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Abendstunde - - tzntekdZtkincsbck--e M? WMei>itL-Zei^ng (Amtsblatt) Waisen vom Friesensteinhof. Roman aus den schlesischen Bergen von Gerhard Büttner. 19) (Nachdruck verboten.) Lautlose Stille. Franz waren ein paar Tränen in Lie Augenwinkel getreten. Der da, der so sinnend vor ihm saß, das war der Sohn des Mannes, der alles auf dem Gewissen hatte. Er atmete tief. Das Geräusch war das einzige in diesem vornehmen Zimmer. Und Franz Wurde es sich bewußt, an welcher Stelle er hier stand. Da fiel sein Blick in die Zimmerecke. An dem Ofen blie ben seine Augen haften. Ein grüner, mit Landschaftsbil dern durchbrochener Kachelofen war's. Franz fchaute in tensiver hin. Er trat sogar einen Schritt vor. Herrgott, war denn das möglich? Wie denn, täuschte er sich? — Er war ganz bis an den Ofen getreten. Jetzt faßte er ihn sogar an. Sein Gegenüber, der junge Stakosch, hatte es gar nicht bemerkt. „Du liebe Zeit," rief Franz nun ganz laut, „das ist ja der alte Ofen vom Friesensteinhof?" „Ja," sagte sein Chef monoton. Eine Weil« wartete Franz noch auf eine wettere Aeußerung Joachims. Doch Her schwieg. Franz visitierte unterdessen ruhig die nähere Umge bung des Ofens. Ja, das kam noch immer besser. Das war ja sogar noch die alle Ofenbank. Auch der Fußboden um den Ofen war noch der gleiche, wie in seiner Kinder zeit. Wie man das kunstvoll in den Rahmen des Villa- ßtmmers eingefügt hatte! Nein, wenn das Rosel wüßte! Und ein Glanz lag auf Fränzels Gesicht, wie damals, als er der kranken Mutter mitteilte, daß der alte Kliesch gute Heilkräuter habe. Der junge Lepach war überhaupt tzrnmer glücklich, wenn er irgend eine Ueberraschlmg hatte, Mit der er Freude bereiten oder sonst Gutes wirken konnte. Jetzt regte sich der junge Stakosch an seinem Platze. „Sagten Sie nicht, der Prozeß ginge weiter?" Franz eilte auf seinen alten Platz zurück. „Ja - „Wer führt ihn denn für Sie?" „Justizrat Heimsch!" „Der? — Wenn der's führt, dann sollte mein Vater btffer vorher nachgeben. Wie hoch ist das Klageobjekt?" „Es sst ziffernmäßig schlecht zu fassen, Herr. Der Justizrat sagt, daß er zunächst einhundertfünfzigtausend Mark angenommen habe. Die Klage lautet aber auf einen Gesellschaftsanteil an der „Kupferverwertungsgesellschaft" Wit dem Stammkapital, wie es sich aus dem Vorsprung für die Förderungen aus dem Franz-Josef-Stollen in der Bett ergibt, die zwischen dem ersten Spatenstich bis zum Nuflafsungstermin liegt. Das sind zirka drei Wochen. Die Durchschnittsleistung soll der Betriebszett entnom men werden, die ein vierwöchentlicher Betrieb ab dem Lage der amtlichen Abnahme des Gesamtwerkbetriebs er rechnen läßt." „Seit wann geht der Prozeß wieder?" „Zwei Wochen ist jetzt fortgesetzt verhandelt worden. Morgen soll das Urteil fallen!" , „Morgen?!" Es lag ein eigentümlicher Klang in Joachims Simme. Dann erhob er sich. >Mir fällt ein, daß ich jetzt einen eiligen Weg habe. Morgen, vielleicht übermorgen will ich Sie wieder rufen lassen. Es ist jetzt wegen des Hausrats. Gehen Sie jetzt wieder in die Werkstatt zurück und bleiben Sie Weiler die beste Kraft Werkmeister Dirksens!" Eine freundliche Handbewegung entließ Franz. Nach denklich verließ er das Gemach. Joachim aber schellte. „Den Wagen, Fräulein. Es eilt furchtbar!" Die Jungfer hastete davon. So aufgeregt hatte sie ihren Herrn noch nicht gesehen. Frau Direktor Stattssch hatte Besuch. Die Arzttoch ter war jetzt ihre „schwache Seite" geworden und zugleich die vertrauteste Freundin ihrer Töchter Hilda und Doro thea. Man sprach gerade von der leidigen Prozeßsache, welches Thema Frieda Aßmann heraufbeschworen hatte. Da ging die Mr auf. „Joachim, du?" Frau Direktor Stakosch sprang erregt empor. Es war eine wirklich außergewöhnliche Zett, in der ihr Sohn, der sonst wegen Arbeitslast kaum überhaupt noch den Weg zur Mutter fand, erschien. „Du bist außergewöhnlich erregt, was gibt's, Junge?" „Was soll's geben? Vater macht wieder einmal dum mes Zeug. Er will bis zum äußersten gehen und wird sich uüd uns alle ins Verderben stürzen. Wenn ich recht hörte, spracht ihr auch eben vom Lepachprozeß?" „Ja, Junge! Die Waisen dauern mich. Aber, was ist da zu machen. Vater vertritt das Interesse seiner Ge sellschafter. Er muß! Pflicht geht vor Herzenssachen. Junge, das wirst du doch zugeben." „In eingeschränktem Maße, ja. Größere Pflicht wäre in diesem Falle für Vater: Schluß, Ausgleich, Vergleich! Wenn man es so nennen mag. Noch zwei Schritte wei ter oder auch nur einen, Mittler, dann kommt der Straf richter!" -Junge!" „Mutter?" „Fräulein Aßmann, Sie werden entschuldigen. Joa chim ist erregt und überlegt nicht, was er spricht. Gedan ken, Junge, sind zollfrei, aber Worte können Folgen haben!" „Vielleicht geht Fräulein Aßmann mit den Schwe stern ein wenig spazieren. Es muß von der Leber herun ter, was ich zu sagen habe, Mutter!" Frieda Aßmann und Joachim Stakosch reichten sich die Hände. „Ich wollte ihr auch gerckde die Augen öffnen," fügte sie leise zu ihm. „Justizrat Velten ist mein Onkel. Er hat mich ergiebig benachrichtigt." „Velten," schoß es Joachim durch den Kopf, „auch kein übler Rechtsanwalt." Darm verließ Fräulein Aßmann das Zimmer. „Joachim, so vor fremden Leuten? Kannst du dich denn noch immer nicht mäßigen?" „Ich bitte dich, Mutter, das kann ja furchtbar werden!" .Kommst du vom Vater?" - -