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Dir „Writzeritz - Zeitung" erscheint täglich mit Aus- - nähme der Sonn- und Feiertage und wird am Spätnachmittag ausge geben. Preis vierteljähr lich cinschl. Zuträgerge bühr M.2.40,zweimonat lich M. 1.60, einmonat- lich 80 Pf. EinzelneNum- mern lO Pf. Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger neh men Bestellungen an. Inserate werden mit 20 Pf., solche aus unserer Am lshaisptmannfchast mit 15 Pf. die Spaltzeil« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 4b bez. 35 Pf. — Tabellarische und komplizierteJnserate mit entsprechenoem Auf schlag. —Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 50 Pf. MihmIMtMs Tageszeitim Wd AMiger ßr HMiswOe, CljMelittg». ll. Amtsblatt für die Königliche Ämtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtteiligem „Illustrierten Unterhaltungsblatt" und täglicher Unterhaltungsbeilage. Mr die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. — Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dienstag den 4. September 1917 abends Nr. 205 83. Jahrgang Grohe« Hauptquartier, 3. September 1917. Westlicher Kriegsschauplatz. Lei Sturm war der Artilleriekampf in allen Tellen der flandrischen Front stark. Bei den anderen Armeen, auch an der Maas, im allgemeinen gering. An der Strotze Cambrai—Arras scheiterte ein starker englischer Borstotz. Bei dem Gehöft Hurtebise wurde der Geländegewinn der Franzosen in Grabenkämpfen be trächtlich eingeengt. Oestlicher Kriegsschauplatz. Front des Generalfeldmarschall Prinzen Leopold von Bayern. Nach sorgsamer Vorbereitung überschritten deutsche Divisionen am Morgen des l. September die Düna beiderseits von Uexküll. / Starke Artillerie- und Minenwerfer-Wirkung ging dem Uebersetzen der Infanterie voraus, die nach kurzem Kampfe auf dem Nordufer des Flusses Futz faßte. Kraftvoller Angriff warf die Russen zurück, wo sie Widerstand leisteten. Die Bewegungen unsrer Truppen sind im Gange und verlaufen planmäßig. Der Feind gab unter der Einwirkung unseres Vor dringens, seine Stellungen westlich der Düna auf. Auch douhnd unsere Divisionen nach Gefechten mit russischen Nachhuten Im Vorgehen. Dichte Kolonnen aller Art drängen auf den von Riga ausgehenden Strotzen überhastet nordostwärts. Brennende Ortschasten und Höfe zeigen den Weg des weichenden Nordfiügels der russischen 12. Armee. Front des General-Obersten Erzherzog Josef. In den Flutztälern am Nordwesthange der Wald karpathen auflebende Gefechtstätigkeit. Südlich des Trotustales scheiterten mehrere rumänische Nachtangriffe am D. Cosna und bei Grozesci. Heeresgruppe,d es Generalfeldmarschall« v. Mackensen. Im Gebirge zwischen Susita- und Putnatal wehrten unsere Regimenter starke rusfisch-ruMnische Angriffe durch Gegenstoß ab. Mit 200 dabet in unsre Hand gefallenen Gefangenen erhöhte sich für dieses Kampffeld ihre Zahl seit dem 28. August auf 20 Offiziere und 1650 Mann, die Beute auf 6 Geschütze mit Protzen, 60 Maschinenge wehre, zahlreiche Minenwerfer und Truppenfahrzeuge. Auch bei Morasten! griffen die Rumänen vergeb lich an. Makedonische Front. Heute morgen brachen französische Angrisfe bei Bratindol, nordwestlich von Monastir, verlustreich zu sammen. Die Serben erl'tten erneut am Dobropolfe eine blutige Schlappe. Der Erste General-Quartiermeister. - Ludendorff. vertliches und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Sedanfeier in der Bürger- schule wurde diesmal nach kurzem Harmoniumvorspiel mit einem innigen Gebet in gebundener Rede von Herrn Schuldirektor «ingeleitet, dem allgemeine und Kindrrgesänge, sowie zwei Vorträge neuerer Gedichte durch Herrn Ober lehrer Krüger folgten. In längerer Festansprache betonte Herr Schuldirektor Ebert zunächst Deutschlands Interesse und Anrecht aus Elsaß Lothringen und die wirtschaftliche Bedeutung dieses Lande». Sodann entrollte er vor dem geistigen Auge dir Gäste und Kinder erschütternd trübe Bilder von Hamburg, Dresden und Dippoldiswalde, die von den unsagbaren Leiden vor 100 Jahren erzählten. Nach der Mahnung, gleich unsern heldenhaften Vätern im Dulden nicht zu erlahmen und wie sie alle unsre Seelenkräste einzusetzen, schloß die Rede' mit einem kräftig unterstützten Hurra auf Kaiser und Reich, König und Vaterland, Heer und Flotte. Dippoldiswalde, 4. September. Der gestrige Kriegs- abend des Militärs rein», gleichzeitig Sedan-Nachfeier, war sehr gut besucht. Weit überwog allerdings Feldgrau. So erfreulich da» fast vollzählige Erscheinen unserer Garnison an sich war, so Uetz es doch andererseits um jo mehr den Wunsch aufkommen, daß auch die Einhei mischen zahlreicher sich hätten einfinden sollen schon um de» Vortrage» willen, der allgemeinste Beachtung ver diente. Im Anschluß an die Begrüßung wie, Herr Vor ¬ steher Unger hin auf die Taten unserer Veteranen von 1870/71, an die uns der Sedantag in so schöner Weise erinnert. Stolz sind die Alten heute auf da», was ihre Söhne und Enkel vollbringen als Verteidiger unseres deutschen Vaterlandes, da« sie einst schaffen halfen. Herr Unger erinnA sodann an die alte deutsche Sage vom Erzengel Michael, der immer in schwerer Zeit die Führung des Volkes übernahm zum Siege, und knüpfte daran den Wunsch, daß unser neuer Reichskanzler ein solcher Erz engel Michael uns werden möge. Mit einem dreifachen Hoch auf unsre starke Wehrmacht und ihre Führer schlossen die Worte. „Deutschland, Deutschland über alles" und der Vortrag zweier Sedangedichte schlossen sich an. -- Leider mutzte Herr Unger schon wieder den Heldentod Hetmatsangehörtger melden. Gefallen ist der Major Mar Dörffel,- ihren schweren Verwundungen erlagen Gefreiter Karl Uhlig vom Inf.-Reg. 182 (Sohn der Witwe U), Einj.-Freiw. UO. Schaarschmidt (4/392, Sohn de« Bez.- St-Insp. Sch); schwerer Krankheit erlag der Soldat Fritz Straube (Sohn der Witwe Straube hier); eine Feldpost-Sendung an den Sergeanten Karl Walther (Sohn der Witwe W.) kam zurück mit der Bemerkung, datz er den Heldentod erlitten habe. Die Versammelten erhoben sich zu Ehren der gefallenen Helden von den Plätzen. An den Vortrag des ergreifenden Gedicht« „Latz mich gehen, Mutter!" au» dem „Champagne-Kame raden" schlotz sich der allgemeine Gesang „Ich hatt' einen Kameraden". Krank oder verwundet sind gemeldet: Kmoch (schwer am Rücken verw ), Ldstm. Arthur Reichel (Pionier-Batl. 12), Karl Selle (JR. 351), Otto Böhme (z. Z. hier auf Urlaub), Albert Kolenda (l v., bei der Tr), Martin Rheinschüssel (l. v), Arno Kästner, A. Fallgatter (1/242), Fahrer Otto Weiske. Ausgezeichnet wurden mit dem Eisernen Kreuze 2. Klasse: Einj.-Freiw. Hempel, Te- legr. Edwin Lindner, Gefr. Alfred Paul (Sohn des Steuer aufsehers P ), Gesr. Herm. Donath (erhielt auch die Fried rich-August-Medaille), Gefr. Paul Köhler (23. Res.-Div), Schütze Bruno Donner (2. M.-G -K. d. L.-Reg. 102; die Friedrich-August-Medaille in Silber UO. W. Lehmann (Ers.-P.-Batl. 22); die Friedrich-August-Med. UO. Schiffel (von der Bezirkssteuereinnahme) und das Ritterkreuz vom Albrechtsorden mit Schw. Leutnant Gerhard Pester. Be- fördert wurden Arno Riedel zum Unteroffizier, Paul Köhler (beim Gericht der 23. R.-D.) und Herbert Hesse (1/474) zu Gefreiten und Alfred Walther von S. M. S. „Bayern" (Sohn der Witwe W ) zum Ober-Matrosen. — Nun nahm Herr Vizefeldwebel Hubriryt das Wort zu seinem Vortrage über „Deutschlands wirtschaftliche Aus sichten nach dem Kriege" und führte u. a. aus: Wie vor 47 Jahren die Schlacht von Sedan den sicher erwarteten Frieden nicht brachte, sondern den Krieg noch 6 Monate andaurrn ließ, so hat uns unser Friedensangebot vom Dezember 1916, gemacht unter dem Drucke von damals berechtigten Nahrungsmittelsorgen, drin Frieden nicht näher gebracht. Hohn und Spott hat es eingetragen und in seinen Folgeerscheinungen den sicheren Beweis erbracht, datz auf dem Verständigungswege ein Frieden mit Eng land überhaupt nicht möglich ist, sondern einzig gilt: Du oder ich! Viel wird jetzt üneder über Frieden gesprochen. In Deutschland haben sich in dieser Hinsicht zwei Richtungen gebildet. Die «ine tritt ein für den so genannten Verzichtfricden, für einen Frieden ohne Annexionen und ohne alle Entschädigungen, und meint, auf diese Weise nicht nur rascher zum Ziele zu kommen, sondern auch jeden Anlaß zu einem späteren Kriege dadurch zu beseitigen, datz die Landesgrenzrn so bleiben, wie sie im August 1914 waren, und datz jeder Staat seine Kriegsschulden selbst bezahlt. Die andere Richtung arbeitet für den sogenannten „Deutschen Frieden" in der Ueberzeugung, daß unsre Feinde, da sie jetzt trotz ihrer erdrückenden Mehrheit uns nicht niederzuzwingen s vermögen, bei nächster Gelegenheit, wo ihnen die Aussicht hierfür günstig erscheint, zweifellos wieder angreifen. Hier- gegen kann uns nur ein Deutschland schützen, das noch stärker ist als das Deutschland von heute, sodaß die Nur- sichten von vornherein für unsre Feinde schlecht sind. Dazu aber brauchen wir eine starke Flotte und sür sie Stützpunkte an der flandrischen Küste; dazn brauchen wir die jetzt von uns besetzten französischen Erzbecken; und dazu brauchen wir Land zum Anbau von Nahrungs mitteln, Einfluß auf di« rumänischen Petroleumquellcn und die Einfuhr von Ueberfee. Soll weiter verhindert werden, daß Deutschland mehrere Menschenalter hindurch unter einem unerträglichen Steuerdruck steht, so kann auch andererseits ein Frieden ohne Entschädigung nicht geschlossen werden, denn 170 Milliarden werden gegen Jahresende die Kriegsschulden (einschließlich der kapitalisiert gedachten Renten) betragen und zur Ver zinsung und Tilgung jährlich 11 Milliarden erfordern, während die Einnahmen des Reiches 1913 sreichlich l>/2 Milliarden betrugen, also kaum den siebenten Teil. An Hand von Tatsachenmaterial wies Redner nach, daß die Freunde des „Verzichtfriedens" sich zweifellos einem Trugschluß hingeben, wenn sie glauben, daß er dem deutschen Volke zum Segen gereichen werde. Wir würden uns rettungslos an England ausliefern, da» von seiner Macht den skrupellosesten Gebrauch machen würde. Arbeits losigkeit in schlimmster Form mit all den schon in nor malen Zeiten bösen Begleiterscheinungen würde infolge Mangels an Rohmaterialien eintreten, da England uns diese einfach sperrte. Und das wäre nur die eine unglück lich« Folge, die allerdings die breitesten Volksschichten träfe. Wir aber hätten dann sür alle Zeiten die Macht verloren uns dagegen zu wehren. Und nur die Macht entscheidet' Was nützte es uns dann auch, wenn wir die Kolonien zurückbekämen, uns fehlte die Verbindung mit ihnen. Und weiter: England hat im Verlauf des Kriege» Aegypten vollends annektiert, Saloniki und mehrere griechische Inseln besetzt, sich in Reval, Archangelsk und aus den Aalands- inseln festgesetzt usw. Kein Engländer denkt aber auch nur im Traume daran, dort st-twillig wieder sortzugehen. Wir aber sollen das von uns besetzte Land, dessen Wert aus 60 Milliarden Mark (nicht etwa Privateigentum) ge schätzt wird, zurackgeben und dafür unsre Kolonien im Werte von 3 Milliarden Mark eintauschen. Im übrigen zwingt uns auch rein nichts zu einem solchen Verzicht frieden; Interesse daran hat nur das internationale Groß« bankkapital. Wir aber bra ichen einen deutschen Freden, wie ihn auch unsere Kämpfer an der Front verlangen. Und wir haben das Mittel zu seiner Erzwingung m unseren U-Booten. Herr Hubricht schloß feine in ihrer einfachen Klarheit überzeugenden Ausführungen mit fol gendem seinerzeit von ihm im Lazarett verfatzten Herz hasten Gedicht: Für ein Butterbrot! Schämt 2hr Euch nicht, die Ihr in schöner Heimat Der schweren Opfer Euch nicht würdig macht, Die Eurer Brüder todesmutge Scharen Ties drin in Feindesland sür Euch gebracht? Wir stehen hier in taste» Nacht auf Posten, Ein eisger Nordwind peitscht uns ins Gesicht, Der Frost läßt die erstarrten Glieder schauern, Doch tun wir eisern unsre Pflicht. Ihr sitzt daheim und murrt in warmer Stube, Datz Euch die Butter und das Fleisch ist knapp, Habt kein Gefühl, wie lächerlich gering das Opfer, Wenn Euerm Gaumen ein Genuß geht ad. Selbst wenn Ihr wirklich müßt in kalten Zimmern sitzen, Habt Ihr ein festes Dach doch überm Haupt. Da« warme Bett steht noch in Eurer Kammer, Euch hat der Feind noch nichts davon geraubt Wir wissen, datz wir hier sür Deutschlands Zukunft kämpfen, Dämpft Kleinmut drum, auch Großmut und Verbrüderung»- l"cht Wenn wir des Reiche« Grenzen jetzt nicht dehnen, Zermalmt uns später Englands Has; und Neid mit Wucht. Wenn Friedrich einst nach siebenjähr'gem Ringen Auf. unverkürzte Grenzen konnte schuu'n So dürfen wir uns heute damit nicht bescheiden, Wir müssen jetzt an Deutschland» Größe baun! Was deutsche Einigkeit bis jetzt err-ngen, Steht einzig da In dieser weiten Welt. Gott war mit uns in allen Landen Und hat der Feinde Uebermacht zerschellt. Und doch nimmt drin in unserer Heimat Gauen Die Unzufriedenheit allmählich überhand, Wenn Euer Gaumen soll ein Opfer bringen, Dann schwankt die Liebe für das Vaterland. Und wenn die Kost jetzt wirklich knapp geworden Ihr habt zu essen und habt noch genug. Eßt dankbar trockncs Brot und seit zufrieden, D.ß Luch de» Femdes Hand nicht in der Heimat schlug! Wenn Euch di: Butter fehlt zum Brote, Nennt Ihr das wirklich schon so große Not, Daß Zhr des Reiches Zukunft wellt verschenken, Die Früchte Eurer Siege, für ein Butterbrot? Stcb'n wir für solche jämmerliche Wichte, Die nicht mehr we>t sind, deutsch zu beißen, hier Im Fe». Lohnt es denn m ch, daß man im Trommelfeuer Fm solcher Klageweiber Schar die Stellung hält?