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t". 6ben-ttun-e E tzkttktuiümgrbMse »r wriSekikl-SMit»- flmkblstt) (Nachdruck verboten. b) Der KaperkapUSn Von Karl May. Herausgegeben von Dr. E. Schmid. Bonaparte nahm sein Glas abermals vor und blickte hindurch; dann zog er es rasch vom Auge, wischte es ab und schaute nv'ch einmal nach dem Be fehlshaber der Brigantine. Dieser hatte ihn durch das Rohr erkannt und schwenkte grüßend seine Mütze. „Er salutiert zu uns herüber," meinte der General. „Er muß einen von uns beiden kennen." „Ich bin es, den er kennt," antwortete Bona parte. „Dieser junge Mensch wollte von dem Konvent ein Schiff haben; man hat es ihm verweigert» und nun hat er sich selbst eins genommen, und zwar mitten aus der englischen Flotte heraus." Jetzt kam die Brigantine in das Bereich der Bat terie. Mit einem lauten Kommandoruf brachte Sur couf seine Leute hinauf auf die Rahen, wo sie, sich die Hände reichend, Parade bildeten. Zu gleicher Zeit .klog die französische Flagge empor, und aus den Mückpforten krachte die gebräuchliche Zahl der Be grüßungsschüsse. Dies alles geschah mit einer solchen Gewandtheit und zierlichen Genauigkeit, daß selbst der sonst so kalte Bonaparte hingerissen wurde. Er kom mandierte Feuer und gab mit geladenen Kanonen Ant- tvort aus den Gruß des Mannes, den zu vergessen er sich vorgenommen hatte. Kaum war die Brigantine vorüber, so wurde ein Mann am Bug herabgelassen, der sich mit der In schrift zu schaffen machte. Jetzt sahen die beiden in .der Schanze befindlichen Offiziere, daß der ursprüng liche Name nicht vertilgt, sondern nur mit einem Papier Merklebt worden war, auf dem die zwei Worte „Le faucou" standen. Diese Worte wurden jetzt entfernt, und nun kam wieder der frühere Name „The hen" Kum Vorschein. „Ah diable, er hat uns betrogen!" rief General Vugommier. „Tas glaube ich nicht!" antwortete Napoleon. Tie Brigantine flog mit vollen Segeln und zier lich sich zur Seite neigend, über die Reede dahin. Draußen kreuzten die Dreimaster der Engländer; man Formte mit dem bloßen Auge jedes einzelne Schiff er kennen. Am deutlichsten war das Flaggschiff zu unter scheiden, auf dem sich Admiral Hood in ergener Per son befand. Tie Brigantine hielt grad auf dieses zu; sie wurde noch immer von den Fernrohren der beiden Offiziere verfolgt. „Er segelt das Signalschiff an; er ist wirklich ein Abtrünniger," sagte General Dugommier. „Wir wollen noch warten," sagte Napoleon. „Liese Begebenheit ist wirklich spannend." „Könnte er sich in die Näh.e des Flaggschiffes wagen, wenn er den Engländern wirklich entkommen will?" „Tas scheinbar Schwierigste ist just das Leichteste. Ah, was ist das?" „Tie Leute, die wieder durch die Luken herauf steigen ?" „Ja, sie gingen vor zwei Minuten hinab; jetzt, da sie zurückkehren, tragen sie die Uniform englischer Seeleute. Mir ahnt, was dieser verteufelte Surcouf beabsichtigt. Wenn meine Vermutung in Erfüllung geht, so ist dieser junge Bretagner allerdings ein Mann, dem man ein Schiff hätte anvertrauen sollen." Die Wangen des Korsen röteten sich; die Brigan tine nahm jetzt sein regstes Interesse in Anspruch. Er dachte nicht an Toulon, an die gewaltigen Werke, die vor ihm lagen, sondern er sah nur das kleine Fahrzeug, das keck und kühn den stolzen Linienschiffen Englands in die Zähne segelte. „Ter Mensch wird doch nicht so verrückt sein, zu glauben, daß er an diesem Punkt die Linie durchbrechen kann!" hob der General wieder an. „Er müßte sich weiter nach Ost halten, um dem Feinde den Wind ab zugewinnen!" „Wer weiß, welcher Berechnung er folgt! Viel leicht hat er trotz der kurzen Zeit „The hen" genau kennen gelernt, um zu wissen, was er mit ihm zu wagen hat. — Voila, da dreht das Flaggschiff bei! Er hat das Zeichen gegeben, daß er mit dem Admiral reden will." Jetzt kam ein Augenblick der größten Spannung. Das Flaggschiff hatte sich genähert, indem es den einen Teil seiner Segel voll Wind ließ, den andern aber so braßte, daß der Wind von außen empfangen wurde. Nun hätte man erwarten sollen, daß die Bri gantine ihre^Segel fallen ließ; statt dessen aber setzte Surcouf ein Sternsegel nahe am Wind bei und lreß den Helmstock des Steuerruders an der Leeseite fest binden. Dadurch wurde der Vorderteil des Schiffes der hohen See zugekehrt, und die beiden Fahrzeuge trieben einander langsam entgegen. Napoleon sah durch das Rohr Surcouf auf dem Hinterdeck stehen, in englischer Uniform und das Sprach rohr in der Hand, aber in einer solchen Haltung, daß man vom Flaggschiff aus sein Gesicht noch nicht zu sehen vermochte. Kaum noch fünf oder sechs ihrer eigenen Längen war die Brigantine von dem Drei master entfernt, da winkte Surcouf mit dem Rohr. Sofort riß der Mann am Steuer das Tau vom Ruder, und das Sternsegel wurde gerefft: „The hen" nahm frischen Wind und kam wieder in schnelle Fahrt. Statt anzuhalten, strich sie mit ziemlicher Schnelligkeit an dem Dreimaster vorüber. Napoleon sah, daß Surcouf abermals den Arm erhob. In diesem Augenblick legte sich die Brigantine schwer zur Seite, und die fran zösische Flagge flog empor. Zunächst erblickten die beiden Offiziere einen lichten Rauch, welcher der Breit seite des kleinen Fahrzeugs entquoll; dann sahen sie das große, stolze Flaggschiff bis an die Spitze seiner Masten erzittern, und einige Augenblicke später hörten sie den Donner der Kanonen, mit denen der kühne Bretagner das Orlogschiff begrüßt hatte. Eine Minute später faßte die Brigantine vollen Wind, und ehe man auf dem Linienschiff sich vom Er staunen erholt hatte, war sie bereits aus sicherer Schutz- weite gekommen. Man sah, welche Verwirrung dieser außergewöhnliche Zwischenfall aus dem AdmwÄschifs hervorrief; es wendete mühsam, und jagt« dem MuM-