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584 ^>auperyochze,r. »>er Beniner „Publizist" >! erzählt: Kürzlich begab sich nach einer hiesigen Kirche sin I! festlicher Zug, welcher ist hohem Grabe die Aufmerksamkeit der Polizeibeamten erregte. Er bestand nämlich aus der leimte vole« der berliner Gaunerwelt, welche sich vereinigt hatte, um der Trauung eines ihre- angesehensten Mitgliedes; eine« Mannes vyn etwa L0 Jahren, welcher schon 9 Jahre . seines Lebens im Zuchthause zugebracht hat, beizuwohnem Die Braut gehört« gleichfalls einer Familie an, deren langt Ahnenreihe man in den Polizeiregtstern mit vielen au-zeich- nenden Kreuzen aufgeführt findet. Während die konfiS- zirten Gesichter der Zeugen und die freien Mienen der Braut jungfern über den Charakter der Gesellschaft auch dem Un eingeweihten Ausschluß gaben, war die Toilette bet allen höchst sauber, bet etnzelnen sogar elegant. In der Ktrch« betrug man sich durchaus dezent. Nach der Trauung in der Woh nung der Braut, vor dem Rosenthaler Thore, angelangt, wollte man sich's eben bequem machen, als die Braut ein erbärmliches Zetergeschrei erhob. Irgend welche indiskrete Kameraden, vielleicht beleidigt, weil sie nicht geladen waren, hatten sich in die Wohnung geschlichen, den Schrank erbro chen, und das ganze HochzeitSmahl mit sich fortgehen heißen. Die Entrüstung war eine sehr große, man sprach Bermu- thungen über die Thäter aus, entwarf EntdeckungSpläne und schwor Rache; dann aber legten sämmtliche Gäste zusammen, um Ersatz für das Geraubte zu schaffen. * Ein unerwartetes Geschenk. In Thorn trat kürzlich «ine anständig gekleidete Frau in den Laden de- Bonbonfabrikanten B. und bat, da es stark regnete und sie, die Frau, noch einen dringenden Gang zu machen habe, ihr Kind, welches sie bei fich hatte, für kurze Zeit im Laden zu lassen. Die Bitte wurde der Frau gewährt, welche aber nicht wiederkehrte und noch heute nicht ermittelt ist. Der Fabri kant sah sich nach einiger Zeit den kleinen Gast, einen Säug ling von 4 Wochen, näher an und fand bei ihm einen Zet tel, welcher den Vornamen des Kleinen, „Joses", sowie die Mitthtilung enthielt, daß die Mutter ihn nicht ernähren könne und deshalb (freilich in sehr seltsamer Weise) der christlichen Mtldthättgkett empfehlen müsse. Herr B. hat den unerwar teten hilfsbedürftigen Gast bei sich behalten und pflegt ihn. * Ein Polizeispruch. Vor Kurzem ist von der Bamberger hohen Polizei ein wahrhaft Salomonischer Spruch erlassen worden. Eine französische Sängergesellfchaft wollte fich dort im „Erlanger Hof" produziren und suchte bet der Polizei wiederholt und dringend um Erlaubniß dazu nach; allein es wurde ihr abgeschlagen, „da man ihrer Sprache nicht kundig sei und sie deshalb Ungeziemendes unterlegen könnte." * Der vielfach mit Hagelschlag begleitete Gewitter- sturm vom 6. Juli hat auch Böhmen berührt. Aus Melnik, 7. d. M., wird geschrieben: „Unsre Gegend war heute Nacht der Schauplatz eines Gewitters, das einen unberechenbaren Schaden an Gebäuden, Saaten, Weinreben und Obstbäumen anrtchtete... Sehr alte Menschen erinnern fich nicht, ein so furchtbares Wetter erlebt zu haben. Di« Wuth des Sturm windes war so groß, daß nicht nur gut verwahrte Fenster aufgertffen und zerschmettert, sondern auch unzählige Schtndel- und Ziegeldächer abgetragen und die stärksten Bäume sammt der Wurzel aus der Erde gerissen wurden. Gleich darauf öffnete der Himmel seine Schleusen, und. nach einem kurzen Regengüsse entlud fich «in Hagelschaurr, der Alles, wa« der Sturm an Gebäuden, Saaten und Bäumrn verschont hatte, vernichtete. Die Hagelkörner fielen in der Größe von Ci- tronen und Hühnereiern und schlugen die Fenster sammt Rahmep ein. Die Getretdegattungen auf den Feldern find nicht zu unterscheiden, und die-Kleefelder scheinen abgemäht zu sein. Unsre ganze Weinernte ist auf viele Jahre dahin, weil, wie wir bereits einmal erwähnt, die Rebe sich erst nach BunteS Allerlei * Ein« Ga uperhochzeit. D«r Berliner „Publizist behaupten, nachdem man ebenfalls (etwas spät) begonnen hat, sich dirsr mechanischen Mittel anzurignen. Richt unerhebliche Beeinträchtigung kann die Fabrika tion künstlicher Blumen, jedoch nur in feiner Waare, erleiden. Die Massenproduktion ordinärer Waaren, wie sie in Sebnitz, Neustadt und Umgegend stattfindet, wird nicht berührt. ' Auch von feinen Glacehandschuhen, für welche der Zoll auf H des bisherigen herabgesetzt werden soll, so daß er künftig auf da- Pfund nur noch 4 Ngr. betragen wird, kann dies befürchtet «erden, Es ist jedoch zu erinnern, daß grgenwärttg der Export an ledernen Haudschnheu die Ein- fuhr überwiegt und daß von letztem über H au- Oesterreich. kommt. Endlich Papier. Die Papierfabrikanten klagen über Herabsetzung der Papierzölle einerseits und der. Lumpeuaus- fuhrzölle andererseits. Wir haben zunächst zu constatiren, daß im ganzen Zollvereine die Einfuhr von Papieren seit 1836jt0 von 10,000 Ctr. auf 15,000 Ctr. (fast ganz au- Oesterrrich), die Ausfuhr dagegen von 14,000 Ctr. auf 76,000 Ctr. (wovon etwa 12,000 nach Oesterreich) gestie gen ist; daß die früher nicht unbeträchtliche Ausfuhr von Lumpen in den letzten Jahren beinahe ganz aufgehört hat, dagegen die Einfuhr von 7000 Ctr. bis nahe an 50,000 Ceutner (aus Btlgien, der Schweiz und den Hansestädten eingegangen) gestitgen ist, während wir über 100,000 Ctr. Lumpen aus Rußland und Polen haben tranfittreN lassen, deren Ankauf wohl auch uns zu Gebote gestanden hätte. Wir haben hier Zeichen vor uns, welche vermuthen lassen, daß der größte Theil der Uebel, über welche fich die Papier- fadrikatton beklagt und der schlechten Dividenden, welche sie gezahlt hat, an innerer Concurrenz und mancherlei dabet zur Anwendung gekommenen falschen Maximen liegt. Wir haben gegen Oesterreich bekanntlich entweder gar keine oder nur sehr niedrige Papierzölle seit 1854, und doch ist die Gesammt- «infuhr an Papieren aus Oesterreich, welches den Lumpen bezug aus Italien, Ungarn, Galizien und einem Theile Ruß lands aus erster Hand hat und an uns so gut wie keine Lumpen abgiebt, allmählich erst bis auf 17,000-^18,000 Centner im letzten Jahre gestiegen, wogegen wir etwa 14,000 wieder dorthin ausgeführt haben» Ein LumpenauSsuhrzoll von 1H Thlr. per Centner ist keineswegs so unbedeutend. Di« concurrirenden Länder in der Papiersabrikation, denen wir in Bezug auf FabrtkattonSmtttel gegenwärtig nur wenig > oder gar nicht, nachstehen, sind im Lumpenbezuge auch nicht besser daran. Können sie die Lumpen so wesentlich besser bezahlen, als wir, so muß dies entweder im bessern Betriebe, oder in angemessener» Preisen für fertige Papiere liegen. ! Beides steht uns auch offen, und da in England und Frank reich künftig unsre Papiere unter gleichen Bedingungen ein- gesührt werden können, dürsten fich die dortigen Papterpreise kaum erheblich höher halten lassen. Allerdings ist ein Zoll von 1^ Thlr. auf den Centner für feinere Papiere nicht be- , deutend (für alle ungeleimte Papiere ändert fich bekanntlich nichts). Wir glauben aber mit Bestimmtheit Voraussagen ! zu können, daß nur in etnzelnen Sorten sich eine wirklich > erhebliche Concurrenz deS Auslandes bemerkbar machen wird, j Wett ernstlicher dürfte die vereinSländische Tapetenfabrik^ ! tion, wenigstens in ihren feinern Erzeugnissen, speciell durch ! die französische Concurr«nz gefährdet sein, so anerkennenS- werthe Fortschritt« sie auch gemacht hat, worüber uns jedoch ! nähere Angaben dermalen nicht zu Gebote stehen. ! mehrern Jahren vom Hagelschlag erholt." Gedruckt und »erlegt von E. M. Strtner in Schneeberg und Schwarzenberg.