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den Aufbau des Werkes spielen. Eine sehr zarte Episode von gedämpften Streichern schiebt sich ein, um darauf einer stürmischen Entwicklung und einem feurigen Ablauf zu einem glanzvollen Schluß hin freie Bahn zu lassen. Bedrich Smetana (1824 - 1884) „Die Moldau 77 , Sinf. Dichtung a. d. Zyklus „Mein Vaterland 77 Zwei Quellen entspringen im Schatten des Böhmerwaldes: die eine warm spru delnd, die andere kühl und ruhig. Die lustig in dem Gestein dahinrauschenden Wellen vereinigen sich und erglänzen in den Strahlen der Morgensonne. Der schnell dahineilende Waldbach wird zum Flusse Vlata, der immer weiter durch Böhmens Gaue dahinfließend, zu einem gewaltigen Strome anwächst. Er fließt durch dichte Waldungen, in denen das fröhliche Treiben einer Jagd immer näher hörbar wird und das Waldhorn erschallt, er fließt durch wiesenreiche Triften und Niederungen, wo unter lustigen Klängen ein Hochzeitsfest mit Gesang und Tanz gefeiert wird, ln der Nacht belustigen sich die Wald- und Wassernymphen beim Mondenschein auf den glänzenden Wellen, in denen sich die vielen Burgfesten und Schlösser als Zeugen vergangener Zeiten widerspiegeln. In den Johannis- Stromschnellen braust der Strom, durch die Katarakte sich windend, und bahnt sich gewaltsam mit schäumenden Wellen den Weg durch die Felsenspalte in das breite Flußbett, in dem er mit majestätischer Ruhe gegen Prag weiter dahinfließt, bewill kommnet vom ehrwürdigen Vysehrad, worauf er in weiter Ferne vor den Augen des Tondichters entschwindet. Richard Wagner (1813-1883) Ouvertüre zur Oper „Tannhäuser 77 In den Vorspielen zu seinen Musikdramen setzt Richard Wagner die Tradition Beethovens und Webers fort, und auch seine Ouvertüren kann man als sinfonische Dichtungen bezeichnen. Sie sind völlig in sich geschlossene Werke, die sich längst das Heimatrecht auf dem Konzertpodium erworben haben. Die Ouvertüre zur Oper „Tannhäuser" spiegelt den ganzen Inhalt des Musik dramas wider, so daß man den Stoff in dieser sinfonischen Ausdeutung ebenso umfassend empfindet wie in der Oper selbst. Richard Wagner hat wiederholt er klärt, daß die Tannhäuser-Ouvertüre auch im Konzertsaal gespielt werden soll. Wie die Oper, so wird auch die Ouvertüre wesentlich durch den Zwiespalt in dem sich Tannhäuser befindet, beherrscht. Auf der einen Seite die Welt der Venus und sinnliches Begehren, auf der Anderen Elisabeth in ihrer Keuschheit und Reinheit. Mit den feierlichen Klängen des Pilgerchores beginnt das Werk. Der verwirrende und schillernde Glanz des Venusbergzaubers steht ihnen entgegen. Auf der Ge gensätzlichkeit dieser beiden Themen ist die Ouvertüre aufgebaut, und als die Zauberwelt der Venus versinkt, klingt wieder, wie zu Beginn der Pilgerchor auf und führt in Größe und Empfindung des Ausdrucks sich steigernd zu einem hinreißen den Abschluß der Ouvertüre. III/9/23 0,3 955 It-G 402/55