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ihn bemerkte und sprach er, das anredete. „Was bringst du, mein Freund?" ZW ganz« Föhrenwald gehört dem Grafen Roscowitz. Deute aber wollte man keinen Edelhirsch schießen, sondern Ä« scharfe, luftige Fuchshetze halten, unten in der Ebene, Lnd man hatte dies hauptsächlich der Damen wegen getan, damit diese auch ihren Anteil an dem Vergnügen neh me» könnten. Soeben kamen von den Ställen her die Piköre geritten in ihren roten Röcken, mit der winselnden ^V8ss«den Meute, die die langen Peitschen und Zurufe kaum im Zaume hielten. S - Vollblutpferde, in Decken gehüllt, wurden im Hofe ° herumgeführt, ganze Züge kamen hinter den Pikörs her, 'und wohl ein Dich end offener Wagen, zwei- und vier- spSunig, in allen nur erdenkbaren Formen und Farben. Oben im Speisesaal drängten sich die Jäger um Lie opMeute» Frühfiückstische, vor dem Ritt noch ein kräfti- gM-Mgermahl verzehrend. Aber schon bliesen die Hör- L. lM-«uwrl zum Aussitzen, schon war der Jägermeister mit den Pikörs und den Hunden vorausgeritten auf den Plan, 7 «Doch rasch einen Bügeltrunk, dann eilten alle zu den Pfer- . Graf Anton war in Unruhe darüber gewesen, wie k fyne Einladung bei den zum Teil hocharistokratischen . Machbarn ausgenommen werden würde; er traute dem 7 einen oder dem andern schon eine ablehnende Antwort zu. - Aber sei es aus Achtung vor seiner Person, sei es, weil das Lob der jungen Schloßfrau schon bis zu ihnen ge- drungen war, oder waren auch nur Neugierde und Ver- dügungssucht die weniger edlen Motive, kurzum, sie wa- 7 wen alle erschienen. Nur einer fehlte noch — Franz Zo- »oiM. Gerade als^Graf Anton den Fuß in den Bügel , setzte, nachdem er seine Gattin vorher galant in den Sat tel gehoben hatte, nahte sich ihm ein Bedienter, den Hut in der Hand, sein kotbespritztes Pferd am Zügel hinter sich herführend. ' . Er blieb neben dem Grafen untertänig stehen und ' ' blinzelte mit einem schlauen, unterwürfigen Grinsen so lange zu demselben empor, bis dieser fremde Gesicht und die unordentliche, etwas fadenschei nige Livree musternd. „Hallen's zu Gnaden, Herr Graf," erwiderte der Reitknecht mit einer neuen VerbeugungF„ich bin von Zo- bor«, ich komme halt mit einem Gruß von meinem Herrn, dem Grafen Franz, und Sie möchten nicht verübeln, daß irr Herr Graf nicht eher hätte kommen können, als heute morgen zur Jagd, draußen zum Rendez-vous." Gras Antons Züge heiterten sich aus, wie wenn plötz lich die Sonne über eine etwas düstere Landschaft ihre Strahlen ausgießt. Er drehte sich lebhaft zu seiner Gattin hdrum und flüsterte dieser lächelnd etwas zu, dann wandte er sich zu dem noch immer mit dem Hute in der Hand vor ihm stehenden Boten und erwiderte launig: „Es ist gut, mein Freund, sage deinem Herrn, er wäre mir willkommen wie Blumen im Mai." Auch seinem Nefsen Konstantin rief er es zu, sogar der Baronin sagte er es, so sehr war er in freudiger Auf regung über diese gute Nachricht. Gleich darauf setzte sich die ganze Kavalkade in Be- vxsung und ritt durch das vergoldete Gitter in den Park, »üt seinen prächtigen, jetzt allerdings von Blättern ent blößten Bäumen. Hinter diesem erreichten sie einen flachen Höhenrücken, dies war der Sammelplatz. Gs war eine gar heitere, farbenreiche Szene, welche HK hier aus den gelben Stoppelfeldern abspielts. In der mittelsten Gruppe hielt der Graf, im roten Jagdrock, mit glänzenden Stulpenstiefeln an den Füßen, immer noch trotz seiner 48 Jahre ein stattlicher, ein schö ner Kavalier. Mit der Anmut, die ihn in seiner Jugend M ausgezeichnet hatte, saß er noch im Sattel, und seine Ha«d hielt die Zügel des ungeduldigen Renners mit der Sicherheit des gewiegten Sportsmannes. Reben ihm hielt seine Gemahlin, und wenn der Graf iW.n,m wieder seine Augen auf der eleganten und lieblichen MlfchÄnurW ruhen ließ — wer wollte es ihm verdenken! Das dunkle Reitkleid verhüllte nur wenig die wundervol len Umrisse der schlanken Gestalt der Gräfin, und ihrem feinen, ausdrucksvollen Gesicht mit den herzigen Augen stand der Reithut mit der Reiherseder, ein wenig keck auf die eine Site gesetzt, über die Maßen gut. Gräfin Josephine war eine vorzügliche Reiterin, sie schien die Unruhe ihres Pferdes, welches mit den Vorder hufen heftig den Boden aufwühlte, gar nicht zu beachten, sondern plauderte heiter und lebhaft mit Lisi Waltersdorfs und einigen anderen Damen und Herren, unter diesen Gras Edmund, Konstantin und General von Baumgarten. Die Baronin, welche ebenfalls eine brillante Reiterin und vortrefflich beritten war, hielt sich etwas abseits. Sie gab sich immer noch die Miene, die Dame des Hauses zu ignorieren. Von allen Seiten, auf allen Feldwegen zogen dir Sotröcke herzu, alle gut beritten und voller Jagdlust, uns das Begrüßen, Händeschütteln und Vorstellen nahm gar kein Ende. Es mochte so neun Uhr geworden sein, und die Hunde wurden eben laut, drüben bei den Steinlöchern, als eir. einzelner Reiter langsam quer über die Felder daherge ritten kam. Schon von weitem hatte ihn das Auge des Grafen Konstantin erkannt. „Dort kommt der Zoborn," sprach er, zu seinem On kel gewandt, und deutete mit der Hand nach ihm hinüber. Gras Anton schien angenehm erregt, er schaute einige Sekunden aufmerksam nach dem einsamen Reiter "aus, und ein Heller Freudenstrahl glitt über sein edles Antlitz, als er sich zu seiner jungen Frau umwandte und mit herzlicher Genugtuung ihre Aufmerksamkeit ebenfalls auf den spä ten Ankömmling lenkte. „Schau, Josephine, da kommt mein Bruder Franz," sprach er und man merkte es ihm an, daß dessen Erschei nen ihm eine große Last von der Seele nahm. Er war ein langer, hagerer Mann, nichts als Seh nen und Knochen, sein Gesicht, das ehemals vielleicht nicht unschön gewesen, war faltig und schmal, die kleinen, un steten und kohlschwarzen Augen lagen tief in ihren Höh len. Um den Mund und die tief herabgezogenen Mund winkel herum spielte ein fatales, stereotypes Lächeln, wie er jetzt heranritt, und der Ausdruck seiner Züge wurde keineswegs verschönert durch den dichten, mit Grau ver mischten Haar- und Bartwuchs, der ungepflegt unter dem Hute hervorquoll. In fast ungenierter Haltung ritt Graf Franz langsam näher, dem Sammelplätze zu, unter den beobachtenden Augen der zahlreichen Jagdgesellschaft. Nur einer Person fiel bei seinem Kommen ein Stein vom Herzen, der Baronin nämlich, denn diese wartet« bereits mit Unruhe auf seine Ankunft; alle anderen be schlich unwillkürlich eine unbehagliche Empfindung beim Anblick dieser wüsten Erscheinung, dieser höhnisch verzoge nen Mienen. Graf Anton kämpfte mit sich, ob er seinem Verwand ten, der offenbar nicht mit versöhnlichen Gedanken hierher kam, entgegcnreiten und ihn brüderlich willkommen hei ßen, oder ob er jenem das erste Wort lassen sollte. End lich pegte doch sein gutes Herz, und er ritt aus der Gruppe heraus, welche ihn umgab, auf den Ankommenden zu. „Nun, das ist brav, Franz, daß du uns die Freude machst," sprach der Graf mit Herzlichkeit, dem Bruder die Hand entgegenstreckend und ihm freundlich znlächelnd. „Ich hoffe, der Weg ist dir nicht zu lang geworden. Er laube, daß ich dich meiner Frau zusühre, die sich sehr freuen wird, dich kennen zu lernen." Dem Grafen Anton wurde mit jedem Worte das Sprechen und die freundliche Miene saurer, denn sein Bru der berührte seine brüderliche Rechte so frostig, daß es bei nahe wie eine Beleidigung erschien, und in seinen Augen lauerte ei« so offener Hohn, eine solche schlecht verhehlt« Feindseligkeit, daß Graf Anton nur zu Wohl fühlte, hier waren alle Güte und alles versöhnliche Entgegenkommen vergebens. Fortsetzung folgt.!