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kurm, sondern waren seltsam verschroben gewachsen, Hatten wie plauschend die Köpfe ineinander gesteckt, die vielen Arme zu wirren Gebärden erstarrt. Sie waren mir liebe, alte Bekannte geworden. Und nun schied ich von ihnen. Vor mir lag der Abmarschbsfehl für das Bataillon. Mir fiel all das ein, was ich von ihnen in den vielen Wochen ge dacht hatte. Ob sie noch weiterhin Zwiesprache halten werden, geheimes, raunendes Blätterrauschgeplauder, über den köstlichen Uebermut der splinterfasernudelnackten Bur schen, die sich sommernachmittags zu ihren Füßen lagerten, rudelweise im kühlen Flußbett umherschwam men. auf dem Wiesenboden einhertollten und gar nicht taten wie ernste, blutgewohnte Krieger, die noch nicht lange Bethineourts und Cumieres Trümmer- stätten gestürmt, am „Toten Mann" gelegen hatten? Ob sie im Herbstwind wieder klagen werden, WH die Köpfe schütteln, ächzen und sich vor Kummer biegen, daß nun nicht mehr unter ihnen Frohsinn sprudelt, nimmermehr entschirrte Gäule im buntbe- blümten Wiesenland weiden und frohwiehernd vor Un gebundenheit Galoppsprünge machen, sondern daß die Ebene weithin unter graugelbgrünem Wasser steht, auf dem der Wind die dürren Blätter treibt? Ob der Winter ihnen wieder solch einen blanken, feinen Mesenglitzerspiegel bescheren wird, indem er den Wiesenklee eisig anhaucht und zufrieren läßt? Und ob auch die Kolkraben wieder gravitätisch in den höchsten Wipfelzweigen sitzen werden, staunend zu gucken, wenn feldgraue Menschenwesen weite und enge, zierlich-kühne Bogen auf Stahlschuhen ins kristallne Weiß schneiden? — Ich mußte noch einmal hinaus, hinaus aus der Budenenge der Baracke am staubwirbelnden Wege, hinauf in ven Wald. Bon der Höhe konnte ich noch einmal hinüber-- blicken an die Front, die im Blaudunst der Ferne zart verschwamm. Es waren mehr als neun vertraut gewordene Feuerstellungen, sechs zur Heimat fast gewordene Beob achtungsstellen, die ich dahinten ließ. Und damit fünfzehnmal unzählige Erinnerungen — frohe, Helle, heitere, ernste, dunkle, bittere —, die ich in jenem großen Schrank aufhängte, jede an ihrem besonderen buntfarbenen oder schwarzen Haeklein. Es war mehr als dies. Es war auch noch etwas anderes als dieses Sich- hineinleben in ein ausgeprägtes Landschaftsbild, was mit einem Male nun zum Alteisen getan wurde und das man jetzt vor all dem Neuen, dem zu Erwar tenden, ganz zuhinterst in eine noch leere Gedanken schublade tat. Bis man's bei Gelegenheit wie einen alten, seltenen Schmuck hervorkramt, wieder blank recht und putzt, zu eigner und andrer Freude. Nein, es war noch mehr. Ich möchte es nennen ein tief in Herz und Hirn gewurzeltes Verwachsensein mit diesem und jenem Fleck Boden, jenem Stollenloch, jener Grabenwand, jenem Steinrest, jenem Granattrichter, darin, dahin ter, darunter ich in todumlauerten Minuten dem stummen, toten, kalten, gleichgültigen Material so nahe, so nahe kam, weil es mir Schützer, Helfer, Bergen der wurde. s Ein lächerlich dünnes Brettchen ist's einmal ge wesen, einmal ein lichter, dürftiger Zäun, wo ich den gierigen Gluthauch des Granatentods sengend spürte. Nicht wahr, ihr Feldsoldaten, wißt ja alle, was einem schon das Gefühl, die Vermeintlichkeit eines Schutzes bedeutet! Aber da blieb nicht ein Grauen, ein peinigendes Erinnern an solche Orte zurück, sondern mich faßte eine stillinnige, stets neuerwachende Dankbarkeit, eine ich weiß, es klingt abgeschmackt, es auszusprechen — eine Liebs zum toten, stummen, kalten, seelenlosen Material. .. . — Unter mir, aus unserem Kasino, drang Glässr- klingen und Sang zu mir her. Ich wußte, der Kame radenkreis bekräftigte aufs neue seine selderprobte Festigkeit für ferne, ungewisse, drohend dunkle und schwere Zeiten. Aber da kam ich noch stMHettMWH Blieb sitzen auf dem glattgesägten Baumstumpf, bis die noch immer kampfumtobten Fronthöhen vom Wendwerden ganz umschleiert wurden, bis das grelle Ocker und das satte Goldorange im West ganz aufge sogen waren vom tiefen, dunklen Amethyst der auffom- menden Schatten. Und als der Mond ganz hell und ganz lichtklar sein feines, silberglänzendes Komma in die Nacht bläue des Himmels strich, ging ich langsam, ganz lang sam heim. . . . Tas war der Abschied. Scherz und Ernst- tk. „Seit wenn Hst denn ää Sa« — zwSS Schwänz'?" Aus dem Hessischen wird das folgende drollige Stück- lein erzählt: Bekanntlich muß heute jeder Selbstversorger wenn er schlachten will, eine Erlaubnis vom Bezirksamt oder einer ähnlichen Behörde haben; auch die Hausschlachtungen sind nur unter gewissen Umständen zugelassen. Die Gründe brauchen wir ja hier nicht zu erörtern. Ein Selbstver sorger im Hessischen nun dachte besonders schlau zu han deln. ES mochte Wohl Gründe haben, daß es zwei Schweine auf einmal schlachten wollte; und so verfiel er auf einen ganz tüchtigen Gedanken. Ein bißchen Schnupftaback in das Fressen eines Schweins geschüttet, gab die nötige Wir kung ab; das Schwein gebärdete sich wie toll. Der Behörde ward Anzeige erstattet, und man gelangte zu dem Schluß^ daß hier eine Notschlachtung am Platze sei. Die Schlachtung erfolgte, und der Fleischbeschauer kam. Er fand alle» in Ordnung. Das tote Schwein ward gewogen, und es wurde dis Berechnung aufgestellt, wieviel der Bauer behalten könne und wieviel er abliefern müsse und wie lang er mit dem zurückbehaltenem Fleisch im eigenen Haushalt reichen müsse. Kaum aber hatte der Fleischbeschauer den Rücken gekehrt, da — ergriff der schlaue Bauer ein zweites Schwein — und schlachtete auch dies, ohne behördliche Erlaubnis« Kaum war er damit fertig, als der Schreckensruf erschollr „Der Gendarm kommt!" Schnell wurden die Reste der zweiten Sau beiseite geschafft; der Bauer überwachte selbst diese Arbeit; denn die Weibsleute wären womöglich im stande gewesen und hätten zwei linke oder zwei recht« Hälften hängen lassen; er aber sorg:: dafür, daß ein« linke und eine rechte Hälfte nun regek recht von der Decke zum Fußboden herniederhing. Trotzdem mißfiel dem prüfenden Auge des Gesetzes anscheinend etwas. Er schöpfte Verdacht, und schließlich entrang sich» devt Gehege seiner Zunge: „Seit wann Hot denn LL Sa« — zwää Schwänz'?" — In der Hitze des Gefechtes hatte der Bauer zwar eine linke und eine recht« Hälfte erwischt, aber von zwei verschiedenen Schweinen und unglücklich r- weise hing an jeder Hälfte jenes zierliche Ringelschwon;- chen, das dis grunzenden Rüsseltiere auszeichnet. Die Fol gen waren für das überschlaue Bäuerlein recht unan genehm; aber das gehört nicht mehr zu unserer Geschichte, Humor aus dem Felde. Kaliber 28. Gefreiter Konrad schleppt aus dem Marsch Mei Führungsringe eines Küstengeschützes im Tornister herum — die Dinger sind schwer, denn sie haben den respektablen Durchmesser von 28 Zentimetern! — „SchmÄtz doch die Ringe weg!" empfiehlt ihm ein Kamerad, „Wesen dem bitzken Kupfer!" — „Werd' mich schwer hüten" meint Konrad, „jetzt wo der Gummi so knapp ist!" — „JummtÜ Ist denn Kupfer da'n Ersatz dafor?" — „Natürlich — meine Braut trägt die Führungsringe als Strumpfbänder!" (Armeezeitung der 2. Armee.) ' - Am Urasalgarsquare. „Nun, Mister Brown, was sagen Sie zur „Deutschland". — „Goddam, was soll ich sagen. Day die Germans feige find und sich nur getrauen, unter« Wasser nach Amerika und retour zu fahren!" Nugercchtig'eit. „Dem verstorbenen Kollegen Grillpar zer hat die Armee für ein einziges kurzes Gedicht einen Ehrenpokal geschenkt. Und ich habe /ür meine zwölf Krieg»« epen zu je zweitausendfünshundert Verjen gar nichts be kommen." („Muskete.")