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2^rrv O gben-rlun-e ontepkÄ^ngshMge s«? weiKepstL-Scstung Amtsblatt) Die Waisen vom Friesensteinhof. " Roman aus den schlesischen Bergen von Gerhard Büttner. L1) (Nachdruck verboten.) Das ganze Bureau horchte auf. Die meisten hatten sich schon manchmal bei ihren Spaziergängen über die ka pellenartige Bauarbeit auf dem brachen Terrain neben den Förderungsgebäuden gewundert, ohne recht Kenntnis von der Bestimmung der Baulichkeit zu haben. Eine Kapelle? Es war den Beamten etwas ganz Neues, daß der Direktor den Weltanschauungen der Gru benleute so wett entgegenkam. Er hatte ja wohl alle Jahre zweimal eine große Bußversammlung abhalten lassen. Die entsprach aber wohl mehr dem alten Herkommen der 'Bergleute der „Zarengrube" und wäre Wohl auch ohne sein besonderes Zutun nie ausgefallen. Denn Lie Berg leute sind nun alle zum größeren Teil keine Heiden. Für die täglichen Gebete vor der Einfahrt der Steiger, För derer und Häuer hatte bisher aber immer noch der kleine Saal neben dem Schachthaus gedient. Direktor Stakosch hatte bisher nicht als besonders kirchlich gesinnt gegolten. Nun diese Kapelle!? — Die einen zuckten, ohne etwas zu meinen, die Achseln, die andern meinten, daß sich seine Ansichten seit den letzten Unglücksfällen doch verändert ha ben könnten. Auf jeden Fall waren aber Beamte und Arbeiter mit der neuen Kapelle zufrieden. Der Direktor schritt voran und dann folgte ihm Kal kulator Stasch. Ein Aufatmen und weiteres Wurstessen der Ange stellten war die Folge des geräuschvollen Türzufallens hinter beiden. Im technischen Bureau beugte sich der Direktor mit seinen Ingenieuren über große detaillierte Pläne. Plötzlich sagte er zu Stasch, indem er auf eine beftinrm- ite Stelle der Zeichnung wies: „Hier liegt der künftige Kupferstollen." Die Ingenieure und Stasch horchten auf. Stasch erlaubte sich zu sagen: „Herr Direktor meinen den künftigen Stakosch-Kohlen-Stollen?" „Nein, bester Stasch: Kupferstollen. Ich habe gestern muh einmal eine Einfahrt und eine genauere Stollenprü- ffung allein mit einem Vertrauten vorgenommen. Ich Jage: Kupfer?" Einer der Ingenieure, ein früherer Gardeulan, klemm- jie sein Monokel ein und fixierte den Ehef in schärfster Weise. Am Auslauf des kleinen Friesensteinberges hatte «er sich eine Villa erbaut und die Ausläufe des neuen Stol lens führten nach den Zeichnungen durchaus in die Nähe. Wenn . . . Wenn etwa da das Kapital lag, mit welchem er seine ungeheuren Schulden bezahlen konnte? Denn bas schien doch klar: erst mußte doch die Grubenverwal tung die Terrains dort erwerben. Er wollte preislich schon zu fordern wissen. „Hier, meine Herren," fuhr der Direktor fort, hier ist der Stollenpunkt, den wir als Senkrechte zum höchsten Gipfel der Friesensteine annehmen können. Meine Be rechnungen suchen den Linienauslauf gerade im Kamin des alten Gebäudes auf dem sogenannten Friesensteinhof. Ich agitiere für einen Steigestollen nach dieser Senkrechten hin, beginnend am alten Zentrumsschacht.'" „Ist das Terrain käuflich? " warf Stasch ein.' „Der Besitzer ist meines Wissens der Barber Lepach^ der am Fallieren ist," meinte der Öberingenieur Klawitter. „Pardon, Herr Oberingenieur, das Terrain gehört mir." " „Verstehe ich Sie recht, Herr Direktor," warf der ehe malige Gardeulan ein, „dann sind wir ja Grundnachharn. Der andere Abhang und das Gebiet des kleinen Frirsen- steins gehören mir." „Ich weiß es, Herr von Gosen!" Da klopfte es an die Türe des technischen Bureaus. Der Portier Migula steckte auf das Herein des Direktors den Kopf herein und meinte: „Ein Mann, der bestE sein will, wartet im Wartezimmer auf Herrn Direktor. Der Hauslehrer des Herrn Direktor habe ihn hierher bestellt." „Ganz richtig. Sagen Sie den: Mann, ich Ldne sofort." Der Portier verschwand. „Meine Herren," fuhr der Direktor fort, „ich verlange selbstverständlich strengste Diskretton über die heutige Er öffnung in Ihrem eigensten Interesse. Es ergeben stch für die neue Werksanlage verschiedene belangreiche Posten; ich werde selbstverständlich die entsprechenden Wahlen zu-, nächst unter Ihnen vornehmen. Darauf können Sie sich' verlassen. Aber eins bitte ich mir aus. Bei den Ent würfen dürfen keinerlei Abweichungen von meinen An ordnungen Vorkommen, bei den Berechnungen der Ren tabilität für den Aufsichtsrat ist eine möglichst kleine Vor aussicht für die ersten drei Jahre, eine desto höhere sür die folgenden fünf Jahre anzugeben, sodann wird die Arbeit in den Stollen gegen den Aufsichtsratsbeschluß bereits im Dezember unter Ausschluß der Oeffentlichkeit vor sich ge hen, ganz gleichgültig, welche Terrains uns gehören. Der Bauer da oben hat ja blos Besitzrecht an der Erdkruste. Wollten Sie etwas einwenden, Herr von Gosen? Es er übrigt sich Wohl. Für Sie ist natürlich ein anderes Gesetz setz maßgebend. Punktum. Ich bitte die Herren für mor gen, Freitag, halb zehn Uhr vormittags, zur eingehenderen Konferenz." Er schob einige Papiere, die er beim Eintritt bei stch gehabt hatte, unter den Arm und verließ, wieder von Stasch gefolgt, das technische Bureau. Auf dem Zechenhofe trennte er sich auch von diesem. „Geben Sie auf die Ingenieure genügend Obacht. Stasch," sagte er in besonders vertraulichem Töne, „ste dürsten nicht alle ganz sicher sein." „Herr Direktor meint v. Gosen." „Nein, der schweigt bald. Rechnen Sie mal auf, was man ihm bei dreißig bis vierzig Pfennig für den Quadrat meter für eine Abfindungssumme zahlen müßte. Wich tiger ist mir der kleine, tückische Brekmer. Der Mann hätte längst kalt gestellt werden sollen. Ich habe ihn neu lich mit einem verhandeln sehen, der auch uns nützen muß, mit Demmig!" „Verdammt!" „Vorsicht, bester Stasch!" Sie schieden. Beide gingen durch getrennte Türen in das H«»p^