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Dresdner Journal : 02.04.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188204029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820402
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-04
- Tag 1882-04-02
-
Monat
1882-04
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 02.04.1882
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M77 Ldonaemeatsprvts: I» äsotved«» L«ied«: dLbrlicti. .... 18 ük»r^. ^Mbrlieb: 4 u»rk SV ?s. Liarvlos liiuumerv: 10 Dk L»»—rl»»Idds« deotsckea ksickes tritt?o«t- uvd 8t«wp6lru»eli1i»^ tuarv. IvserLtenpreiser kLr d«v ksuw einer gespaltenen Detitreils 20 kk. l.oter „LingesLoät" di« 2eils 50 8«i iLbelleo- und 2iLsrn»»tr SO isi XufscdlLg. «onntag, den 2. April. 1882. DresLnerHonnmI. Insernleniianndme ans^krts: t.«ip»s: Fr. Lrandstetter, OvulwuiiooLr de» Dresdner dour»»I»; S»n>dnrg >«rlm -Visa - l^ipiig S»»«I Lr««I»u kr»nil5i>rt ». N : Äaasenstein d ftoAirr. LirUv -Vi«« S»mdur^- kr»^-l.»ip»i8». N.-Nänck«ni /tu»/ L/>>s»e» Vrriiv: dniat/d«nd<i»t, örsw«a: F ^«/>/ott«, Sr«»I»n: /. ütanA-n's Lurrau ^»iil L«d<M-, kr»oklrirr » N - F dae-erHie ttucbkLvdluv^; vörltti: tr .Vu//«r,- Srnnovr: (7. §c^ü^»t«r, ?»rt» SsrUn - ^rLnIckrl » U 8tntrg»r1: Daut»« c« c«., s»mdarg: ^4d. Lteiner krsekeine»: Nglicd mit XnsnLkms der 8ono- vod ?eiertLga Absuds kür den folgenden ^gg. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. ll e r » n « g e d « r: ^Lnigl. Lrpedition des l>re,doer donrniU», Dresden, AvingerstriiE Xo 20. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Pari», Freitag, 31. März, Abend». (W.DB.) Die Deputirtenkammer hat heute in dringlicher Berathung dir HandelSconvrntionen mit der Schweiz, England und Oesterreich-Ungarn und die Handels verträge mit Spanien, Portugal und Schweden- Norwegen genehmigt. Au« Tunis eingegangene Meldungen bestäti gen, daß Ali Ben Kalifa dir Absicht ausgesprochen hat, sich zu unterwerfen. Die Aufständischen in SüdtuniS sehen die Unmöglichkeit ein, weiteren Widerstand zu leisten, und suchen entweder die Grenze zu gewinnen, oder unterwerfen sich der Negierung. Zwischen Kairuan und Gaffa wurde eine gegen 200 Mann zählende Schaar Aufstän discher unter zwei Feuer genommen und ergab sich auf Gnade und Ungnade. Nom, Freitag, 31. März, Abend». (W. T. B.) Der König stattete heute dem hier einge- troffrnen Großfürsten Wladimir und seiner Ge mahlin in der russischen Botschaft einen Be such ab, welchen der Großfürst alSbald im Onirinal erwiderte. Der Ministrrrefident von Uruguay hat dem Minister de» Auswärtigen, Manciui, eine Depesche de« Präsidenten der Ntpublik Uruguay mitge- theilt, worin der Resident ermächtigt wird, Italien anzuzeigen, daß die Hauptschuldigen an den gegen italienische Bürger verübten Gewaltthatrn in Montevideo verhaftet und dem Gericht zur Be strafung übergeben worden seien. Palermo, Sonnabend, 1. April. (Tel. d. DreSdn. Jomn.) Die gestrige Feier der ficilianischen Vesper verlief in vollständiger Ordnung. Zn der Heiligengeistkirche, wo der Aufstand begann, und in der Kirche zu Martorana, wo das Parlament des befreiten SicilienS tagte, wurden Gedenk tafeln angebracht. Senator Perez und Crispi hielten Neben und betonten dabei, daß die Feier keluerweise gegen Frankreich gerichtet sei. Die meisten Senatoren, Deputirten und Muaicipali- tätrn SicilienS nahmen an den Festlichkeiten Theil. 20 AM Fremde waren anwesend. Madrid, Freitag, 31. März, Nachmittags. (W T B.) Das gesammte Cabinet beschloß, auS der Annahme der Kinavzgesetzentwürfe eine Ca- binetSfrage zu machen. Gleichzeitig wurde die Entschließung gefaßt, gegen die aufrührerische Be wegung iu Catalonien energisch vorzugrhen- lieber die Provinz Catalonien ist der Bela gerungszustand verhängt worden. Za mehreren Fabriken wurde die Arbeit wieder ausgenommen. London, Freitag, 31. März, AbendS. (W. T. B.) Zn der heutigen Sitzung des Oberhauses thrilte der Lordgeheimsiegeldewahrer, Lord Car- lingford, mit, daß die Negierung nicht die Absicht habe, die Zurygesetze in Irland zu suspeabirrn, und daß die Negierung in Bezug auf neue Gesetze betreffs der Zustände in Irland überhaupt gegen wärtig keine Vorschläge zu machen habe. Das Haus vertagte sich hierauf di» zum 20. April. Zu der heutigen Sitzung des Unterhauses thrilte der Premier Gladstone mit, daß er das Budget am 24. k. MtS. vorlegen werde. Hierauf wurde dir Berathung der Clöturebill (vgl. die „Tagesgejchichte*) fortgesetzt. Gladstone erklärte auf eine Anfrage Bartlett'S, daß die Negierung Feuilleton. Redigier von Otto Bauet. Eine Chopiu-Soirse, welche der königl. Kammer» virtuos Hr. Hermann Scholtz am 31. März veran staltete, halte den Saal des »Hotel de Saxe* voll ständig gefüllt. Der Concertgeder steht im fchroffsten Gegensätze zu jenem musikallfchen Reckenthum, welche- ferne Erfolge emer vrrtuoS-dravouren Technik und emer übermäßigen Kraftentfaltung verdankt. An Aus dauer fehlt es, wie der Verlauf des Abends erwieS, allerdings auch ihm nicht; aber feine lünftlerifche In- divrduatltät wurzelt einzig und allein in der poetischen Verinnerlichung, mit welcher Schönheit und Wärme de» Tones Hand mHand gehen. Getragen von wahrer Begeisterung, Hal Hr. Scholtz sich dem Studium Cho- pln'S hingegeben. Seine kritische Thätlgkeit wird feinen Namen allezeit mit demjenigen des liebenswür digen Componisten eng verknüpsen, den er zugleich am Elavier mit tiefer Befeelung inlerpretirt. Da» Pro gramm bot die beiden Concerle in k-moll (op. 21) und L-moU top. 11), von denen namentlich da» letz tere eine mächtige Wirkung erzielte, ein bisher wohl nur Wenigen bekannt gewefene-, »Krakowiak* betitelte» Eoncertstück mit Orchefterbegleitung, welche» allerding» ziemlich fchwach ist und nur durch feine nationalen Motive einige» Znterefse gewahren kann, und vier kleinere Solopiecen. So vyllkommen aber auch Hr. Scholtz allen Forderungen, welche man an einen Cho- prnfpieler stellen kann, durch eme entzückend« Cant,lene, bezüglich der die Clüture betreffenden Resolution keine Aenderung vorzuschlagen hab». Der Bericht drS Schatzamt» für da» am 31. d. M. schließende Finanzjahr constatirt, daß sich die Einnahmen auf 85 822 282 Pfd. Sterl, be liefen. Die Einnahmen des vorigen Finanzjahres betrugen 84041288 Pfd. Sterl. Bukarest, Sonnabend, 1. April. (Tel. d. DreSdn. Zourn.) Der Senat hat die Additional acte zur internationalen Acte vom 2. November 1805 bezüglich der freien Douauschifffahrt ge- vehmigt. Konstantinopel, Sonnabend, 1. April. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Zufolge der Note des russi schen Botschafters v. Novikow vom 21. vor. MtS. hat die Pforte demselben mündlich mitgetheilt, daß sie dem festgrstelltrn Uebrrrinkommen bezüg lich der KriegSkostenentschädigung unter dem Vorbe halte beitrrte, daß die Pforte die von ihr gege benen Garantien eventuell gegen andere Aequiva- leute Umtauschen könne» daß der Werth brr Ga rantien di^Kriegrentschädigung nur um k überstei gen solle uub Rußland darauf verzichte, die Cou- trole über die Einziehung der garaatirten Steuern beauftragten Delegirten zu ernennen, womit die ottomanische Bank betraut werden solle. Nachdem Novikow erklärte, alle diese Modifikationen an- zunrhmen außer der letzten, übersandte die Pforte am 30. vor. MtS. eine Antwortnote auf die Note vom 27. März, in welcher die Hoffnung aus gesprochen wird, Novikow werde bezüglich drS letzten Punktes nicht auf seiner Stellung beharren, und weiter erklärt wird, dir Pforte betrachte daS Urbereinkommeu für geschloffen. Dresden, 1. April. Gegen daS Unwefen, welches bei unS in Handel und Gewerbe sich emgeniftet hat, von Zeil zu Zeit dl» Stimme zu erheben, muß der Presfe als ernste Pflicht erscheinen, wenn wir eme Gefundung unserer socialen Verhältnisse herdciführen wollen. Die Er zeugung guter Waare zu erlangen, den Verkauf guter unverfälschter Nahrungsmittel allerwärtS zu erzielen, erscheint als eme dringende Ausgabe. Nicht minder gilt dlejeS von der geistigen Nahrung unser» Volke», die noch in verderbterer Gestalt in Umlauf gebracht wird, als die leibliche Nahrung, mtt welcher betrüge rische Händler den armen Mann hintergehen. Wir beabsichtigen nicht, das gesammte verwickelte Thema deS Buchhandels und der TageSpresse in den KceiS unserer Betrachtungen zu ziehen; wir erwähnen heute nur ein Capitel aus diesem weitverzweigten Gebiete, di« Lolportageliteratur, die sogenannten Sen- sations-, Schauer- und Schundromane. Zum Kaus dieser Machwerke sucht man daS Publicum durch besondere Reizmittel zu verlocken. Man kündigt Prä mien an, und es verlohnt sich wohl, auf diese etwas emzugehen. Meist sind eS fogenannte „Oelbilder*, welche »gegen die geringe Nachzahlung* von Ibis3 Mark geliefert werden. Zn neuester Zeit find andere Gegenstände an ihre Stelle getreten: Uhren, Näh maschinen, Musikalbums, Kaffeeservices aus feinstem Porzellan (?), ein Paar Boutons in echtem Gold, eine brillante Damenbroiche in echtem Gold (prachtvollstes, modernstes Muster), Kleiderstoffe u. s. w. Die Prä- mienbilder sind natürlich ohne jeden künstlerischen Werth, so gut wie die Werke selbst; die Wahl der Stoffe richtet sich nach der jemaligen Stimmung im Publicum. Wir wollen hier nicht die manmchfachen Clauseln berühren, welche den Erwerb von Prämien, sobald dieselben wirklich einigen Werth besitzen, er schweren, beziehungsweise unmöglich machen. Em gute« Buch muß sich selbst empfehlen; es bedarf keiner sowie durch Anmuth des Vortrags gerecht wird: die überaus enge Begrenzung, innerhalb welcher die Erfindung und daS Productionivermögen des Meisters sich be wegen, eine gewisse Monotonie und die dürftige Be handlung deS Orchester» lassen e» al» ein nur durch da» hohe Maß persönlicher Begeisterung erklärbare» Experiment entschuldigen, während eines ganzen Abends die Aufmerksamkeit des Publicum» für Schöpfungen Chopin'» m Anspruch zu nehmen. Träumen und Müdrwerden sind verwandte Zustände, die sich leicht gegenseitig ergänzen. Um sich dauernd genußfähig zu erhalten, bedarf r» einer geistigen Mitarbeit de» Hörer», die Zeder z. B den Beethovenconcerten Hans v. Bülow'» — mag dieser nun am Clavier sitzen, oder am Dirigentenpult stehen — entgegenbringen muß und freudig entgegenbringt. Trotz de» mangelnden Stimmung»- und Gedankenwechfels folgte da» Pu blicum mit warmer Therlnahme dem Pianofortespiele de» Hrn. Scholtz, welcher dem Bechsteln'jchen Flügel die duftigsten Klangfarben entlockte und von Hrn. Kapellmeister MannSfeldt mit seinem Orchester treff lich unterstützt wurde. Rudolf Günther. Zuga Svendson. Novelle v»n Otto Roquette. (Fortsetzung.) Sehr spät trat Hr. v. Schellborn noch in den Saal ein. Wie e» zu geschehen pflegt, daß auf den zuletzt Erscheinenden sich die Blicke Aller mit einer gewissen Erwartung richten, er werde etwa» Beson dere» sagen, mindesten» einen Vorwand für seine Ver äußeren Zugmittel; aber alle jene Werke sind weit entfernt von Dem, wa» man ein »gutes Buch* nennt. Sehen wir, wie diese Literatur beschaffen ist. Die »Schlesische Zeitung* enthält hierüber fol- gende sachgemäße Betrachtung: »Durchblättert man den Inhalt aller dieser Schmöker auch nur flüchtig, so erschrickt man vor dem Wust von Unsinn und Ge meinheit, der sich darin ausjpricht. Gräueljcenen jeder Art spielen sich Capitel für Capitel ab, damit der gemeine Mann das Gruseln kennen lerne. Im Ent wurf wie im Stil sind sie wahre Muster von Unge schmack und Blödsinn. Mil Vorliebe ist die Hand lung rn höhere und gebildete Stände verlegt, mit der einzigen Tendenz, dieselben in den Schmutz zu ziehen. Wer den entworfenen Bildern glaubt, muß alle Ge bildeten und besser Situllten für Schurken halten, die nur durch Schandthaten und Betrügereien sich empor- gefchwungen haben. Da» Räuber- und Verbrecher- thuw wird dagegen geradezu verherrlicht. Welche Wir- kungen müssen solche »Bilder auS dem Leben* auf die Leser üben! Die Hauptrolle spielt aber die Lüstern heit und Unjittlichkelt. Entführungen, Schändun gen und dergleichen kehren immer und immer wieder; Paläste, Klöster, berüchtigte Locale der Großstädte und Räuberhöhlen sind meist die Schauplätze für die ekel haftesten Scenen, an denen jeder dieser Romane über reich ist. Bieten die CriMinalacten der Zeit gerade eine Verhandlung über unsittliche Vorgänge, so wer den diese wohl oder übel in den Roman hineinge- zwängt. So berichtet der Verfasser der „Berliner Bauernfänger* Wahre» uns FaDche» über die einst so viel Aufsehen erregende Zastrow',che Affaire, und unter den Lapitelüberschriften diese» Werkes findet sich auf der Ankündigung fettgedruckt: »Dunkle Naturen und naturwidrige Verbrechen (v. Zastrow)*. Auch die Thatfache, daß Lüsternheit sich leicht mit Grau samkeit verbündet, wird ausgenutzt. In dem Roman „Berliner Leben* spielt das Prügeln wiederholt eine lüsterne Rolle, so in der Erziehungsanstalt für erwachsene Töchter, im Jrrenhause und bei den Räubern in Italien. Die entsittlichenden Folgen solcher Lecture sind in den unteren Volksschichten nicht ausgebUeb n. Die Gefahr vergrößert sich dadurch, daß unreife Kinder die Bücher in die Hände bekommen, für deren Seele sie Gift sino. Der Unterzeichnete hatte selbst Gelegenheit, zu beob achten, daß in einer Arbeiterfamilie die Kinder der artige Producte des Abends vorlesen mußten; die Aellern schienen ahnungslos gegen die Gefahr, welche der Sittlichkeit ihrer Kinder hieraus erwachsen mußte. Wer sind nun die Verleger und Verfasser, welche durch Vertrieb von Colportageromanen so schlimmer Sorte mtt unserm Publicum ein so bedenkliches Spiel treiben? Die Ersteren sind gewissenlose Speculanten, welche das gute Geschäft nicht unterlassen, obwohl sie selbst von den verderblichen Wirkungen desselben un terrichtet sein müssen. Es entspricht ja ganz der egoistischen VerstandeScultur der Gegenwart, daß man, unbekümmert um Anderer Wohl und Wehe, nur an Füllung des eignen Beutels denkt und sür Erreichung dieses Zwecke- jedwedes Mittel für annehmbar hält. Eme ganz bestimmte Reihe von »Verlegern* scheint sich nur mtt der Herausgabe solcher Producte zu be schäftigen; ihre Namen kehren jahraus, jahrein auf den Einbänden wieder Und die Verfasser? Sie bergen sich unter dem Deckmantel des Pseudonym», denn sie wissen wohl, daß sie strenge Züchtigung verdienen. Es sind meist halbgebildete Leme, welche ihren Be ruf verfehlt haben und deren Phantasie, durch Trunk und sinnliche Ueberreizungen irregeleitet, einen wahren Kitzel empfindet, schauerliche Situationen auS- zuklügeln: verlotterte Studenten, herabgekommene Schreiber, welche durch Abfassung solcher Schandbücher ihren Lebensunterhalt zu gewinnen nicht verschmähen. Nahe liegt es, zum Schluß die Frage zu erörtern, zögerung mittheilen, so geschah e» auch hier. Hr. v. Schellborn aber wußte mtt guter Manier die Auf merksamkeit von sich abzulenlen, indem er den Frhrn. v. Troll begrüßte und eine kurze Unterhaltung mtt ihm begann. Bald darauf aber, da da» G.spräch wieder lebhafter durch einander ging, wendete sich Echellborn zu feinem Nachbar, dem Grafen Spach, in dem er, sich näher zu seinem Ohre wendend, begann: „Mein späte- Eintreffen hat seinen Grund in einem Unfall, den Baron Mählich erlitten hat. Still, e» bleibt noch unter uns. Lachen Sie auch nicht. Kucz, ich lustwandelte noch ein wenig durch den Paik, um frische Luft zu schöpfen, als ich eine lebhafte Un- terhattung vernahm, und um das Bosquet biegend, fehe ich, wie Mühlich eben einen Faustschlag ins Gesicht erhält, daß er zurücktaumelt. Ich kam zurecht, um ihn aufzufangen. Zwei Gestalten, eme weibliche und eine männliche, machten sich schleunig davon und über ließen mir da- Opfer der Abenteuerjucht. Denn diese war's doch wohl, d.e ihn zu Schaden brachte. Wenn ich recht gesehen, war e» die Faust deS jungen Geigen virtuosen, welche den wohlg-zielten Schlag versetzte. Er schwingt demnach nicht bloS den Violinbogen mit Virtuosität. Mühl'.ch'S Nase blutete stark. Ich brachte ihn in seine Wohnung, wo er Umschläge von kaltem Wasser auf sein geschwollene» Gesicht legt.* Der Graf suchte sein Lachen zu unterdrücken. »An hängig wird der Geschlagene die Ge'chichte ja wohl nicht machen!* entgegnete er. II Einige Zeit darauf, an einem der letzten Tage de» Augustmonat«, ritt Hr. v. Schellborn von fernem wie eine Beschränkung und Beseitigung solcher Colpor- tageliteratur zu ermöglichen sei. Die Grenze zu be zeichnen, bis zu der die Aufsichtsbehörde zur Entschei dung über Werth oder Unwerth von Kunstwerken er mächtigt sein soll, ist hier nicht der Ort; die Colpor- tageromane kommen in dieser Beziehung gar nicht in Betracht, weil sie mit der Kunst nichts zu thun haben. Halb Betrügerei halb Unsittlichkett — mit diesen Worten sind die meisten Werke diese- Genres gekenn zeichnet; präsentiren sie sich aber in solcher Weife, so gehören ihre Verfasser und Verleger auf die Anklage bank, auf welche sie die öffentliche Moral längst ge setzt hat. Un» erscheint in dieser Hinsicht eine neuere Verfügung der königl. preußischen Regierung zu Kassel wichtig genug, um sie hierher zu setzen. Sie lautet: ,ES ist auf dienft'ichem Wege zu unserer ttennlmb ge kommen, daß durch umherziehende Tolporteure, zumal aus dem Lande innerhalb keS diesseitigen Bezirk», hier und da eine Schmutzliteratur seilgeboten bez. vertrieben wird, welche nicht nur dre sittlichen Grundlagen de» Volkslebens zu unter graben droht, sondern insbesondere auch aus die Schuljugend, welcher derartige Unterhaltung-jchrisien zu Hause zugänglich sind, höchst nachtheilig einwirkt. Zur Verhütung bleseS Mikstande» wollen die Herren Landräthe durch Vermittelung der Schulvorstände die Lehrer anweijen, daß dieselben von dem ftattgrhabten Berkaus baldmöglichst dem betreffenden OrlSvorftande Nachricht geben, welcher unter Einreichung erncS Exemplars der betreffenden Schrift wegen strafrechtlicher Berjolgung da» Nölhige veranlassen wird." Doch mit den polizeilichen Verboten allein ist e- Nicht gethan; man muß auch bestrebt sein, dem Volke Ersatz besserer Art zu bieten, um eS über die Nacht seiten der Colporiageromane auszuklären. Letzteres ist sreilich sehr schwer, da da- Volk darüber gar nicht aufgeklärt fein will; viel ÄuleS könnten hier die Lehrer der Zugend wirken, indem sie den Sinn für gute Lec- türe zu wecken versuchten. Nicht Prachtwerke, die da- Volk sich scheut in d.e Hand zu nehmen und die einen hohen Prel- haben, sondern gute volk-thümliche und dabe« billige Werke müßten verbreitet werden, welche dem lesehungrigen Volke wahre Nahrung böten; durch die größere Anzahl der verkauften Exemplare würde den Verlegern auch bei fehr billigen Preisen kein Schaden erwachsen. Einen Ansatz hierzu sehe ich m den billigen Volksausgaben unserer Claisiker und Humoristen, welche sich dadurch zu ihrem Vortheil von der Masse von Sammelwerken und Anthologien unter- schechen, deren Wuchern neben der UebersetzungSfeuche einer der schwersten Schäden für die moderne Lite ratur ist.* Der Verfasser ist hier unzweifelhaft auf dem rich tigen Wege. Durch die Thätlgkeit von Vereinen, durch die Wirksamkeit von Lehrern u. s. w. kann jedenfalls am meisten dem von ihm geschilderten Un fuge entgegen gearbeitet werden, wiewohl wir dre Hoffnung nicht aufgeben, daß auch die Gesetzgebung noch Mittel und Wege finden wird, diesem Treiben Schranken zu setzen. Vor Allem aber halte man an einem Merkmale, welche- als die feine Unterschei- dung-linie für die gute und schlechte Literatur gelten kann, fest. Man weiß, daß bet dem Schundroman der Autor sich unter einem Pseudonym verbirgt und der Verleger dem Publicum gegenüber die Garantie übernimmt. Dieses Eintreten deS Verlegers statt deS Autors bildet das charakteristische Kennzeichen für eine ganze Gattung gerlngwerthiger Fabrikliteratur. Während reelle Firmen dem Autor die ganze Verant- wirtung überlasten, geschieht dieses feiten deS auf die Herausgabe von ausgedehnten Compilatwns- und Sammelwerken abzielenden Verlegers nicht; die Bücher gehen unter feiner Flagge, und er wechselt den Autor, je nachdem die Interessen seines Geldbeutel», die Wandlungen der öffentlichen Meinung oder ähnliche Beweggründe eine Aenderung wünschenswerlh erscheinen lassen Diese» »st der erste Schritt zu einer Irre leitung des Publicum» Man geht dann einen Schritt Gute auS nach der benachbarten Oberförsterei Eifen- thal. Es war ein frischer Morgen; der Weg nur eine Stunde weit, immer durch den Wald, so angenehm, al» man sich nur wünschen konnte. Der junge Reiter fühlte sich »n froher Stimmung, wie immer, wenn er sich auf dieser Straße befand, denn das Haus zu Eisenthal begann seit einiger Zeit eme ernster« An ziehung auf ihn zu üben. Er hatte fchon als Knabe gute Nachbarschaft mit den Bewohnern gehalten und durfte jetzt, fett er sein väterliches Gut übernommen halte, als nächster Nachbar aus willkommenen Em pfang rechnen. Die Tochter deS Oberförster», obgleich viel jünger als er, hatte doch zuweilen die Knabenspiele getheilt und ihn auch wohl über die Kindeljahre hinaus bei feinem Vornamen Paul ge nannt. Da- hörte mit der Zett auf. Eine Reihe von Jahren — die Unlversitätszett und längere Ab wesenheit auf Reisen — hielt ihn entfernt und brachte eine gewisse Entfremdung Als er sich dann aber dauernd auf seinem Grundbesitz niederließ und bei dem ersten Besuche da- erwachsene und erblühte Mädchen wiedersah, begannen seine Augen wett zu werden, und je zurückhaltender sie gegen ihn war, desto mehr wünschte er, sie möchte ihn wieder Paul nennen. Er ritt in den Hof, wurde gemeldet und von der Frau Oberförsterin m ihrem kühlen kleinen Empfang-faal freund lich willkommen geheißen. Ihr Gatte war rm Walde, die Tochter ließ sich nicht blicken. Die Dame wußte Besuche zu unterhalten und die Empfangenen selbst reden zu machen, und so mußte er von seiner Reise in die Schweiz er zählen und von Kunstwerken, die er in Städten ge- seben hatte. Es fiel lbm auf, daß Frau Volkmar die Abwesenheit ihrer Tochter nicht entschuldigte so ost
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