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. DeUMM MchrH-Iellmz M. 228 Montag den j. Oktomber «917 übend« " ' 83. Jahraana -"—»'N - - ' ...—— : " Har dwerlcr und Kriegsanleihe. Von Carl Na Hardt, ' Vorsitzender der Handwerkskammer zu Berlin. Deutsches Handwerk, höre und beachte! ES darf gerade jetzt, wo wir den« Frieden näher kommen, sich kein Nachlassen unseres Siegeswillens, unseres Entschlusses zum Durchhalten zeigen, weder . im Felde noch in der Heimat. Alle unsere Kräfte und , Mittel auch auf dem wirtschaftlichen Gebiete müssen gesammelt der Verteidigung des Vaterlandes dienen. Dabei kann und darf das Handwerk, mag es auch, wie unbestritten, am schwersten und här testen unter den mannigfachen Wirkungen und Fol gen des Krieges gelitten haben und noch leiden, .nicht zurückstehen. Vielmehr muh das Handwerk auch bei dieser Gelegenheit seinen alten geschichtlichen Nuf: des Staates treueste Stütze zu sein, in vollen Ehren wahren. Werden seine Wünsche und Hoffnungen von j Staats wegen auch nicht immer verwirklicht, so ist dennoch gerade sein Gedeih und Verderben auf das innigste mit des Staates Wohl und Macht verknüpft. Das Handwerk ist in seinen Nöten ganz besonders auf die Staatshilfe und den Staatsschutz an gewiesen. Deshalb muh es auch in erster Linie alle seine Kräfte mit denen der übrigen Stände vereinen, um sie gemeinsam wirksam zu machen für Deutschlands unversehrte Erhaltung und kraftvollste Stärkung. Durch einen neuen Anleiheerfolg wollen mir beweisen, daß das Reich nicht nur Passiv, sondern auch aktiv durchhal ten kann, an der Front wie zu Hause, indem es in seinen nimmer rastenden Werkstätten immer neue Werte schafft, die ihm helfen, den aufgezwungenen Kampf um sein Leben, seine Freiheit und um seinen Platz an der Sonne siegreich zu bestehen. Durch eine rege Beteiligung an der Kriegsanleihe betreut das Handwerk nicht bloß, das allgemeine, son- vern auch das eigenste Wohl; denn nur in „treuer Ge meinschaft zwischen Krone, Negierung und Volk können wir das Kriegsziel erkämpfen, für das unsere Helden nun schon mehr als i.ei Jahre ringen und bluten: vie Wahrung unseres heiligen Rechts auf Deutschlands lnversehrtheit und auf die Freiheit seiner gesicher- en friedlichen Weiterentwicklung". Unser fester Wille, Keses Kriegsziel zu sichern, muß dadurch bekräftigt verden, daß wir dem Vaterlande alles entbehrliche tzeld zur Verfügung stellen, damit es unsere Streit kräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft auf ,as reichlichste und ohne Unterbrechung mit den nötl- ren Kampfmitteln versorgen kann. Es kann für niemanden ausschlaggebend sein, daß Ke 7. Kriegsanleihe die beste und sicherste Kapitals- rnlage ist, sondern es kann nur bestimmend sein, daß sie den Schutz des Reiches, den Schutz der eige nen Person und des eigenen Vermögens vermittelt. Für uns ist es bestimmend, daß sie Deutschland und ganz besonders seine schaffenden Stände vor Knechtung und Vernichtung schützen wird. * * * Handwerker, haltet euch stets vor Augen, daß die wahren Kriegsziele unserer Feinde ganz andere sind, als die, welche England, der Feind, bisher der Well vorzuheucheln versuchte. Die Maske ist gefallen: di« englische Zeitung „Daily Chronicle" schreibt: „Die arbeitenden Klassen Deutschlands Werder in Zukunft für fremde Regierungen zu arbeiten haben Verschiedene Gruppen des deutschen Volkes müsse: zur Strafe ohne Entgelt Sklavenarbeiten leisten." Handwerker, vergeßt auch nicht, was der fraw zösischc Senator Charles Humbert im Pariser „Jour nal" schreibt: , i „Deutschlands Bergwerke, seine Fabriken, senn Werften werden uns umsonst Kohlen, Stahl, Schie nen, Lokomotiven, Waggons, Maschinen, Schiffe lie fern müssen. Als Sklaven werden wir die Deut schen behandeln, die davon träumen, die Welt tyran- nisch zu beherrschen." ! Dieses Los ist uns zugedacht. Wir deut schen Handwerker aber wollen nicht, daß wir, das ilnsere Kinder Knechte und Sklaven Englands und Ame rikas werden. Drum, deutsche Handwerker, zeichnet soviel ihr könnt, zur 7. Kriegsanleihe! Das erwarte; Deutschland, das verlangt deutsche Handwerkerehre, da« seid ihr euch und euren Kindern schuldig! Mein Freund Johannsen. Es war in der Zeit nach den großen englischen Angriffen. Der immer wieder auflebende Arttfleriekampf, die ununterbrochenen Versuche feindlicher Patrouillen -und Aufklärungsabteilungen ließen als sicher erschei nen, daß der zähe Feind sich noch nicht mit der gänz lichen Ergebnislosigkeit seiner Anstrengungen abqefun- den hatte. So gab es immer noch unruhige Tage im Graben, und die Zeit, die man dann als Beobachter vorn lag, war gewöhnlich nichts weniger als eine Er holung. - Um so fester wuchsen die verschiedenen Waffen, j besonders wir Artilleristen mit der Infanterie, in ge meinschaftlichem Wirken zusammen, und manche ; Freundschaft für länger als einen Tag ist da vorn .in gleicher Not und Gefahr geschlossen worden. l Bei der dritten Kompagnie, die uns schon mehr- gfach beherbergt und wohl ausgenommen hatte, war Dnir ein blonder Unteroffizier, ein kerniger Junge «von der Wasserkante, durch sein offenes, ruhiges Wesen , Uev geworden. Es war einer von venen, vie lm kleinen Kreis durch ihre besonderen Eigenschaften jene , Art Herrschaft ausüben, die fester wurzelt als jede, die sich aus Gewalt stützt. j Eines Abends saßen wir, wie schon ost, beim Ker- ' zenstummel zusammen. Ter Kompagnieführer hatte , am Nachmittag in den einzelnen Unterständen über die neue Kriegsanleihe gesprochen und die Freude gehabt, beim größten Teil der Mannschaften Verständnis für die Sache zu finden. Eine Anzahl Zeichnungen hatte er schon entgegennehmen können. Mir fiel auf, daß mein Freund trüber, als seine Art war, in das zuckende Flämmchen stierte. Schließ lich stieß ich ihn an: „Johannsen, nun sagen Sie mal, was fehlt Ihnen eigentlich?" Erst wollte er nicht mit der Sprache heraus. Dann sagte er: „Ja, mein Lieber, die Sache ist so. Ich weiß ganz genau, daß wir viel Geld zum Kriegführen brauchen, und daß es auf einen einzelnen ankommt. Aber, sehen Sie, ich habe zu Hause eine alte Mutter und einen halblahmen Vater sitzen, und die Leute leben bei den harten Zeiten man doch recht knapp. Da schicke ich, was ich von der Löhnung übrig behalte, immer nach Hause. Und ich hätte doch auch so gerne was ge zeichnet." Ich sagte darauf: „Mein guter Johannsen, Ihre beiden Eisernen Kreuze sind auch so gut wie eine Zeich- , nung, und wenn Sie die in die Wagschals legen, so müssen in die andere viele Leute steigen, denen es leicht fällt, ihr Geld dem Vaterland gegen gute Zin- ! sen zu leihen." Er drückte mir dankbar die Hand, und ich hatte oas )«yone Gcju.^, oraven ziert seine Gemüts ruhe wieder gegeben zu haben. Am anderen Morgen war die Sonne kaum hoch, als der blonde Kopf meines Freundes schon neben dem i Scherenfernrohr auftauchte. i „Darf ich mal durchzucken?" „Aber natürlich, mein Sohn!" ! Aufmerksam beobachtete er ein Stück der gegen- überliegendcn Grabenreihen, von Zeit zu Zeit den Kopf - vorsichtig über die Deckung steckend, um mit dem - bloßen Auge das Bild im Glase zu vergleichen. Ich kannte meinen Freund. „Johannsen, Sie haben etwas vor!" „Patrouille." „Aha, wann soll sie denn steigen?" „Heute abend." „Sehen Sie," sagte er dann lächelnd, wie in Fort- : setzung unseres gestrigen Gesprächs, „ich möchte wie- ! -der ein bißchen zeichnen."^ Es war die alte Sache. Die höheren Kommando- ! stellen brauchten Aufschluß über den uns gegenüber liegenden Gegner, und das ließ sich Johannsen nicht zweimal sagen. Bei so etwas mußte er dabei sein. Ich weiß nicht, ob es sein Wahlspruch war, aber bei ihm traf das Wort in seltener Weise zu: „Dem Mutigen Hilst Gott!" Der Abend kam. Wenn ich es nicht gewußt hätte, würde mir eine wüste Schießerei bald verraten haben, daß etwas los war. Und siehe da, kaum eine Viertelstunde später kam der schneidige Patrouillenführer zurück, und im Geleit seiner Getreuen schlichen drei Tommys mit etwas bedrückten Mienen den Graben entlang. Das war ein wertvoller Fang! „Johannsen," sagte der Kompagnieführer in sei ner Freude, „die beiden Kreuze haben Sie schon. Sie haben aber schon längst wieder eine Anerkennung verdient. Ich wüßte nicht recht, was ich Ihnen geben sollte, wenn i-ch — hin — wenn ich nicht eben genau wüßte . . ." Der Oberleutnant war seines Zeichens Fabrik besitzer, ein vermögender Mann, der eine offene Hand für seine Leute hatte. Es wunderte mich deshalb nicht, daß Johannsen plötzlich einen Blauen in der Hand hielt. „Herr Oberleutnant . . ." „Lassen Sie's nur gut sein, Johannsen, ich weiß, Sie wissen etwas Rechtes damit anzufangen." „Herr Oberleutnant, ich bitte, das Geld wieder zu nehmen." „Aber, Johannsen . . .?" „Ja, Herr Oberleutnant," und seine Augen strahl ten, „ich zeichne die hundert Mark auf Kriegsan- ! leibe." Die Frauenrechtlerin. - Roman von Heinrich Köhler. ;3. Fortsetzung.) „Nicht Vas, aber halb und halb anglo-amerikani- siert. Ich stamme allerdings aus einer englischen Fa milie, bin aber in Deutschland geboren und erzogen und heiße Brown — englisch geschrieben — Richard Brown. War aber fünf Jahre in Amerika, bin In genieur, habe dort an der Pacific-Bahn mit gebaut, auch nebenbei einige Dinger von Maschinen erfunden, die patentiert worden sind. Jetzt komme ich direkt von Newyork, habe mich nur in Bremen einen Tag ausgehalten, um meine neue Stellung als Oberingenieur bei der hiesigen Eisen-Jndustrte-Gesellschaft anzu treten. Da haben Sie gleich mein ganzes Signa lement." Der alte Mann nahm seinen Hut ab, er betrachtete seinen neuen Mieter nun doch mit interessierten Blicken. „Da haben Sie ein schönes Stück von der Welt gesehen, Herr Mister Brown —" - „Es genügt, wenn Sie eins von beiden sagen — Mister oder Herr." „O — Sie sind ein bescheidener Herr, und haben , oitzl Sitten und Menschen kennen gelernt. Auch In dianer?" „YeS — mehr als nötig. Haben uns einige Male ! ruf unserm vorgeschobenen Posten sogar mit den Rot- s häuten balgen müssen." ,Wirklich?" sagte der alte Sieber, „ich kenne die Sorte — aus den Jndianergeschichten von — von —" „Von Cooper — ist nicht alles so, wie es dort steht." „Leider — es werden gar zu viele Lügen ge- ; druckt, man darf nur in die Zeitungen blicken." „Ist da drüben noch schlimmer — alles Humbug ! — Weiber, alles! Aber der Mensch ist selbständiger, > kann machen, was er will, hat nicht bet jedem Quark ein paar Polizisten an der Seite, und verdient auch mehr." i Der letzte Teil der Unterhaltung hatte im Wagen ; stattgefunden, denn nach Abschließung des „Agree- ; ; ment" waren die beiden in eine Droschke erster Klasse ! gestiegen, die nun vor dem Hause, in welchem der , neue Wirt Mister Browns wohnte, anhielt. Zwei Treppen stiegen sie empor, dann traten sie in die r > Wohnung, in der ihnen eine Frau und ein Mädchen, ä - die den Wagen gehört haben mochten, entgegenkamen. ! Wir erkennen in ihnen die frühere Wirtin von Fräu- i lein Stark und Rosa, denn diese--waren die Frau und ; , die Tochter, welche, wie der alte Sieber sich ausdrückte, ! - dieser „leider" außer seinen verschiedenen musikalischen , -j - Instrumenten besaß. „Wen bringst du uns denn da, Alterchen?" fragte ; die Frau freundlich, sie schien trotz des „leider" mit Ä ! ihrem Manne auf dem freundlichsten Fuß zu stehen. D „Einen neuen Mieter, Herrn Oberingenienr Brown, " direkt von den Indianern aus Amerika," sagte Sieber mit Grandezza vorstellend. „Das sind meine Frau ch und Tochter — meine Instrumente zeige ich Ihnen , . - nachher." „Well — das andere hat nicht solche Eile." Er - gab den beiden freundlich die Hand, während der alte Sieber hinab ging, um mit dein Kutscher die Sachen - heraufzubringen, und sah sich in dem großen Hellen > Zimmer um. K Könnte etwas komfortabler sein," sagte er mit seinem offenen Wesen, „aber reinlich und sauber und das Sosa bequem, das ist am Ende auch nicht zu verachten, und.dazu solch ein origineller Kauz von - Wirt! Hier am Fenster kann ein großer Arbeitstisch ! ! stehen, werde mir gleich einen kommen lassen oder ! bestellen, so groß wie ein kleines Billard, auf dem mir die kleine Miß dort mit dem kecken Stumpfnäs- - chen aber nicht kramen darf; Liebesbriefe bekomme ! ich nicht." „Mein Herr!" sagte Rosa mit mädchenhafter Ent- ' ! rüstung. „Meine Tochter ist gut erzogen," bemerkte die Frau. „Schon gut, schon gut, machen Sie nicht ein so ; beleidigtes Gesicht, meine kleine Eva; war ein Scherz, j ! weiter nichts, mache öfter welche, aber sie sind iminer s - gut gemeint, kann überhaupt das Zeremoniöse nicht L ! leiden. Lieb wäre es mir übrigens, wenn ich ein ! Schlafkabinett dabei haben könnte, im Notfall freilich -" 1 „Wir könnten Ihnen das kleine Zimmer hier neben an einräumen," bemerkte Frau Sieber zuvorkommend. ! „Ist mir sehr lieb — und der Preis?" Die Frau nannte ihn, und er griff in seine Tasche l«nd legte das Geld für einen Monat und noch zwei Taler mehr auf den Tisch. „Lassen Sie nur," sagte er abwinkcnd, „Sie sind zu bescheiden. So wäre denn der Wigwam aufgeschlagen," fuhr er mit einem ! Atemzuge der Behaglichkeit fort, „wenn Sie mir nun eine Tasse Mokka kochen wollen und einen kleinen kräftigen Imbiß dazu besorgen, dann hätte ich vorläufig nichts mehr zu wünschen." Es war gegen Abend, als der alte Sieber im Ausgehanzuge in das Zimmer seines Mieters trat, ! dem er noch etwas zu bringen hatte. Mister Brown > - lag auf dem Sofa und rauchte eine Zigarre, der ganze Raum war stark von Dampf erfüllt. „Wo wollen Sie denn hin, Vater Sieber?" fragte i er den Eingetretenen. i „Ins Theater." ! „Ah — Ihre Liebhaberei!" „Liebhaberei — ja, ich habe große Begeisterung ! für Theater und Musik und alles was damit zusammcn- ! hängt, weil ich selber einmal mit zur Zunft gehörte." W § „Sieh — sieh?" machte der Liegende. , W Der alte Mann warf sich in die Brust. „Ich war Opernsänger." , „Der Tausend! Und warum haben Sie die Bretter, W - welche die Welt bedeuten sollen, verlassen?" W > „Weil ich ein Narr, ein Esel war — wäre jetzt R vielleicht ein Manu, der — aber wenn man jung ist W und ein Herz hat und ein ehrlicher Kerl ist!" „Ah so — die alte Geschichte! die Liebe hat Sie D um Ihre Lcbenserfolge gebracht?" > „Ja," sagte der alte Mann wehmütig, „die Liebe, W die Weiber, .das Heiraten, wozu eine feste Existenz W gehört! War eine schlimme Sache — war in meine I Frau närrisch verschossen; aber ihre Mutter verlangte D partout, daß ich den gottvergessenen Schauspielerstand, M wie sie sich ausdrückte: das „Herumzigeunern" aufgeben U svll-c. SW ivar sogar so verrückt zu behaupten, daß W ich e» doch nie darin zu etwas Ordentlichem bringen M würde. Ich hatte in meiner Jugend Musik gelernt, W i war aber davongelaufen, nicht weil ich die Musik haßte, W ! sondern das karae Leben;-^welches wir führen mußten; I