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des uno die Freiheit des republikanischen -RegierungS- shstems mich damit zu betrauen, dringende und unab- weisliche Maßnahmen zu ergreifen, um alle Anschläge gegen die höchste Gewalt und gegen die von der Re volution eroberten Bürgerrechte an der Wurzel abzu schneiden. Daher ergreif? ich für die Aufrechterhaltung der Freiheit und der öffentlichen Ordnung im Lande alle Maßnahmen, die ich der Bevölkerung zu gelegener Zeit ankündigen werde. Gleichzeitig befehle ich: 1 General Kornilow hat sein Amt dem General Klem- lbowskh, dem Oberbefehlshaber der den Zugang nach Petersburg sperrenden Armeen der Nordfront, zu übergeben, und General Klembowslh soll vorläufig die Befugnisse als Generalissimus übernehmen, jedoch in Pskow bleiben. 2. Ich verhänge den Kriegszustand über Stadt und Bezirk Petersburg. Ich fordere alle Bürger auf, zur Aufrechterhaltung der notwendigen Ordnung für das Heil des Vaterlandes mitzuwirken, und die Arinee und Flotte fordere ich auf, ruhig und getreu ihre Pflicht zur Verteidigung des Vaterlandes gegen den äußeren Feind zu erfüllen. Damit hat Rußlands Stunde geschlagen. Denn Wenn Kerenski sich nicht halten kann, dann wird die friedensradikale Arbeiterschaft den Kampf mit dem Kornilow aufnehmen, und dann scheidet Rußland endgültig aus dem Weltkriege aus. f Entente-Krisen. In Frankreich, in England nicht minder. Ter französische Ministerpräsident Ritzet hat noch schnell, ehe er die Demission des Kabinetts erreichte, in einer Rede zum soundsovielten Male die Erlan gung Elsaß-Lothringe ns als notwendiges Krtegsztel bezeichnet, wohl um gut Wetter für sich zu machen, da ein Appell an die Revänchelust in Frankreich noch stets das beste Mittel zur Erlangung und Behauptung der Volkstümlichkeit gewesen ist. Er dürfte in das neue Kabinett wohl einige nationalistische Renommiersozialisten hineinnehmen, aber alles in allem vird Wohl die Nadel des neuen Ministeriums nach rechts zeigen. Die französischen Gewerkschaften haben denn auch bereits in einem Aufrufe an die Arbeiter schaft gegen eine reaktionäre Richtung der Regierung protestiert, weil dadurch ein antidemokra tischer Friede herbeigeführt werden würde. Gerade das vrll Herr Ribot, der erklärt hat, nur die gesetz mäßige Regierung könne ein Urteil über den geeig neten Zeitpunkt für Friedensverhandlungcn abgeben, nicht die breite Masse des Volkes. Besteht unzweifelhaft in Frankreich eine Krisen« stimmung, die auch durch die Neubildung des Mini steriums MboL nicht beseitigt sein wird, so tritt diese Stimmung in Italien noch schärfer hervor. Die Tatsache des geringen militärischen Erfolges in einem bereits mehr als zweijährigen Kriege, den man an fänglich im Volke als einen bloßen militärischen Spa ziergang dargestellt hatte, trägt an der gereizten Stim mung vielleicht noch weniger die Schuld, als die mit in erster Linie durch die Arbeit der Unterseeboote ver schärfte Erschwerung der Lebensmittelversorgung. Die Rationierung von Brot, Tetgwaren und Mats ist be schlossene Sache, und zwar sollen auf den Kopf der Bevölkerung nur 250 Gramm Brot täglich kommen. Das ist sehr wenig für ein Volk, dessen arme Bevöl kerung nahezu ausschließlich von Brot lebt. Die Stra ßenkämpfe, die in letzter Zeit wiederholt in italienischen Städten, besonders in Turin, stattgefunden haben, wer den mit der Verschärfung der Nahrungsmittelsorgen einen immer erbitterteren Charakter annehmen. Das befürchtet auch der sonst so kriegsfreudige „Corrtere della Sera", wenn er schreibt: „Wir befinden uns im ernstesten Augenblick unseres Schicksals." Die ses Blatt und eine Reihe anderer nationalistischer Or gane greifen den Lebensmittelkommissar Canepa und noch mehr den Minister des Innern Orlando an, den letzteren, weil er nicht energisch genug gegen die So zialisten und die bürgerlichen Friedensfreunde vor gehe. Durch den Sturz dieser Männer aber würde nicht ein Kilogramm Brot mehr ins Land kommen, wohl aber würde die Sozialdemokratie schwer gereizt werden, wie denn der „Avanti" schon jetzt eine sehr drohende Sprache gegen die nationalistischen Minister- siürzer führt. i. Eine gewisse Krisenstimmung besteht auch in England, wo die radikalen Elemente immer un zufriedener mit dem aus Radikalismus hervorgegan genen Ministerpräsidenten Llohd George sind, dem des-, halb seine Ministerkollegen den Rücktritt nahegelegt haben. Llohd George läßt sich das freilich einstweilen nicht anfechten, und er hält nach wie vor fast täglich eine großsprecherische Rede, heute über die russischen Zustände, einen andern Tag über die unvergänglichen Verdienste Englands um die Wahrung der „Freiheit der Nationen". Dabei versichert er jedesmal, wie großen Wert er darauf lege, die volle Wahrheit zu sagen. Bezeichnend für die Art seiner Wahrheitsliebe aber ist die Tatsache, daß er Rumänien als eine der kleinen Nationen nennt, welche „die Herausforde rung der Angreifer annahmen", und die, jetzt nieder geworfen, von dem Allerweltshelfer England gerettet werden würden. Unseres Wissens hat Rumänien keine Herausforderung angenommen, sondern aus schnöder Habgier eine Herausforderung erlassen. Dafür hat es die verdiente Strafe empfangen, und inwieweit ihm England helfen wird und kann, bleibt abzuwar ten: England hat bet Friedensverhandlungen — man denke an 1815 — schon Freunde im Stich gelassen, die ihm nützlicher gewesen waren, als Rumänien. Und wenn England wirklich als das von Llohd George gepriesene Weltreich die Freiheit der kleinen Nationen schützt, warum dann die Einmischung — die doch immer im Widerspruch zum Selbstbestimmungsrechte steht — in die griechischen und in die spanischen Angelegenheiten? Bet den im vergangenen Monat stattgefundenen Unruhen — vorbereitet waren sie schon seit viel längerer Zeit — in Spanien hat sich gerade der britische Botschafter in Madrid erheblich kompro mittiert. Daß bei verhafteten Arbeitern und in Ka sernen englisches und französisches Geld aekunden wurde, sprrchl evenfaus für vkeMrivlrUiüjj ! Westmächte. Und auch in Rußland mischen sich ! die lieben Bundesgenossen in der ungeniertesten Weise ein. Erst hat die Entente die revolutionäre Bewe gung in diesem Lande und damit den Sturz des Zarismus begünstigt, jetzt möchte man am liebsten den Zaren wieder ins Lan!KHineinbringen. Wahle« im Kriege. Erdrückende Mehrheit der Radikale». In einem Teil der deutschen Presse gab es neulich eine lebhafte Aussprache über die Veranstaltung neuer Reichstagswahlen, über die Herbeiführung einer Klä rung über die Stimmung des Volkes. In dieser Aus einandersetzung wurde von einer Sette betont, eine solche Wahl könne nur den Ausdruck in augenblicklicher Stimmung bieten. Wie richtig diese Auffassung war, zeigt das Ergebnis der ersten Wahl in einem der kriegführenden Staaten: „Matin" meldet aus Petersburg, das Ergebnis der Gemeinderatswahlen habe in politischen Kreisen lebhaft überrascht. Die Sozialrevolu tionäre erhielten 120 000 Stimmen, die Leninisten (die Maximalisten, die anarchosozialistischen „Bolsche- löttt^ 88V00, die freisinnigen Kadetten nur 52 000. Die Niederlage der Kadetten werde umsomehr beachtet, irls man geglaubt habe, sie würden den Sieg davon tragen. Allgemein sei man der Ansicht, daß die lär mende Opposition der Kadetten gegenüber dem Ar- ! beiter- und Soldatenrat viele gemäßigte Ele- j mente in die Reihen der Leninisten getrieben habe; außerdem schienen sie infolge ihrer Weigerung, mit der provisorischen Regierung ernstlich zusammen- ;uarbeiten, viele Stimmen verloren zu haben. Ein vierter Kriegswinter? Tie Russen glauben: Nein! Der russische neue Generalissimus KlembowSki hat sich vor einiger Zeit, vor der Russen-Offensive und der Herbst-General-Offensive der Gegner, folgendermaßen ausgesprochen: „Eine Winter-Kampagne ist ausgeschlossen, denn schon die allernächste Zeit wird über den Kriegsaus- ! zang entscheiden. Der gegenwärtige Kriegsmoment ist , allerdings sehr ernst, denn wir haben Rußlands Existenz auf eine Karte gesetzt. Wie dem auch sei, die Frie- vensfrage ist und bleibt eine Frage der allernächsten Zukunft." Diese „eine Karte" ist jetzt ausgespielt. Die Gegner haben die große Offensive verloren, sie grauenhaften Blutopser haben nichts gebracht als kleine örtliche Erfolge, während die Russen im Osten sehr erhebliche Verluste erlitten, den Rest des besetzten Galizien und Riga verloren haben. So werden die Gegner mürbe. i Die Enthüllungen Suchomlinows sind eine bös- ! artige Mache der Engländer im Sinne des heutigen ! Ruhland. Man ersieht das aus der gegnerischen ! Presse. Die gibt jetzt die Schuld Rußlands zum Teile i ;u und flicht alles auf das alte Zarenrcgimcnt zu schieben. Hie westschweizerische Ententepresse sieht darin eine ! „Entlastung Deutschlands". Ein Blatt weist auf I Suchomlinows geheimnisvolle Reise nach Paris zur > Unterstützung der W a h l Poincarees hin und besonders auf seine berühmten Aufsätze und Vorträge, in denen :r die Kriegsbereitschaft der russischen Armee predigte. Das Blatt kommt zu dem Schluß, daß die Verantwortung Rußlands, die bisher ignoriert vorden sei, einen besonders ernsten Charakter an- zenommen habe. Wilsons Note wird freundlicher ausgclegt. , Der gut informierte Londoner Korrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung" erfährt, Verantwortliche kreise seien der Ansicht, die „positivere Seite" der Antwort Wilsons werde die Grund läge der Er- Srterungen zwischen den Ententeregierungen bilden. Man dürfe sich nicht der Illusion Hingaben, daß Deutschland auf sein Verwaltungsshstem verzichten ; Erde, da dieses in jeder Hinsicht sich als wirk- fam erwiesen habe und von anderen nachgeahmt wurde Die gegnerischen Heere sind es leid. Ein am 5. August bei Juvincourt eingebrachter französischer Gefangener äußerte bei seiner Ver- aehmung, er glaube, bei der zurzeit in Paris herr schenden Stimmung, eher an eine Revolution als an I Knen Winterfeldzug. Er hatte die Absicht, in nächster Zeit zu desertieren, den: Beispiel mehrerer Kameraden und auch dem seines Bruders folgend, die alle in Heeresbedarfsfabriken viel Geld verdienen. Falsche Papiere hatte er sich schon aus Paris besorgt. Sein Bruder befinde sich schon seit 15 Monaten unter falschem Namen in Paris. Die Regierung scheine über me im Lande herrschende Stimmung unterrichtet zu sein. Alle Pariser Schutzleute hätten einen Maschinen gewehr-Kursus (gegen die Pariser!!) in Vincennes mitmachen müssen. Gegebenenfalls werden statt der Anamiten Engländer zur Aufrechterhaltung der Ord nung herangezogcn werden. In Lyon sah der Gefangene in den Kohlenkellern des Bahnhofs etwa .80 Ma schinengewehre, mit denen das französische Volk im Notfälle beruhigt werden soll. England" im Sinne WilsonS. Wie aus Washington gemeldet wird, hat England den Vereinigten Staaten mitgeteilt, daß die Antwort Wilsons auf die Friedensvorschlage des Papstes im Sinne der britische« Antwort sei, wie Cecil kürzlich rrklärt habe. politische Rundschau. :: Tie Neuordnung in Polen. Die amtlich ange kündigte Einigung der verbündeten Negierungen über den weiteren Ausbau des polnischen Staatswesens, die in wenigen Tagen dekanntgegeben werden soll, läuft auf die Einsetzung eines Regentschaftsrates hinaus. Als Vorsitzender des Regentschaftsrates ist der lange Zeit hindurch in russischer Gefangenschaft zu rückgehaltene, bisherige Erzbischof von Lemberg, Gras Szeptycki, in Aussicht genommen. Ein anderes Mit glied des Regentschaftsrates wird der Fürst Lubo- mhrski sein, das dritte Mitglied scheint noch nicht endgültig bestimmt zu sein. Der ebenfalls dreiglie drige sogenannte „Liquidationsausschuß" des bisherigen StaatSrats, der sich zurzeit im wesentlichen mit de» Fragen der Lebensmittelversorgung im besetzten Ge biet beschäftigt, wird durch die Einsetzung des Re gentschaftsrates in seiner Tätigkeit vorläufig nicht be rührt. Die erste Aufgabe des Regentschaftsrates wird die Berufung eines Ministeriums sein. Dann wird vermut lich auch die Ausschreibung der Wahlen für die Volksvertretung nicht lange auf sich warten lassen. Die Art des Wahlrechts wird voraussichtlich den neu ein gesetzten polnischen Instanzen selber überlassen blei ben. Sache des Parlaments endlich wird die Be schlußfassung über eine Verfassung und demnächst: die Wahl eines Monarchen sein. 'n Eine neue Partei. Am Sedantage ist in Königs berg die „Deutsche Vaterlands-Partei" be gründet worden. An ihrer Spitze stehen als Ehrenvor sitzender Herzog Johann Albrecht zu Mecklen burg, als 1. Vorsitzender Großadmiral v. Tirpitz und pls 2. Vorsitzender Generaflandschaftsdirektor a. D. Kapp. In dem Gründungsaufruf heißt es u. a.: „Weite Kreise des deutschen Volkes stimmen mit der Stellungnahme der gegenwärtigen Reichstagsmehr heit zu den wichtigsten Lebensfragen des Vaterlandes nicht überein. Sie erblicken in dem Versuch, gerade jetzt, wo des Reiches Schicksal auf dem Spiele steht, Kämpfe um Verfassungsfragen Hervorzurusen und in oen Vordergrund zu stellen, eine Gefährdung des Vaterlandes und eine wenn auch nicht gewollte Förderung unserer Feinde. Sie sind der Ansicht, daß ver vor dem Kriege gewählte Reichstag tatsächlich nicht mehr die Vertretung des deutschen Volkswillens dar stellt." — Die Partei will mit vaterländisch gerichteten politischen Parteien nicht in Wettbewerb treten. :: Erzbischof Tr. Faulhaber und München. Iw Antrittshirtenbrief des neuen Erzbischoss Faulhaber von München finden sich laut „Tag" zwei bemerkens werte politische Stellen. Er nennt München ein Haupb quartier und Einfallstor reliaionsfeindlicher und kir chenfeindlicher Freischärler und bezeichnet es als ein« unserer ersten Aufgaben in der kommenden Friedens zeit die Rechte der Kirche und ihres Oberhauptes, des Friedenspapstes, zu schützen. * . * Ungarn: Neuregelung der römisch-katholische»» Kirchen» güter in Ungarn. k Das Organ des Kultusministers Apponih gibt Kunde über eine umfassende Regelung der römisch- katholischen Kirchengüter. Zunächst wird betont, „ein« Säkularisation ist nicht geplant". Dagegen sollen sämt liche bischöflichen Güter vereinigt werden. Der Er trag der Güter würde in erster Reihe zur GehaltS- cegelung der Kirchenfeste und des niederen Klerus, sodann für Schulzwecke verwendet werden. Portugal: Wachsende Aufruhr-Stimmung. . k Auf Umwegen gelangten nach Paris Lissaboner Meldungen, die aujrüvrcrflchc Bewegung in der por tugiesischen Hauptstadt und in der Provinz sei in stetiger Zunahme. Die Negierung sei veranlaßt, strengste Vorkehrungen zu treffen. * * * Kleine Kricgsnachrichtcn. " DK König von Italien will nach Beendigung seiner französischen Reise nach England fahren. " Die Einführung eines Naphthamonopols bilde! ven Gegenstand eines Projekts in Rußland als letzt« Rettung aus der Finanzmisere. " Im Oktober wird eine Abordnung amerikani- aischer Senatoren nach Europa kommen, um von dem Stand der Dinge in den Ländern der Alliierter Kenntnis zu nehmen. " Der amerikanische Schatzsekretär Mac Adoo er klärte, daß die amerikanische Regierung beschlossen, habe, den Verbündeten bis zum Juni (918 Vs Milliard« Dollar -- 2 Milliarden Mark monatlich vorzuschießen " Die russische Regierung will Wiedereinführung der Todesstrafe hinter der Front für jene Verbrechen, die an der Front ebenfalls mit dem Tode bestraft werden, durchsetzen. " England hat in der diesjährigen Sommer-Offen, sive über 400 000 Manu verloren, Frankreich wohl ebensoviel, Italien 200 000 Mann und Rußland ohne Zweifel mindestens eine halbe Million. " In Liverpool hat die Polizei eine Friedens- Versammlung unter freiem Himmel aufgelöst, weil viel« Fvkuen und verwundete Soldaten eine drohende Hab tung einnahmen. " Frankreich ist von einer Zuckernot bedroht. In folge mehrerer „Unfälle auf See" sind große Zucker- mengcn ausgeblieben. " Eine Verfügung verbietet ab 15. September den Verkehr der Privat autos in ganz Italien. "In Dänemark wurden wegen der beschränkten Einfuhr von überseerschen Futterstoffen u. a. zwei Drit tel des Schweinebestandes abgeschlachtet. - ^5 ehemalige Burenführer und jetzige Eng« landfreund Botha, der wegen Krankheit in den letz- ^pehen die Geschäfte des Premierministers von Südafrlka nicht ausüben konnte, befindet sich jetzt b«. deutend besser. ,