenschasten auszunehmen. Abg. EnnecceruS bekämpft die Ausführungen deS RegierungSkommlssars. Justizminister De. Friedberg erklärt, daß er seit 1^ Jadren mit einer Enqusttr über die Frage beschäftigt sei, und weist aus die Brochüren- literatur hin, in der kräftige Ausdrücke über die angeblichen Mißstände bei den Prüfungen und heftige Angriffe ständen. Man könne Regulative u. s. w. machen, so viel man wolle, das helfe nichts. Wie die Examinatoren seien, so fielen auch die Examen aus. Er beurteile den Examinanden nach der Geistesgegenwart, mit der er die Fragen beantworte. DaS Ler nen in der Jurisprudenz fange an nach dem großen Examen. ES sei ein müßiges Beginnen, dir Examen bessern zu wollen. (Lebhafter Beifall.) Abg Oe Meyer-Breslau kommt aus den von Atunckel gestern erwähnten Fall zurück, daß einem Rechts anwalt das Notariat nur für den Fall in Aussicht gestellt wor den sei, daß er aus dem deutjchfteisinnigen Verein austrcte, und ergänzt diesen Fall durch einen ähnlichen, bei dem ein Zentrumsmann in Frage komme. Er wünscht zu erfahren, von welchen Grundsätzen die Staatsregierung bei Verleihung des Notariats sich leiten laste. Ferner erwähnt Redner nochmals den Prozeß Jhring-Mahlow, wird aber vom Präsidenten zur Sache verwiesen. Der Etat der Justizverwaltung wird bis zum Extraordinarium bewilligt. Schluß der Sitzung 3 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag l Uhr. Tagesordnung: Etatsberatung. Die „Post" bringt einen durch Thatsachen belegten Artikel, nach welchem namentlich in Schlesien in Bezug aus die Septennatsfraqe eine Zerbröckelung der Zentrumspartei stattfände. Der Gesetzentwurf betreffend die Teilung von 13, größtenteils in den zweisprachigen Landesteilcn der Ostprovinzen gelegenen Kreisen wird schon in den nächsten Tagen dem Abgeordnetenhaufe zugeh n. Die jährlichen Kosten, die aus der neuen Einteilung ent stehen, belaufen sich auf etwa 300000 M Die.Strafkammer in Pofen verhandelte heute unter Ausschluß der Öffentlichkeit gegen polnische soziali- stlsche Agitatoren und verurteilte wegen Verbrei tung von Ausrufen in polnischer Sprache zur Auf reizung der Arbeiter den Schuhmacher Derengowski zu 9 Monaten, den Dachdecker Kasprzak zu 2 Jahren Gefängnis. Auf Anordnung des preußischen Kriegsministeriums ist, wie die offiziösen „Berl. Pol. Nachr." erfahren, die Einführung der Velozipeden in die Armee er folgt. Mit diesen Vehikeln, sowohl zwei- als drei rädrigen, soll der Ordonnanz- und Depeschendienst namentlich in Festungen mit weitabliegenden Außen- forts, wie Spandau, Thorn, Posen, Königsberg, Kü- strin, Köln, Straßburg, Metz u. s. w. vermittelt werden. Im Abgeordnetenhaus? hat am Freitag der Abg. vr. Windthorst abermals die falsche Behauptung wie derholt, daß in Frankreich und Österreich der Frie denspräsenzstand alljährlich vom Parlament sestge- stellt werde. Behufs Zurückweisung dieser Behauptung hebt die „Nat.-Ztg." folgende Einzelheiten der bezüg lichen gesetzlichen Bestimmungen hervor: „Der Art. 2 de« französischen KadresgefttzeS vom 18. März 1875 bestimmt: „Die Zahl und die Zusammensetzung der Kadres auf dem Friedensfuße und aus dem Kriegsfüße, ebenso wie die normale Effektivstärke an einfachen Soldaten, welche die Kadres auf dem Friedensfuße enthalten sollen, werden durch daS gegenwärtige Gesetz festgestellt. Die normale Effektivstärke sür den FriedeuSfuß repräsentiert die Ziffer, unter welche der lährliche Durchschnitt des unter den Fahnen stehenden Effektiv- bestande- nicht heruntergesetzt werden kann. Sie dient als Basis für die jährliche Budgctjchätzung und kann nur durch ein von den Finanzgesetzen unabhängiges Spezialgesetz modifiziert werden." Das Kadresgesetz bestimmt dann die Zahl der Regi menter, Kompagnien Depotkompagnien, die Zahl der Offiziere, Unteroffiziere u. s. s. und die Zahl der Mannschaften in der Kompagnie. Multipliziert man die Zahl der Kompagnien bez. Regimenter mit den sür eine Kompagnie, ein Regiment ausge setzten Mannschaften, so hat man die FriedcnSpräsenzzister, und zwar die Minimalziffer, unter welche der Kriegsminister nicht heruntergehen darf. Frankreich hat also das „Äternat." Österreich hat ein Dezennat, eine zehnjährige Hecresfest- stellung. Richt die Fnedenspräsenzstärke de« bei den Fahnen dienenden Heeres ist in Österreich durch Gesetz festgestellt, viel mehr die Kriegspräsenzstärke des stehenden Heeres, d. h. der Mannschaften der Linie und der Reserve zusammen, im Gegen- " ' > -» > -- >— Boden. Jäckel aber ließ sich nirgends sehen und.fein Vater, der ihn bald nach seiner Ankunft sehen wollte, wunderte sich sehr, als er ihn nicht einmal unter den jungen Burschen, seinen Kameraden, fand. Nachdem die jungen Leute sich so ziemlich mit Speise und Trank gestärkt hatten, lockte ein lustiger Tanz, den die Musikanten plötzlich aufspielten, die Burschen und Dirnen auf den im Freien erdichteten Tanzplatz. Fröhlich drehten sich die Paare im Kreise und mancher kräftige Juchzer wurde von den kernigen Burschen ausgestoßen, wenn sie während des Tanzes ihre Dirndln hoch in die Luft hoben. DerJägerfepp tanzte mit der Bürgel, die endlich seinem Drängen nachgegeben hatte, obwohl sie am liebsten den Tanz platz ganz verlassen hätte. Damit war aber die alte Zenzl nicht einverstanden, die, kaum angekommen, nicht so bald schon wieder davonrennen wollte, und da das junge Mädchen auch nicht allein heimkehren mochte, so mußte sie vorläufig schon noch eine Zeitlang auf dem alten Flecke auSharren. (Fortsetzung folgt.) Stenographie. In der Januarversammlung der „erweiterten Sitzung des Königl. stenogra phischen Institut-" wurden über den Stand der Gabelsberger Stenographie folgende Mitteilungen ge macht: Dem Gesamtvereine der GabelSbergerschen Ver eine im Königreiche Sachsen gehören infolge deS nicht beanstandeten Beitritts des Vereins zu LLbau nun mehr 107 Verbandsvereine an. In einer amtlichen Zuschrift des Reichstaaspräsidiums wurde dem Jn- stitutsvorstande die erfreuliche Zusicherung gegeben, daß die Ausführungen des Berliner Stolzeschen Steno- graphenvereinS in seiner Eingabe vom 9. Dezember satz zu den Mannschaften der Ersatzreserve und des Landsturm«. Da« österreichische Wehrgesetz vom 5 Dezember 1868 bestimmt in seinem tz I» die Kriegspräsenzstärke de- stehenden Herres auf 800 000 Mann mit Billigkeit bis Ende 187»; durch Gesetz vom »0 Dezember >87» ist d»ies Dezennat aus IO Jahre bi« Ende 188» verlängert worden Über die Wirkung dieser gesetzlich fest- gestellten Kriegsstärke aus die FriedenSpräsenzstärkr spricht sich der österreichische SlaatSrechtelehrer Ulbrich also aus. „Mit Rücksicht aus diese Kriegspräsenzstärke de« stehendes Heeres und der Kriegsmarine ist da- erforderliche Rekrutenkontrngent auf beide Reich-Hälften zu repartieren. Durch die Feststellung dieser Kriegspräsenzstärke ist mit Rücksicht aus die Dauer der Wehrpflicht, das Kadre- und Ausbildungssystem dieses Rekruten- kontingent indirekt bestimmt; eine Verminderung oder Vermeh rung dieses Kontingents kann innerhalb des zehnjährigen Zeit raum- (gegenwärtig bis Ende 1889) nur insoweit m Frage kommen, als der Kaiser dies sür notwendig findet. Dadurch ist dem Rechte der jährlichen Rekrutenbewilligung, das dem Reichs rate und dem ungarischen Reichstage zulonimt, eine objektive Schranke gezogen. Dir sich alljährlich wiederholende Feststellung des Rekrutenkontingents ist somit ein rein kalkulatorisches Geschäft." Die „Nat.-Ztg" bezweifelt nicht, daß trotz dieser Konstatierung der Thatsachen Hr. Windthorst fort fahren wird, zu behaupten, daß „alle Parlamente" das Recht der jährlichen Feststellung der Friedensstärke haben. Zum französischen Barackenbau erfährt tue „Köln. Ztg." aus zuverlässigster Quelle Folgendes: „Über die Grenzstationen Alt-Münsterol, Avricourt, Cham- brey und Amanweiler sind während der letzten Tage nachstehend verzeichnete Wagenladungen Bauholz, Latten und Bieter nach Frankreich gegangen: 8 Wagen bestimmt für Belfort, 3 für Arches, 5 sür St. Du', 116 für Nancy, 7» für Toul, 4 sür St. Mihicl, 5 für Reims, 64 für Verdun, insgesamt r 78 Wagen. DaS sind die unS bekannt gewordenen Versendungen. Ferner gehen bedeutende Holzfrachten au- dem südlichen Teile der Vo gesen mittels Landsuhrwerks nach Belfort. Für die Zukunft ist eine erhebliche Steigerung der Sendungen, sowohl aus der Eisen bahn, wie aus den Landstraßen zu erwarten, da viele im Elsaß wohnende Holzhändler noch weitere sehr große Lieferungen von Holz übernommen haben, welche« zur Zeit noch im Walde la- ;ert oder in den Tag und Nacht arbeitenden Sägemühlen zer- chnitten wird. Die von den Lieseranten gezahlten Preise über teigen den marktgängigen Preis nicht unerheblich. In Verdun oll die Herstellung von »6 Baracken von je 100 in Länge — also etwa 4 Kai Baracken — zur Unterbringung von 8ovoo Mann beabsichtigt sein. In dem mit den Unternehmern abge schlossenen Vertrage ist der 1b. März d. I. als Frist sür die Fertigstellung ausbedungen. Für jeden Tag Verspätung ist eine Strafe von 1ooo Frcs. bedungen, während bei früherer Fertigstellung der Ünternehmer eine besondere Vergütung von 100 Frcs. für jeden Tag erhält. In Etain sollen Baracken sür Unterbringung eines Jägerbataillons, in Conflans solche sür Artillerie erbaut werden. Endlich findet die Errichtung von Baracken in Epinal und Belfort statt. An den Arbeiten im ersten Orte beteiligen sich Unternehmer aus dem Elsaß. Die Baracken in Epinal müssen am i. April d. I. vollendet sein. Sie werden anscheinend in Zicgelfachwerk aus- gesührt. Jeder Laie sieht ein, daß derartige Maßnahmen nicht innerhalb des Rahmens der in Friedenszeiten geläufigen DiS lokationcn untergebracht werden können, und das Verhalten der französischen Presse ist also nur geeignet, unser Mißtrauen zu verstärken. Und angesichts der in den LieferungSvcrträgen be dungenen Versäumnisstrase, die schon am 15. März d. I in Kraft tritt, angesichts der besondern Vergütung für frühere Fertigstellung wagt man gar, die Sendungen und Arbeiten mit der Ausstellung in Verbindung zu bringen, welche im Jahre 1889 stattfinden soll! Ein Beweis, zu welchen Ausflüchten man sich schon gezwungen sieht." Wien, 1. Februar. Die Stimmung ist hier eine sehr gedrückte. Man giebt wohl zu, daß Österreich momentan nicht bedroht ist, daß ein Krieg mit Rußland nach der günstigen Wendung der bulga rischen Frage mehr als unwahrscheinlich, aber man verkennt nicht, eine wie große Gefahr im Westen lauert Der gleiche Artikel der Berliner „Post" bestätigte die trübe Auffassung; er wirkte hier in der Flnanzwelt sehr niedcrschlagend. Das mag erklärlich machen, daß das Publikum die Nachricht von der be vorstehenden Einberufung der Delegationen mit mehr Ruhe aufnimmt. Man begreift, daß Österreichs Rüstungen keine Vorbereitungen zum Kriege sind, daß unser Staat sich aber für alle Fälle gegen die unab sehbaren Folgen wappnen muß, welche aus einem deutsch französischen Kriege entstehen können. Die Ein berufung der Delegationen kann demnach nicht den Charakter einer kriegerischen Demonstration an sich tragen: sie entspringt verfassungsmäßigen Bedenken unserer Regierung und wird wohl auch dadurch ver anlaßt, daß die von der Heeresverwaltung geforderten Summen schon zu groß sind, als daß sie durch die Kasfenvorräte gedeckt werden könnten. Über den Zeitpunkt der Einberufung verlautet offi ziös, daß dieselbe während der Osterferien der beiden Parlamente erfolgen foll; es ist aber möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß die Delegationen noch früher zusammenkreten werden. Tie von ihnen zu bewilligenden Kredite werden an wohlunterrichteter Stelle nach dem heutigen Stande der Dinge auf 46 Millionen veranschlagt, nämlich auf 16 bereits verausgabte Milltown und weitere 30 Millionen zur v. I. keine Veranlassung gegeben habe, die beabsich tigte etatmäßige Anstellung eines nach dem Systeme Gabelsberger gebildeten Stenographen in Frage zu stellen. Nach einer weiteren Mitteilung vom Eisen bahnsekretär Wirth in Stambul scheint die GabelS- bergersche Kurzschrift in Konstantinopel festen Fuß zu fasfen. Weniger angenehm berührte die nach einem Schreiben des Bureauvorstandes Markowiz in Buda- Pest aus Ersparnisrücksichten angeregte Auflösung deS ungarischen Reichstagsstenographenbureaus und die in Aussicht stehende Vergebung des stenographischen Par- lamentsdienstes an einen Unternehmer, wie dies in Wien der Fall ist. Mit Hilfe geeigneter, vom Königl. steno graphischen Institut gern überlassener statistischer Unter lagen hofft der dortige Kunstgenosse diese Gefahr abwen den zu können. Der Vorstand der griechischen Steno graphenkanzlei Mindler in Athen hat entgegen Stolzeschen Darlegungen keineswegs die letztgenannte Kurzschrift für die bessere ausgegeben, wie auch die aus gleicher Quelle stammende Nachricht eine unrichtige ist, daß nichts für weitere Verbreitung der Stenographie da selbst geschehe. Weitere Mitteilungen betrafen Neu seeland, wo der Justizmlnister sich für Verwendung der Stenographie in den Gerichtshöfen interessiert, und Schweden, für dessen Gewinnung es Prof. Palmsn in Helsingfors nicht an Anstrengungen fehlen läßt. Mehr scherzhaft als ernst war ein vorgrlegtes Stenographie system von Frau Katharina Nobbe in Rinteln zu nehmen, welche jedem verständigen Menschen die Er lernung ihrer zum Preise von 6 M. erhältlichen „neuen Schnellschrift" in der Zeitdauer von einer Stunde zu sichert. Auch die „kürzeste Stenographie zum Gebrauche in allen Sprachen der Welt" soll nach Angabe ihre- Vervollständiguna der HeereSvorräte, Schon diese, für einen wirklichen Krieg auch nicht annähernd zureichende Summe beweist, daß man es mit einer einfachen Vor sichtsmaßregel zu thun hat Nebst diesem, durch die Delegationen zu votierenden Kredite werden demnächst sowohl dem österreichischen, als auch dem ungarischen Parlamente die Vorlagen, betreffend die EinführungS« kosten des Landsturmes, zugehen, welche man in jeder Reichshälste mit vorläufig 7 Millionen berechnet. Die Nachtrogsforderungen zum Knegsbudget für 1887 stellen sich daher schon jetzt auf 60 Millionen Gulden. — Im ungarischen Abgeordnetenhause wurden gestern während der Budgetdebatte bei dem Titel „Königl. Hofhaltung" von oppositioneller Seite Beschwerden dagegen erhoben, daß der Hof nur kurz und vorüber gehend in Üngarn residiere, die Hofwürdenträger Aus länder (nämlich Österreicher) und alle Aufschriften deutsch seien. Nichtsdestoweniger wurde diese Budget post einstimmig genehmigt. — Dem Zuckersteuer- ausschusse des österreichischen Abgeordnetenhauses wurde durch den Regierungsvertreter eröffnet, daß wegen der noch schwebenden Verhandlungen die Ent scheidung der ungarischen Regierung noch nicht be kannt sei, daß aber die Beschlüsse des Ausschusses wenig Aussicht haben, zur Annahme zu gelangen. — Kronprinz Erzherzog Rudolf und Herzog Philipp von Koburg kehren heute nach Wien zurück, nachdem sie gestern unter Führung des Präsidenten des Wiener Touristeuvereins die Spitze des Monte Maggiore be stiegen hatten. Paris, 31. Januar. Mehrere radikale Blätter berichten über ein Gespräch, welches Hr. de Freycinet mit dem Redakteur der „France" über den .Uriegs- mimster Boulanger geführt habe. Hierbei soll Freycinet folgendes gesagt haben: „Ich kann nicht zugeben, daß man gegen den General Boulanger unbestimmte Beschuldigungen richtet, die vor allem durchaus falsch sind. Solange ich die Ehre hatte, mit dem General Boulanger zusammenzuarbeiten, konnte ich nur die tadellose Haltung rühmen, mit der er sein Amt stets versehen hat. Ob es sich um eine gemeinsame Regierungsthätigkeit han delte, oder ob unsere Vorverständigung sich auf öffentlich ab zugebende Erklärungen bezog, immer wurden die von ihm cin- gegangencn Verpflichtungen pünktlich gehalten. Man hat be hauptet, Boulanger huldige zuviel der Öffentlichkeit. Ich weiß nicht, was daS heißen soll. Wann hätte der Kriegsminister ein Schriftstück oder eine Thatsache veröffentlicht, welches die Inter essen oder die Verteidigung des Vaterlandes zu schädigen ge eignet gewesen wäre? Man sage es. Was mich betrefft, so kenne ich keine. Ich habe nur eine Sache bemerkt: seinen be ständigen Wunsch, unsere Bewaffnung zur vervollkommnen, eine unermüdliche Rührigkeit und dabei, ich wiederhole eS, eine tadel lose Haltung gegenüber seinen Kollegen und den von der Re gierung gefaßte» Beschlüssen. Es ist sehr leicht, zu behaupten, er habe Unvorsichtigkeiten begangen, es ist aber unmöglich, eine einzige anzusühren. Allein selbst ivenn alles dies nicht der Fall wäre, so brauchte man sich nur zu erinnern, in welchen Ausdrücken der Fürst v. BiSmarck im Reichstage über den General Boulanger gesprochen hat, damit uns die Vaterlands liebe sofort die Notwendigkeit auserlege, sein Verbleiben im Mi nisterium ganz außer Frage zu stellen. Es hieße eine Spaltung in die Nation tragen und die Verteidigung lähmen, wollte man auch nur einen Augenblick die Annahme gestatten, ein fran zösisches Parlament könne sich von Erwägungen der Vorsicht leiten lassen, welche ihm wörtlich von Berlin diktiert worden wären. Ich wiederhole es: wie man auch über den Charakter de- Generals Boulanger denken möge, cs ist nicht mehr Zeit, über seinen Einfluß Erörterungen anzustellen, und man muß ihn unterstützen Ich vermöchte nicht zu begreifen, daß meine Freunde ein anderes Verhalten beobachten könnten." (Wie man der „Nat. Ztg." aus Paris telegraphiert, follen diese Äußerungen Freycinets von den Radikalen erfunden fein, nur um Freycinet zu einer Erklärung zu veranlassen Man nimmt jedoch in Paris an, daß es Freycinet voraussichtlich nicht wagen werde, die ihm zugeschriebene Äußerung zu dementieren. Es würde dies ein neuer Beweis dafür fein, daß der General in einer Weise die Situation beherrscht, daß es bereits Niemand mehr wagen darf, ihm entgegeuzutreten, ohne als „Verräter des Vaterlandes" zu gelten.) — Das Amtsblatt veröffentlicht die Ziffern der Ausländer, welche bei der letzten Volkszählung in den französischen Departements ermittelt worden sind Tie Gesamtzahl beträgt l 115 214. Die meisten Nichtfranzosen wohnen im Norddepartcmcnt: 305 524; dann kommt die Seine (Paris): 2I3529, das Departement Rhonemündungen 77 512, sodann die Seealpen, Ardennen, Memthe-et- Moselle, Pas de Calais u. s w. — Gestern fanden 2 Generalratswahlen statt, in welchen Republikaner gewühlt wurden. — In Marseiile wurde 1 Konser vativer in den Gemeinderat gewählt — Es werden lebhafte Klagen über die französische Gefängnisver waltung laut. Die „France" schreibt die jüngsten Empörungen, welche in verschiedenen Anstalten aus brachen und blutig unterdrückt werden mußten, der Unerfahrenheit des leitenden Personals zu, welches die Gefangenen bei abscheulicher Kost und mangelhafter Aussicht aufs Schändlichste ausbeuten lasse. Der Generaldirektor der Gefängnisse, Herbette (Bruder des Botschafters), wird beschuldigt, die Übelstände gekannt und vertuscht zu haben. Mehrere republikanische Blätter verlangen eine Untersuchung. — Im „Cri du Peuple" ist eine Spaltung ausgebrochen, weil die Herausgeberin, Frau Severine, den Überlieferungen des Gründers dieses Blattes, Jules Balle-, getreu, mit Louise Michel und den Anarchisten das „Recht des Diebstahls" verteidigt. Diejenigen Redakteure deS Blattes, welche nicht so viel vorgeschritten sind, grün den ein neues Blatt, „La Voix du Peuple", welche- von morgen ab erscheinen wird, aber wenig Aussicht auf Erfolg hat, da jetzt infolge der Aufhebung der Papiersteuer bereits so viele Blätter großen Formats ihren Preis auf einen Sous herabgesetzt haben, daß eine neue Wettbewerbung kaum mehr Spielraum findet. Auch das „Petit Journal" ist von heute an vergrößert. — An die Stelle der Journalisten, welche den „Cri du Peuple" verlassen haben, treten einige Wortführer der verschiedenen Fachvereine und Felix Pyat. Letzterer hielt gestern eine übrigens nur von 200 Personen be suchte Anaichistenversammlung im Saale der „Rue de Lyon" ab, neben sich Louise Michel Man verhan delte über die Frage, wie sich die Sozialisten Frank reichs und Deutschlands bei einem Kriege zwischen beiden Ländern zu verhalten hätten. Verschiedene Redner führten aus, daß da- deutsche Volk keinen Krieg wolle und daß die französische Bourgoisie zum Krieg Hetze, um inneren Schwierig keiten aus dem Wege zu gehen und nebenbei sich Pendülen aus Deutschland zu holen! Ein Redner forderte zu Geldsammlungen für die deutschen So zialisten auf Schließlich beantragt Pyat eine Tages ordnung, welche den sozialistischen Vertretern im Reichsiage den Dank Frank, eichs aussprach und welche von etwa 30 Personen angenommen wurde. — Wäh rend der Sitzung wurde lin Vorsaale der Kammer der Abg. Drenfus von einem Journalisten Namens Ra- buel lebhaft zur Rede gestellt und ins Gesicht ge schlagen, weil er ihn öffentlich beschuldigt habe, „ein Agent des Abg. Baron Soubeyran (Präsident der „Banque d'Escompte*) zu sein." Dreyius wollte seinen Revolver ziehen, wurde aber verhindert, zu schießen. Die Diener des Hauses verhafteten Rabuel und führten ihn nach der Quüstur und zum Polizei- koinmisfar der Kammer, wo er wiederholte, weshalb er Dreyfus geschlagen habe. * Rom, 1. Februar (W. T. B) Der Minister präsident Depreiis verlas in der heutigen Sitzung der Deputiertenkammer folgende Depesche des Generals Gen« aus Massauah vom 29. v. Mts.: Am 24. Ja nuar verließ Ras Alula Ghinda und schlug sein Lager östlich von Saati auf, we cheS er am 25. Januar an- gnff. Nach 3 Stunden heftigen Kampfes wurde Ras Alula zurückgcworsen Die Verluste der Italiener be tragen 4 Verwundete und .5 Tote, die Verluste der Abessinier sind unbekannt. Am 26 Januar wurden 3 italienische Compagnien nebst r,0 Mann Irregu lärer, welche von Monkullo aufgebrochen waren, um Saati mit Proviant zu versorgen, aus der Hälfte des Weges angegriffen. Nach mehrstündigem Kampfe wurde die Kolonne zersprengt; 90 Verwundete befin den sich bereits in Massauah. Weitere Einzelheiten bezüglich der Zahl der Verwundeten und Toten be halte ich mir vor. Wegen der übergroßen Ausdeh nung unserer Linie habe ich die Poften von Saati und Wua Arafali zurückgezogen. RaS Alula scheint wegen der bedeutenden Verluste und der zahlreichen Verwundeten sich nach Ghinda zurückzuziehen. Mög lich ist auch, daß derselbe auf Verstärkungen durch den Negus hofft, welcher, wie es heißt, auf dem Marsche dorthin begriffen ist. Nach dieser Mitteilung legte Depretis einen Gesetzentwurf wegen eines außer ordentlichen Kredites von 5 Millionen vor. Zur Prüfung desselben wurde eine Spezialkommission er nannt. Baccarini beantragte unter lebhaftem Beifall den Truppen Anerkennung sür ihre Tapferkeit aus zusprechen; Rudini wünscht Beschleunigung der Be ratung des außerordentlichen Kredits. Hierauf wurde die Debatte über das Budget fortgesetzt London, 1. Februar. (W. T. B ) Unterstaats sekretär Fergusson erklärte im Unterhause, der Be schluß, Port-Hamilton zu räumen, sei erst auf dcn Rat der Marinebchörde erfolgt, nachdem von China Bürgschaft geleistet, daß keine fremde Macht irgend einen Teil von Korea einschließlich Hamiltons besetzen wü>de. Weiter teilte Fergusson mit, die Re gierung habe jetzt in die Wiedereröffnung des Han« Verfassers, Amtsrichters W. Hasse, in einer Lektion erfaßbar sein und kostet nur 2 M. Nachdem noch be kannt gegeben worden war, daß der Gemeinderat zu Wien einer Gasse den Namen Gabelsbergers beigelegt habe, sprach das Mitglied Ed Christ über die Ver- vielsältigungsarten der stenographischen Schrift in ge schichtlicher und technischer Beziehung und erntete für seine auf vollkommener Sachkenntnis beruhenden, all gemeinverständlichen Auseinandersetzungen ebenso bei fällige Zustimmung, wie Prof. Oppermann, der einen eingehenden Bericht über den jüngst im Druck erfchie- ncnen Briefwechsel Gabelsbergers mit.Prof Dr. Wizard erstattete. In der Februarsitzung wird anläßlich der Feier des Geburtstages des Altmeisters Gabelsberger Prof. l?r Rotter den Festvortrag über „die Konsonanz in der GabelSbergerschen Stenographie" halten. Malerei. Aus London wird geschrieben: „Der hiesige Porträtmaler Mr. B S. Marks hat soeben ein Bild vollendet, das aller Wahrscheinlichkeit nach in die Reihe der interessantesten bildlichen Illustrationen der Geschichte der Gegenwart gehört. Es ist ein lebensgroßes Porträt des Lord- Nathaniel Mayer Rothschild, wie er den Eid im Hause der PairS leistet. DaS Parlamentsmitglied Mr. Lionel Louis Cohen hat es auf seine Kosten malen lassen und wird es dem Verwaltungsrate der Vereinigten Synagogen Londons dieser Tage überreichen. Es soll dadurch die Zulassung des ersten israelitischen PairS zum Oberhanse ver ewigt werden. Der Maler hatte große Schwierigkeiten zu überwinden. So z. B- mußte dem Überfluß an Scharlachrot in der PairSrobe ein Gegengewicht ge boten werden, um da- Bild nicht zu grell zu machen. Eine weitere Schwierigkeit war die, daß keine Porträts der zur Zeit anwesenden anderen Personen im Bilde figurieren dursten. Alle diese Schwierigkeiten hat der Künstler mit großem Erfolge gelöst; er hat nicht nur ein vorzüglich gelungenes Porträt, sondern ein höchst bewunderungswürdiges Bild geschaffen, da- sein« Meister schaft von Neuem bekundet. Lord Rothschild ist dar gestellt, wie er am Tisch des Hauses steht, und zwar zur Rechten der Tafel. Er hat das Haupt bedeckt (wohl da- erste mal seit seinem Bestehen hat ein Parr im Oberhause jemals bedeckten Hauptes den Eid geleistet.) In der rechten Hand hält er daS Alte Testament, mit der linken faßt er die PairSrobe. Der Deckel des Kastens auf dem Tische ist halb geöffnet, damit kein gegenübersitzender Pair dem Beschauer sichtbar wird. Die Haltung ist äußerst natürlich und graziös, der Faltenwurf der Robe, deren Gold- und Pelzverbrämung sind ganz vortrefflich, und Licht und Schatten sind wunderbar verteilt. * Über die Beziehungen zwischen Nord« lichtern, Kometen und Sternschnuppen hat Prof. CH. A. Zenger, Mitglied der Akademie der Wissen schaften in Paris, in den ^Oovaptes Kendos" vom 26. Oktober 1886 eine Mtteilung veröffentlicht, laut welcher er aus der Vergleichung des Nordlichterver« zeichnisfeS von Rubenson und der Sternschnuppenauf zeichnungen des ,^nonaire 6n du esu des loneituäe," folgert, daß ein ungeheurer Unterschied zwischen dem elektrischen Potential der kosmischen Wolken und dem jenigen der Erdatmosphäre die Entladungen und dem gemäß die Bildung der Sternschnuppen und Nord lichter verursacht Darauf erwidert E. Lagrange,
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