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tack tlQt Manche Ouvertüren geben uns schon gleich den Inhalt ihrer Opern voraus. Man denke an die zum „Freischütz“, an die zum „Fliegenden Holländer“. Ganz anders bei dieser Mozartschen Ouvertüre. Es ist völlig abwegig, in ihr, wie man es getan hat, den Groll des Grafen, den Haß des Dieners zu hören. Niemand hat schöner gesagt, was für eine Bewandtnis es mit dieser Ouvertüre hat, als Richard Wagner: „Nach Gluck war es Mozart, welcher der Ouvertüre ihre wahre Bedeutung gab. Ohne peinlich das ausdrücken zu wollen, was die Musik nie ausdrücken kann, nämlich die Einzelheiten und Verwicklungen der Handlung selbst, wie sie der frühere Prolog auseinanderzusetzen bemüht war, erfaßte er mit dem Blicke des wahren Dichters den leitenden Hauptgedanken des Dramas, entkleidete ihn von allem Nebensächlichen und Zufälligen des tatsächlichen Ereignisses, uin ihn als musikalisch verklärtes Gebilde, als in Tönen personifizierte Leidenschaft, jenem Ge danken als rechtfertigendes Gegenbild hinzustellen, in welchem dieser, und somit die dramatische Handlung selbst, eine dem Gefühle verständliche Erklärung gewann. An dererseits entstand so ein ganz selbständiges Tonstück, gleichviel, ob es sich in seiner äußerlichen Fassung an die erste Szene der Oper anschloß.“ So ist hier die Idee des Stückes in Musik gesetzt. Und diese Idee heißt: Fröhlichkeit, Lustigkeit, Übermut, Scherz, Heiterkeit, Mummerei, Versteckspiel und überall ein bißchen Liebelei dabei. Wie sehr es Mozart darauf ankam, mit dem Strom der Lebens freude in einem fortreißenden Presto alles hinwegschwemmen zu lassen, was nach Be denken und Kopfhängenlassen, nach Elegie und Melancholie aussieht, geht daraus hervor, daß er ursprünglich, wie in der Ouvertüre zur „Entführung“, einen langsamen Satz vorgesehen hatte, ein Andante con moto in d-moll, das er während der Komposition aber wieder verwarf. Leicht und heiter ist das Stück, zugleich aber Zeugnis höchsten Kunstverstandes. Mozart benutzte die Sonatenhauptsatzform in freier Weise, indem er die Durchführung fallen ließ. Für sie war mit ihrem meist tragischen Gegeneinander der beiden Themen hier kein Platz. Keine Tragik, kein Kampf. Die ungewöhnlich breit ausgeführtc Coda bestätigt es. Mozart: Ouvertüre zu .Figaros Hochzeit' Ein neunzehnjähriger Jüngling hat es geschrieben. Es ist die Arbeit eines Meisters. Das war in Salzburg 1775. Und nicht nur eines, gleich fünf solcher Konzerte schrieb damals der junge erz- bischöfliche Konzertmeister. Er komponierte sic, wie vor ihm der Italiener Vivaldi und der französierende Viotti komponiert hatte, aber er komponierte auch, wie ihm die Geige im Arm und das Herz im Leihe sangen. Und daraus wurde das Wunder dieser seiner Violinkonzerte. Alles Technisch-Virtuose tritt bei ihm, der aller „Seiltänzerei“ abhold war, zurück. Das wichtigste ist ihm der Gesang und das kommt natürlich vor allem in den langsamen Sätzen zutage. Der unseres D-dur-Konzerts ist von besonderer Innigkeit. In seinem Schlußsatz, der wie alle anderen in der französischen „Rondeau“-Form gehalten ist, fallt uns der Anklang an Volksmusik auf, altes deutsches Volksmusikgut, hier ein Mu settenthema aus dem Elsaß, weshalb Mozart das Konzert auch gerne das „Straßburger“ nannte. Ein Neunzehnjähriger hat diese Konzerte und viele andere Arbeiten dazu in einem einzigen Jahr geschaffen. Welch ein Unterschied zu dem bedächtig und langsam produ zierenden Anton Bruckner! Nicht nur das Jahrhundert liegt dazwischen. Geheimnis des Genies ... Mozart: Violinkonzert D-dur