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Dresdner Journal : 09.02.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188702097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870209
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870209
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-02
- Tag 1887-02-09
-
Monat
1887-02
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 09.02.1887
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^82 L«-»uss»p»et»» ^Ldrliel»! .... 18 Sl»rk ^Mdrlict»: 1 A»rk SOkl Lmrslv« X ummern: tükf. Lu,»«riuUdä«, <j«ut«cksi> Kticüs- tritt ko«t- unil 8rv-upeIru»ctÜLb bloru. ^ollNnckixnn^xpkNkren« ?6r öea kaum «-iuvr ^<-»i,»iteueu 2sil« kleiner 8edrift 2V kk llute-' ..kintre-marlt" äi« 2sils KO kk. 8« ^ball«»- u. 2iA«ri»»»t» eutepr. ^iukeekla^. kr»ekelue», Ulliel» mit Xu»u»km» 6«r 8ouu- rmä keiert»^» »b«oä». AMtwoch, den 9. Februar, abends. Dl es-mrÄmnml. 1887. Lv»»Uwe rvu LokNoai^QUss»» «nirrLrt»» Letrit»: F'r. Lran-irtetter, Lomwi»iouLr ä» vresäoer Journal»; Luvdarss ->«rltu - Vj,a l.«ip»lss >»»«l->r,il»a-kr»Lkkar« ». H : Äaa«enete,n ^oAter/ »«rUa-Vt-v-L»v>darss- ?r»ss-1.»>o»tss-L>utdtar1 ». N.-Udacd»a: ki-4. Lko«e, ?ari, I-oaSoa-LerUv-kraodtart » A -StaNssart: Dauix <« 6o Lsrlia: /nratteienetant, vr«m«a: L Schott«,- vr,»I»a: I«. §tavAen', Lurrau sLmit ^adatk), SdrUi«: 6. ^Vae?!/o?Aer,' »«maa«: 6. Lül» ». I.! Larc^: <- 6s. ^ür die Gesamtleitung verantwortlich: Mito Nanck, Professor der tlitteratur- und Kunstgeschichte. Ner»n»xed»r r Lvoissl krpeäitiov 6e» Orv,ävvr Journal», llrseäeu, Avivsseretr»»»« Xo 20. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem Postdirector Ernst Adolf Lent in Wurzen die Erlaubniß zum An legen des ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Rothen Adler- Ordens 4. Klasse Allergnädigst zu ertheilen geruht. Se. Majestät der König haben den Briefträgern Johann Traugott Berndt in Chemnitz und Johann Gottlieb Müller in Zwickau die Erlaubniß zum An legen des ihnen von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen All gemeinen Ehrenzeichens Allergnädigst zu ertheilen ge ruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Schriftsteller Julius Schanz zu Leipzig die ihm von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Venezuela verliehene goldene Ehrenmedaille des öffentlichen Unterrichts annehme und trage. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Musikalienhändler G. Näu- mann tu Dresden das ihm von Sr. Hoheit dem Her zoge zu Sachsen-Coburg-Gotha verliehene Prädikat als Herzog!. Sächs. Hofmusikalienhändler annehme und führe. Nichtamtlicher Teil. Vetegraphische WacHrictzten. Pari-, 8. Februar. (W. T. B.) Die Depu- tiertenkammer begann nach Genehmigung dcS Ein- nabmebudgetS die Beratung über daS Ertraordi- narium teS Budgets und bewilligte ohne Debatte die Kredite von 86 Millionen für daS Kriegs- Ministerium und von 3V Millionen für daS Marine ministerium. Der Afrikareisende Brazza hat sich beute in Bordcaur eingeschifft, um sich nach dem Kongo- gebiete zu begeben. Lyon, 9 Februar. (Tel. d. Dresd- Journ.) Gestern abend platzten hinter dem Justizpylaste zwei gegen daS Gitter deS benachbarten Polizei- kommiffariatS geschleuderte Bomben. Der Polizei; '^mmifsar und zwei Polizisten, welche nach der Explosion der ersten Bombe auS dem Hause eilten, wurden durch die zweite Bombe leicht verwundet. Acht Verhaftungen wurden vorgenommen London, 8. Februar. (W. T B) Bei der Fortsetzung der Adreßdebatte im Unterhaus« er klärte Morley, er unterstütze daS von Parnell kingebrachte Amendement, weil nur durch die darin angestrebte Verwaltung die irische Frage mit Er folg gelöst werden könne. London, 9. Februar. (Tel d Dresdn. Journ.) Die hiesigen Sozialisten veranstalteten, nachdem der von ihnen geplante Aackelzug verboten worden war, gestern abend eine öffentliche Kundgebung aus Clerkenwell Green. Nach dem Schluffe der Kundaebung schlug rin nach Osten ziehender Volks- Haufen untrwegS mehrere Schaufenster ein und plünderte mehrere Läden. Die Polizei stellte die Ordnung wieder her. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Dresden, 9. Februar. Zur italienischen Ministerkrise. Die Ereignisse in Saati bei Massauah haben wi der Erwarten in Rom zu einer Ministerkrise geführt. Wie durch ein Telegramm heute gemeldet wird, hat das gesamte Ministerium dem König seine Entlassung angeboten. König Humbert hat sich jedoch seine Ent schließung Vorbehalten. Der Ursprung deS Zwiespalts kann in der Haltung der Abgeordnetenkammer gesucht werden. Ter von der Regierung geforderte Kredit von 5 Millionen Lire für die Verstärkung der Posten an der Küste des Rothen Meeres wurde am 4. Februar mit 317 gegen 12 Stimmen bewilligt, aber eine Reihe von Abgeordneten erklärten, daß sie zwar die Vorlage bewilligten, aber kein Vertrauen zu dem gegenwärtigen Kabinett besaßen Parteileidenschaft hatte die Sach lichkeit der Verhandlungen getrübt. Die „Perseveranza" nannte darum den Beschluß beklagenswert für die Kammer, das Ministerium und die Regierung als solche. Für die Kammer, weil sie Italien und dem Auslande damit gezeigt habe, daß sie nicht von wahrer Herzens- und Geisteskraft beherrscht sei, daß sie nicht der kleinsten Woge widerstehen könne; für das Mi nisterium, weil es, gezwungen, Vertrauen zu fordern, weniger gefunden habe als es bedurfte; für die Re gierung, weil sie nicht im stände sei, wirksam zu han deln, wenn der kleinste Zwischenfall Wirkungen herbei führe, die sie aus eigener Kraft weder heben könne, noch dürfe, und die nur die Folge von Parteileiden- fchaften und Parteiintcressen feien, welche den Parla- mentsfaal zu ihrem Kampffelde auserlesen hätten. Zugleich sanden wüste Pöbelkundgebungen vor der Deputiertenkammer statt. „Nieder mitdemMlnisterium," wurde gerufen und Bersaglieri mußten, während von Angst und Schrecken erfüllte Frauen und Kinder von den Straßen flüchteten, dem Unfug ein Ende machen. Am meisten richtete sich der Zorn der Menge gegen den Minister des Äußern, Grafen Robilant, dem man die ganze Verantwortung für das Unglück in Massauah aufbürdete. Ein gewisses Ungeschick kann dem Minister nicht abgesprochen werden, denn an demselben Tage, an welchem Ras-Allula die italienischen Truppenan griff (25. Januar), hatte er mit festen Tone im Senat und der Kammer erklärt, daß nicht die geringste Kriegsgefahr vorläge. Graf Robilant fügte fogar hinzu, daß es nicht der Mühe wert sei, sich um die „vier Räuber" zu kümmern, welche Ras Allula anführte. Es war eine in der That unglückliche Phrase, wie der Minister selbst im Parlamente am 4. d. Mts. ein gestand. „Graf Robilant ist Minister des Auswärtigen erst seit einem Jahre und wenigen Monaten," schreibt man dem „Frankfurter Journal" aus Rom, „aber er hat in dieser kurzen Zeit bereits erfahren, wie unbe ständig und veränderlich die Gunst der öffentlichen Meinung ist. Als er sich damals, nach vielen Bitten des Ministerpräsidenten Depretis und selbst hoher Persönlichkeiten, dazu entschloß, den Botschofterposten in W en aufzugeben, um das Portefeuille der aus wärtigen Angelegenheiten zu übernehmen, herrschte eme Begeisterung von den Alpen bis zum Ätna, und alle Blatter, selbst die der Opposition, sangen Lobeslieder zu seiner Ehre, indem sie ihn als den Mann bezeich neten, der das Werk Cavours würdig fortsetzen könnte. Doch es ist ein eigenes Geschick, daß Robilant wieder holt daS Opfer unglücklich gewählter Ausdrücke sein mußte. Schon als er, über die Angelegenheiten Griechenlands interpelliert, der Kammer antwortete, daß er mcht beabsichtige, eine „Prinzipien- und Ge fühlspolitik zu treiben", brach ein Mißbilligungsschrei im Parlamente los, welcher sich im ganzen Lande fortpflanzte. Später dagegen errang er wieder einen großen Triumph, als er jene poetische Lobrede auf Alexander v. Battenberg hielt und mit Enthusiasmus die bulgarische Sache unterstützte. Von neuem aber verlor er jetzt seine Popularität durch das verhängnis volle Wort von den „vier Räubern". ES ist be klagenswert, daß dies Volk mit dem heißen Blut mehr auf Phrasen als auf Thatsachen achtet." Dessenungeachtet geschieht Graf Robilant und der italienischen Regierung zu viel, wenn man ihr den Unglückssall von Saati zu hoch anschlägt. Die Re gierung hatte olles gethan, was unter den obwalten den Umständen zu thun war; sie hat den Truppen in Afrika die erwünschte Veistärkung im höchsten Aus maße zur Verfügung gestellt, vom Parlament die Mittel für diesen Aufwand begehrt und die feierliche Erklärung abgegeben, Italiens Waffenehre zu wahren, ohne sich in eine Politik der Ausdehnung und Aben teuer zu stürzen. Mit Recht hat sie an dem Stand punkte festgehalten, daß die abessinische Episode der Nation und dem nationalen Parlament nicht das Be wußtsein von der Großmachtstellung und den höheren Interessen Italiens in Europa rauben dürfte; eine Volksvertretung, die ein einziger Unfall von einer die Machtstellung deS Reiches in keiner Weise berührenden Bedeutung in ihrem Vertrauen zur nationalen Re gierung wankend machen könnte, stände nicht auf der Höhe ihrer Mission und würde dem Ansehen des Staates die schwerste Schädigung bringen. „Graf Robilant", sagt das Wiener „Fremden blatt", sehnt sich nach Ruhe: er fühlt die beklagens werte Situation, in welche das Parteigetriebe sein Vaterland bringen kann und gedenkt eine Position auszugeben, in welcher er in kurzer Frist so nach drucksvoll und erfolgreich für die stete Erweiterung und Stärkung des italienischen Ansehens gewirkt hat. Das eigenste Interesse des Königreiches verlangt es, daß diesem Ruhebedürfnisie des Ministers keinesfalls Rechnung getragen werde, daß vielmehr ein Staats mann an der Spitze des Auswärtigen Amtes verbleibe, besten Name von seltener Autorität ist in der po litischen Welt, dem es gelungen ist, das Wort Ita liens überall zur Geltung zu bringen " „Es wäre schwer glaublich, daß dieser Mann nach dem Siege der Regierung vom jüngsten Freitag den noch als das Opfer einer Kolonialpolitck fallen könnte, die er nicht inauguriert hat, für deren Konsequenzen er deshalb auch niemals verantwortlich gemacht wer den kann. Und Italien hatte es schwer zu beklagen, wenn dieser Staatsmann, verbittert durch die heftigen Angriffe der Opposition, von einer Stelle scheiden würde, auf welche ihn die Volksstimme wie das Wort feines Königs berufen, von einer Stelle, in welcher er seines Vaterlandes Ansehen im Rate der Völker wesentlich gehoben, das Votum Italiens bedeutsam in allen schwebenden Fragen gemacht Hal. Nicht minder als Italien hätte aber auch Europa das Scheiden Robilants von seinem verantwortungsreichen Amte zu beklagen; sein gewichtiges Wort, sein weiser Rat, würde schwer vermißt werden bei der Erwägung großer Interessen Und gerade in dieser Stunde, da so viele Fragen ungeklärter Natur der Lösung und Entschei düng harren, da Italien wie jeder Staat Europas eines ganzen Mannes und Charakters an der Spitze des Auswärtigen Amtes bedarf, wäre sein Scheiden doppelt zu beklagen. Ein Wechsel in der Person des Leiters der auswärtigen Politik in diesen ernsten Tagen wäre ein Ereignis von so gewaltiger Bedeu tung, daß nur Gründe von zwingender Notwendigkeit dazu führen könnten Nur eine von persönlichen An tipathien geleitete, kurzsichtige Parteipolitik vermochte die Affaire von Saati zum Ausgangspunkte einer ver hängnisvollen Agitation zu machen, die einen Staats mann von Robilants Bedeutung regierungsmüde macht, die in ihm das Vertrauen auf eine Stabilität der par lamentarischen Verhältnisse und damit auch auf die Mög lichkeit einer konsequenten auswärtigen Politik erschüttert. DaS Volk von Italien, die wahren Patrioten des Lan des werden diese vom Parteifanatismus dirigierte Aktion niemals billigen; sie werden erkennen, daß Italiens Mission in Europa nicht abhängig sein kann von einer verunglückten militärischen Operation an der Grenze Abessiniens, und daß die Erfüllung jener höheren Mission durch das Verharren des Grafen Robilant auf seinem Posten nur gefördert und erleichtert werden kann Schon heute hört man von den Anstrengungen ernster Politiker, von den Bemühuugen des Monarchen, die Rücktrittsgedanken Robilants zu zerstreuen, sein Verbleiben an der Spitze des Auswärtigen Amte- ^u ermöglichen. Im Interesse Italiens wie Europas ist es lebhaft zu wünschen, daß diese Bemühungen von Erfolg gekrönt werden, daß ein Staatsmann die Leitung der äußeren Politik des Königreichs behält, dessen sympathische und gewichtige Peisönlichkeit allein schon eine Bürgschaft für die stete Wahrung der italienischen Interessen und des italienischen Ansehens in Europa ist." Wie man auS Vorstehendem sieht, beschäftigten sich die Organe der öffentlichen Meinung gestern noch sämtlich mit dem Rücktritt des Grafen Robilant. Das Entlassungsgesuch des Gesamtministeriums war noch nicht bekannt, aber dennoch liefern die Erörte rungen über Robilant den Schlüssel zum Verständnis des Vorganges. Offenbar verlangte die aufgeregt« Volksmasse nach einem Sündenbock für den UnalückS- fall in Saati bei Massauah. Gras Robilant wollte dieses Opfer übernehmen. Er bot seine Entlassung an, seine Milminister aber fanden dieses, wie uns scheint, mit ihrer Ehre unvereinbar und gaben in Ge samtheit ihre Entlassung. Es werden folglich in Rom entweder alle Minister gehen oder alle bleibenl Die Italiener sollten in der That alles thun, der politischen Reife näher zu treten, indem sie sich jene Empfindlichkeit gegen kleine Schicksalsfchläge und Miß griffe abgewöhnen, welche für eine Großmachtnation durchaus unpassend ist. Mehr Ruhe und Würde und weniger Geschrei! LMSgejchlchtt. * Berlin, 8. Februar. Se. Majestät der Kaiser empfing heute die Kommandeure der König!, sächsischen 1. und 2. Kavalleriebrigade Nr. 23 und 24, General majors Hübel und v. Kirchbach, ebenso die zu Kommandeuren der König!, sächsischen 3. und 4. In- fanteriebrigade Nr. 47 und 48 ernannten General majors Lommatzsch und v. Reyher, ferner den Obersten v. Lossow, ä la suite des Königl. sächsischen Schützen (Füsilier-) Regiments Prinz Georg Nr. 108 und Kommandant der Festung Königstein. Der japanische Marineminister General Graf Saigo hat sich heute früh mit seinen Offizieren, begleitet vom Kapitän Jung, von hier nach Stettin begeben, von wo er jedoch morgen schon hierher zurückzukehren ge denkt, um einer Einladung des Fürsten Reichskanzlers zum Diner zu folgen. S. M. Kanonenboot „Cyklop", Kommandant Ka pitänlieutenant v. Halfern, ist am 7. Februar von Loanda nach Kamerun in See gegangen. Das Abgeordnetenhaus erledigte in seiner heutigen Sitzung den Etat des Ministeriums de» Jnnern, indem es sämtliche Positionen desselben un verändert nach den Beschlüssen der Budgetkommission bewilligte. Eine nennenswerte Debatte knüpfte sich nur an die von einem Redner des Zentrums wiederum zur Besprechung gebrachte Rheinbrohler Glvckenaffaire, bei welcher nach Ansicht der ultramontanen Partei der be teiligte Bürgermeister und der demselben vorgesetzte Landrat sich eine Rechtsverletzung hatten zu Schulden kommen lassen, indem sie bei einem evangelischen Leichen begängnisse zu Unrecht das Geläut der katholischen Kirche in Anspruch genommen hätte«. Unter lebhafter Zustimmung der rechten Seite des Hauses führte indessen Minister des Innern v. Puttkamer den Nachweis, daß die sorgfältigsten unter eingehender Zeugenvernehmung statt gehabten Prüfungen keinerlei Verfehlung auf feiten deS an Dre-den, 8. Februar. In der am gestrigen Tage stattgehabten Sitzung des Königl. Sächsischen Alter tumsvereins, in welcher Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg den Vorsitz führte, erstattete der erste Direktor des Vereins, Generallieutenant v. Carlowitz Exz , Bericht über die Verhandlungen, welche mit der Generaldirektion der Königl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft wegen Überführung des Vereins- mufeumS auS seinem bisherigen Lokal in das Gebäude des früheren Zeughaufes und den Übergang desselben in die Verwaltung der Königl. Sammlungen unter Vorbehalt der Eigentumsrechte des Vereins bisher gepflogen worden sind und noch fortgesetzt werden. Die Versammlung erklärte sich mit den vom Vorstände gemachten Vorschlägen einverstanden. Nach Aufnahme von zwei neuen Mitgliedern sprach Professor Or. Steche über einen kürzlich im Kloster Marienstern entdeckten, kunstgeschichtlich höchst beachtenswerten Kelch (Silber, vergoldet), den er in die Zeit uni 1230 oder später setzt. Die Kuppa ist gothisch, auch der Knauf zeigt gothische Einflüsse; der Fuß dagegen hat noch durch aus romanische Formen. Auf demselben befinden sich vier Reliefs, welche alttestamentliche Stoffe darstellen: den Herrn im feurigen Busche, die Porta EzechieliS, die Erhöhung der Schlange, JonaS, vom Walfisch auSgespien. Professor Steche deutete diese Reliefs auf Empfängnis, Geburt, Kreuzigung und Auferstehung Christi und wies auf verwandte Darstellungen hin, welche den Fuß eines in der Kirche St Godehard zu Hildesheim befindlichen Kelches zieren und denen neutesta- mentliche Szenen auf der Kuppa des Kelches ent sprechen; namentlich findet sich hier auch die Porta EzechieliS. Der Verein beschloß, einen Gypsabguß deS Mariensterner Kelches anzukaufen. Hierauf hielt Architekt Corn. Gurlitt den angekündigten Vortrag: „Sächsifche Bauten in Warschau". Er ging aus von einer allgemeinen Schilderung der wenig bekannten polnischen Großstadt, die er zum Zwecke von baugeschichtlichen Studien besucht hat. Der an der Uferlehne gelegene, jetzt fast ausschließ lich von Juden bewohnte ältere Teil trägt den archi tektonischen Charakter einer spätmittelalterlichen deut schen Stadt. An ihn schließen sich Vorstädte von modernem Ansehen an; hier befinden sich die Paläste der polnischen Großen, die öffentlichen Gebäude, Rathaus, Universität, Theater. Doch hat sich heute auch dieses Stadtteils der Handel bemächtigt. Erst wenn man ihn im Rücken hat, gelangt man in die eigentliche Königsstadt Warschau (längs der Straße „neue Welt"), welche mit der älteren Stadt durch das mächtige KönigS- schloß Sigmunds III. verbunden wird. Der Vor tragende wies nun nach, daß seit dem 16 Jahrhun dert der Einfluß der deutschen Kunst in Polen ab nahm und im 17. ganz verschwand; eben jenes König schloß, das in seiner Grundlinie dem von Vignola er bauten Palazzo Caprarola bei Rom entspricht, zeigt ganz klar den italienischen Einfluß, der schon in den Bildwerken deS Domes zu Gnesen und in der Kauf halle zu Krakau (Padovano) bemerkbar ist. Ita lienisch sind auch das zweite KönigSscbloß UjaSdow und die zahlreichen Kirchen im „Jesuttenstil", eine Bezeich nung, die der Vortragende anders als bisher verstan ¬ den wissen will. Eine lebhaftere Kunstthätiakeit be gann feit den Ende des 17. Jahrhunderts. Von be sonderem Interesse ist daS von Johann Sobiesky er baute und noch heute völlig unverändert erhaltene Schloß Willanow bei Warschau, dessen Entwurf wahr scheinlich von italienischen Architekten herrührte, wäh rend die Ausführung von Andreas Schlüter beein flußt zu sein scheint und die Vollendung Pöppel mann zuzuschreiben ist. Diese letztere Tätig keit trat m den Vordergrund, nachdem der glanz liebende Kurfürst Friedrich August in die polnische Königsstadt eingezogen war Eine rege Bauthätigkeit begann. 1712 kaufte der König das Bielinskische Palais und begann die Erbauung eines großartigen KönigsschlosseS; die Leitung des Baues, über den wir durch die im Hauptstaatsarchiv aufbewahrten Pläne unterrichtet sind, hatte Pöppelmann, doch zeigen die Pläne auch deS Königs persönlichen Einfluß. Über den Umbau des Stadtschlostes liegen höchst phantastische Pläne vor, die jedoch nicht ausgesührt worden sind. Ein prächtiger Bau ist das in de: Nähe des Königs schlosseS gelegene blaue PalaiS. Unter den kirchlichen Bauten wurde besonders der nur teilweise auSgeführte Plan de» Baues eines „Jerusalem' (nach dem Muster deS bekannten heiligen Grabes in Görlitz) besprochen. Dann unterbrachen kriegerische Jahre die künstlerische Thätigkeit deS Königs^ erst nach dem Frieden von Oliva konnte er sie wieder ausnehmen. Statt Pöppel mann hatte jetzt Zach. Longuelune den leitenden Ein fluß; neben ihm sind Italiener und Deutsche (Deybel, Jauch, der Oberst Neumann) thätig. Damals entstanden in der Hauptsache die herrlichen Parkan lagen de» Schlosse», der „sächsisch« Garten", der noch heute der Stolz der Warschauer ist. Während ein prächtiger Pavillon, den Longuelune hier geschaffen hat, heute nicht mehr existiert, ist das in einem zweiten außerhalb UjaSdow gelegenen Parke erbaute „Bad", allerdings in seiner Umgestaltung als PalaiS Lazienki, erhalten. Hier zeigt sich schon der Einfluß der fran» zösifchen Architektur im Geschmacke Ludwigs XV^ wir wissen, daß der berühmte Pariser Dekörateur Meiffo- nier verschiedene Paläste in Warschau eingerichtet hat. Unter König August III wurde der Umbau des altcn Königsjchlosfes wieder ausgenommen; die maßgebenden Pläne fertigte der Erbauer der katholischen Hofkirche zu Dresden, Chwveri. Der schnelle Auflösungsprozeß, dem Polen nach der sächsischen Herrschaft anheimfiel, hat auch auf die Baugeschichte Warschaus einen unheil vollen Einfluß geübt. —Ii. Dienstag, den 8. Februar, gab im Gewerbehaus saale die Dresdner Liedertafel unter Direktton de» Hrn. Reinhold Becker em Konzert. Es gewährte den zahlreich versammelten Hörern um so mehr ange nehmste Befriedigung und fesselnden Eindruck, da die bei einer Folge von Männerchorgesängen leicht ein tretende monotone Wirkung durch geschickte Zusammen stellung des Programms vermieden war, und die Mitwirkung der Frau Clementine Schuch und de» Hrn. Hermann Scholtz den reichhaltigen Genuß des selben ungemein erhöhte. Der letztere erfreute durch feine künstlerisch fein durchgebildeten, innig empfun denen Pianofortevorträge; namentlich in der Wieder gabe der ^« ckur-Ballade Chopins, der Romanze Schumanns au» op 28, der L woU -Caprice Men delssohns und eine» Ländler» eigner Komposition: der
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