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Kriegsschiffe mit Mokorkraft. Bis vor hundert Jahren haben die Segelschiffe die Meere beherrscht, und zwar als Kriegs- und Kauffahrtei schiffe. Aber der Dumpf als Kraftübertragungsmittel zur maschinellen Fortbewegung und zum übrigen Betrieb der Schiffe hat die Segelschiffe beinahe vollständig verdrängt, so daß wir sie nur noch selten zu sehen bekommen. Mit dem Eintritt der Ozeandampfer in die Verkehrsmittel hat ein neues Stück Kulturarbeit angehoben, und gegenwär tig stehen wir wieder an einem Wendepunkt, denn die al- leucherrschende Schiffskolbenmaschine der Dampfer soll mit der Zeit durch die Dampfturbine erseht werden. Diese wird sich binnen wenigen Jahren nicht nur alle Schiffe der Handelsmarine, sondern auch diejenigen aller Kriegsmarinen auf dem Erdenrund erobern. Natürlich ist die Umwälzung keine plötzliche, denn man wird die vor handene Maschinenart ausnutzen, so lange es geht, aber bei Neubauten wird man in Zukunft nur noch auf die Schiffsturbinen zurückgreifen. Hauptsächlich was die Kriegsschiffe anlangt, wird die ältere Schwester vollstän dig aus dem Felde geschlagen werden, und vom kleinsten Torpedoboot angefangen bis zum gewaltigsten Schlachten schiff wird man anstatt der Dampfmaschinen Motore in die Schiffe einbauen. Aber unsere rastlos eilende Zeit gönnt keine Ruhe, Er holung oder Pause. Kaum hat der Kampf um die Vorherr schaft zwischen Schiffskolbemnaschine und der Schiffstur- bine angehoben, da trat im Dieselmotor ein neuer An triebmotor auf den Plan, und ein neuer Kampf begann, der bis heute noch nicht zur Entscheidung gelangt ist. Im merhin kann bis jetzt konstatiert werden, daß die vielen hervorragenden Eigenschaften, die den Dieselmotor an Lie erste Stelle der Wärmekraftmaschinen stellen, und ihm in den letzten Jahren ein weitausgedehntes Anwendungs gebiet cingeräumt haben, seine größte Verwendung für die Schiffahrt als selbstverständlich erscheinen lassen. Der Dieselmotor besitzt Vorzüge, von denen man noch vor etwas mehr als einem Jahrzehnt kaum eine Ahnung hatte, und die ihn über die gewöhnliche Kolbenmaschinc himmel hoch hinausheben. Zu diesen gehört seine sofortige Bettiebsbcreitschaft, kein Anheizen, keine Vorwärmung, und der Brennstoffver brauch findet nur während der Arbeitsleistung statt. Fer rier fällt der Dampflessel fort, und dadurch erzielt man eine große Gewichts- und Platzersparnis. Der lästige und für Kriegszwecke so verräterische Rauch fällt ebenfalls vollständig weg, und man kann billige, schwer entzünd liche Brennstoffe in rohem oder gereinigtem Zustand ver wenden. Dabei ist die Wärmeausnutzung eine ungemein hohe, und Hand in Hand damit geht ein fabelhaft geringer Brennstoffverbrauch (wenn man den Kohleverbrauch bei Kolbenmaschinen in Bettacht zieht), trotzdem der Aktions radius gegenüber dem Kohlebettieb das Drei- bis Füns- fache beträgt. Der flüssige Brennstoff, der allein für den Diesel- motvrbettieb in Bettacht kommt, kann mit Leichtigkeit ver laden und verstaut werden, und der lästige Kohlestaub ischmutz, der Schrecken für die Passagiere auf den Ozean dampfern, fällt vollständig weg. Der flüssige Brennstoff besitzt einen viel größeren Heizwert als die Kohle, ver langt eine geringere Bedienung und bringt eine ganz er hebliche Personalersparnis mit sich, denn das Heizerpcrso- nal kommt vollständig in Fortfall. Für alle Schiffszwecke ist der Verbrennungsmotor sowohl als Anttiebsmotor als such als Hilfsmaschine ganz hervorragend geeignet. Da indessen Maschinen für den Antrieb der Propeller um steuerbar sein müssen, so entwickelte sich in dem Schiffs motor ein von der Landmaschine vollständig verschiedener Maschinentyp. Bei den Großgasmaschinen im stationären Betrieb darf man Wohl mit einem gewissen Recht behaupten, daß der Höhepunkt so ziemlich erreicht ist, Während sich der Schiffsmotor noch im Stadium der Entwicklung befindet. -Aber alles deutet darauf hin, daß auch auf diesem Gebiet «bald ausschlaggebende Erfolge zu verzeichnen fein wer den. Schon in den letzten Jahren waren unsere Hochsee schiffe mit Verbrennungsmotoren in der Erprobung, und zum größten Teil haben sich die letzteren derart bewährt, daß ihre umfangreiche Anschaffung und Verwendung be reits ins Auge gefaßt worden ist. Die Wirtschaftlichkeit und einfache Bedienungsweise haben dem Motor in der Handelsmarine bereits einen dauernden Platz gesichert, und seine guten Eigenschaften, wie die Raumersparnis und die leichte Antriebsart, fallen für die Kriegsschiffahrt eben falls schwer ins Gewicht. Das Turbinenlinienschiff „Kaiser" besitzt 16 Stück große Marinekessel, und der Raum, den diese beanspru chen, würde sofort für andere Zwecke frei, wenn man die Turbinen durch Dieselmotoren ersetzt. Das wäre ein ge waltiger Vorteil, umsomehr, als beim Motorenantrieb die den Heizstöfsen innewohnende Energie weit besser aus genutzt wird, als dies beim Dampfbetrieb der Fall ist. Bei diesen letzteren muß nämlich die Umsetzung der den Kohlen innewohnenden Energie in Arbeit erst mittels der Dampflessel vorgenommen werden, während diese Um wandlung beim Motor direkt im Zylinder geschieht. Die den flüssigen Brennstoffen innewohnende Energie wird hierbei also fast restlos in Arbeit umgesetzt. Bei gleich großen Mengen mitgeführtcr Brennstoffvorräte würde das Motorschiff also einen viel größeren Aktions radius besitzen, als das Dampfschiff. Der flüssige Brenn stoff besitzt aber einen viel höheren Heizwert als die Kohle, denn dieser ist drei- bis fünfmal so hoch, so daß ein Dampfschiff mit Oelfeuerung einen drei- bis fünfmal so großen Aktionsradius hat, als das Dampfschiff mit Kohle feuerung. Aus diesem Grunde werden fast alle unsere Kriegsschiffe teilweise auch mit Masut (das ist Rohpetro leum) gefeuert. Die Uebernahme des flüssigen Brennstoffes geht in der einfachsten Weise vor sich. Die Schiffe brauchen nur durch eine besondere Schlauchleitung mit den Vorrats tanks am Ufer oder den Oelschiffen verbunden zu werden, und das Oel läuft entweder ganz allein aus den höher gelegenen Tanks in die Oelkammern des Schiffes, oder aber es wird durch eine besondere Pumpe in dieselben gedrückt. Tie unbequeme und mit Recht gefürchtete Arbeit des Kohlenübcrnehmens der Kriegsschiffe wird dann mit einem Schlage beseitigt sein. Auch das Heizerpersonal wird, wie bereits erwähnt, in Fortfall kommen. Die Oelkammern können in sonst un verwendbaren Räumen des Schiffes untergebracht werden und das Oel wird durch eine besondere Pumpanlage in die Verbrauchsräume gepreßt. Der kostbare Raum, der bisher als Kohlenbunker verwendet werden mußte, und der sich an den Seiten der Dampfschiffe befindet, kann für Ladezwecke, mrd bei den Kriegsschiffen für Armierung und Panzerung in Zukunft gebraucht werden. Die Preise für Schiffsmotoren sind heute noch unver hältnismäßig hohe, da sich dieselben noch im Stadium der Entwicklung befinden. Wie es bei der Kolbenmaschine der Fall war, treten auch bei der Dampfturbine heute noch große Schwierigkeiten auf, die erst überwunden werden müssen. Der gasförmige oder flüssige Brennstoff stellt sei ner sicheren maschinentechnischen Verwendung ungleich mehr Schwierigkeiten in den Weg, als der Dampf beim Dampfbetrieb, und so konnte sieb der Dieselmotor aus kleinsten Anfängen nur langsam Schritt für Schritt ent wickeln, und es hat den Ingenieuren viel Mühe und Arbeit gekostet, ihn zu jener vollendeten Leistungsfähigkeit, empor zuheben, wie wir sie heute im stationären Betrieb an den Großaasmaschinen bewundern. Der Schiffsmotor steht, wie bereits angedeutet, noch nicht auf derselben Stufe der Entwicklung. Hier müssen vor allem noch Spczialwerkzeugmaswinen beschafft werden, kostspielige Versuche und Erprobungen müssen monate lang durchgcführt werden, und der Fabrikant muß selbst verständlich seine Kosten auf die Fabrikate schlagen. So bald aber die nötigen Betriebserfahrungcn aus diesem Ge biete gesammelt sein werden, wird auch eine Ermäßigung des Anschaffungspreises für die Schiffsmowren eintreten und seiner Anschaffung wird dann nichts mehr im Wege stehen. In Italien hat man energisch das Problem des Mo torkriegsschiffes zu lösen versucht, und die erzielten ResuL-