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Dodi jäh meckt eine erschütternde Fanfare den Unglücklichen aus seinen Träumen. Ein herrlidier Traum oon Freiheit, Friede und Wel tenglück dämmert auf. Und der Meister flieht zu ihr, aus der alle Musik entsprossen ist: zur menschlichen Stimme. Herrlich spinnt diese den Traum vom Weltenglück aus: „Alle Menschen werden Brüder“! — Doch ohne Kampf ist kein Glück zu erringen. Ein leiser Marsch ertönt; von fern her ziehen die Scharen, immer näher kommen sie, marschieren vorbei in blitzen der Sonne mit funkelnden Waffen — dem Ideal entgegen . ■ . Heftiger Kampf entbrennt (Or chesterfuge in B-Dur); doch bald ist der Sieg er rungen: sie jubeln: „Freude schöner Götterfun ken!“ — Aber nochmals — ernst mahnt die Po saune: Lasset uns Sein gedenken, aus dem aller Sieg und alles Heil strömt. Feierlich klingt es im Chor: „Seid umschlungen, Millionen!“ Ah nungsvoll sdiaudert die Seele im Anblick des Ewigen, Unerforschlichen. Doch beruhigt klingt es aus: „Brüder, überm Sternenzelt muß ein lieber Vater wohnen!“ — iUnd nun überläßt sich Beethoven ganz der Freude. In den heitersten, an Mozart gemah nenden Klängen rufen Chor und Soli sich zu, daß der Tag der Freude angebrochen ist. In himmlischer Verklärung scheint der Geist des Meisters in der herrlichen H-Dur-Stelle: „Wo dein sanfter Flügel weilt“ segnend über den „umschlungenen Millionen“ zu entschweben, wäh rend in tollem Lärm und ungeheurem Jubel ein Volksfest anbricht, wie die Musik noch keines gefeiert. Constantin Krebs. * Schluffchor: »An die Freude« Rezitativ: O Freunde, nicht diese Töne, sondern laßt uns angenehmere anstimmen und freudenvollere! Allegro assai (Soli und Chor.) Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum. Deine Zauber binden wieder, Was die Mode streng geteilt; Alle Menschen werden Brüder, Wo dein sanfter Flügel weilt. Wem der große Wurf gelungen, Eines Freundes Freund zu sein, Wer ein holdes Weib errungen, Mische seinen Jubel ein. Ja, wer auch nur Eine Seele Sein nennt auf dem Erdenrund! Und wer's nie gekonnt, der stehle Weinend sich aus diesem Bund! Freude trinken alle Wesen An den Brüsten der Natur; Alle Guten, alle Bösen Folgen ihrer Rosenspur. Küsse gab sie uns und Reben, Einen Freund, geprüft im Tod; Wollust ward dem Wurm gegeben, Und der Cherub steht vor Gott. Allegro assai vivace Alla marcia ('Tenor-Solo und Männerchor.) Froh, wie seine Sonnen fliegen Durch des Himmels kräft’gen Plan, Laufet, Brüder, eure Bahn, Freudig, wie ein Held zum Siegen. Orchestersatf (Voller Chor.) Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum. Deine Zauber binden wieder, Was die Mode streng geteilt; Alle Menschen werden Brüder, Wo dein sanfter Flügel weilt. Andante maestoso Seid umschlungen, Millionen! Diesen Kuß der ganzen Welt! Brüder, überm Sternenzelt Muß ein lieber Vater wohnen. Adagio rna non troppo, ma diooto Ihr stürzt nieder, Millionen? Ahnest du den Schöpfer, Welt? Such’ ihn überm Sternenzelt! Ueber Sternen muß er wohnen. Allegro energico, sempre ben marcato Freude, schöne Götterfunken, Tochter aus Elysium, Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum! Seid umschlungen, Millionen! Diesen Kuß der ganzen Welt! Ihr stürzt nieder, Millionen? Ahnest du den Schöpfer, Welt? Such' ihn überm Sternenzelt! Brüder, überm Sternenzelt Muß ein lieber Vater wohnen. Allegro ma non tanto (Soli und Chor.) Freude, Tochter aus Elysium, Deine Zauber binden wieder, Was die Mode streng geteilt. Poco Adagio Alle Menschen werden Brüder, Wo dein sanfter Flügel weilt. Poco Allegro, stringendo il tempo, sempre piü Allegro — Prestissimo Seid umschlungen, Millionen! Diesen Kuß der ganzen Welt! Brüder, überm Sternenzelt Muß ein lieber Vater wohnen! Freude, schöner Götterfunken! Schiller.