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Letzte NWrichte«. Neue v- Bö-ts «Erfolge. Berlin, 4. ONober. (Amtlich) An der portugirslsch«« Kyste und vor der Straße von Gibraltar haben unsere O-Boote neuerdings I Z feindliche Transport- und Handels- fahrzeuge mit einem Gesamtraumgehalt von rund 2d 000 Tonnen vernichtet. Unter den versenkten Schiffen befanden sich Vie be- waffneten englischen Dampfer „Polar Pince" (361 l Tonnen) mit 560 t Tonnen Kohlen nach Gibraltar, „Embleton" (5377 Tonnen) mit Kohlen für Italien und „Arendal" (1387 Tonnen) mit Chemikalien für Frankreich, der be waffnete italienisch« Dampser „Goffredo Älanoli" (4124 Tonnen) mit 6000 Tonnen Erz für England. ^e^ mit 2 10-Zentimrter-Geschützen bewaffnete amerikanische Tank- dampfer „Platuria" (3445 Tonnen), ferner ein durch Hoch seeschlepper geschlepptes Fahrzeug mit nach Mesopotamien bestimmten Eismaschinen und Kühlanlagen. Der Chef des Admiralstabrs der Marine. 1VV deutsche Flugzeuge lm Angriff auf London. Lugano, 5. Oktober. Eine Lyoner Depesche des „Hrrosp" gibt dte schweren Verheerungen und die große Zahl der Opfer infolge der letzten Lustbombardements von London zu. Nach amtlichen Mitteilungen waren es an 100 deutsche Flugzeuge, welche London angrisfen und von denen etwa 15 die Schutzlinie durchbrachen und Bomben auf dar Herz der Stadt abwarfen. Die Lon doner Blätter beklagen den verhängnisvollen Einfluß, den diese be'tändigen Luftangriffe auf das Leben der Bevöl kerung ausüben und verlangen Vergeltungsmaßregeln, die Lloyd George auch in einer Ansprache an das Volk ver sprochen haben soll. Der Inhalt nkuen Papstnote. Basel, 4. Oktober Die Londoner „Morningpost" meldet aur Rom, die neue Note des Papstes an die Entente ent halt« das Ersuchen an die Kriegführenden, die Verhand lungen zweck» Friedensschlusses noch vor Beginn des Äinterseldzuges zu beginnen. Die Schadenersatzsorderung Belgiens an Deutschland. Haag, 4. Oktober. Der „Nieuwe Rotterdamsche Courant" enthält eine offenbar mehr oder weniger amtlichen Quellen entstammende Zuschrift, die die Schadenerfatzfor- derung, die Belgien an Deutschland richtet, aus 8 Milliarden Franks berechnet. Französischer Gefandtenwechfel. Der französische Gesandte in Bem, Herr Beau, ver- lätzt seinen Posten und wird durch den früheren franzö sischen Finanzminister Thierry ersetzt. Da Thierry den Titel eines bevollmächtigten Ministers erhält, der bis herige Gesandte diesen Titel aber nicht führen darf, nimmt man in Berner diplomatischen Kreisen an, daß der neue Vertreter Frankreich» mit besonders großen Vollmachten ausgestattet werden soll. Man meint in Bern, daß diese Verfügung der . französischen Regierung der Lösung der kommenden Friedensfragen günstig ki. Der Schlüssel zur Flandernschlacht. Der „Zürcher Tagesanzeiger" schreibt zur Schlacht in Flandern: Die Energie, welche die Engländer zur Beseiti gung der deutschen O-Booibasis an der flandrischen Küste aufwenden, müsse für dis Deutschen als Beweis für die Wirksamkeit ihres Druckes auf die Seeoerbindungen gelten und sie veranlassen, alles aufzubieten, um diesen Druck aufrecht erhalten zu kö m. In der O-Bootkrisis ist der Schlüssel zu den Schlachten in Flandern zu suchen. Frankreich braucht Entlastung. Basel, 5. Oktober. Die französischen Stimmen, die «ine stärkere Entlastung durch die Bundesgenossen verlangen, mehren sich. In einer Reihe von französiichen Zeitungen fordert man mit leidenschaftlichen Worten eine Aenderung. Verlangt wird besonders schnell die Entlastung durch Aryerika, aber auch durch Japan, das endlich seine Kräfte zur Verfügung stellen soll. Einberufung -es ltalienlschen Jahrganges 192V. Lugano, 5. Oktober. Der Mailänder „Secolo" meldet aus Rom, der letzte Minsterrat habe die Einberufung des Jahrganges 1920 für den Monat Dezember beschlossen "Die Gärung ; unter den russischen Frontsoldaten. Stockholm, 5. Oktober. „Rußkaja Wolja" meldet: Von der Front laufen Nachrichten ein, nach denen die Unruhe unter den Soldaten zunimmt. Infolge der täglich wach senden Kriegsmüdigleit nnd der nahenden Kälte sowie des Proviantmangels und de- völligen Fehlens warmer «leider wurde «ine Gärung hervorgerufen. In der ge samten Armee zeigen sich ernste Symptome eines erneuten ungünstigen Stimmungsumschwunges. Der bevorstehende Winter erregt eine Nervosität unter den Soldaten. Die Lage erweckt größte Besorgnis. Russische Vorbereitungen für den Weden. Karlsruhe, 5. Oktober. Der Petersburger Korrespon dent der „Neuen Zürcher Zeitung" meldet: Die Ernennung des fortschrittlichen Dumamitgltedes Jefremow zum russi schen Gesandten in Bern steht in Zusammenhang mit der nicht mehr fernen Einleitung von Friedensverhandlungen. So berichtet der „Djen". Das Blatt schreibt, daß man in Rußland, ohne gerade an einen nahen Frieden zu denken, bereit» die ersten Vorbereitungen zu den künftigen Verhandlungen trifft. Wettervorhersage. Kein« wesentliche Aenderung. :: Vack^kh^nie. Der Reichstag Mrd'am MMy eine bäckereitechnische Vorlesung erwarten dürfen. Der sozialdemokratische Abgeordnete Kunert hat folgende kleine Anfrage an den Reichskanzler gerichtet: „Seit längerer Zeit wird von den Bäckereibetrieben immer von neuem fadenziehendes Brot hergestellt und verkauft. Sobald derartig untaugliches Brot Konsu menten nicht mehr findet, wird sein übelriechend gären des und höchst gesundheitsschädliches Material viel fach nicht vernichtet, sondern zu „frischer Ware" ver arbeitet und erneut zu den üblichen hohen Preisen von Bäckern und Konditoren zum Verkauf angeboten. Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun gegenüber solchen Zuständen, welche die steigende Gefährdung der Volksgesundheit und die wachsenden Schwierig keiten der Volksernährung nicht nur in hohem Grade vermehren, da sie ein Hauptnahrungsmittel gewisser Mersonenkreise ausschalten, sondern die auch dem ein zelnen Konsumenten direkt seiner ihm zustehenden Ration sowie seines Geldes und durch vergiftende Einwirkung aus seinen Organismus seiner Arbeits kraft berauben?^ englische Heereskredit fordert 12'/- Mil liarden Schilling. . rusWe Regierung hat daS Zucker-Monopol Ktngesüyrt. , Hungerkrieg in Italien. 60 Tote — 120 Verwundete. Die „Gazetta Ticinese" bringt zum ersten Male eine, wie sie sagt, aus bester Quelle stammende Be- : schreibung der Ereignisse in der großen nordwest- italienischen Stadt Turin. Nach vielen Ausfällen auf - die angeblichen Uebertreibungen der deutschen Presse , und die deutsche Heharbeit mit deutschem Gelde sagt ! das Blatt: „Die Bewegung in Turin begann mit riesigen Arbeiter st reiks, welche das Publikum ungeheuer ausregten. Als nach Beendigung der Streiks Brot- , mangel eintrat, stieg das Volk zum Protest in die > Straßen. Der Kampf war blutig. Tie Soldaten mach- ! ten Gebrauch von ihren Waffen. Gruppen von Auf- l Führern schossen mit Maschinengewehren. Es gab ! Nele Tote und . Verwundete. Der Kampf währte ziem- > lich lange: Die Auftührer verbarrikadierten die Häu- : ser und verteidigten sie wie Festungen. Man sagt, i daß unter den Soldaten auch Schwankungen stattge- i künden haben, am Ende gewannen aber die treuen ' Truppen dte Oberhand. Dis Opfer der Kämpfe WArden : von einigen auf 60 Tote und 120 Verwundet« an« : gegeben, nach anderen seien es aber mehr. Bei den gradläufigen Straßen vvn Turin sei die» auch leicht ! möglich. Das Ministerium sei ins Schwankest : gekommen und stehe auch jetzt noch nicht fest. Ca- ! dorna sei nach Rom geeilt, um das Ministerium zu ! einer festeren Innenpolitik zu ermahnen." Handelsboykott > gegen Friedensstörer. Wie der Papst sich die Avriistungsmöglichkeit denkt. Der Papst soll eine zweite Note erlassen^aben, und : zwar diesesmal an die Feinde im besonderen. Er ! soll darin näher auseinandersetzen, wie er sich die . Abrüstung und das Schiedsgerichtswesen denkt. Die i große Frage beim Schiedsgerichtswesen ist ja doch j immer gewesen, wie gegen Verletzungen vorgegan- : gen werden könne. Wenn alle abrüsten, dann wird unter Umständen ein einziger in die Lage kommen, sich über alle Friedensvorschriften und Schiedsgerichts- beschlösse hinwegzusetzen. Und wiederum kann eine ' Koalition den einzelnen bedrohen. Demgegenüber schlägt nun, wenn die Meldungen des amtlichen römischen „Giornale d'Jtalia" richtig , sind, der Papst vor, es solle der Handelsboykott gegen über solchen Friedensverbrechern angewandt werden. ! Das wäre im wesentlichen dasselbe Mittel, wie es ! England jetzt uns gegenüber versucht. Es gab nun in der Nationalökonomie einen Be- griff des „geschlossenen Handelsstaates". An diesem , Phantasiegebilde wollte man gewisse grundlegende Ge- j sichtspunkte für dte Beurteilung wirtschaftlicher Vor- - gänge in ihren Folgen gewinnen. Existiert hat ein ' solches Gebilde, abgesehen von der Robinsonade, nie- ! mals. Immer war ein Verkehr über die Grenzen ! hinaus, sei es mit Geld, sei es mit Waren, vorhan- ! den, und damit war die Geschlossenheit durchbrochen. ' Mit der wachsenden Bedeutung der Verkehrsmittel in : der neuesten Zeit ist die Möglichkeit eines solchen abge schlossenen Staatswesens natürlich erst recht abgeschnit ten. Die Völler sind heute gewohnt, alles, was sie brauchen, oder besser: alles, was für ihren Bedarf am zweckmäßigsten ist, ohne Rücksicht auf die Her kunft dort zu nehmen, wo sie es am billigsten fin den, und auch das Mr ihren Bedarf zu verwenden, - was dafür am zweckmäßigsten ist. So ist der gewal tige Güteraustausch der'Völler untereinander entstan den, ein Austausch, ohne den ein Kulturvoll von heute nicht mehr zu leben vermag. Wir können in Deutschland wohl einige Jahre dem englischen Aushun- gerungsshstem widerstehen; aber doch, nur, weil wir m den uns daheim nicht ausreichend zur Verfügung stehenden Waren, — wie Kautschuk, Gummi, Kaffee, ' Kakao-Schokolade, Fett, Kupfer, Blei, Ztnn, Baum wolle, Wolle, — entweder von alten Vorräten zehren oder aber uns vorübergehend mit unzulänglichem Er satz behelfen. Aber ohne den straffen Willen der Kriegszeit würde es aus die Dauer nicht gehen, würde sich die Kultur ohne alles das, was wir aus dem Aus- ! lande beziehen, nicht aufrechterhalten lassen. — Und ! so geht es überall. Der Ntttzprfolg des englischen AushungerungSvei fuches beweist gegen die Idee des Papstes nicht Vie Wir können eben einige Jahre vom allen Fett zei ren. Wir haben z. B. mit Kupfer früher geradez übermütig, Protzenhaft gewirtschaftet. Das kam uv jetzt zugute. Und unsere riesigen Vorräte würden ur auf Jahre hinau» über den Krieg hinwegbrtngen. Abi es ist doch ein anderes, ob eine derartige Entbehrur von den Menschen verlangt wird in der aufregend« Zeit eines Krieges mit feinen unvermeidlichen, ch anderen Gebieten und für andere noch viel größer« Opfern oder aber im Frieden um eines Zieles Wille: über das sich die Staatsangehörigen in ihrer G samtheit nicht einmal einig sind. So ganz ohne Untergrund ist also der päpstlick Vorschlag nicht. Die Frage ist nur, ob Vie Entwickelt»« ver Groß^-Staaten ihn nicht eines Tages überholen wir» Und diese Ueberholung würde entstehen durch d Schaffung „geschloffener Handelsstätten" wenigstens j Gestalt sich selbst befriedigender Wirtschaftsgebtlde. D Vereinigten Staaten sind nahe daran, alles selber z Produzieren, was ihre Kultur braucht. Beim Kau fchuk fehlt es, aber sonst haben sie alles: Nahrungi mittel aller Art, Eisen, Kohle, Kupfer, alle übrige Metalle. England könnte mit seinen Kolonien ein ähnliche Wirtschaftsmacht bilden; aber demgegenüb« stände ja schließlich als Unterstützung des Handelsbot kott-Schiedsurteils die Seeabsperrung zur Verfügung Rußland hingegen, das große Schreckgespenst der wes europäischen Kultur, wird sich über kurz zu einem grr ßen „Selbstversorger" entwickeln. Die Baumwollkultu rn Ferghana, Turkestan, schafft sine Ergänzung de an sich geschlossenen russischen Wtrtschaftskomplexel wobei freilich Kautschuk noch immer fehle. Bei de Vereinigten Staaten und bei Rußland wäre die Möx lichkeit einer Verharrung im Trotze gegenüber eine» Schiedsgericht immerhin noch am ersten möglich. ! Vom Gesichtspunkte des Papstes aus wird der nun gewiß entgegengehalten werden: Handelskrieg werden mit kälterem Blute und ohne die gewaltige aufregenden, aufpeitschenden Opfer des Waffenkriege an Menschenleben geführt. Sie sind demnach nicht s lange durchzuhalten; die Einsicht siegt - schneller Das ist richtig, aber ebenso richtig ist auch, daß di „Strafmächte", die den Beschluß des Schiedsge richts zu Vollstrecken hätten, selberzu leiden habe: würden und wahrscheinlich auch ihrerseits mit ihrer eigenen gewinnheischcnden Handel zu kämpfen gezwun gen sein würden. Die Völker leben doch längst von einander. Der Reichtum unserer Tage kam aus der Auslande. Die Engländer schimpften auf die deui scheu Waren, aber sie waren ihnen in ungeheuerste: Mengen willkommen; denn mit dem billigen deutsche: Gebirgstäler-Werkzeug ließ sich in China usw. al- mit „bestem englischen Stahl" ein grandioses Geschäs machen. Diese Handelskreise würden es den Strafmäch ten jedenfalls bedenklich erschweren, einem hartnäckige ren Missetäter gegenüber lange genug bet der Stang zu bleiben. , , Der Papst hat hier also ein Problem angeschnit > ten, das unendliche Fülle von Möglichkeiten bietet, dm also den Streit der Meinungen um die päpstlicher Friedensbestrebungen mit einer weiteren Reihe ergän zen wird. , > *** , H Was Ver Papst als Freiheit ver Meere forvert. Der päpstliche „Osservatore Romano" setzt sich zur Verteidigung der päpstlichen Note mit dem römische« Regierungsblatt „Tribuna" auseinander und streift auch die Meer-Freiheits-Frage: „Eine der Hauptursachen aller Kriege ist es ge wesen, daß jede Nation einen Ausgang zum Meer oder eine Vorherrschaft zum Schaden anderer im Handel und Verkehr zur See erstrebte. Gibraltar, Malta, Chpern sind vorgeschobene Posten, um die Vorherr schaft Englands im Mittelmeer zu schützen und zu be« haupten, die Besetzung der ägäischen Inseln und Va- lonaS durch Italien, Korsikas durch Frankreich, dis Schließung der Dardanellen, der Bau des Kanals von Kiel und anderes mehr sind lauter Exponenten dieser Unterwerfung des Meeres, die verschwinden oder wesentlich modifiziert werden müßte, wenn sich dte Idee Wilsons, die auch die päpstliche Note vertritt, durchsetzen soll. Nicht, als ob zu ihrer Durchfüh rung die europäische Karte noch Wetter umgewalzt werden sollte, aber man gebe jeder Ration eine« Zugang zum Meer samt internationalen Garantien gegen Vergewaltigung durch irgendeine Seemacht." . I" England wird man diese Auslassungen deS päpstlichen Blattes mit seltsamen Empfindungen lesen I In Anknüpfung an die Auffassung des österrei chisch-ungarischen Außenministers Graf Czernin lehnt die Presse der Rechten diese päpstlichen Anregungen, scharf ab. Die „Tägliche Rundschau" schreibt: „Man vergegenwärtige sich, daß mit die stärkste Quelle aller Friedensangebotspolitik, eine, der ge-, fährlichen Wellen von Flaumacherei in Oesterreichs floh. Und an der Quelle saß der Graf Czernin undi kredenzte den Becher. ..." I Die „Kreuzzeitung" glaubt nicht, daß annehw- I bare Maßstäbe für dte internationale Bemessung! der Rüstungen zu finden seien. „Will man," schreibt sie, „an diese Frage überhaupt herantreten, so könnte) das nur nach Friedensschluß zunächst durch schriftlichen Verkehr von Kabinett zu Kabinett geschehen." Unsee' Friedensprogramm aber solle man, heißt es dann wei ter, nicht auf ein solches pazifistisches Friedensgebilde aufbanen. Dte sreikonservatlve „Post" endlich legt! das Schwergewicht auf die Worte Czernins, daß der Vierbund sich bei Fortsetzung des Krieges freieHan »< Vorbehalte. „Das ist in der Tat," sagt das freikon servative Organ, „was der Bierbund braucht: Frei« Hand für den Augenblick, in dem die Verhandlung««! beginnen."