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tf. »riegSscheidunge« gibt cS nicht. Eine ener gische Mahnung im Sinne des bekannten Dichterwortes „Darum prüfe, wer sich ewig bindet", erläßt die öffent liche Rechtsschutzstelle Heidelberg. Sie lautet: „Wieder holt sind in letzter Zeit Fälle zu unserer Kenntnis gelangt, in denen kriegsgetraute Paare wieder ausein anderstrebten. Kriegsgetraut ist man eben schnell, eigene Kriegsscheidungen gibt es aber nicht, und unsere Ge setzgebung macht Scheidungen schwer. Kriegstrauungen waren ursprünglich im Hinblick auf besondere Verhält-, nifse vorgesehen, doch nach und nach sind sie leider fast zur Modesache geworden. Jeder überlege es sich Wohl, ehe er den folgenschweren Schritt tut." tf. Bekommen wir einen milderen Winter? Von geschützter Seite wird der „Tägl. Korr." geschrieben: Aller Voraussicht nach iverden wir in diesem Jahre, Ivas angesichts des Heizungsinangels eine Halbwegs frohe Botschaft genannt werden darf, keinen strengen Winter haben. Freilich ist es schwierig, genaueres vorauszufagen, da uns die Angaben unserer feind lichen Länder über deren Beobachtungen nahezu gänz lich fehlen. To kann zurzeit leider nicht die Wärme des Golfstromes bei Island und den Faröer-Jnseln wie im Golf von Mexiko angegeben werden, woraus man sonst mit leichter Mühe gewisse Schlüsse ziehen kann. Im allgemeinen rechnen aber die Wetterkun digen mit zweijährigen Zeiträumen, innerhalb deren das Wetter sich nicht ändert. Das hat sich seit den 70er Jahren unzweifelhaft bewährt. Nun hatten wir im Jahre 1914 ein Temperaturmaximum. Darauf mutzten notwendigerweise zwei kältere Jahre folgen, . und nach dieser Hinsicht Netzen in der Tat die Winter 1915 und gar 1916 wahrlich nichts zu wünschen übrig. Stimmt die Annahme der zweijährigen Zeiträume, so mutz sich die Wärmekurve nun wieder aufwärts bc- wegen, mit anderen Worten, der Winter 1917 mutz weniger kalt sein. Es ist äußerst selten, daß drei strenge Winter hintereinander folgen. Daneben rechnet man übrigens auch mit 11 jährigen Zeiträumen im Zusammenhang mft der Häufigkeit der Sonnenflecken. 1912—1919 hatten wir ein Sonnenfleckminimum: dar- auf mutz spätestens nach 4 Jahren ein Wasserstand- ! maxtmum und damit ein Temperaturaufschwung folgen. > Auch aus dieser Berechnung ginge hervor, datz der nächste Winter erträglich wird. — Aber, da gegen- i wärtig die ganze Welt aus den Fugen geht, — weiß man, ob diese Berechnungen stichfest sind? tf. Die Zukunfts-Schuhe. Ueber die Art und die Qualität, in der bei der Lederknappheit zukünftig das ! notwendige Schuhwerk hergestellt werden soll, werden cn dem Organ der Schuhhändler Münchens einige Mit- i teilungen gemacht. Es werden nur noch drei Gruppen oon Herren- und Frauenschuhen hergestellt werden. , Ein grober, ein mittlerer und ein besserer Stiefel. ! Der mittlere wird aus Papiergewebe mit Lederbesatz ! und Sperrholzsohle hergestellt, während die übrigen ' zwei aus Segeltuch, Leinenstoff oder altem Filz mit ! Lederbesatz und gewöhnlicher Holzsohle bestehen werden. ! Die Zuteilung wird in Zukunft wesentlich einfacher sein. Der Preis wird dem Hersteller in einem gewissen ; Spielraum vorgeschrieben, wodurch ziemlich einheitliche ! Preise für das ganze Deutsche Reich geschaffen werden. tf. Der Zar auf der Flucht vor der neuglertgen Menge. Einem Petersburger Telegramm zufolge schlägt ' der Regierungskommissar, der nach Tobolsk entsandt ist, vor, das Quartier der Zarenfamilie nach einem neuen, mehr abseits gelegenen Orte zu verlegen, da sie auch in dem Kloster, in das sie kürzlich übersiedelte, nicht in Ruhe leben könne. Eine große Menschen menge belagere ununterbrochen das Kloster, singe und verrichte kniefällig Gebete. Die Ueberführung des Zaren sei auch dadurch geboten, daß die Soldaten, die den Zaren bewachen, durchaus unzuverlässig seien. tf. Eine ständige Ausstellung von Papiergewebcu und daraus hergestellten Gegenständen wurde für Groß einkäufer in Berlin eingerichtet. Der große Erfolg der Breslauer Papiergemebe-Messe hat erwiesen, von welcher Bedeutung die neue Industrie für unser Wirt schaftsleben, für die Kriegswirtschaft und darüber hinaus fein wird. Der Gesamtumsatz in Papiergeweben und daraus hergestellten Gegenständen "wird schon jetzt aus eine Milliarde geschätzt. tf. Ein neuer Elbe-Oderkanal. Handel und In- - dustrie in Niederschlesien bemühen sich stark für einen Kanal, der bei Mühlberg an der Elbe beginnen, an der sächsisch-preußischen Grenze entlang führen (über Ruhland nach Hohenbocken), östlich von Senftenberg nach Norden abbiegen und bei Gohatz in den Schwieloch- see einmünden soll. Bei dem Dorfe Aufhalt soll der Kanal nach Ueberschreitung von Queis und Bober in die Oder einmünden. Die Kosten der ganzen Anlage wer den auf 55 Millionen Mark geschätzt. In den letzten Jahren hat in den Kreisen Hoherswerda und Rothen burg die Industrie einen mächtigen Aufschwung ge nommen. Es sei nur an die neuangelegten Kohlen bergwerke im Kreise Hoyerswerda, an die Glas-, Holz- und Tonindustrie der beiden Kreise erinnert. Die Frauenrechtlerin. Roman oon Heinrich Köhler. <I7. Fortsetzung.) „Lernen Die doch aiuy bet ihr Klavier spielen/ j sagte Mister Brown mit gutmütiger Ironie. i „Ich besitze nicht die Ungeniertheit wie Sie, und würde auch diesen Vorwand gar nicht brauchen können, i weil ich es schon leidlich Vann." „Nun, dann müssen wir etwas anderes finden? i Er blickte ein Weilchen zu dem Mädchen hinüber. „Wi< ! hat Ihnen Fräulein Stark gefallen?" Im Stillen hatte > er schon seine Betrachtungen angestellt über ihr heut« ! so verändertes mädchenhaftes Wesen. „Eine sehr liebenswürdige Dame, sie hat mit mir ! viel über Kunst und mit einem für ein junges Mädchen i selten verständigen Urteil gesprochen," sagte Edmund ! Nagel. „So — so! Wenn es Ihnen recht ist, wollen - wir hinüber gehen, ich habe die jungen Damen noch nicht begrüßt." Sie traten zu der Gruppe, bei welcher der Jn- ! genieur von feiten der beiden Freundinnen mit großer ! Freundlichkeit, von Helene nur mit einem kurzen, steifen Kopfnicken begrüßt wurde. „Ein reizendes Bild," sagte er neckend, „wenn ich . Paris wäre, ich wüßte nicht, welcher ich den Apfel ! reichen sollte. Wissen Sie's vielleicht, Rafael?" Dieser errötete und wandte sich ab. § „Nun, Fräulein Lili, Sie sind ja heute beinah« , zur Rose geworden," sagte er zu Lili, er stand, offen- ' bar auf dem besten Fuße mit ihr. „Heute mögen Sie mich necken," entgegnete dies« mit ihrem reizenden Lächeln, „aber morgen in der Stunde werde ich mich dafür mit um so größerer Strenge rächen." „Dann ist es nur gut, daß es' die vorletzte ist und ich mein Pensum schon verstehe." „Wir haben eben beraten, was wir mit unseren Blumengewinden hier nun anfangen sollen," bemerkt« Lilis Freundin. Sie war ein schlankes, munteres brünettes Mädchen, das mit Lili ein Herz und ein« Seele schien. „Jetzt können uns die Herren vielleicht aus der Verlegenheit Helsen." „Ich schlage vor, wir schmücken den jungen Künstler mit dem Kranze," sagte Helene Stark, „das würd« die schönste Anwendung dafür sein." „Ja, ja," meinten die Mädchen, nur der Maler protestierte. „Lieber Freund, bescheiden sind bekanntlich nur die Lumpe, das Wort ist freilich von manchem Lump schon gemißbraucht worden, aber hier ist kein An tonio wie in Goethes „Tasfo", der Ihnen den Kranz neidet." „Ich verdiene ihn nicht," sagte der Maler, befangen zurücktretend. „Ter Kranz ist Ihnen aber einmal zugedacht, sc will ich einen Vorschlag machen, der Ihr zartes Ge wissen beschwichtigt. Sie sollen Gelegenheit bekommen ihn sich nachträglich zu verdienen. Was meinen Sie holde Lili, wenn er dies an Ihrem Bilde täte?" Lili errötete. „O, es ist ja nur ein Scherz!" „Wenn Sie es mir erlauben wollten," sagte der Maler schüchtern, „es wäre für mich ein Vergnügen — ein Glück — eine Uebung." „Und zugleich ein prächtiges Familienstück," setzt« Mister Brown hinzu, „denn natürlich bleibt das Bild in Ihrem Besitz." „Gewiß, ich faßte es nicht anders auf," sagte der junge Maler. Lili wußte in ihrer Verlegenheit keine Antwort, aber ihre Freundin sagte: „Ach, das finde ich ja reizend!" „Jedenfalls müßten wir meine Mama erst um ihre Zustimmung fragen," meinte Lili. „Natürlich, das soll geschehen, und sie wird sie uns nicht versagen," bemerkte Mister Brown. „Und nnn, Rafael, sperren Sie sich nicht länger, knien Sie nieder und lassen Sie Ihren blonden Apollokopf be kränzen!" Er konnte sich nicht länger weigern, er mußte es tun Aber nun entstand die Frage, welche von dey Damen ihm den Kranz aufsetzen sollte Lili sollte es tun, aber sie zeigte eine verlegene Miene. „So schlage ich vor," sagte Helene heiter, „daß wir alle drei den Kranz anfassen und so gemeinsam Herrn Bagei denselben aufsetzen, wogegen er gelobt, sich jederzeit desselben würdig zu erweisen." So geschah es. „Die Grazien, den Jünger Apolls weihend. Jetzt, Rasael, sind Sie gefeit." Nachher wurde von Frau Börner noch die Er laubnis erbeten, daß Edmund Lili malen dürfe. Sie machte erst Einwendungen, aber der Ingenieur wußte sie alle durch seine humoristischen Entgegnungen zu besiegen. Dann ging das muntere Völkchen in den Saal, um die Festesfreude des Tages durch ein Tänz chen zu beschließen. Der junge Maler war entzückt, denn das gab Gelegenheit, sich Lili zu nähern, sie tanzte so leicht und graziös wie eine Elfe, wie mit der Musik in einem Rhythmus verschmelzend. - Helene Stark hatte einmal mit dem Maler und dann mit Lilis Bruder getanzt, sie war fast aus gelassen heiter gewesen. Jetzt lehnte sie mit ver schränkten Armen an den Pfosten der geöffneten Tür und Mister Brown, der bereits mit Lili und deren Freundin sich im Reigen gedreht, trat an sie mit einer Verbeugung heran. „Dars ich bitten, Fräulein Stark?" „Ich danke," sagte sie kurz, fast feindselig; „ich tanze nicht mehr." „Aber Sic taten es doch eben noch?" „Jcdensalls ist das kein Grund, der mich verhin dern könnte, es von jetzt ab nicht mehr zu tun." „Vc-ry weil, meine Lady. Erlauben Sie mir zu bemerken, was ich für meine Schuldigkeit hielt. Ich glaubte, daß wir für den heutigen Tag geselligen Beisammenseins das Kriegsbeil begraben hätten und Ske sich allenfalls damit vegnageu waroe«, ewige Pfeile zur Verioendung bei passender Gelegenheit zurück zu behalten." „Wenn es Ihr Gewissen als höflicher Gentleman beruhigt, so stelle ich Ihnen hiermit das Zeugnis aus, daß Sie Ihre „Schuldigkeit" vollständig erfüllt haben. Im übrigen, was die Pfeile anbelangt," setzte sie stolz hinzu, „verschmähe ich kleinliche Mittel." „IVell, ich weiß, der Ttrailleurkampf init leichten Pfeilen ist nicht genügend für Sie, Sie lieben di« wuchtigen — Schläge." Damit trat er mit einer ironischen Verbeugung von ihr fort, das Mädchen mit einem Gefühl des Zorns, der Scham zurücklassend, in dem unwillkürlich ihre Hand sich ballte. Es war schon dunkel, als die Gesellschaft wieder ! von dem Kahn zurückgeführt wurde. Der Abend war § des Tages würdig, er war still und warm. Wie eine goldene Scheibe stieg der Mond über dem Wasser empor, und das Firmament war übersät von den blin kenden Himmelslichtern. Aus einem in der Ferne Vvr- überziehenden Kahn tönten gleich Aeolsharsenklängeu hertibergetragen die weichen Akkorde einer Guitarre i und singende Menschensttmmen, und wie zum Accom- ! Vagnement stimmte gleich darauf eine Nachtigall in ! dem Fliedergebüsch am User ihre sehnsuchtsvollen - Weisen an. Und zu den leise schwankenden Bewegungen des Kahnes klang der taktmätztge Ruderfchlag und das jedesmalige Ausglucksen des Wassers wie eine einschlä fernde, monotene Melodie. Es wurde nicht viel gesprochen, wenn das Herz mit dem Pulsschlag der Natur zusammenklingt, dann fehlen die Worte, und nach einem froh durchlebten Tage überläßt man sich gern der Beschaulichkeit. Der ' Maler sqß neben Lili, die ein Tuch um die runden, j durch das dünne Sommerkleid nur leicht verhüllten ! Schultern geworfen hatte. Einmal entglitt es ihr, und ihr Nachbar sing es auf, dabei berührten sich ihre Hände, und er zuckte zusammen und hielt einen kurzen, ganz kurzen Augenblick die warmen Finger fest. O süßes Glück der Jugend und der Liebe — selige Maien nacht! Am Ufer angelaugt, ging die Gesellschaft paarweis den Weg nach Hause. Dabei fügte es der Zufall, daß Mist«! Brown an die Seite Helenes kam. „Bedauere aufrichtig, mein Fräulein, daß Sie mich aus gesellschaftlicher Rücksicht nun noch ein kurzes Weil- chen an Ihrer Seite dulden müssen," sagte er spöttisch „Ist durchaus unabsichtlich geschehen. Indes bin ich jeden Augenblick bereit, wieder meine — Schuldigkeit zu tun. Wenn Sie also meinen Arm befehlen sollten „Der Steg bietet Raum für uns belde," ant wortete Helene kalt, „aber auch in diesem Falle ent binde ich Sie Ihrer gesellschaftlichen Pflicht — näm lich für eine Unterhaltung zu sorgen." j „Schade drum — ich hätte solchen Speech mit Ihnen sehr belehrend gefunden," entgegnete er spöttisch. Die Feindschaft schien jetzt gegenseitig zu kein. Dann verabschiedete sich Lilis Freundin von der Gesellschaft, der junge Börner brachte sie nach Hause und hatte ihr dazu höchst praktisch den Arm geboten, j Der Ingenieur rief ihm noch zu: i „Wenn wir uns morgen und übermorgen nicht ! sehen sollen, so vergessen Sie die Verabredung nicht, ! mein junger Beethoven." „Wird alles bestens ausgesührt werden," antwortet«' ! Vieser lachend und ging mit seiner Dame davon. Der Maler hatte natürlich nicht das Herz gehabt Lili den Arm zu reichen, er ging immer zwe> Schritte entfernt- von ihr an ihrer Seite, meist au; ven Steinen neben dem Trottoir, als ob dieses nicht für beide Platz geboten hätte. Dabei sprach er nur wenig, und wenn er es tat, das nichtssagendste Zeug oon der Welt, daß er sich immer über sich ärgerte und, um es wieder gut zu machen, regelmäßig eine neue Dummheit sagte. Lili aber schien das nicht zn merken, beachtete es in ihrer kindlich harmlosen Weis« auch Wohl wirklich nicht. Endlich vor der Tür ihres Hauses faßte er sich noch einmal ein Herz, indem er sie um eine der Blumen bat, die sie in der Hand trug, zur Erinnerung an den schönen Nachmittag, wi' er sagte. Lili gab sie ihm ganz unbefangen — mehr al» eine. Und dazu bemerkte sie: „Es ist ja nur eine sehr geringe Abschlagszah lung für die Mühe, der Sie sich mit meinem Bild« unterziehen wollen." „O, es ist keine Mühe, es wird ein Genuß für mich sein, lind wann darf ich kommen und beginnen?' Sie bestimmte ihm nach einigem Nachdenken einer Tag in der nächsten Woche und gab ihm dann freund lich die Hand. Er hatte nicht den Mut. die gebotenen Finger zu küssen, nicht einmal unter dem Schleier der Nacht. Dann brachten die beiden Herren zuletzt noch Lilis Tante, Frau Wernicke, deren Weg noch weiter ging nach Hause, und als sie sich dann trennten, hatte Mister Brown auch noch eine Mahnung sür den junger Maler. „Also Sonnabend früh, Rafael, Sie werden's nich! vergessen?" „Ich komnie — Gute Nacht," sagte dieser eilig Es schien fast, als fürchtete er noch irgendeine Spötterei „Und lassen Sie die holde Lilie wenigstens im Traum zufrieden. Sie werden nun bald besser« Ge legenheit finden, sich in das große Geheimnis Shm Pathic einzuführen. Gute Nacht, Rafael!" Dieser war schon längst ein Stück davon. Ihm war das Herz so voll voll Lust und Weh — ja, dft Liebe macht Schmerzen. (Fortsetzung folgt.) Sparkasse zu Dippolbirwaler. Leyeditionr-Stunden: Sonntag«: nur am letztrn Soni tag de» Monat» von V'2-'/»4 Ulr, an allen Wochentagen o '/> bl» 12 Uh» und 2 bl» >/»5 Uh«, Sonnabend» ununitrbro».-» na» l/,4 bi« 2 Uhr. Feldabonnimmt bei täglicher Zusendung monatlich l Mark.