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-kiiM M Welßriq Fklmi, Nr. 267 Freitag den 16. November 1917 abends 83. Jahroang Lokales. /X Dem Rezept-Nnfng sucht die Verordnung des Stellvertreters des Reichskanzlers vom 16. Juli 1917 (RGBl. 626) zu steuern. Hiernach ist es verboten, m periodischen Druckschriften oder in sonstigen Mit teilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, Anleitungen (Rezepte) zur Herstellung von Ersatzmitteln für Leberls- oder Futtermittel ohne vorherige Genehmigung der Polizeibehörde des Ortes der gewerblichen Niederlassung oder, in Ermangelung eines solchen, des Wohnortes des Anzeigenden anzu. bieten. Von den Landeszentralbehörden kann die Er teilung der Genehmigung einer anderen Behörde als der Ortspolizeibehörde übertragen werden. Von dieser Befugnis ist Hum Teil zugunsten der Preisprüfungs- stellen Gebrauch gemacht worden. — Noch schlimmer «18 m den Anzeigen wütet der Rezeptunfugim Text- relk der Altungen. Auf Anregungen von allen mög lichen und unmöglichen Seiten hin werden die Zei tungen, oft in halbamtlichem Anstrich, geradezu über schwemmt. Alle alteu Tanten, die „ml Rezept-Ideen hatten, müssen sie zum Kopfschütteln einsichtiger, zum Schaden leichtgläubiger Leute aufs Publikum loslassen. Auch KiiegZgesMschaften sind dabei nicht ganz un- fchulbkg. — Da ist also Vorsicht sehr am Platze. /x Aur Viehzählung am l. Dezember 1S17 hat der Bundesrat eine Ausführungsverordnung erlassen, die eine genauere Zählung der Pferde und Schweine an« ordnet. Die Zahl der Pferde soll hiernach außer nach dem Alter wie bisher auch nach der Beschäftigungsart in Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie, in Privat- und öffentlichem Besitz festgestellt werden, da mit für die Haferzuweisung an die Arbeitspferde bessere Grundlagen gewonnen werden. Die Zahl der Schweine, die sonst nur nach Altersklassen getrennt ermittelt wird, wird durch eine Verordnung insofern genauer festgestellt, als die Zuchteber und Zuchtsauen besonders zu zählen sind. Dies ist nötig, da diesen besondere Hartfutterzulagen gewährt werden und oie Behörden em Interesse an Feststellung der in jedein Falle zu erhaltenden Zuchtbestände haben. Die Frauenrechtlerin. Roman von Heinrich Köhler. (2Y. Fortsetzung.) „Sie sind in der Tat ein scharfer Pshcholog," sagte das Mädchen mit beißenden» Spott, „und ich weiß nicht, was ich mehr bewundern soll, Ihre Kenntnis meines Innern oder die Langmut, die mich das Alles mit «nhören läßt." „Tuen Sie mehr als das — nehmen Sie es sich zu Herzen. Und weisen Sie die Freundeshand nicht »urück, die sich Ihnen bietet. Es wird über lang oder mn, ein« Zeit kommen, wo Sie sie brauchen. Wie wollen Sie auf dix Dauer auf diese Art Ihre Existenz testreiten?« Sie wies mit einer stolzen Geberde nach der Tür. ,Avrt hängt mein Wahlspruch." ,Lch habe ihn gesehen und gelesen, es ist ein Ahöne«, kräftiges Dichterwort — aber Mr «in Weib mich? nicht geschrieben." „Ein Weib — ein Weib — eS ist das alte Lied! Pa« ist in Ihren und der andern Augen nur ein halber Mensch, der seinen Schwerpunkt erst im Manne Mlden kann. Ich denke ander« darüber — lassen Sie mich nielnen Weg gehen — und gehen Sie nun selbst, ich weise alles zurück." Der Jngenieür ging noch einmal mit ausgestreckter Hand aus sie zu. „Auch endgiltig die Hand, die sich Ihnen bietet für alle Fälle und dazu ein volles warmes FreundeS- herz?" „Auch diese — endgiltig!" Ihre Augen sprühten wie Flammen aus. „Denn ich hasse, hasse, hasse Sie? Ich tat es vom ersten Augenblicke an, als ich Ihren Namen hörte, es war wie ein unbewußtes Gefithl. Sie gehören zu jenen, zivischen uns gibt eS keine Ver bindung !" Mister Brown nahm seinen Hut und wandte sich mit einer energischen Bewegung nach der Tür. „Vsrp vsü, meine Miß," sagte er in seinem ge- . wöhnlichen, gleichmütigen Tone, „so hassen Sie mich ! nach Belieben, ich kann's Ihnen nicht wehren. Aber § auch Sie nicht, daß ich Sie von dieser Stunde an als i ein Wesen betrachte, gegen das ich heilige Pflichten habe, die ' h eintretenden Falls auch gegen Ihren i Willen ers..,en werde. Sie kennen ja meine Zähig- ; leit. Ich hasse Sie nicht - ich bemitleide Sie. Auf ; Wiedersehen!" Er ging — während das zurückbleibende Mädchen ! ihm die Hände abwehrend ,lachstreckte, als wollte es ihn für alle Ewigkeit damit abtun. ! „Er ist der Mann, den ich am meisten hasse auf der Welt!« ! XV. Mit Mister Brown ging in der nächsten Zeit eine , Veränderung vor, die vielleicht weniger äußerlich zu- tage trat, als daß er sie innerlich empfand. Er war mit sich selbst nicht zufrieden. Das Bild jenes Mäd- ! chens trat öfter vor seine Seele, als er es natürlich und begründet sand Wie sie da vor ihm gestanden mit dem starken Ausdruck der Ueberzeugung im Gesicht, die S Hände mit Abscheu von sich gestreckt vor dem ihrer Seele nicht zu Fassenden, daß sie mit dem Manne, ! der in ihr und ihrer Mutter Leben die tiesen Schatten ! geworfen, in persönlichen Verkehr treten oder seine ! Unterstützung annehmen solle, das hatte ihm einen ! tiesen Eindruck hinterlassen. Es war kein lieblicher, ' anmutiger, wie er ihn bei Lili empfangen, aber es lag etwas Fesselndes, Packendes, Beherrschendes in ihm, das seine verwandte Natur anzog und den Eindruck jenes holden Mädchens abschwächte. Konnte er es ihr denn verdenken? Eine mattherzige Duldsamkeit und Ergebung würde freilich die Frage ohne weiteres zu ihren Ungunsten entschieden haben. Er konnte es nicht — sind wir doch eben nur Menschen, Menschen mit den Gefühlen des Hasses, der Liebe, und eine starke Natur, wie die ihr«, mußte auch stark im Hassen sein. Aber warum haßte sie ihn?« frug er sich oft, ! hatte er ihr denn wirklich solche große Veranlassung j dazu gegeben? Daß r ihr mit der Ueberzeugung eines j ehrlichen Manne« immer die Wahrheit gesagt, ihre schrankenlosen Anschauungen bekämpft hatte, konnte sie j das so gegen ihn ausgebracht haben? Eigentlich wäre 1 dies nur dann erklärlich gewesen, wenn sie wirklich ! gefühlt hätte, daß eS die WahrhetOei, aber dies schien doch bet ihr keineswegs der Fall zu sein. — Eine« Lage« «nach« er sich auf den Weg zu dem jungen Maler, den er einige Wochen nicht gesehen hatte; unterweg« traf er Lili nrit der uuvermewltchen Klavtermapp« am Arm, die seine Begleitung, wie von einem alten Freund«, sich ohne weiteres gefasten ließ, klebrigen^ hatten st« denselben Weg.