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etn Ministerialdirektor alle die Fragen, Vie naiv vem I Geschäftsplane in sein Ressort fielen, beherrschen konnte Im Kriege wuchs die Arbeitslast, zumal infolge der Einziehung von Beamten, ins Ungemessene, der Ge schäftsgang wurde schleppend. Wichtige Angelegenheiten, die sehr schnell hätten erledigt werden müssen, blieben monatelang liegen. Das Scheitern der Höchstpreis politik, die Fehler in unserer Zucker- und Futtermittel- , Politik waren Fehler dieser Ueberlastung. Erst nach Hwei Jahren wurde das außerordentlich wichtige Er nährungsgebiet, das bis dahin von einigen vortragen- 1 den Räten im Nebenamts bearbeitet worden war, an das neuerrichtete Krie-gsernährungsamt abgegeben. Die jetzt erfolgte Einrichtung des besonderen , Kriegswirtschaftsamtes wird hoffentlich der deutschen > WoHwirtschaft von Nutzen sein.— ! Volkswirtschaftliches. H Fischwucher in Swinemünde. Das Kriegswücher- amt tat in Swinemünde energische Schritte gegen den Fischschleichhandel. In großen Mengen lieferten die § Ostseefifcher in Swinemünde und Ahlbeck die von ihnen gefangenen Fische nicht, wie vorgeschrieben, an die ! Fischhandelsgesellschaft ab, sondern verkauften sie an , die aus den Großstädten und insbesondere aus Berlin j zugereisten Badegäste, nachdem sie die Fische entgegen vem Räucherverbot geräuchert hatten. Milian. Roman von Narie Lenzen-Sebre^ond <15. Fortsetzung ) Clarisse hatte bis setzt jedes Wort mit überlegener Ruhe gesprochen; aber die letzte, scheinbar so widersinnige Behauptung ihrer Schwägerin reizte sie, und sie war im Begriffe, eine heftige Aeußerung zu tun. Um dies zu verhüten, nahm Fräulein von Marlstern selbst das Wort: „Verzeihen Ew. Erlaucht, wenn diese Behauptung sowohl mir als meiner lieben Komtesse un verständlich ist. Wie kann es ein großmütiges Benehmen genannt werden, wenn der Graf Sinsfeld den Reichsgra fen Stammegk überredet, seinen — mindestens nicht — nicht sehr begabten Sohn durch die Hand einer jungen, lie benswürdigen Komtesse aus dem Hause Stammegk in den Besitz ihre- immensen Reichtums zu bringen?* „Sie reden, was Sie nicht verstehen,* versetzte die Gräfin, durch den Widerspruch gereizt und infolgedessen ihrer sonstigen Vorsicht untreu werdend. „Darin eben liegt meines guten Papas Edelmut, daß er, wohl erken nend, wie groß die Verpflichtungen sind, die meines Man nes hoher Rang ihm auferlegt, und wie schwierig es ist, einer solchen Stellung gerecht zu werden, für meinen Bru- der durchaus nicht Clarissens ganzes Vermögen bean- sprucht, sondern sich damit einverstanden erklärt, daß es bei ihrer Vermählung mit Philipp zur Hälfte an uns, d. h. an Milian, oder vielmehr an das gräfliche Haus Stammegk zurückfällt.* Als hätte sie einen Schlag erhalten, so fuhr Clarisse zusammen. Sie blickte mit starren Augen und blutlosen Lippen die Gräfin unbeweglich an, während diese, ver wirrt und erschrocken über die Wirkung ihrer Worte, ihr schweigend gegenüber saß. Fräulein von Markstein war blaß geworden und mur melte benommen vor sich hin: „Ah, das gibt ein unver mutetes Licht.* Mit der schmerzlichen Schärfung der Sinne, wie sie in Augenblicken großer Erregung bemerkbar wird, vernahm Clarisse die leisen Worte des FräuleinS. „Jawohl, ein Licht,* sagte sie, „so blendend als unerwartet. Welch' grel len Schein wirst eS in den Abgrund der Seele memeS Bruders!* ! „O Clarisse, mein teures Kind, warum fassen Sie die § Dinge aus dem düstersten Gesichtspunkte aut?* j „Ja, warum willst du immer die dunkle Seite einer Sache sehen?* fragte Claudia, fälschlich glaubend, in den, Fräulein eine Bundesgenossin gefunden zu haben. „Warum? .... Läßt denn diese entwürdigende Handlungsweise eine milde Deutung zu? Mein Brudc: hat die Absicht, mich für einen Anteil an meinem eigenen, mir von meinen edeln, geliebten Eltern hinterlassenen Erbe einem Blödsinnigen zu verkaufenl Hätte er mich zu Tode gebracht, um in den Besitz meiner Güter zu ge- langen, sein Gebühren wäre weniger grausam, als die niedrige Tücke ist, durch welch! er seine Habgier zu befrie digen sucht.* Das junge Mädchen hatte sich in den Sessel zurüc geworfen, die Hände krampfhaft über dem Haupte gefaltet und mit finsterem Blicke ins Leere schauend. Die Gräfin erhob sich langsam und gemessen, und während sie sich bemühte, ihren ungefügen Zügen den Aus- druck einer würdevollen Entrüstung aufzuprägen, sagte sie im Tone verächtlichen Bedauerns: „Es tut mir leid — ich habe oft zu deinen Gunsten gesprochen, wenn eS hieß, du seiest halb irrsinnig — eS tut mir jetzt sehr leid. Wer so wilde, wahnsinnige Worte in die Welt hinauSschreit, der ist mehr als unzurechnungsfähig, der ist reif für einen Ort, den ich nicht nennen mag. Man sollte doch nie an stehen, der Wahrheit die Ehre zu geben. Ich bereue eS jetzt, daß ich auS Rücksicht auf Milian deinen wahren Zu- stand zu verbergen gesucht habe; ja ich bereue eS jetzt. — denn wenn es uns nicht gelingt, dich unter der Obhut meiner Mama vernünftiger und willfähriger zu machen, wird man deine Gemütskrankheit doch kaum noch geheim hallen können.* Die Komtesse hatte sich heftig, mit glühenden Wangen erhoben und war im Begriffe, auf die boShaste Rede ihrer Schwägerin durch einen Ausbruch leidenschaftlichen Un- . willens zu erwidern. Aber Emma von Marlsteln ergriff ihre Hand und sprach flehend: „Beantworten sie diese unseligen Unterstellungen nicht Clarisse ; eS wäre Ihrer un würdig. Schweigen Sie, Ihrem guten Rechte vertrauend.* „ES^sei,* erwiderte Clarisse kurz und wandte sich dem Fenster zu. Claudia folgte ihr. „Laß dir raten. Schwägerin, beuge den Trotzkopf und gib mir eine vernünftige Antwort auf den Antrag meines Bruders.* „O Himmel!* rief die Komtesse, mit unbezähmbarer Ungeduld ihre Frage über die Gräfin hinweg an ihre Gesellschafterin richtend. „Emma, ich habe mich noch nicht deutlich genug ausgesprochen?* Claudio überhörte absichtlich diesen AuSruf und sagte mit einer Manier, die sie für wohlwollend hielt: „Ich will meinem Papa sagen, daß du dir einige Tage Bedenkzeit erbittest, obgleich das, bei der Auszeichnung, welche du Philipp diesem Winter ja auf allen Bällen erwiesen hast, eigentlich lächerlich ist.* Bei dieser abermaligen, ebenso widersinnigen als un wahren Beschuldigung flammte Clarissens Unwille noch mals auf. und vor ihrer zuckenden Lippe, ihrem sprühen den Blick erbleichte Claudia unter der MaSke selbflgewiffer Sicherheit. Aber mit eiserner Willenskraft bekämpfte die Komtesse jede ZornrSäußerung und sagte bloß, sich Wiede, von ihrer Schwägerin abwendend: „Lüge du auf deine Gefahr.* „Ich werde tun, was ich für gut halte, und Papa nicht minder,* schrie Claudia, denn sie war jetzt so erregt, daß sie die bisher leidlich bewahrte Haltung plötzlich ver lor. „Und von Milian werde ich fordern, daß er mich für die Beleidigung rächt, die mir in seinem Hause wider fahren. Ich habe nicht nötig, mich beleidigen zu lassen, durchaus nicht; und ich bin entschlossen, keinerlei Bos heiten von dir hinzunehmen, keinerlei du kannst fest darauf bapen* So sprechend in lauten, unangenehm hohen Tönen, verließ sie in aufrechter Haltung, aber mit