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83. Jahrgang Sonnabend den 27. Oktober 1917 abends Nr. 251 Beilage W Mchkritz-IMms Amtliche Bekanntmachungen. Rnivgsunlvnslüßrung kein. Die Auszahlung der Unteestützungsgelder erfolgt bereits AS" Dknstsg den 30. d. M. nachchmittags vo« 3 bis 1/2S Ahr. Wertmarken werden am gleichen Tage von '/23 bis 3 Ahr angenommen. Stadtrat Dippoldiswalde. . " Sparkasse zu Dippoldiswalde. Einlegerguthaben 835V00V Mart. Geschäftszeit: Werktags 9—1 und >/23—4 Uhr, Sonnabends ununterbrochen 9 bis 2 Uhr, sowie jeden letzten Sonntag im Monat 1/22-1/24 Uhr. Tägliche Verzinsung nach jährlich 3^ 0. H. Alle Einlagen werden vom Tage nach der Einzahlung bis zum Tage vor der Rück zahlung verzinst. Aufbewahrung mündelsicherer Wertpapiere. Dank -es Landesausschuffes Stadtkinder aufs Land. Nach 7monati»em Bestehen ist die diesjährige Arbeit des unter der Lchutzherrschaft Er. Majestät des Königs stehenden Landerausschusses im großen und ganzen beendigt: Aeber 25V0V erholungsbedürftige Stadtlinder im Alter von zumeist 10—14 Jahren aus allen Teilen des Königreichs haben die große Wohltat eines Landaufenthalts ge nossen. Nach allen vorliegenden Berichten ist der Zweck der Unterbringung der Stadt- tinder auf dem Lande voll und ganz erreicht worden. Biele Tausende von besorgten Eltern, besonders aber von bedrückten Kriegersrauen und -Witwen haben ihre Lieblinge rotbäckig und frisch wieder in die Arme schließen können. Die Kinder, die oft 3 Mo nate und darüber auf dem Lande geweilt haben, sind des Entzückens voll; nicht nur über die ihnen aus mitfühlenden Herzen heraus gebotene reichlichere Ernährung (be- merlenswerte Gewichtszunahmen sind die Regel), sondern auch über di« Herz- und geist- erfrischenden Eindrücke de» Landlebens. So begrüßenswert es ist, daß die vom Landaufenthalt zurückgekehrtrn Kinder der hie und da noch bestehenden Meinung ein Ende bereiten werden, al» ob der Land mann noch im Ueberlluß schwimme, so erfreulich lautet die andere Kunde, daß die ländlichen Gastgeber, ob reich ob arm, ob hoch ob niedrig, in geradezu rührender, leibstausopfernder Weise sich ihrer Pfleglinge angenommen haben. Was die mit Arbeit und Sorgen überhäufte Landwirtschaft der Stadtbevölkerung in diesem Jahre an ihren Kindern an Segensreichem erwiesen hat, daß darf, das wird nicht vergessen werden. Die Erwartung Sr. Majestät des. Königs, daß die ländliche Bevöl kerung sich der erholungsbedürstigen Stadtkinder gern annehmen werde, ist glänzend gerechtfertigt worden. Dem Unternehmen ist daher neben der Erfüllung seines Hauptzwecks eine zweite wesentliche Wirkung nicht versagt geblieben: die derzeit doppelt nötige Annäherung von Stadt und Land und die Erweckung der Liebe zur Scholle. Ls ist dem Landesausschuß ein Herzensbedürfnis, die sächsische Landwirtschaft für die bewiesene Opferfreudigkeit seines wärmsten Danke» zu versichern und sich da mit zugleich zum Dolmetsch des Gefühls tiefer Erkenntlichkeit zu machen, das die städtische Bevölkerung für die ländlichen Gastgeber ihrer Kinder beseelt. Alle hilfsbereiten Land bewohner aber genießen den schönsten Lohn für ihre Hilfe durch bas frohe Bewußt sein, dem Baterlande in schwerer Stunde einen neuen Dienst geleistet zu haben. Weiter soll all der vielen Helfer ln Stadt und Land, die dys segensreiche Werk durch Uebernahme mühevoller Organisalions- und Werbetätigkeit gefördert haben, in Dankbarkeit nicht vergessen sein. Der verständniseifrigen Mithilfe besonders der Geist lichkeit und Lehrerschaft hat der Landesausschuß viel zu verdanken. Ein eingehender Bericht über die Gesamtergebnisse des ersten Jahre» der Land aufenthaltes unserer Stadtkinder wird noch verösfentlicht werden. Der Landes- ausfchuß betrachtet seine Aufgabe jedoch nicht als abgeschlossen. Solange nicht der goldene Frieden den ernährungswirtschaftlichrn Nöten des deutschen Bölkes ein Ziel gesetzt hat, wird unsere Stadtjugend vertrauensvoll zu der Landbevölkerung aufblicken, wenn auf entbehrungsreiche Wintermonate der Frühling folgt. Sie ist gewiß: Ein neuer. Ruf im nächsten Frühjahr an Sacksens Väter und Mütter auf dem Lande wird nicht «ngehört verhallen! Stadtkinder aufs Land, Landesausschuß für das Königreich Sachsen. Frau Staatsminister Gräfin Vitzthum v. Eckstaedt, Vorsitzende. Große« Hauptquartier, 26. Oktober I9l7. Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des General-Felomarschalls Kronprinz Rupprecht von Bayern. Längs der ganzen Front in Flandern war gestern und während der Stacht der Artillertekampf lebhaft. Be sonders heftig war das Feuer vom Houthoulster Walde bis Hollcbeke. Dort steigerte es sich morgens zum Trommel feuer. Nächtliche Teilangrifse der Franzosen und Eng länder scheiterten überall vor unseren Linien. Nach Sen bisher eingegangenen Meldungen sind nach Hellwerdrn an mehreren Stellen der Front Angriffe des Feindes erfolgt. Heeresgruppe des deutschen Kronprinzen. Nach starker Feuervorbereitung stießen die Franzosen gestern von den Nordhängen des Chemin des Dames in den Aiilettegrund vor. Der Angriff traf gegen die in der vorhergehenden Nacht an den Südrand des Waldes von Pinon herangeschobenen Bortruppen, die nach kurzem Kampfe aus das Nordufer des Oife—Äisne-Kanals zurück- genommen wurden. Es gelang dabei nicht, da» vor den letzten Kampftagen in den zerschossenen Wald von Pinon eingebaute Eeichützmaterial völlig zu bergen. An den übrigen Stellen des Kampfseides wurden nach erfolgreicher Abw.hr des feindlichen Stoßes unsre Linien plangemäß hinter den Kanal bei und südlich von Cha- pignon zuräckveeiegl. Mehrfach versuchte der Gegner, die Kanalnirderung zu übcrschieiten. Er wurde von unseren Kampftruppen überall zurückgeworfen. Auf dem Ojtuser der Maas stürmten Truppen nieder- säckfischer Bataillone mit Flammenwerfern in mehr als 1200Meter Breite die französischen Stellungen im Chaume- walbe, überwältigten die Besatzung und brachten Gefan gene zurück. Mehrere zur Wiedergewinnung feiner Gräben vom Feinde geführte Gegenangriffe brachen ergebnislos blutig zusammen. Bei den übrigen Armeen kam cs bei Sturm und Regen zu zahlreichen Gefechten von Lrkundungs- abteilungen. Vom östlichen Kriegsschauplätze und von der mazedo nischen Front sino keiire wesentlichen Ereignisse gemeldet. Italienische Front. In Ausnützung des Durchbruchserfolges bei Flitsch und Tolmain sind unsre Divisionen über Karfeit und Romzina hinaus im Vordringen. Die Truppen des Nordflügels der 2. italienischen Armee lind, soweit sie nicht in Gefangenschaft gerieten, geworfen und im Weichen. In unwiderstehlichem Vorwärtsdrängen überschritten die deutschen und österreichisch-ungarischen Regimenter, in Leistungen wetteifernd, die ihnen gesteckten Ziele und warfen den Feind aus den starken rückwärtigen Höhen stellungen, die er zu halten versuchte. Unter unserem Drucke begannen die Italiener auch die Hochfläche von Lainfezza—Heiligengeift zu räumen. Wir kämpfen vielfach bereits auf italienischem Boden. « Die Gefangenenzahl ist auf über 30 000 Mann, dabei 700 Offiziere, die Beute auf mehr al» 300 Geschütze, dar unter viele schwere, gestiegen. Klares Herbitwetter be günstigte gestern die Kampfhandlungen. Der Erste General-Quartiermeister. Ludendorff. Die abgelehnte Vertrauensfrage. Rom, 26 Oktober. (Agenzia Stefani) In der Kammer erklärte Boselli, die Tagesordnung Callaiui annehmen zu wollen. Sie besagt: Die Kammer billigt die Erklärung der Regierung und geht zur Abstimmung über das pro visorische Zwölftel über. Boselli zerlegte die Abstimmung und stellte bezüglich des ersien Teiles der Tagesordnung die Vertrauensfrage. Diese wurde in namentlicher Ab- siimmung mit 3 >4 gegen 96 Stimmen bei 5 Stimm enthaltungen abgelehnt. Wie man in Englanv Stimmungsmache betreibt. Ein beachtenswertes Beispiel für die glänzende Disziplin, mit der nahezu die gesamte englische Presse den seit der zweiten Septemberhälfte mit allen Mitteln einer großzügigen politischen Propaganda ins Werk gesetzten Werbefeldzug der Negierung unterstützt und die gesunkene Siegesstimmung der Bevölkerung zu neuer Siegeszuversicht aufzumuntern bemüht ist, liefert unter anderem die in den unteren Schichten Englands weit verbreitete Londoner Wochenschrift „John Bnll". Ihr Herausgeber, der höchst anrüchige Hctzapostel Horatio Bottomley hat noch bis vor gar nicht langer Zeit allwöchentlich das Kabinett Lloyd George, Heereslei tung und Luftverteidigungsamt in den schärfsten Aus drücken angegriffen. In richtiger Einschätzung seiner Neklamesucht hat man ihn daraufhin an die flan drische Front reisen lassen, wo er auch mit Sir Douglas Haig „konferiert" haben will — jedenfalls ist er seit seiner Rückkehr wie umgewandelt und verheißt sei nen Lesern ein nahes siegreiches Kriegsende. Am 13. Oktober schreibt er über seine an der Front gewonnenen Eindrücke unter der vielverheißenden Ueberschrift: „Was ich nicht erzählen darf": Ich würde meinen Lesern gern das Datum und die Um stände erzählen, unter denen Haig das Ende des Krieges erwartet. Aber das würde dem Feinde einen Wink über Zeit und Ort der fürchterlichen Schläge geben, die ihm noch bevorstehen. Indessen komme ich der Wahrheit so nahe wie möglich, wenn ich sage, daß, HatgS Vertrauen auf einen vollständigen und bal digen Sieg durch nichts verändert ist. Sie müssen schon zwischen den Zeilen zu lesen verstehen, wie unsere Jungens den Feind zu Hackfleisch verarbeiten werden! Ick möchte Ihnen gern mehr über die jetzt für den endgültigen Vorstoß in Reserve gehaltenen Truppen sagen. Ich habe Ihnen van nordindischen Stämmen erzählt, denen ich auf dein Somme-Schlachtfclde begeg net bin und Sie baben alle von den afrikanischen ! i j j ! * * Das leichtgläubige englische Publikum wartet nun schon wieder 14 Tage auf die nach versprochenen Er folge. Wie es statt dessen ausficht, schildert der Nor weger Nörregard im „Morgenbladet" (Christiani«) folgendermaßen: „Am 12. Oktober begannen die Engländer den fünften großen Vorstoß in der dritten Flandern- schlacht. Aber zum erstenmal während dieser Schlacht konnte Haig die stereotype Meldung nicht bringen: Alle ausgestellten Ziele wurden erreicht. Er mußt« statt dessen erklären: Es wurde beschlossen, keine wei teren Anstrengungen zu machen, um unsere endgültigen Ziele zu erreichen. Das war des Regens schuld: Es ging wie au der Somme: die Offensive blieb stecken in Blut und Morast, wie die Deutschen triumphierend melden konnten. Wetter und Boden hatten sich auf die Seite der Verteidiger gestellt, die damit den Sieg davontrugen. Die Geländeverhältnisse und die Be schaffenheit des Erdbodens auf dem Schlachtfeld in Flandern sind viel schlimmer als an der Somme. Auch dort war der Boden fchlammia aenua, aber iy Arbeiter-Abteilungen gehört. Aber wenn die große Nachricht kommt, wie wir den Feind Hals über Kopf nach dem Rhein getrieben haben (immer vorausgesetzt, daß er nicht vorher nachgibt) — dann werden Sie von gewissen Reichstruppen hören, die jetzt begierig aufs den Tag warten. Ich würde Ihnen gern sagen, wieviel^ amerikanische Soldaten jetzt an der Westfront ausge-f bildet werden, wieviele jede Woche ankommen — un« wieviele vor Weihnachten frontbereit sein werden. Ich« würde gern davon sprechen, wieviele Flugzeuge unw Führer Amerika unferer Luftarmee vor Weihnachten hinzufügen wird. Ich würde Ihnen gern sagen, wis-j viele U-Boote wir im September versenkten ode« fingen. Ich würde Ihnen gern sagen, wo das britisch«: Hauptquartier ist, sowie, welche Anstrengungen derj Feind macht, seinen Platz festzustellen, und welches wunderbare Findigkeit angewandt wird, um diese Ab sicht zu vereiteln — und schließlich möchte ich Ihnen: gern sagen, was mir ein deutscher Offizier erzähltes Was ich sagen darf: „Der Krieg ist gewon^ nen, und das Ende ist in Sicht. Allem Gerede vomj Anbruch der schleckten Jahreszeit und ähnlichen, Ge-i Wäsch zunr Trotz behaupte ich dies mit größter Entschie denheit, und wenn Winston Churchill kürzlich noch davon gesprochen hat, daß nur noch eine dünne Wand die Deutschen von dem völligen Zusammenbruch trennt^ so darf ich meinem ehrenwerten Freund die abso lute Versicherung geben, daß der kritische Augenblick nunmehr da ist und der Zusammenbruch unmittelbar bevorsteht. Die U-Bootgefahr ist bezwungen. Tas mag übertrieben klingen; aber laßt euch mal erzählen, wie viele U-Boote wir in der vorigen Woche versenkt oder abgefangen haben! Die Luftgefahr ist fast vorüber. Abgesehen von unseren wunderbar vervollkommneten Verteidigungs- mitteln, für die wir Lord French (dessen sofortige Ab setzung Bottomley noch am 21. Juli lärmend for derte ! D. Ned.) verpflichtet sind, wird die Politik der Vergeltungsmaßregeln den Luftbesuchqn der Hun-) nen bald ein Ende bereiten." Ä Ä