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Sa« niemand geglaubt, war nm» doch geschehen — Go«. ,raS hatte gewonnen. Thyrza schrie laut aus, während SombraS keinen Zaut hören ließ, aber mit teuflischer Schadenfreude auf »en Gegner blickte. Hilary verriet keine Bewegung, völlig selbstvergessen ringen seine Blicke an der Geliebten. „Einen Wurf noch für jedem, Thyrza," sagte er, ohne nit der Wimper zu zucken. „ES ist der letzte und ent. cheidende." Die Zuversicht in seinen Worten gab ihr neuen Mut. sie faßte sich wieder, obwohl nur mühsam, und griff noch inmal zu dem Becher, den sie eben hatte fallen lassen. Ind wieder rollten die Würfel, wieder sahen drei Paar klugen ihren Bewegungen zu — sie zeigten acht Punkte ür SombraS an. Damit waren die Aussichten deS Spiele- plötzlich oieder ganz andere geworden. Sombras war im Vorteil, venn auch in keinem wesentlichen. Die höchste Zahl oelche ein Wurf zweier Würfel ergeben konnte, war mturgemäß zwölf — zwei sechs —, und waS war wahr- cheinlicher, als daß die Summe der Punkte im Entschei- ungsfalle eher unter als über acht betragen würde. Frei- ich blieb trotzdem der Zufall und daS Glück gleich unbe> echenbar, und die Spannung und Ungewißheit steigerte ich bis zur Unerträglichkeit, als Thyrza zum letzten Male >ach dem Becher griff, um für Hilary zu werfen. „Acht!* murmelte sie. „AchtI Ach, mein Gott, möch- en es nur dieses Mal noch mehr wie acht sein. — Es nuß! Es soll!" fügte sie in unverkennbarer Pein hinzu Dann warf sie die Würfel auf den Tisch, als seien ie plötzlich glühend geworden^ Einer derselben zeigt» ine fünf — der andere aber, zu hart auf die Platte auf- «efallen, sprang empor und fiel unter den Tisch, wo ei ich den Blicken entzog. „Wirf noch einmal!" gebot SombraS. „Nein," widersprach Hilary, „eS ist nicht nötig. Sieh >ach, Thyrza, und melde unS die Zahl." Thyrza umschritt den Tisch, sich am anderen Ende zu Soden neigend und suchend umherbltckend. Im ersten lugenblick konnte sie in dem Dunkel nichts erkennen, dann ber, hinter einem der dicken, gedrehten Füße deS Tisches »erborgen, entdeckte sie den weißschimmernden Würfel, kr lag im vollen Schein einer Kerze, so daß sie deutlich äe Zahl der Punkte unterscheiden konnte — eS waren ret. „Drei! Und die füns deS anderen, dc ergab eine acht, lso dieselbe Zahl, welche sie für Sombras geworfen. Ihr Herz schlug stürmisch, aber es war nicht Ueber- aschung über das seltsame Zusammentreffen, die ihren guls beschleunigte, sondern ein plötzlicher, sich ihr un- oiderstehlich aufdrängender Gedanke. Wie, wenn sie den Vürfel aufhob und auSrief! „Hier ist er, eS ist eine vier!" die Summe war dann neun, und der Geliebte gerettet. Selbst wenn Sombras protestierte, Hilary würde ihr llauben. Hätte die Augenzahl nur zwei betragen, Hilary lso wirklich verloren, Ware die Versuchung wirklich mäch- iger gewesen als sie. So aber überwand sie die Ber- ockung, wenn auch erst nach so geraumer Zett, daß Hilary »ahnend fragte: „Nun, Thyrza, hast du ihn gefunden?^ Sie verscheuchte die bösen Gedankep mit übermensch- icher Anstrengung, und sich erhebend, antwortete sie fest: Aü," „Und die Zahl?" „Drei," erwiderte sie tonlos. Bei sich aber dachte sie: Wenn er den nächsten Wurf verliert, habe ich ihn ge- ötet!" Keiner der beiden Männer ahnte etwas von iesem Aufschrei ihrer Seele. „Drei!" wiederholte Hilary. „Sonach stehen wii leich, und du mußt noch einmal für jeden werfen, Thyrza komm und zaudere nicht. Dieser letzte Wurf bringt di» intscheidung." ThyM raffte die Würfel zusammen, und an ihren origen Platz zurückkehrend, warf sie beide in den Becher Sann aber, als ob sie eine Wiederholung des Zufalls ürchtrte, schwang sie daS Gefäß in der Luft und stülpte s auf die Platte, so daß die Würfel darunter verborg«» lieb«». Einen Augenblick später — Thyrza hatte den Zecher abgehoben — brachen alle drei in den gleichzeitig«« luf aus: „Elf!" „Ich gewinne!" höhnte SombraS. „ES sei denn, sie oirft eine Zwölf — aber sie wird keine Zwölf werfen, > «her durch ein Wunder. Aber," murmelte er und heftet« rgwöhnisch seine schwarzen Augen auf Hilary, „wird er i «ch sein Wort hatten?" Hilary wandte sich zu Thyrza. Ihre Fassung schien ! te zu verlaffen. Bleich und zitternd stand sie da, die Hand § «f den Tisch gestützt. Hilary bangte, sie fallen zu sehen. „Mein armer Liebling," sagte er weich, „komm, bleibe > tark. Wirf auch für mich!" Mechanisch nahm sie den Becher, aber plötzlich die ! -and finken lassend, schrie fie auf: „Rein, ich kann eS ! licht! ES ist zu fchrecklich! Wenn eS keine Zwölf ist, die > ch werfe, und ich weiß, daß es keine sein wird, ich ertrage > S nicht. Rein, ich will nicht!" brach sie aufschluchzend ab. „Dann gib mir den Becher, Thyrza," erwiderte Hi- ' ary. „Ich werde das Schicksal entscheiden lassen und fitr ! mich selbst werfen." Damit streckte er die Linke nach dem Becher aus, während die Rechte noch immer schußbereit j die Pistole umspannte. „Nein, o nein!" schrie sie auf, seine Hand abwehrend. „Nein, laß mich es tun. Der Himmel wird mir beisiehen ! Unsere Liebe muß doch siegen!" Sie schwieg, während ihre Lippen zuckten, obgleich ! kein Laut über dieselben drang. Dann aber durchschüttel ten wilde Schauer ihren Körper, und mit einem Aufschrei ! höchster Verzweiflung warf sie die Würfel nochmals auf den Tisch. Die drei Personen blickten mit äußerster Anspannung ! ihrer Sehnerven nach den dahinrollenden Elfenbeinkuben, ! fühlend, daß endlich das Ende des seltsamen Spieles ge- ! kommen war. Die Würfel tanzten auf der Platte, dann . lagen sie still, und die Punkte ihrer nach oben gekehrten Flächen wurden erkennbar. — Zehn. ! Zehn. Hilary hatte verloren. Thyrza taumelte zurück. Alles Blut wich au» ihrem Gesicht und strömte nach ihrem Herzen, daS beinahe still zu stehen drohte. /„Ich habe ihn getötet!" flüsterte sie schaudernd. — „Ich hq.be den Geliebten getötet!" Sombras aber stieß einen lauten, schadenfrohen Ruf des Triumphes aus und kehrte sich ungestüm zu Hilary. „Ich habe gewonnen!" schrie er. Gebt mir di« Pistole!" „Ihr habt gewonnen!" bestätigte Hilary kalt, und seinem Gegner die Waffe hinstreckend, fügte er ruhig hin- »u: -Lier, nebmt Ne." 5. Kapitel. Sombras griff gierig nach der Waffe, und erst, al» er sie wirklich in Händen hielt, ließ er einen grimmige« ! Ton der Genugtuung hören. Der Rivale war jetzt voll- ! ständig in seiner Macht. Er konnte ihm sofort eine Ku gel durch's Herz jagen oder auch, seine Leute Herbeiruse»» und ihn in ein tiefes Verließ werfen lassen, bis er ent schieden, was mit ihm zu beginnen sei. Unschlüssig die Pistole in der Hand wiegend, blickte er auf Hilary, an scheinend eifrig dessen Schicksal erwägend. Die wichtige Frage mußte seinen Geist völlig beschäftigen, denn er hatte die Gegenwart ThyrzaS vollkommen vergessen. Erst das Rauschen ihres Kleides, verursacht durch die Heftigkeit, mit welcher sie sich von dem Divan erhob, auf »en sie sich geworfen, brachte ihm ihr Dasein wieder in Erinnerung. Sie machte eine Bewegung, wie um daS Ge mach zu verlassen, eine Absicht, die ihn mit Befriedigung erfüllte, denn die Gegenwart eines WeibeS bei einer Hand lung wie die, welche nun folgen sollte, war ihm unbe quem. Er versuchte deshalb auch nicht, sie zurückzuhatte«, als sie sich der Tür näherte, an welcher er sich postiert hatte. tSertlevm»« svlat.»