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Dresdner Journal : 02.02.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188702026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-02
- Tag 1887-02-02
-
Monat
1887-02
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 02.02.1887
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LrpeUitiov 6«» l>revto«r 7vQNUÜ», Dre«i«o, LMioberitr»»»» tko »0. Ämllichtr Ltil. ^kkantttmachunst. Die Magdeburger Feuerversicherungs - Gesellschaft bat an Stelle ihres bisherigen hierländischen Vertreters Johannes Theodor Wilhelm Dohrn, Herrn Maximilian Wilhelm Paul Schwemer in Leipzig zum neuen Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen erwählt. Auch ist von der genannten Gesell schaft angezeigt worden, daß der ständige Stellvertreter des früheren Bevollmächtigten, Herr Hans Spott in Leipzig, in gleicher Eigenschaft für den ncuernannten Bevoll mächtigten fungiren soÜe. Nachdem die unterzeichnete Brandversicherungs- Kammer diese Neu- beziehentlich Wiederwahl bestätigt, und der Stadtrath zu Leipzig den genannten neuen Vertreter in Pflicht genommen hat, wird solche- nach Vorschrift von 8 10, Absatz 2 der Ausführungs- Verordnung zum Gesetze über das Mobiliar- und Privat - Feuerversicherungswesen, vom 20. November 1^76 hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Dresden, den 31. Januar 1887. Königliche Brandversicherungs - Kammer. Edelmann. Leonhardi. UichlamUiLer Leit. Telegraphische Wachrichterr. St. Petersburg, DienSkag, 1. Februar. (Tel. d. Dresd.Journ.) DaS „Journal de St. PöterSbourg" spricht von den herrschenden KriegSdrsorbniffen. DaS Blatt bemerkt: Diese seien durch Zeitung»- artikel hervorgerufen. Ohne Zweifel würden Rüstungen vorgenommen, dieselben seien aber durcd Vorsicht geboten. Allerdings könne dadurch Miß trauen entstehen, woraus wiederum Konflikt her vorgehen könne. Aber die Einsicht der Regie rungen bestehe darin, der Lage Rechnung zu tragen. ES sei wiederholt zu tage getreten, daß keiue Regierung den Krieg wünsche. Belgrad, l. Februar. (W T. B.^ Der griechische Geschäftsträger RazoS überreichte dem Könige heute ein Dankschreiben deS Königs von Griechenland und deS griechischen Kronprinzen für die Glückwünsche und die Verleidung deS GroßkreuzeS deS Weißen Adler-Orden» an den Kronprinzen anläßlich dessen GroßjährigkeitS- fefle» Dresden, 2. Februar. Zur Lage vor den Reichstagswahlen. Ein Beleg dafür, daß man die politischen Vorgänge innerhalb eine- Landes vielfach unbefangener beurteilt, wenn man sie in der Ferne besieht, giebt das Wiener „Fremdenblatt" durch einen sehr ruhigen, sachlichen Aufsatz, welcher die Lage Deutschlands vor den ReichS- tagSwahlen zum Gegenstand hat. Dasselbe schreibt: ,Le lebhafter sich der Wahlkampf im deutschen Reiche gestaltet, desto sichtbarer tritt die Verstärkung des SeptennatsanhangS durch Elemente zu Tage, denen der Parteiverband und die Parteiparole noch nicht die Selbständigkeit des Urteils und die Selbstän digkeit deS Handelns geraubt hat. Daß die europäische Lage einen Wahlkampf wesentlich beeinflussen muß der für oder wider das militärische Septennat geführt Kur- wird, ist mehr als erklärlich. Minder erklärlich ist die Ausdauer und Heftigkeit der oppositionellen Parteien in ihrem Feldzuge gegen eine Regierungsvorlage, deren Annahme heute zwingendes Gebot für den Patrioten des deutschen Reicl-es scheint Während jenseits der Vogesen die drückenden Lasten eines alle europäischen Kriegsbudgels überragenden Hcerecetals mit Opfermut ertragen w.rden und politisch durch unüberbrückbare Kluften getrennte Parteien sich in der Bewilligung immenser Militärsorderungen begegnen, sehen wir in Deutschland den Kamps über das Prinzip der sieben jährigen Bewilligung einer Heeresorganisalion sent- brenneu, die allem in ihrer Stabilität die Sicherheit und volle Wehrhaftigkeit des Reichs verbürgt. Wenn sich in einer solchen Frage, in solch «, Wahlseldzuge Einflüsse geltend machen, die in normalen Zeiten nicht zu Tage treten und kaum zu Tage treten könnten, so ist dies in der Natur des Kampfes begründet, in wel chem bedeutsame Neichsinteressen Parteimachinatiomn und Fraktionsintriguen preisgegeden werden. In dieser Situation fühlen sich Männer, die des Reiche- Fundamente gelegt, seine Größe erkämpft haben, ge radezu gedrängt, für ihr Werk einzutreten und an das Volk zu appellieren, um die Integrität und die fernere gedeihliche Entwickelung dieses Werkes zu wahren." „Schon zeugen denn auch manche Anzeigen von dem zunehmenden Streben weiter Volkskreise, den Terroris mus politischer Wortführer zu brechen , schon zeigen sich innerhalb der einzelnen Parteien auffallende Grup pierungen und Sezessionen, schon registrieren die Jour nale manchen „Abfall" von den oppositionellen Frak tionen zu der großen Septennatspartei, deren Kern vorläufig noch die konservativen Fraktionen und die Nationalliberalen bilden. In Wählerkreisen, in dencn bisher das Programm der Deutschsreisinnigen auf die kräftigste Förderung rechnen konnte, werden Stimmen laut, die der Haltung der Parteivertreter im Reichs tage keineswegs Lob und Anerkennung zollen. Sogar im Landesausschuß Elsaß - Lothringens hat das Sep tennat einen energischen Vertreter in dem vielgenann ten Abgeordneten Zorn v. Bulach gesunden, der schon in, Reichstage für die Regierungsvorlage sein Votum abgegeben hatte und nun seinen Landsleuten in be redten Worten die Bedeutung des SeptennatS für die Erhaltung des den Reichslanden so notwendigen Frie dens erörterte. Mit der größten Spannung verfolgt man indes die Wahlbewegung in jenen Kreisen, welche das Zentrum als seine unbestrittene Domäne zu be trachten pflegte. Die Stellung dieser Partei, deren konfessioneller Charakter neuestens durch den politischen stark verwischt worden ist, zu der Militärvorlage der Regierung ist im Reichstage selbst hinreichend gekenn zeichnet worden. Will sie nach wie vor eine durch das Band des gemeinsamen religiösen Bekenntnisses, durch die gleichen konfessionellen Interessen zusammengehal tene, festgeschlossene Partei bleiben, dann ist ihre Haltung in unseren Tagen vollkommen unverständlich. Ihre Stärke und Macht wurzelte in dieser Gemeinsamkeit, in dem entschiedenen und einträchtigen Einstehen für die In teressen der katholischen Kirche in Preußen und im deutschen Reiche; dadurch hat sie sich Geltung verschafft, da durch ist sie zu einem bedeutungsvollen parlamen tarischen Faktor geworden. Heute sehen wir die Ziele, denen sie in unverdrossenem und gewandtem Kampfe zustrebte, erreicht Der katholischen Kirche Preußens und des Reiches ist DaS zurückgegeben, was man ihr im übclverstandenen Eifer des „Kulturkampfes" abge brochen hatte, und gleichzeitig hört man von Rom wie von Berlin die Kunde, daß bald auch der letzte Schritt zum Friedensschlüsse gethan, die volle Einigung zwi schen dem Vatikan und der Berliner Regierung her gestellt wird. Was verlangt nun das Zentrum? Auch der letzte Strohhalm, an den es sich in seinem Wahlaufruf geklammert, ist ihm entwunden, der for melle FriedenSschluß zwischen der Kurie und Preußen steht unmittelbar bevor. Beharrt da- Zentrum nun nach wie vor in erster Linie auf dem katholisch-kirch lichen Standpunkt, will es die natürliche Vertretung der katholischen Volkes sein, so muß eS das Schwert niederlegen und das Entgegenkommen der Regierung in allen das wahre Wohl der deutschen Katholiken betreffenden Angelegenheiten durch eine vei söhnliche, eine dem Charakter der katholischen Kirche entsprechende Haltung erwidern." „Nicht- von alledem aber verrät die Parole, welche die Parteiführer nach wie vor für den Wahl kampf ausgeben. Eine nicht mehr hinwegzuleugnende Thatsache ist es, daß Leo XIII, der erleuchtete Papst, welcher gegenwärtig im Vatikan regiert, mit wachsen dem Mißvergnügen die Aktion jener Partei im deut schen Reichstage verfolgt, welche sich als die „katho lische" geriert und so oft als Verfechter des Papst tums geberdet hat Diese Thatiache ist durch glaub würdige Berichte von verschiedener Seite festge stellt und sie ist sehr erklärlich, wenn man sich den herzlichen Verkehr vergegenwärtigt, in welchem das Oberhaupt der katholischen Kirche seit Jahr und Tag mit dem greisen Herrscher und dem Kanzler des Deutschen Reiche- steht, und die Erfolge, welche aus diesem Verkehr bereit- für die Katholiken Deutschlands er wachsen sind. In einem Momente nun, da dieses Frieden-werk gekrönt werden soll, gefällt sich das Zentrum in einem unversöhnlichen Kriege gegen die ReichSregierung, in einem Kriege, der ja doch weniger ein Kampf um die Interessen des Volkes, vielmehr um die Befriedigung persönlichen Ehrgeizes einzelner Parteiführer ist. Daß man in vatikanischen Kreisen äne solche Taktik entschieden verurteilt, darf auch hier versichert werden und kann den Zentrumsführern un möglich verborgen geblieben fein, zumal ihnen die An sicht des Papstes selbst in nachdrücklichster Weise kund gegeben ward. Rasch war das Zentrumsorgan aller dings mit Dementis zur Hand. Diese Dementis ver lieren aber an Werth, je bestimmter die römischen Meldungen lauten, und werden ihre ganze Kraft ein büßen, wenn in der That — wie uns ein heutiges Berliner Telegramm meldet — eine offizielle päpst liche Ku dgebung an den Episkopat erfolgt, in welcher dem Klerus jede offensive Haltung untersagt und nahe- aelegt wird, den Bemühungen der Reichsregierung um ven kirchenpolitischen Frieden nicht störend und hem mend entgegenzutreten. Und diese Bemühungen wür- öen in der That gestört werden, wenn die konservative Partei nach dem Willen Rauchhaupts mit Rücksicht auf die Haltung de-Zentrum- einer weiteren Revision der Maigesetze entgegentreten sollte. Wie will das Zentrum nun seine Taktik mit dem Willen de» Papstes in Einklang bringen, der ihm als ausge sprochen konfessioneller Partei heilig sein muß? Bereit- haben angesehene Katholiken, Mitglieder des höchsten katholischen Adels in Schlesien und in der Rhein- promnz, schon haben Mitglieder des Zentrums in Bayern den Parteiführern die Heeresfolge m diesem Kampfe verweigert und sich die Freiheit der Abstim mung für das Septennat Vorbehalten oder auf ihr Mandat verzichtet. Gerade in Bayern aber, wo viele Tausende guter Katholiken außerhalb des Zentrums katholisch zu bleiben verstanden, kann dieser Abfall große Dimensionen annehmen. Beharren die Zentrums führer auf ihrer starren Opposition trotz der direkten Einwirkung des Kirchenoberhaupts, dann verletzen sie die Ehrfurcht vor dem Worte jenes Mannes, der am berufensten erscheint, die wahren Interessen der Katho liken Deutschlands zu erkennen und zu wahren. Die katholischen Wähler werden sich dann vor die Alter native „Windthorst oder Papst" gestellt sehen; sie werden sehen, daß die Abstimmung für das Septennat keine Verletzung, sondern eine. Förderung ihrer In teressen bedeutet und durch den unnatürlichen Zwang der Parteifessel nie gehindert werden kann." Tie auf einen rn Aussicht stehenden Zerfall der Zent umspartei beziehungsweise ihre- Anhangs hin weisende Ausführung des Wiener Blattes hat eine große Wahrscheinlichkeit für sich Bereits sind katho lische Septennatskandidaten in Neuß in der Rhein provinz und anderwärts aufgestellt. Auch in der Grafschaft Glaz in Schlesien regt sich unter den Katho liken eine nationale Strömung. „Im Zentrum rn Schlesien", heißt es in der,Post", „kracht und bröckelt es in allen Fugen, wie eine Menge Zuschriften be weisen, welche wir von allenthalben erhalten. Thun die nationalen Parteien ihre Schuldigkeit, so naht die Stunde, wo der berühmte „feste Thurm" vom Schick sale des ThurmeS von Babel ereilt wird " Man be ginnt auch in katholischen Kreisen zu erkennen, daß es nicht katholische, sondern welfische Interessen sind, welche die ..kleine Excellenz", „die Perle von Meppen", der unversöhnliche Gegner des Deutschen Reiches, vertritt Man darf begierig sein, zu erfahren, welchen Verlauf nach einem weiteren Ausgleich mit der Kirche dieses Kämpfen für welfische Interessen hinter einer katholischen Maske nehmen wird, wenn die zwölfte Stunde dieses Karnevals geschlagen hat. Lagesgeschichte. Dresden, 2. Februar. In der Zeit vom 7. bi» mit 18. Februar wird die Hälfte der Reserve mannschaften deS XII. (König!, sächsischen) Armee korps behufs Einübung der Handhabung des neuen Repetiergewehres zu einer Dienstleistung herangezogen werden. Es ist dies eine Maßregel, die bereits in dem Entwurf des EtatsgcsetzeS für 1887/88, welcher dem nunmehr aufgelösten Reichstage vorgelegen hat, jedoch nicht zur Erledigung gekommen ist, vorgesehen war, somit also in keiner Weise einen außerordent lichen Charakter trägt. Die Übung in jetziger Jahres zeit dürfte weniger störend in die Zivilverhältnisse der Einberufenen eingreifen, als dies bei einer Einziehung zu anderer Zeit der Fall sein würde. * Berlin, 1. Februar. Se. Majestät der Kaiser besuchte gestern Abend die Ballfestlichkeit bei dem KriegSminister Generallieutenant Bronsart v. Schel lendorff. Heute um U4 Uhr war dar Präsidium des Abgeordnetenhauses im König!. Palais erschienen, um den Kaiserl. Majestäten die Glückwünsche diese» Hauses zu der stattgehabten glücklichen Entbindung der Frau Prinzessin Wilhelm abzustatten. Wie da» heute in Potsdam ausgegebene Bulletin meldet, hatten die letztere und der neugeborene Prinz eine gute Nacht. Wie dar „Deutsche Tagbl.* berichtet, soll sich der neueste bulgarische Thronkandidat, Prinz Georg von Leuchtenberg, seit einigen Tagen hier aufhalten. Der Geh. Rat Ende in Berlin reist in etwa acht Tagen nach Japan, wohin er von der dortigen Regierung berufen worden ist. Mit dem Geh. Rat Ende wird auch der Stadtbaurat l)r. Hobrecht die Reise nach Japan antreten. Die Abwesenheit beider von Berlin dürfte sich auf ein halbes Jahr erstrecken. Die Beratungen, welche vor acht Tagen bezüglich der Begründung einer deutsch-überseeischen Bank hier stattfanden, haben, wie es heißt, diese Angelegen heit gefördert. Es ist ein Statutenentwurf festgestellt worden, welcher alsbald weiteren Beratungen unter liegen wird. Ob und wann die Sache an die gesetz gebenden Körperschaften gelangen wird, ist noch nicht abzusehen. Das Abgeordnetenhaus setzte heute in seiner 14. Plenarsitzung die Etatsberatung und zwar beim Etat der Justizverwaltung fort. Feuilleton. Heimliche Liebe. Mae Geschuhte «u» den bayerischen Bergen von Friedr. Dolch. (Fortsetzung.) Unter den Andächtigen, welche in betenden Stell ungen draußen vor der Kirche knieten, befanden sich auch einige von unseren alten Bekannten, nämlich: die Sennerin von der Spitzingalm, die schöne Burael, und ihre Begleiterin, die alte brummige Zenzl Der Fischerjackel von SchlierS war ebenfalls unter den Männern zu sehen und nicht weit von ihm stand der Jägersepp, der seine lauernden Blicke bald auf dem bleichen Gesichte der Sennerin, bald auf der Gestalt seine» Nebenbuhlers ruhen ließ. Bürgel selbst aber sah nicht ein einzige» Mal von ihrem Ge betbuch auf und beachtete die beiden jungen Männer, wenn sie sie überhaupt gesehen hatte, nicht im minde sten. Auch die Malerin war anwesend und an ihrer Seite befand sich ein kleiner, dicker, ältlicher Herr, mit lanaen Künstlerhaaren und großen, runden Augen- ula,ern, die auf einer Nast ruhten, welchr wie ein Karfunkel leuchtete. Er flüsterte ost mit seiner Be- aleiterin und griff noch öfter nach einem kleinen Skizzrnbuche, da- er in der Brusttasche stecken hatte, zog aber jede- Mal die Hand wieder rasch zurück, als ob er sich besonnen, daß Ort und Zeit nicht geeignet sei, irgend etwa- zu skizzieren. Die Malerin aber sah ernst, ja fast finster au» und ost schweisten ihre Blicke zu Jäckel und dann wieder zu der Sennerin hinüber Jäckel selber hatte den Fremden an der Seite der Malerin längst erspäht und ein bitteres Weh preßte ihm das Herz zusammen. Das war wohl der Gatte, von dem sie gesprochen, der ihr jedenfalls nachgereist war und jetzt stolz an der Seite seines schönen Weibes stand. Ein bitteres Gefühl stieg bei diesem Augen blicke wohl in ihm auf, aber dasselbe schmerzte ihn doch lange nicht so sehr als der Gedanke, daß er wahrscheinlich das treue liebende Herz seiner Bürgel gebrochen und ihre Liebe und ihr Vertrauen für immer verscherzt habe. Diese und ähnliche Gedanken peinigten den Bur- chen während de- ganzen Gottesdienste- und er war roh, als derselbe jetzt zu Ende war und die Scharen ich auflösten, um im bunten, fröhlichen Gewühl nach Neuhaus hinüber zu wandern. Vorau- sprengten wieder die Reiter, hinter ihnen rasselten die Wagen her und ihnen eilten die Fußgänger, teils langsam, teils geschwind, wie eS Alter und Beine erlaubten, nach. Und nun wollen wir uns einen Augenblick nach dem Wirte von NeuhauS umsehen, der sich natürlich heute, wo er so viele Gäste zu erwarten hatte, in einer ganz ungewöhnlichen Aufregung befand. Bald stürzte er in die Küche, wo Frau und Köchinnen schweißtriefend herumhantierten, guckte in alle Töpfe und ließ sich von einem Winkel in den andern stoßen; dann stürzte er in halsbrecherischer Weise, alle Gefahr verachtend, die Kellerstiege hinunter, um einen Moment nachzu sehen, ob bei den Fässern alle- in Ordnung. Atem los kam er dann wieder herauf in den Hof und schaute nach, ob auf dem Tanzplatze, der im Freien errichtet worden war, alles in Richtigkeit wäre; da« ermahnte er dir Musikanten, die, mit Maßkrügen unter ihren Sesseln, auf einer Tribüne saßen, ihre Pflicht zu thun, und trat dann auf die Straße hinaus, um nachzusehen, ob die Vorreiter sich nicht vielleicht schon zeigten. Kurz, er war heut, trotz seiner Wohlbeleibt heit, so behend wie eine Ouecksilberkugel, aber diese Behendigkeit war fast im stände, einen Schrecken ein- zujagen. Jetzt vernahm er plötzlich in der Ferne ein Ge räusch wie von Rosseshufen, das sicb rasch näherte, und aus der Hau-thür stürzend erblickte der Wirt die ersten Reiter, die in gestrecktem Galopp auf der Straße daher sprengten. „Aufspiel'nl" schrie er aufgeregt den Musikanten zu, sich beinahe den Arm dabei ausrenkend, und eine quikende, mißtönende Janitscharenmusik brach los und machte alle Hunde in der Nachbarschaft rebellisch. In kurzer Zeit hatten die Reiter das Wirtshaus erreicht, die Wagen rasselten ebenfalls heran und bald herrschte in Haus und Hof ein wahrer Höllenlärm Jauchzen, Lachen, Rufen, Roßgewieher tönte wirr und bunt durcheinander; die Musikanten schmetterten aus Lei beskräften darein und erhöhten noch um ein erheb liche» den gräulichen Spektakel. Die Reiter und Wagenlenker suchten ihre Pferde teils in den Ställen und Scheunen unterzubringen, teils banden sie die selben, wenn sich nirgends mehr ein Plätzchen in den Ställen auftreiben ließ, an Zäune, Bäume und Hecken und verforgten sie mit Heubündeln, welche sie aus dem Heuschupfen des Wirtes hervorholten und den Tieren vorwarfen. Sobald die» geschehen war, besetzten sie die besten Plätze, ehe die Fußgänger eintrafen, die sich dann aus den schlechtern mederlasscn konnten. Der Wirt und seine dienstbaren Geister stürzten aus und ein, um «Speisen und Getränke für die hungrigen und dursti gen Gäste so rasch al» möglich herbeizuschaffen. Und nun trafen auch die Fußgänger ein. Die ersteren besetzten rasch die noch leeren Tische und Bänke, während die letzten sich auf leeren Bierfässern, Bänken, die man aus dem Hause schleppte, oder auf dem Grasboden lagern mußten. Das störte aber ihre gute Laune nicht im geringsten; sobald sie Bier und Lebensmittel sich verschafft hatten, warfen sie sich so- sort ganz zufrieden auf den Rasen nieder, um nur vorerst einmal ordentlich Hunger und Durst zu stillen. Unter den zuletzt Anlangenden befanden sich auch die Malerin und ihr kleiner rotnasiger Begleiter. Da die Sonne unterdessen schon ziemlich hoch gestiegen war und heiß auf die Köpfe der Wandernden nieder brannte, so mußte der Neine dicke Herr sehr ost seine Zuflucht zu dem rotseidenen Taschentuche nehmen, dessen einer Zipfel aus der Hinteren Tasche seine» Rockes lugte. Erschöpft und schweißtriefend sank er vor dem WirtShause unter einem schattigen Baume ins Gra» und als er endlich nach geraumer Zeit von einer der Kellnerinnen einen Krug Bier erhielt, leerte er denselben fast aus einen Zug. Nicht weit von dem Paare saßen an einem der hölzernen Tische die beiden Sennerinnen von der Spitzingalm und zu ihnen hatte sich der Jägersepp gesellt, der sich natürlich heute auch im Sonntagsstaat befand. Er nötigte seine Gefährtinnen sehr oft zum Trinken und sprach viel und eifrig mit ihnen, aber er hatte eigentlich nur die alte Zenzl zur Zuhörerin, denn Bürgel satz still und ohne zu antworten am Tische und ihre Blicke hafteten fast beständig auf dem
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