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Von den Fronten. Großes Hmchtquartier, 13. Juli 1917. (WTB.) ' Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. 1 An der flandrischen und Artois-Front war in Mhreren Abschnitten bet guter Sicht der Feuerkampf Lark. > Feindliche Vorstöße östlich von Nieuport, südöstlich von Ypern, bei Hulluch und südlich der Scarpe wurden mrückgeschlagen. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. K Wieder war die Kampftätigreit der Artillerie in der westlichen Champagne erheblich gesteigert; auch auf dem linken Maas-Ufer erreichte das Feuer abends große Heftigkeit. An der Höhe 304 nahmen Sturmtrupps in fri schem Draufgehen die vom Feinde am 8. 7. zurück eroberten Gräben wieder. Die Besatzung wurde nie- !dergemacht, ein Teil gefangen zurückgeführt. Die von uns in den Kämpfen am 28. 6. gewonnenen Stellun gen in 4 Kilometer Breite sind einschließlich ihres Vorfeldes damit wieder voll in unserer Hand. Trotz heftiger Gegenwirkung brachte ein Erkun- dungsvorstoß bei Prunay uns Gewinn an Gefangenen und Beute. Heeresgruppe Herzog Albrecht. Di« Lage ist unverändert. In zahlreichen Luftkämpfen verloren die Gegner 17 Flugzeuge, zwei weitere durch Abwehrfeuer. Oberleutnant Ritter von Tutscheck, der am 12. 7. zwei feindliche Flieger zum Absturz brachte, errang gestern durch Abschuß eines Fesselballons den 16. Luftsieg. Ocstlicher Kriegsschauplatz. Front >8 Generalfeldmarschalls.Prinz Leopold von Bayern. An Ivr Düna, bei Smorgon und an der Schtschära war die Gesechtstätigkeit rege; auch westlich von Luck lebte sie infolge eigener Erkundungsvorstöhe zeitwei lig auf. Südlich des Dnjestr sind an mehreren Stellen der Lomnica-Linie russische Angriffe zum Scheitern gebracht worden. An der Front des Generaloberst Erzherzog Joseph und bei der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen drangen nach stärkerem Feuer mehrfach feindliche Auf- klärungsa^tcilungen gegen unsere Stellungen vor; sie sind überall abgewiesen worden. Mazedonische Front, , Oestlich der Nidze Planina löste ein erfolgreicher bulgarischer Vorstoß örtliche Gegenangriffe der Serben aus; sie schlugen verlustreich fehl. Der Erste Generalquartiermeister: Ludendorff. Desterretchftcher EegsvemchL. Wien, 12. Juli. Amtlich wird verlautbart: Ocstlicher Kriegsschauplatz. In Rumänien und in den Karpathen nichts von Belang. Südlich des Dnjestr gelangten die Russen bis an unsere Lomnica-Stellung. Bei Kalusz kam es auf dem Westufer des Flusses zu Kämpfen. Am Stochod wurde nördlich der Bahn Rowno—Kowel ein russischer Vorstoß abgeschlagen. Italienischer Kriegsschauplatz. Als Entgelt für die Heimsuchung Jdrias durch italienische Flieger bewarf gestern ein österreichisch ungarisches Flugzeuggeschwader den Bahnhof und die ausgedehnten Barackenlager bet Cividale mit Erfolg. Auf dem Kleinen Colbricon drangen gestern früh ' unsere Sturmabteilungen in die feindliche Stellung I ein, machten die Besatzung nieder, sprengten große Mengen italienischer Munition und kehrten mit Ge fangenen zurück. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Unverändert. Der Chef des Generalstabes. Die innere Krise. Hindenburg wieder in Berlin. Auf Befehl des Kaisers ist der Generalfeldmar schall von Hindenburg mit dem Ersten Generalquar- tiermeister General Ludendorff in Berlin eingetroffen. * * * Bethmanns Rücktritt stand bereits Anfang der Woche fest. Er sollte den Abschluß der gegenivärtigen Umwälzungen abwarten und hatte sich auf Wunsch des Kaisers bereits erklärt, diese Umwälzungen zu leiten. Er selbst aber hatte sich geäußert, daß der Reichstag ihn bei seinem nächsten Zusammentreten im Oktober nicht wieder vorfinden werde. Inzwischen hatte der Kaiser sich mit den Parteien in Verbindung gesetzt und von diesen bestimmte Er klärungen über ihre Auffassung verlangt. Man sagt, daß die Erklärungen der Nationalltberalen und des Zen trums sich im wesentlichen gleichen, die beide den Kanzler als ein Hindernis für Friedensverhandlungen bezeichneten. Die Nationalliberalen verlangten dabei im Gegensatz zum Zentrum, das eine längere „Schon zeit" vorsah, den sofortigen Rücktritt und liehen einen bezüglichen Beschluß in die Oeffentlichkeit ge langen. Alle Miuister gegen Bethmann. Die „Germania", die in dieser Krisis sich stets besonders informiert zeigte, führt zu den Personal vragen folgendes aus: , „Zu der Verschärfung der Krisis hat, wie wir Mahren, die Tatsache beiaetraaen. daß. die Mehrzahl der preußischen Staats in int st er ihre Entlassung ! gegeben habe. Der Grund dieses Vorgehens der Mi- ' nister ist keineswegs in ihrer Stellungnahme zur l preußischen Wahlrechtsfrage zu suchen, sondern in ihrer § Stellungnahme zum Reichskanzler. Wie wir be reits mitteilten, hat auch der Kriegsminister v. Stein j um seine Entlassung gebeten. Auch er ist zu dem i Schritt nicht veranlaßt worden durch die Lösung der z Preußischen Wahlrechtsfrage, sondern ebenfalls durch i die Haltung, die der Kanzler während dieser ganzen Krisis eingenommen hat; es ist aber durchaus kein Geheimnis, daß der Kriegsminister in sehr enger- Fühlungnahme mit Generalfeldmarschall Hin denburg und mit General Ludendorff steht, und es will uns nicht unmöglich erscheinen, daß unsere bei den Heerführer sich mit dem Kriegsminister solidarisch erklären könnten und auch ihrerseits das Verbleiben im Amte von der Entscheidung der Kanzlerkrisis ab hängig machen." j * * * - In dem Befinden des Zentrumsabgeordneten Dr. j Spahn ist eine weitere Besserung eingetreten. An « eine Teilnahme des Zentrumsführers an den politi schen Geschäften in den nächsten Tagen ist jedoch nicht zu denken. * * * Wer wird Kanzler? An erster Stelle wird der frühere Reichskanzler j v. Bülow genannt. Dieser hat seinerzeit in schwerstem ! Gegensätze zum Zentrum gestanden, und man nahm an- fangs an, dieser Gegensatz werde noch jetzt wirken. ; Die Haltung des Zentrums soll jedoch nach der Ansicht, - der Befürworter dieser Kandidatur so sein, daß es im , Interesse der Friedensfrage Bülows Stellung stützen . würde. Dahingegen findet Bülow scharfe Ablehnung bei der Sozialdemokratie: „Als Kandidat der Schwerindustrie wird vielfach Fürst Bülow genannt. Der Mann, der das Wort ! sprach: „Die auswärtige Politik Deutschlands wird ! nicht in der Hasenheide gemacht", ist schwerlich ge eignet, in seiner Auslandspolitik der Demvkratie die von der Zeit gebotenen Zugeständnisse zu machen. Er, der von den „russischen Schnorrern und Ver- ! schwörern" sprach und die „Mandelstamm und Silber- ! färb" antisemitisch bewitzelte, ist schwerlich dazu ge- ! eignet, mit der Regierung des revolutionären Ruß- ! Lands Verhandlungen zu führen. Er, der so viel , von dem verschuldet hat, worunter wir heute lei- > den, kann nicht berufen sein, die aus den Fugen gegan- ! gene Welt wieder einzurenken! Seine Kandidatur ist ! nicht ernst zu nehmen." : Zentrum, Nationalliberale, Fortschritt und di« Nebenparteien können eine Mehrheit bilden, aber nur eine sehr knappe. Da der neue Kanzler die Refor men in Preußen durchzuführen haben würde, wür den ihm die Konservativen nicht zur Seite stehen; das wäre Uebermenschliches verlangt. Also ist die Haltung der Sozialdemokratie hier zum mindesten von allergrößtem Einflüsse. > . * ... : .? Der Reichstag an» Donnerstag. Der Reichstag wird „nicht vor Donnerstag" der nächsten Woche zusammentreten. Dann wird die Krise , ihren Abschluß finden, und zwar, wenn die „Ger- ; mania" auch hier recht berichtet ist, im Sinne 'des Friedens: „Man rechnet in parlamentarischen Krei sen damit, daß der neue Kanzler sich in einer Rede alsbald auf den Boden der Friedenskundgebung stellen wird, die vom Reichstag geplant ist, und der, wie wir aus Lester Quelle wissen, der Kaiser zu stimm t." ! Deutscher Reichstag. — Berlin, 13. Juli. Kleine Anfragen! In dieser Aufregung! Es ! zeigt sich aber, daß die abwechslungsreiche Mannigfal- ! tigkeit dieser neuen Einrichtung äußerlich beruhigend ! wirkt. Es werden damit Angelegenheiten, die sonst ! vielleicht stundenlange Wettlauf-Reden eines halben ! Dutzend Parteiredner verursacht haben würden, im ! Handumdrehen zur allgemeinen Zufriedenheit abge- , tan werden können. Auf eine Anfrage des Abg. Windeck (Els.) über ! Vie Zwangsenteignungen von Besitzungen von Einzel- ! Personen in den Reichslanden erklärte die Regie- . cung, das sei notwendig geworden wegen Frankreichs ! Borgehen gegen uns. : Die Anfrage Kunert (Soz.) auf Entlassung staaten- i loser Ausländer aus der Armee wurde mit der Er- - klärung beantwortet, daß die meisten der bezeichneten ! Personen zu Recht eingezogen worden seien. ! Der Einspruch Dr. Duarck (Soz.) gegen die Der- j Wendung von Obst und Zucker zur Weinbereitung - führte zu dem Versprechen, die Frage zu prüfen. Der Protest der Sozialdemokratie gegen das Ver- : bot der Verbreitung einer Scheidemannschen Reichs- § tagsrede stieß auf die Erklärung der Regierung, die j Freiheit der Verbreitung wahrheitsgetreuer Berichte ! rus dem Reichstage nach der Verfassung beziehe sich j nicht auf einzelne Reden, wie das Reichsgericht entschie- i ven habe. Gegen die Notlage der Arbeitsinvaliden sind - Reichsmittel zur Verfügung gestellt worden. Das Verlagen von Dr. Mumm (christl.-soz.) auf Verbot der Bierbereitung aus Gerste und Kartoffeln stieß auf den ausweichenden Bescheid, der Bevölkerung s wurden genug Gerste und Kartoffeln zur Verfügung i gestellt werden. ! Eine Anfrage der Polen über Ueberführung von s Polen aus Grodno usw. zur Zwangsarbeit nach Deutschland wurde nicht beantwortet, weil die Unter lagen noch nicht eingegangen seien. Das Haus verwies dann das Gesetz über die Für sorge Llr KriegSoesoooene an den Mlöswuk Lurück. fetzte die Vorlage Über den Wlederansbäü "kler'beük^ fchen Handelsflotte ab, stimmte den Vorschlägen des Ausschusses für Bevölkerungspolitik über Bekämpf»«« der Geschlechtskrankheiten zu und vertagte sich dann. Nächste Sitzung: unbestimmt, nicht vor Donners tag. Allgemeine KriegsnachrichLen. Finnlands Freiheitskampf. Die Finnen kämpfen einen verzweifelten Kampf um ihre Freiheit gegen die russischen „FreiheitS"- helden, die ihnen die angeborene, von Rußland ge raubte Freiheit nicht geben wollen. Nach Schilderungen finnischer Zeitungen endete ein Kampf zwischen fin nischen Bauern upd russischen Soldaten in HärE init einem Siege der Bauern. Diese warteten in Ver stecken, bis die Soldaten alle Munition verschossen hatten, und stürzten sich dann auf die Russen, von denen über 30 verwundet oder getötet wurden. Amerikanisches Treiben in der Schweiz. Dem „Berner Tagblatt" zufolge setzt jetzt auch! Vie amerikanische Werbetätigkeit in der Schweiz ein. Die Bürger von Bern erhielten in letzter Zeit in geschlossenem Briefumschlag Flugblätter zugesandt, die das Bild Wilsons tragen. Das amet rikanische Werbeblatt enthält zwar keine Beleidigung oder Beschimpfung des Gegners, will dagegen Am» rikas kriegerische Macht zu Lande und zur See vor« führen. Der Titel lautet: „Die Vereinigten Staate« Deutschlands allerletzter Feind!". Darüber steht als Leitspruch ein Satz Wilsons aus einer Kriegsred« gegen Deutschland. Das Flugblatt, das in viele« Lausenden Exemplaren verbreitet wurde, bezweckt den Zweifel zu nehmen, daß Amerika den Deutsch«« den Garaus machen werde. > Tas erste Opfer der englischen Minensperre, z Die neue englische Minensperre an der Küst» Hollands hat ihr erstes Opfer gefordert. Der Dampf» trawler „Elisabeth" aus Ymuiden ist bei der Jus« Terschelling auf eine Mine gestoßen und in die Lust geflogen. Von den 11 Mann der Besatzung wurde« S getötet und 4 verwundet, darunter einer schwer, j * * * Kleine Kriegsnachrichten. " Der französische Verpflegungsminister Violette wird dem Ministerrat für den kommenden Monat Obi tober die Kontingentierung des Brotes Vorschlägen^ da die Getreideernte ungenügend sei. ( " Das holländische „Nieuwsbureau" meldet autz London: Der Lebensmittelkontrolleur erklärte iE Oberhause, daß im September Höchstpreise für FleiW eingeführt werden. ! " In Aegypten kommt es beständig zu An» sam men flößen zwischen Patrouillen, doch hat sW die allgemeine Lage nicht geändert. < - Mit der amerikanischen Stahlindustrie ist eine Uebereinkunft geschlossen, wonach die gesamte Pro« duktion der Industrie der Regierung zu Kriegs« zwecken zu bestimmten Preisen zur Verfügung gestellt wird. Ein Reichsarbeitsamt. Die „Nationalzeitung" berichtet: „Gerüchtweise verlautet, daß sich neuerdings die Stellung des Kanzlers wiederum gefestigt hätte; nicht nur er. sondern auch die Staatssekretäre des Inner« und dK Aeußern, Dr. Helfferich und Dr. Zim mermann, sollen angeblich wieder in ihren Aem- tern verbleiben. Dagegen soll eine Teilung veS Rcichsamts des Innern, was ja stets gefordert wurde, stattfinden, und das neue Staatssekrctariat soll von einem Vertreter der christliche» Gewerkschaften über- nommen werden, da die Sozialdemokraten es ablehn- ten, sich rn irgendeiner Form an einem Koalitions- kabrnett zu beteiligen. Mit Wochenschluß Krisen-Ende. Im Reichstage wurden am Donnerstag durchweg sehr eifrige Verhandlungen, auch zwischen den Par teien, gepflogen, um eine Einigung in den schwebende» ' Streitfragen zu finden. Der Schluß dieser Tagung deK Reichstages wird bestimmt für Sonnabend erwartet. - * * * '' Erklärung des konservativen Parteivorstandes zur. , Wahlrcchtsfrage. Durch die Allerhöchste Kabinetts-Order, die dev Kaiser und König von Preußen an den Ministerpräsi denten gerichtet hat, wird die Vorlegung eines Ge setzes betreffend die Einführung des gleichen Wahl rechts in Preußen angeordnet. Das gleiche Wahlrecht entspricht nicht der Eigenart und der historischen Vergangenheit: des preußischen Staates und nicht den der preußischem Gesetzgebung vvrbchaltencn gesetzgeberischen und son stigen Aufgaben. Es ist vielmehr geeignet, das feste- Gefüge Preußens zu erschüttern und auch diesen Staat? der völligen Demokratisierung auszuliefern. Das durchi ihn dargcstellte unentbehrliche Gegengewicht: gegen die Gefahren der Unruhe und der Ueberstür- znng, die nach den Erfahrungen der letzten Jahv» zehnte für das Reich bestehen, wird durch die Einfüh rung des gleichen Wahlrechtes hinweggeräumt. Die konservative Partei vermag weder anzuer- kennen> daß die in Aussicht gestellte Maßnahme durchs die Erfahrungen des Krieges geboten war, noch daß si« auch nur als geeignet erscheinen könnte, um über: die Schwierigkeiten der heutigen Lage hinwegzuhel fen und den Siegeswillen des Volkes zu stärken. Die in Aussicht gestellte Aenderung des preußi schen Wahlrechts kann daher die konservative Partei nur mit ernsten Bedenken und mit tiefen Sor go« für die Zukunft Deutschlands