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1788 war fiir Mozart ein bedeutungsvolles Jahr. Es war deshalb bedeutungsvoll, weil er in ihm eine Reihe genialer und überragender Werke schrieb. Der leider so früh verstorbene Mozart (1756—-1791), den die Lungenschwindsucht dahinraffte, der in seinen letzten Lebensjahren in kümmerlichen Verhältnissen lebte und der im Armen grab beigesetzt wurde, schrieb seine drei letzten Sinfonien, die in Es-Dur, in g-Moll und C-Dur. Sie stellen den Höhepunkt seines sinfonischen Schaffens (40 Sinfonien) dar. Sie sind ein Beweis für Mozarts unglaubliche Arbeitskraft und Arbeitsfreudigkeit, da die Es-Dur-Sinfonie im Juni 1788, die in g-Moll im Juli und die Jupiter sinfonie in C-Dur im August desselben Jahres komponiert wurden. Sie sind auch ein Beweis dafür, daß ihn sein persönliches Schicksal und Elend nicht im hohen künstlerischen Gedankenflug hindern konnte. Man ist heute der Meinung, daß die drei Sinfonien zusammengehören und hintereinander, in Form eines großen, abend füllenden zyklischen Werkes aufgeführt werden müßten. Die Es-Dur- Sinfonie ist Musik von einer wunderbaren Anmut, sie leuchtet förmlich vor jugendlicher Frische und Männlichkeit, sie hat aber auch Züge schöner Verinnerlichung. Ihre Themen sind von volks tümlicher Kraft, zugleich aber auch von echt mozartscher Zärtlichkeit. Sie besitzen den nur ihm eigenen Zauber, der viele verleitete, ihn einen Götterliebling zu nennen. Mozart ist aber mit dieser ein seitigen Beurteilung nicht ganz zu erfassen, er hat auch andere Züge in seinem Wesen. Der erste Satz beginnt mit einer breiten Einleitung, die durch den punktierten Rhythmus eine pochende, klopfende Schwere erhält. Das erste Thema im darauf beginnenden eigentlichen lebhaften Satz ist schlank und graziös, das zweite (für Mozart typisch in seiner stärkeren Chromatik) ist gefühlvoll und von verhaltener Empfindung. Diese beiden Themen speisen den ganzen ersten Satz. Das Andante als zweiter Satz zeigt die Fähigkeit Mozarts, Melodien von großer Schönheit zu erfinden und zu verarbeiten. Der starke Gefühlsstrom dieses Satzes weist auf Mozarts tief veranlagte Seele hin. Das Menuett ist heiter und kraftvoll zugleich. Hier zeigt Mozart seine männlich-geistige Seite. Das Finale (Schlußsatz) eilt mit lustiger Geschwindigkeit dahin. Es ist von einer köstlichen Frische und Leichtigkeit, von einer Mühelosigkeit sondergleichen, die alle irdische Schwere vergessen läßt. Es ist in der Rondoform gehalten und mündet überraschend in den Schluß, der ohne Pose und die oft übliche Breite der Schlußwendungen plötzlich aufhört. Man erwartet eine Fortsetzung, die sich Mozart wahrscheinlich so gedacht hatte, daß nun die g-Moll-Sinfonie und dann die Jupiter-Sinfonie folgen sollten. Es ist wahrscheinlich, daß Mozart diese Sinfonie selbst nicht gehört hat. Im Jahre 1810 hat Beethoven seine Musik zu Goethes Schau spiel „E g m o n t“ vollendet. Die Ouvertüre dieser Musik ist am bekanntesten geworden. Eine langsame, qualvoll wuchtende Ein leitung: schwer lastet Gewissenszwang und Heimatnot auf den Niederländern, nur verstohlen wagen die Bedrückten zum Himmel aufzublicken. Dann aber beginnt es sich im Allegro zu regen. Noch ist die Grundhaltung ein gedämpftes Moll; doch schon faßt die ge peinigte Seele zuweilen lichte Hoffnung. Das Allegro wächst int Kampf zur offenen Empörung, zum Aufbegehren gegen die immer wieder hart dreinfahrende Faust des äußeren Schicksals. Strahlende Bläscrakkorde erhellen den inneren Himmel, bis endlich im Schluß-