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«e auch nicht, sei ven zukünftigen Frievensver- Handlungen die Leitung dem in vielen Beziehun gen höchst ungern gesehenen Bundesgenossen Amerika zu überlassen. Denn darüber sind die Engländer sich klar: Amerika verfolgt seine eigene Politik, und das kommt ganz besonders in dem amerikanischen Entschlusse zum Ausdruck, die amerikanische Handelsflotte auf Kosten von England «nd Frankreich zu vergrößern." ** SchlaL^tterexplosio«. In der Zeche Minister Achenbach bei Branibauer erfolgte eine Schlaglvetter- explosion. Ms jetzt sind sechs Lote geborgen. "Rußlands Regierung trägt sich mit dem Gedanken, «Sibirien, das Land der Zukunft, an einen Bundes genossen (wahrscheinlich Amerika) zu Verkäufen. Das Anwachsen der Anarchie. fl Lie Anarchie i« Rußland. Die Londoner „Times" berichtet aus Petersburg: „Eines der beunruhigendsten Symptome ist das fort dauernde Anwachsen der Anarchie. Die Nachrichten aus der Provinz werden täglich schlimmer. Die Bauern beniächtigen sich nicht allein des Landes, sondern auch der Häuser und des Viehs der Gutsbesitzer. Während in Petersburg das Leben wenigstens äußerlich beinahe normal verläuft, herrscht nicht iveit davon unter der Oberfläche ein anderer Zustand. Die Miliz sucht nach 18000 Verbrechern, die in Petersburg entsprun gen sind. Die Zahl der verdächtigen Häuser und Nacht klubs hat sich unsäglich vermehrt. Es wird übermäßig gespielt. Die Unsicherheit der Zukunft und die ! Nachlässigkeit der Miliz, die für Ordnung sorgen soll, tragen dazu bei, die Moral zu untergraben." * * * Unruhen im Süden. Die „Times" meldet aus Odessa in Südrußland: Ernste Unruhen brachen in Beßarabien aus. Eine Anzahl von Pogromen fanden in den Land'be- zirken statt, sowie ernste Tumulte in verschiedenen Städten infolge des Mangels an Lebensmitteln. Politische Rundschau. — Berlin, 18. Oktober. — In Kiel ist Frau von Esmarch, geborene Prin zessin Henriette zu Schleswig-Holstein im 84. Lebens jahre verschieden. Sie war eine Tante unserer Kai serin und Witwe des berühmten Chirurgen Pros. Dr. v. Esmarch. — Mittwoch abend schiffte sich der Deutsche Kai ser nach den Dardanellen ein. :: Eine „deutsch-Polnische Bereinigung". Wie die „Gazetta Poranna" aus Warschau meldet, sind gegen wärtig zwischen den Warschauer Polenführern und her vorragenden deutschen Politikern aller deutschen Par teien Verhandlungen im Zuge, die die Gründung einer deutsch-polnischen Vereinigung nach den: Muster der deutsch-bulgarischen und deutsch-türkischen Vereinigung zur Pflege gemeinsamer freundschaftlicher Beziehungen bezwecken. :: Zur Neuorientierung. Wie die Neugestaltung der politischen Verhältnisse in Preußen aussehen wird, ist vor dem 6. November vermutlich Gegenstand eif rigsten Rätselratens. Ein Stückchen Andeutung macht die „Deutsche Tageszeitung": „In der Vorlage über die Umgestaltung des Herrenhanses dürste auch die Frage der jetzt geltenden Berufung auf Lebenszeit ! ihre endgültige Entscheidung dahin finden, daß diese Berufung auf die aus königlichem Vertrauen Berufe nen beschränkt bleibt, während für alle aus Wah len hervorgegangenen Mitglieder fünfjährige Wahl zeiten in Betracht kommen. Das Herrenhaus wird in seiner geplanten Neugestaltung größere Aufgaben zu , erfüllen haben und daraus werden sich längere Tagun- > gen ergeben. Es muß daher auch die Frage der ! Gewährung von Anwesenheitsgeldern für die Mit- j glteder eine Regelung erfahren." ! :: Ein neues Handelskammergesetz steht in Preu- ! tzen in Aussicht. Danach soll der Minister die Abgren zung der Bezirke bei Neugründungen bestimmen, dann soll auch der Kleinhandels-Interessen gedacht wer den. In Zukunft sollen die Handelskammern aus min destens zwei Gruppen bestehen: 1. Handel, 2. In- ! dustrie. Für beide Abteilungen finden besondere Wahlen statt. Wo verschiedene Interessen vorliegen, da soll die Angelegenheit zunächst von den einzel nen Gruppen vor beraten werden. Jede Gruppe soll : verlangen dürfen, wenn sie abweichender Meinung ist, daß diese Meinung den Behörden vorgelegt wird. Außer den beiden gesetzlich bestimmten Gruppen sollen statutarisch vorhandene Gruppen, z. B. für Bergbau, Schiffahrt usw., gebildet werden können. Für den j Kleinhandel werden ebenfalls besondere Abteilun gen mit besonderen Wahlen geschaffen. Besondere Kleinhandclskammern will die Negierung aber unter keinen Umständen einführen. Neben der Abteilung für Kleinhandel wird noch ein besonderer Fachaus schuß für Kleinhandel bei jeder Kammer mit eige nem Statut gebildet werden. Hinsichtlich der Besteue rung wird den Handelskammern größere Freiheit gegeben werden. Sie sollen bis zu 12 Prozent (!!) (jetzt 10 Prozent) der Gewerbesteuer Beitrag erheben können und bei höhern Beiträgen hat der Minister das Nnchprüfungsrecht nur bei Beschwerden der In teressenten. Selbständige Frauen erhalten das aktive Wahlrecht. * * * Niedcrlar.d: Englische Verbote. k Die Neutralen müssen tun, was England will. Die Niederländisch-indische Presse-Agentur meldet aus Batavia (holländisch!), daß die Ausfuhr von Reis aus Rangun nach den Niederlanden und Niedcrländisch- Ostindien verboten wurde. Von Saigon wird ein ähnliches Verbot erwartet. Durch die Mastreacl wird vor allem die Ostküste von Sumatra, die hauptsäch? kich ReiS aus Rangun bezog, schwer betroffen. Italien: DaS Ministerium wankt. > » Das italienische Parlament ist wieder zusammen ¬ getreten und hat gleich der Regierung gegen sozialisti schen Widerspruch ein Vertrauensvotum ausgestellt. Aber selbst die uniontstische Londoner „Morningpost" traut dem Frieden nicht. Sie schreibt: „Verschiedene Abgeordnete sind mit dem Kabinett Boselli, den sie zu alt finden, unzufrieden. Im Innern des Kabinetts herrscht nicht immer vollkommene Uebereinstimmung. Einige Minister ohne Portefeuille hält man für über flüssig. Eine Ministerkrisis ist sehr wohl mög lich. Wenn sie eintritt, wird jedoch keine Verände rung in der Leitung des Krieges und in den Beziehun gen zu den Bu ndesgenossen eintreten, da die Krisis einen rein parlamentarischen Charakter haben wird. In politischen Kreisen hält man ein Zusam mengehen Orlando—Sonnino—Nitti für wahrschein lich." — Sonnino war stets während des Krieges Minister des Auswärtigen. Er ist mit einer Englän derin verheiratet und gilt als englischer Vertrauens mann für Italien. Spanien: Aufhebung des Belagcrungsznstandcs. » Der spanische Ministerrat hat beschlossen, die verfassungsmäßigen Bürgschaften wieder in Kraft zu setzen. Das Rücktrittsgesuch des Generals Primo Divera ist genehmigt und General Marina zum Kriegsmintster ernannt worden. Vereinigte Staaten: Tas Unrecht soll Gesetz werden. ! Die Neutralen sollen Amerika heraushauen. Die schwedische Gesandtschaft in Washington berichtet, daß das Gesetz, wonach Neutrale zum Kriegsdienst gezwungen werden können, noch nicht vom Kon greß angenommen sei. Die Frage werde diesen jedoch später beschäftigen. — Inzwischen sollen aber bereits 2000 Schweden zwangsweise eingczogen worden sein, in einigen Fällen weiß man es bereits zweifelsfrei. Man kann sich denken, welche Rolle die Yankees diesen armen Leuten zugedacht haben. Sie sollen in erster Linie als Sturmkolonnen geopfert werden. Wahrlich, Wilsons Moral leuchtet immer greller. Auch aus der Schweiz kommen Mitteilungen über Einzelfälle, in denen Schweizer Staatsangehörige in Amerika zum Militärdienst gezwungen werden. Der Krieg zur See. Tas Wetter unser Freund. Ein Geleilzug von 15 Schiffen passierte Mar stenne an der westskandinavischen Küste. Ein großer Dampfer, wahrscheinlich wegen Maschinenschadens von Strom und Wind landwärts getrieben, stieß nachts um 2V-, Uhr bei dem Seilbakken-Leuchtturm in Loerodsen auf Grund. Es war der rumänische Dampfer „Ro mania" (4000 Tonnen) mit Munition nach Ar changelsk unterwegs. Zwei Bergungsdampfer sind an Ort und Stelle, aber die Bergungsarbeit ist infolge des starken Westwindes schwierig. SMem rmd Ernst» . A Baumwolle hat infolge des Rückganges der Wollproduktion für die Bekleidung der Menschen sowohl als auch für technische Zwecke eine riesengroße Bedeutung erlangt. Die Zahl der in der Welt Raum woll verarbeitenden Spindeln.wurde im Jahre 1917 aus 146 352 000 geschätzt. Die Zahl der Spindeln in den Vereinigten Staaten betrug im Jahre 1917 32 Mil lionen und stieg nicht an. Die Befürchtung, daß die Vereinigten Siaaten mehr und mehr zur Selbstver arbeitung ihrer Baumwolle übergehen könnten und später die europäische Textilindustrie lahmlegen könn ten, ist somit nicht gerechtfertigt. tf. Kälberzähne. Berlin, die Hochstätte der deut schen Bildung, bildet sich nach und nach auch eine eigene Sprache. Schon heute kann man sagen, daß keine Pro vinz in Jahrhunderte alter Sprachen- und Gedanken entwickelung soviel „Provinzialismen" aufzuweisen hat, wie Berlin. Und was für welche?! Die gallige Roheit, die die Berliner auszeichnet, hat sich auch da ausleben können. Das belangloseste Vorkommnis kann bei ihrer Entstehung nntwirken; ein Wort, an richtiger Stelle vor richtigen Ohren ausgesprochen, hat den Wortschatz Berlins gleich um ein Wort erweitert. Natürlich auch im Kriege; und da besonders bei den Nahrungsmitteln. Es ist sehr schnell gekommen, wie z. B. die „Kälber zähne" populär wurden. Da kommt so ein armes Dienstmädchen aus der Provinz nach Berlin. Ihre „Herrschaft" schickt sie aus, ein halbes Pfund .Kälber zähne" zu holen. Sie geht zum Metzger, wartet dort geduldig, bis sie an die Reihe kommt und fordert dann ihr halbes Pfund „Kälberzähne". Stürmisches Hohngelächetr der Umstehenden, das nur ein kluges Wort des lveltgewandten Meisters zu bündigen ver mag. „Kälberzähne" kauft man nämlich nicht beim Metzger, sondern beim — Kolonialwarenhändler, dem Kaufmann, und sie bestehen aus Gerste. Es sind näm lich Gcrstengraupen jener dicken Sorte, wie sie jetzt im Kriege leider üblich geworden ist. " Wie aus Paris gemeldet wird, gab der Unter suchungsrichter die Untersuchung über den Tod des Anarchisten Almcreyda auf, der auf so seltsame Weise im Gefängnis starb und viel gefährliches Wissen mit ins Grab nahm. ' Die Vorläufige Negierung hat die Eröffnung des Vorparlamentes auf den 20. Oktober verschoben. Das Vorparlament wird seine Arbeiten acht Tage vor Eröffnung der Verfassunggebenden Versammlung ein stellen. - ' ' Die Angestellten sämtlicher Apotheken Peters burgs haben wegen Nichtgewilltgung ihrer wirtschaft lichen Forderungen durch die Apothekenbesitzer be schlossen, in den Ausstand zu treten. *" Wucher mit Pfefferminftranl. In Cölleda und Großnerchausen wurde die heurige Ernte des Pfeffer- . minzkrauteS beschlagnahmt, da unerhörte Preise dafür gefordert wurden. Während im Frieden für de« Zentner der Preis 70—80 Mark betrug, erreichte er jetzt eine Höhe von 800—850 Mark. Gegen hundert Personen soll wegen des Wucherpreises gerichtlich vvv- ^egangen werden. Der Präsident des Presseverbandes un» eine Anzahl Chefredakteure sind zu Mitgliedern de« Vorparlaments gewählt worden. Von Feinden umringt. Vor nicht langer Zeit hieß eÄ in einem de» deich-, schen Tagesberichte: Oestlich Samogneux stießen unsere Sturms truppen in die französischen Linien beiderseits der Höhe 344 vor. Sie fügten dem Fein« schwere Verluste zu und kehrten mit mehr aN hundert Gefangenen zurück. Außerdem befr«^ ten sie einen Schützenzug, der sich seit de« 7. September, rings von Franzosen umschlösse», aller Angriffe des Gegners in heldenmütiger Ausdauer erwehrt hatte. Der Morgen des 7. September ließ sich verdächtt» an. Drüben beim Franzmann standen nicht wenig« aW dreizehn plumpe Fesselballone am Himmel, und «M Stellung und Hintergelände lag ziemlich heftige« tillcrtefeuer, das sich späterhin zum wahnsinnigst«»! Trommelfeuer steigerte. Ueber die Absichten des Fein des konnte kein Zweifel herrschen. Jeden UugenblM mußte er angreifen. Die Erde bebt weiter, der Graben verschwindet bald und wird zu einer Trichterkette. Unterstand: nach Unterstand wird getroffen. Eingänge stL»- zen ein, Rahmen brechen. Wer übrig bleibt, hockt eng zusammengepfercht in den noch nicht zev störten Winkeln, des Signals harrend, das den ko«»- menden Feind verkündet und nach oben ruft. Draußen kleben, an tiefe Trichterwände gepreßt, todesmutig die treuen Posten. Verbindungen gibt's nicht mehr, selbst innerhalb der Kompagnie sind sie unmöglich. Leutnant P., in dessen noch verschonten Unterstand Leute von benachbarten Gruppen geflüchtet sind, erÄ- ! schließt sich, nach Kräften rettend einzugreifen. Ungo- achtet der höchsten Feuersteigerung huscht er mit seine« Leuten zwischen den einschlagenden schweren Granate« ! durch. Sie buddeln, reißen ein und ziehen hier und § da einen noch überlebenden Kameraden aus seine« i furchtbaren Gefängnis. Verletzte werden unter äußer ster Gefahr und Todesverachtung nach dem Unter stand geschleppt, gewaschen, verbunden und gepflegt. Da plötzlich ein Geschrei: Sie kommen, sie kommen! Der Pulverqualm verzieht sich, und hinter ihm erschei nen die blauen französischen Sturmhelme. Wer noch stehen kann oder irgendwelche Kraft hat, greift zur Waffe. Wildes Schießen setzt ein; Maschinengewehre hämmern blutiges Sterben in die anrückenden Reihe«, Sperrfeuer reißt Lücken und Fetzen. Der Sturm ist für den Feind mißglückt, er muß weichen. Jetzt ab« trommelt er um so wütender. Das Berge« von Verwundeten ist ausgeschlossen; wer sein nactte» Leben retten will, stürzt in Deckung. So finden sich im Unterstand der Leutnant P., drei Unteroffiziere und zwanzig Mann zusammen. Unterdes entdeckt der Franzose auch dieses Ziel. Granate auf Granate saust jetzt hierher; zuerst fünf, dann acht und dann zwölf in der Minüte, zwöls schwerster Sorte. Die Posten vor dem Eingang sind vom Luftdruck fortge- schleudcrt ins Feld hinaus: jeder neue, der hochkommt, ! wird im Augenblick zerhackt oder von stürzenden Erdmassen erschlagen. Der Leutnant stellt dann keinen Posten mehr aus, in der festen Absicht, sich im Falle einer Ueberrumpelung bis zum letzten Blutstropfen zu wehren. Kurz darauf werden alle gegen die Wand geworfen. Ein Geschoß fiel auf den Eingang und hat ihn ganz zugeschüttct. Gottlob ist einige Tage vor her eine dürftige unterirdische Verbindung zum Not ausgang hergestcllt worden. Die großen Steine und- etliche Nahmen liegen noch drinnen. So kann wenig- : stens noch Luft herein. Wie abgeschnitten ist mit einemmal das Feuer, : aber dafür satten unzählige Gewchrgranaten auf die Stellung. Das ist ein untrügliches Zeichen für den gegnerischen bevorstehenden Angriff. Nasch steigt Leut nant P. hoch und schießt Leuchtkugeln ab, um zuerst Vernichtung»- und hernach Sperrfeuer anzufordern. ! Bei der dritten Patrone sind schon Franzosen üb« ihm. Sehen kann er sie nicht in der finsteren Nacht, aber er hört ihre Rufe, Und dann hocken sie am Eingang und schreien herunter, sie sollten sich ergeben, Als Antwort flitzen Gewehrkugeln nach oben. Da steht nun das stolze Häuflein, von Feinden umringt, eingekcrkert unter dem Boden, fest entschlossen, alle- zu wagen, um nur nicht in Gefangenschaft zu geraten. Es sind fürchterliche Augenblicke der Spannung, ab« man wartet gefaßt der kommenden Dinge. Tie Armen, die noch drunten liegen, mit zerschossenen oder ge brochenen Gliedern, winden sich jammernd und wim- mcnd im Wundsicber und wollen verzagen angesichts der neuen Gefahr. Durch sein glänzendes persönliche- Beispiel, durch sein anfeucrndes Wort aber versteht i der wackere Leutnant den Mut der Leute hochzuhal- ! ten: Wir ergeben uns nicht! Infolge der schrägen Anlage der Nnterstands- ! treppe bringen die Franzosen ihre Granaten nicht biS ! auf den Grund des Unterstandes, sie Platzen ohne Scha- , den. In die Höhle des Löwen will sich natürlich auch keiner wagen. Ihren wiederholten Rufen folgt keine , Antwort aus der Tiefe. Drunten aber sind unser« ! Braven an der Arbeit: Mit dicken Steinen und Hök- j zern wird eine Mauer gebaut und so der weiter« ! Zugang abgeriegelt. Dort sitzen sie nun splittersicher, darrend und hoffend. Am verschütteten Einaana baben