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* * * Buchanan ans -er Flucht? Alts Haparanda an der schwedisch-russischen Grenz« wird vom 10. November gemeldet: „Die Ankunft der Mitglieder der Petersburger englischen Botschaft wird heute hier erwartet. Für die Reise südwärts wurden zwei Sonderwagen bestellt/' Ob die Enaländer. weil sie da» Spiel für UÄ Wieder 16 MV Italiener gefangen. Wien, ^0. Nov. Anstlich chird ^verlautbart: Atalicnischer Kriegsschauplatz, Der große Waffengang in Venetien führt die Ver bündeten immer tiefer in das feindliche Land. Starke österreich-ungarische und deutsche Streitkräfte stehen a» der unteren Piave. Feindliche Nachhuten sind ge worfen worden, wo sie sich stellten. Nach zehntägigen, schweren GebirgSkämpseu, die mit der Erstürmung des Monte Paralba begannen und mit der Einnahme der das oberste Piave-Tal be herrschenden Berggruppen ihren Höhepunkt erreichte«, gewann gestern die k.«. t. 94. Infanterie-Division Vigo und Pieve di Labore. Die Division, deren Kampskraft und zähes Durchhatte» die größten Schwie- ! rigkeiten überwand, brachte insgesamt 19000 Mann, 94 Geschütze und unzählige Maschinengewehre und Mtnenwerfer ein. Am Cordevole-Tal ist Agordo beseht worden. Ter Ricdcrbruch der alten italieni schen Front erstreckt sich nun auch auf das Suganer- Tal und den Ostteil der Sieben Gemeinden. Die Truppen des Feldmarschalls Conrad dringen östlich von Borgo gegen die Grenze vor und be mächtigten sich in erbitterten Straßenkämpfen der Stadt Ust a g o. An der russischen und rumänischen Front und in Albanien ist die Lage unverändert. Der Chef des Generalstabes. * * Oesterreich-Ungarn: E erniuc FricVenSPalitik ; Aus den österreichischen Plänen in der Pole«- frage folgerte man vielfach, Graf Czernin habe seine friedlichen, keine Eroberungen erstrebenden Kriegsziele aufgegeben. Dazu wird jetzt von Wien aus halbamt lich erklärt: „Die Ereignisse auf der Weltenbühne überstürzen sich, niemand kann wissen, wie nahe oder wie fern der Friede ist. Um gemeinsam mit Erfolg a,F der Friedenskonferenz auftreten zu können, müssen dik Verbündeten sich untereinander über die zu verfol genden Richtlinien klar sein. Wenn nun aus dieser Tatsache gewisse Partei«« bei ilns den Schluß ziehen, der Minister des Aeußerx habe eine Schwenkung in seiner Politik gemaäst oder stehe im Begriff, eine solche vorzunehmen, s» ist das eine grundfalsche Auffassung, welcher auf das allerenergischstc entgegengctretcn werden muß. Das Programm der k. ü. k. Regierung hat sich n i cht' um Haaresbreite verschoben. Das Ziel bleibt das selbe, baldmöglichste Erreichung ein^s ehrenvolle»' Friedens. Polen ist ein selbständiger Staat, Vte neuen Machthaber in Nubland konzedieren den: V»W Wer hat die Gewalt? Lenin oder Kerenski? Die Verhältnisse in Rußland sind so verwirrt imd die Berichte so einseitig gefärbt, daß es schwer ist, sich ein richtiges Bild über oie Lage zu machen. Die Anhänger Lenins haben in Petersburg die Macht an sich gerissen, als ihnen die gewaltsame Unter drückung durch Kerenski drohte. Kerenski hatte bereits nach einer Unterredung mit den Botschaftern Englands und Frankreichs den Befehl unterzeichnet, daß der Petersburger Arbeiter- und Soldatenrat aufgelöst werde. Gleichzeitig hatte er den General Brussilow zum Generalissimus und den General Nußki zum Füh- »er der Westarmee ernannt und alle revolutionären Soldatenorganisationcn an der Front für unerlaubt erklärt. Der von den Bolschcwiki befürchtete Putsch von rechts stand somit unmittelbar bevor. Der Petersbur ger Arbeiter- und Soldatenrat hatte leichtes Spiel, als er im Laufe des Sonntags die gesamte Petersburger Garnison zu seinem Schutze anrief. Unsicher waren eigentlich nur die in Petersburg postierten Kosaken, nämlich das erste, vierte und vierzehnte Donsche Ko sakenregiment. Da Kerenski sie verärgert hatte, er klärten sie ihre Neutralität und erleichterten damit de» ersten Erfolg des Arbeiter- und Soldatenrates. Was wird nun geschehen? Man tut gut, sich jeder Propheze -g zu enthalten. Was bisher geschah, wird nur ein Vorspiel sein zu den bevorstehenden gewal tigen inneren Kämpfen. Der Plan der Gegenrevolu tion ist längst in Moskau unter Beihilfe von London und Paris vom Miljukow-Rodsianko-Brussilowschen Ge neralstabe festgesetzt, und Kerenskis Regierung, die nicht die Kraft oder vielleicht auch nicht die Lust hatte, den Putsch der Rechten zu unterdrücken, wird jetzt Hand in Hand mit diesen Kräften gegen Lenin und seine Leute angehen. Ter Nsarsch gegen Petersburg. In einem Aufruf der Anhänger Lenins wird über die Gegenbewegung berichtet: „Die Parteigänger Kornilows, Kerenskis, Kaledins rmd andere versuchen, Truppen nach Petersburg kom- me« zu lassen. Einige Abteilungen, die sich durch Kerenskr hatten tauschen lassen, sind bereits auf die Seite des in Erhebung befindlichen Volkes überge- ireten. Soldaten! Setzet tatkräftigen Widerstand Ke- renskt, diesem Parteigänger Kornilows, entgegen. 'Eisenbahner! Haltet die Streitkräfte an, die Kerenski gegon Petersburg schickt!" Ein Reutertelegramm gibt folgendes Bild von der sic werden durch die Revolution, die infolge des ge- ringen Widerstandes rasch um sich greift, noch mehr ge- i schwächt. Selbst die Kosaken erklären sich neutral." Aus diesem Bericht ist zu ersehen, daß am 8. November die Mitarbeiter Kerenskis noch nicht ver- ! haftet waren, sondern noch Regierungstnaßnahmen tref- ! fen konnten. Großfürst Nikolaus und Kalevi». j Es verlautet, daß Großfürst Nikolai Nikolajewitsch, über dessen Verbleiben man seit Wochen nichts wußte, sich seit einigen Tagen bei dem Kosakenführer Kale- lin aufhalte, und beide auf den günstigen Augenblick , warteten, um mit den Kosaken eine neue Revolution ; j zur Wiedereinführung der Monarchie hervorzurufen. > Eine Wirkung an der Front. Wie von der finnländischen Grenze gemeldet wird, - üben die neuen politischen Wirren in Petersburg auf , die Truppen an der-Front bereits die Wirkung aus, ! daß Tausende von Soldaten fahnenflüchtig geworden sind. Moskau soll von solchen geradezu überschwemmt ' sein. ! Auf den Krieg dürfte die neueste Revolution > keinen allzugrotzen Einfluß ausüben. Die russische Ar- - mee hatte bisher schon so vollständig alle Kampflust , - und Disziplin verloren, daß ein energischer Staats- i i streich der Bvlschewiki hier nichts mehr verderben kann, i Ob nun Kerenski siegt oder Lenin, das Heer wird sich § Wohl in beiden Fällen weigern, gegen den Feind vor- > 'zugehen. . .. .. . , Tie Versprechungen der neuen Leute. ! Der allgemeine Kongreß der Arbeiter- und Sol- ; batenräte in Petersburg verspricht dem Volke in einem ! ! Aufruf: „Der Kongreß wird allen Völkern einen demo- i kratischen Frieden und einen sofortigen Waffenstill- j ; stand, der alsbald auf sämtlichen Fronten eintreten j soll, Vorschlägen. Die Macht der Arbeiter- und Soldatenräte wird ' die unentgeltliche Auslieferung der privaten, Regie- ; ! rungs- und Kirchenländereien an die Bauernausschüsse ; ! sicherstellen, die Rechte der Soldaten verteidigen unter § i Verwirklichung einer vollkommenen Demokratisierung i ' der Armee, eine Kontrolle der Arbeiter über die Er- i zeugung schaffen, die Einberufung der Verfassungs- ' § gebenden Versammlung zu gelegener Zeit sicherstellen, i ' für die Versorgung der Städte mit den Gegenständen ; i des dringenden Bedarfes sorgen und allen Nationali- i ! täten, die Rußland bevölkern, ein wirkliches Recht ga- j rantieren, ihre Zukunft zu organisieren. Der Kongreß beschließt, daß die gesamte örtliche > ' Gewalt auf die örtlichen Arbeiter- und Soldatenräte j § übergeht, die eine dauerhafte revolutionäre Ordnung ! i herzustellen haben. Der Kongreß fordert die Soldaten in den Schützen- ! ! grüben zur Wachsamkeit und Festigkeit auf. Ter Kon- j greß ist überzeugt, daß die revolutionäre Armee die. i Revolution gegen alle imperialistischen Versuche zu ! schützen wissen wird bis zu dem Augenblick, wo die > i neue Regierung den demokratischen Frieden zu- ! - stände gebracht haben wird, den sie auf direktem ! Wege allen Völkern Vorschlägen wird. Die neue Regierung wird alle Maßnahmen ergrei- ! fen, um der Armee alles Notwendige zu sichern durch i eine energische Politik per Auflagen und Steuern für , alle begüterten Klassen. Sie wird gleicherweise oie , wirtschaftliche Lage der Soldatenfamilien verbessern." . Ob von all diesen Versprechungen viel gehalten ' Werden kann? Für uns ist vorläufig die Tatsache, i daß die Politik Kerenskis gestürzt ist, ein hochwichtiges j Ereignis, das bestimmt sein könnte, den Friedensge- ! ' danken auch bet den Machthabern in den Ententelän- > ! dern zu wecken. Die englische Gesandtschaft in Stockholm erklärt, ; § eine Reise Buchanans durch Schweden sei schon seit , ! einiger Zeit für diese Tage vorgesehen gewesen; sie ; ! fei jetzt wieder verschoben worden und werde erst in ! ' drei Wochen erfolgen. ! Englische Zeitungen behaupten wieder, Lenin und > ! Trotzky seien deutsche Agenten und suchen dies mit dei weiteren Behauptung zu beweisen, Lenin heiße ir Wirklichkeit Ccderblüm und TrotzkhS rechter Nami sei Braunstein. ^militärischen Lage: „Alle Regimenter in der Umgebung Petersburgs «erhielten drahtlosen Befehl, jeden Versuch der Regie rung, Truppen zur Unterdrückung der Bewegung nach Petersburg zu schicken, zu verhindern. Die Vertreter der 5. Armee schickten den Maximalisten eine Shm- pathiedepesche. Die sogenannte Rote Garde Peters burg» ist bis auf die Zähne bewaffnet. Das revolu tionäre Milizkomttee richtete einen Aufruf an die Be- dötterung, worin es erklärt, daß eine verbrecherische Gegenrevolution im Anzüge warnt, und vor der Mo- ! btstnachuna Korntlvwscker Streitkräfte warnt. Eintae , Brücken Ver -Rewa sind abgeschlossen. In der Gegend der Botschaften der Alliierten ist alles ruhig. Li- Minister kopflos. Reuter berichtet weiter: „Am. Z..Nov.,1Uhr mittags, beschlossen die Mit glieder . der«-vorläufigen Regierung, die sich im Win terpalast.befanden, Kischkin außerordentliche Vollmach ten zu. geben, um die Ordnung in der Hauptstadt wie- derhsrzustellen. Eine der ersten Maßregeln zu diesem Zwecke war, daß Oberst Polkownikow seines Amtes als Petersburger Gouverneur entsetzt und der Ches ! des Generalstabes Bagratuni an seiner Stelle ernannt - wurde. Der Minister des Aeußern richtete ein Rund- ! schreibe» an alle Regierungskommissare im der Pro- ! vinz, in dem er sie von dem Aufstand in Petersburg ! verständigte und beauftragte, einen Aufstand in ihren ! Distrikten zu verhüten. Konowalow richtete einen Auf- ! ruf an die Soldaten an der Front, sich um die vor- ; läufige Regierung zu scharen und diese gegen den f Sowjet zu unterstützen. Das Auftreten der Regierung ! scheint ganz ohne Methode zu sein. Man fühlt deutlich, daß sie nicht Weitz, auf welche Kräfte sie sich stützen kann. Die Anhänger der Negierung sind zweifellos schwach und vielleicht nicht rasch genug organisierbar; verlvren glauben, fretwtMg gehen oder od ste voG den Leuten Lenin» abgeschoben werden, ist aus der Mel dung nicht zu ersehen. Nach Meldungen aus der Schweiz soll sich Kerenski auf dem Wege zu den Truppen befinden, die er selbst von den Fronten nach Petersburg berufen hat. — " Politische Rmwscham , ,, , Berlin, 10. November. ! — Da der Reichskanzler zur Ordnung dringen-, der Angelegenheiten einige Zeit in München bleiben mutz, wird en im Reichstag, erst am 29. d. Mt». erscheinen können. Im preußischen Abgeordneten-! Hause nnrd Graf Hertling am 3. Dezember das Wort nehmen. . ' ,. ,. :: Die Neuordnung »es Reichsamts des Annern ist nunmehr erfolgt. Das Amt zerfällt in zwei Abtei- teilungen. Die erste Abteilung umfaßt hauptsächlich, die staatsrechtlichen Fragen und ist dem Ministerial direktor Dr. Lewald unterstellt, die zweite Abteilung behandelt die Angelegenheiten der Gesundheitsfragen, der Freizügigkeit, die innere Kolonisation, das Patz wesen usw. Mit der Leitung dieser Abteilung ist einstiveilen der Geheime Ober-Regierungsrat Dammann beauftragt. — Das Reichswirtschastsamt ist jetzt ganz selbständig. „ , :: Oesterreich u»d die Pole». Bei einer Verhand lung im Wiener Abgeordnetenhaus gab Ministerpräsi dent Seidler folgende Erklärung: Falls in Zukunft —- bis jetzt ist die Frage noch nicht gelöst, — daN , Königreich Polen eine Annäherung an die Monarchie suchen sollte, so würde der österreichischen . Volksver tretung rechtzeitig eine Stellungnahme ermöglicht wer den. Die polnische Frage — möge ihre Lösung welche immer sein — könne kein Fricdenshindernis dav- stellen, weil sie eine Vergewaltigung ausschließe. Nach freier Wahl solle der polnische Staat sich . in Zukunft seine politische Orientierung suchen., ,,, :: Ter Wechsel i» den Regierungsstelle» wird zum Teil schon amtlich mitgeteilt. Der Stellvertreter dtzf Reichskanzlers Dr. Helfferich erhielt beim Ausscheide« aus seinem Amte das Großkreuz des Roten Adler ordens. Minister Breitenbach, der das Vizepräsidium im Staatsministerinnl abgibt, den Schwarzen Adlerorden Dr. Friedberg wird Staatsminister ohne besonderes ' Amt und Vizepräsident. Der Kaiser richtete an Dr. Helfferich ein besonders herzliches Handschreiben. Darin heißt es: „Ich kann in dieser ernsten und schweren Zeit . auf eine so bewährte staatsmännische Kraft wie dfe Ihrige zur Mitarbeit an der glücklichen Gestaltung unserer Zukunft nicht verzichten und rechne bestimmt « darauf, daß Sie sich zur Erfüllung besonderer Auf gaben zn Meiner Verfügung halten werden." Die Ernennung des Herrn v. Payer wird noch nicht amt lich mitgeteilt, ist aber schon erfolgt. ,, i Dr. Friedberg wird das Amt des ersten Vor- sitzenden im Zentralvorstand der nationalliberale« i Partei Deutschlands heihehalten,... , :: Nm den Grafen Tarnowski. Mit eingehender , Begründung schlug der polnische Regentschaftsrat aber mals den Grafen Tarnowfli als Ministerpräsidente» ' vor. Seine Ablehnung durch die Mittelmächte erfolgte das erstemal, weil der Graf österreichischer Staats bürger ist. Der Negentschaftsrat nimmt keinerlei staat liche Akte vor, weil der leitende Minister zur Gegen- ' Zeichnung fehlt. :. Tic verschärfte Hcrai^ichuug »er Hilfsdienst- Pflichtige». Die bisherige Registrierung genüäte nicht, um den Bedarf an Hilfsdicnstpflichtigen für die Taster j zn decken; zahlreiche Hilfsdienstpflichtige haben sich nicht g» meldet. In Zukunft soll von den Ortsbehörde« bestimmt werden können, daß alle männlichen Deut- r schen und alle im Deutschen Reiche lebenden männ- r lichen Oesterreichcr und Ungarn, die nach dem 31. ß März 18ö8 geboren sind und das 17. Lebensjahr voll-- 8 endet haben, soweit sie nicht dem Heere oder der E Marine angehören oder auf Grund einer Verfügung von Heeres- oder Marinebehörden zurückgestellt sind, U meldepflichtig gemacht werden. Ferner kau« s« bestrmmt werden, daß jeder Hilfsdicnstpflichtige auf j' Aufforderung des Vorsitzenden des Einberufungsaus- > schusses persönlich erscheinen, die ihm gestellten Frage« beantworten und sich auch einer Untersuchung durch den Arzt unterziehe» muß, der vom Vorsitzenden der Elnberufungsausschusses bestimmt wird. Jede Aen- ? derung in der Arbeitsstelle usw. soll spätestens dret ; Tage darauf dem EinberufungsauSfchuß mitgetetlt werden müssen, wobei auch alle Angaben über die ? neue Tätigkeit usw. zu machen sind. Die Richtern-- § Haltung dieser Bestimmungen wird mit Freiheitsstrafe ? bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 10 000 ML bedroht. , «